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Faire Bund-Länder Finanzen: Angemessener Tarifausgleich für die soziale und kulturelle Infrastruktur statt vollen Inflationsausgleich für Spitzenverdiener:innen

Mittwoch, 30.08.2023

Während der Corona-Pandemie und in der darauffolgenden Energie- und Inflationskrise aufgrund des russischen Angriffskrieges haben Bundestag und Bundesrat umfangreiche, gezielte und (teils) befristete Hilfsmaßnahmen beschlossen, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-bedingten Einschränkungen sowie der Inflation abzufedern. Dazu gehören auch Steuersenkungen wie beispielsweise die befristete Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie von 19 Prozent auf 7 Prozent oder das Inflationsausgleichsgesetz.

Angesichts des aktuellen finanzpolitischen Kurses des Bundesfinanzministers gegenüber Ländern und Gemeinden sind in der gegenwärtigen Lage aber keine Einnahmeminderungen durch Bundesgesetze mehr vertretbar:

- Keine Anpassung der Einkommensteuertarife von sehr gut verdienenden Personen auf Kosten der sozialen und kulturellen Infrastruktur.

- Im Falle der Beibehaltung des reduzierten Steuersatzes auf Speisen muss der Bund für eine volle Kompensation sorgen.

- Die Kosten des Wachstumschancengesetzes müssen fair zwischen Bund, Ländern und Kommunen verteilt werden.

Mit dem Gesetz zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz – lnflAusG) vom 8. Dezember 2022 hat der Bund u. a. die Tarife der Einkommenssteuer für das Jahr 2024 angepasst. Hierdurch käme es voraussichtlich zu Mindereinnahmen von insgesamt 3,63 Milliarden Euro. Davon wäre auch die Freie und Hansestadt Hamburg in erheblichem Ausmaß betroffen. So ist damit zu rechnen, dass zwischen 2024 und 2027 jährliche Einnahmeausfälle von 57 bis 65 Millionen Euro entstehen.

In der aktuell angespannten Haushaltslage führt ein voller Inflationsausgleich für sehr gut verdienende Personen damit zu erheblichen Haushaltsmindereinnahmen und gefährdet so auch den Erhalt der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Dies kann nicht hingenommen werden. Die Verschiebung der dritten und vierten Stufe der Einkommensteuertarife zu Gunsten von sehr gut verdienenden Personen sollte daher für das Jahr 2024 angepasst werden.

Gleichzeitig wird auf Bundesebene diskutiert, den niedrigeren Steuersatz von 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie auch über 2023 hinaus beizubehalten. Allein den Hamburger Haushalt hat dieser reduzierte Mehrwertsteuersatz zwischen 2020 und 2023 rund 140 Millionen Euro gekostet. Eine dauerhafte Steuersenkung würde diesen Einnahmeverlust verstetigen.

Die Beibehaltung des reduzierten Steuersatzes ist aufgrund der weiterhin spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie inhaltlich begründbar. Viele Restaurantbesitzer haben Ihre finanziellen Reserven aufgebraucht und die Kund:innen geben wegen der hohen Inflation immer noch deutlich weniger Geld für Restaurantbesuche aus. Da es sich um eine sehr hohe Subvention handelt, sollte aber die Expert:innenanhörung im Bundestag zu dem Thema abgewartet werden.

Schlussendlich hat das Bundesfinanzministerium das „Wachstumschancen-Gesetz“ ins Kabinett eingebracht, um richtige und wichtige Wachstumsimpulse für die schwächelnde deutsche Wirtschaft zu setzen. Während das Gesetz inhaltlich nochmal nachgeschärft wird, lastet aber auch hier ein Großteil der milliardenschweren Kosten auf den Ländern und Kommunen anstatt beim Bund.

Insgesamt muss der Bund bei seinen Gesetzesvorschlägen die Einnahmeseite der Länder und Kommunen dringend besser im Blick behalten. Die Länder müssen auch zukünftig in der Lage sein, solide und nachhaltige Haushalte aufstellen zu können und ihrerseits die Tarifausgleiche für Bildung, Polizei und soziale sowie kulturelle Infrastruktur zu finanzieren.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Der Senat wird ersucht,

 

1. sich auf Bundesebene auf geeignete Weise dafür einzusetzen, dass die zu erwartenden Einnahmeausfälle vor allem im Rahmen des Wachstumschancengesetzes zugunsten der Anteile von Bundesländern und Kommunen nachgebessert werden, damit diese auch zukünftig in der Lage sind, solide und nachhaltige Haushalte aufstellen zu können.

2. sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Anpassung der durch das Inflationsausgleichsgesetz beschlossenen Tarifverschiebungen in der Einkommenssteuer für das Jahr 2024 dahingehend einzusetzen, dass die dritte und vierte Stufe der Einkommensteuertarife so angepasst wird, dass bei diesen Stufen Haushaltsmindereinnahmen vermieden werden.

3. sich auf Bundesebene für eine Verlängerung der Umsatzsteuersenkung über den 31.12.2023 hinaus einzusetzen, wenn die erneute Anhörung des Deutschen Bundestags die verlängerte Senkung des Umsatzsteuersatzes auf sonstige Leistungen für Restaurant- und Verpflegungsleistungen gem. § 12 (2) Nr. 5 UStG für notwendig erachten und die Verhandlungen für die finanziellen Belastungen der FHH im Zuge der weiterhin geplanten Steuersenkungen zu einem guten Ergebnis kommen sollten,.

4. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2023 zu berichten.

 

sowie
  • Dennis Paustian-Döscher
  • Eva Botzenhart
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels
  • Alske Freter
  • René Gögge
  • Linus Görg
  • Michael Gwosdz
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Kern
  • Dominik Lorenzen
  • Christa Möller-Metzger
  • Zohra Mojadeddi
  • Dr. Miriam Putz
  • Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion