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Finanzierung künstlicher Befruchtungen verbessern und klar und nachvollziehbar regeln

Mittwoch, 06.11.2013

zu Drs. 20/9689

 

In Deutschland gibt es viele Menschen, die in einer Partnerschaft leben und gerne Kinder hätten, deren Kinderwunsch sich aber aus medizinischen Gründen nicht erfüllt. Ungewollte Kinderlosigkeit wird oft als schwerer Mangel in der persönlichen Lebensplanung angesehen, der einen erheblichen psychischen und physischen Leidensdruck zur Folge haben kann. Eine künstliche Befruchtung ist für viele die letzte Hoffnung.

Das SGB V regelt seit 2004 in § 27a, dass die gesetzlichen Krankenkassen statt wie zuvor 100 Prozent nur noch 50 Prozent der im Behandlungsplan vorgesehen Kosten für die ersten drei Versuche übernehmen. Die restlichen 50 Prozent müssen die betroffenen Eheleute selbst übernehmen. Der Eigenanteil gilt nicht als Zuzahlung. Einkommensschwache Eheleute können deshalb auch nicht die Zuzahlungsgrenze von 2 Prozent in Anspruch nehmen.

Die Zahl der durchgeführten künstlichen Befruchtungen ist nach 2004 gesunken, steigt inzwischen aber wieder an. Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung wurden 2004 als „versicherungsfremde Leistung“ teilweise aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) herausgenommen. Versicherungsfremde Leistungen sollten steuerfinanziert werden. Der Bund hat im Gegenzug die Tabak-

steuer, die dem Bund zufließt, deutlich erhöht und die gesteigerten Einnahmen zur Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Einstufung der künstlichen Befruchtung bei medizinisch indizierter Kinderlosigkeit von Ehepaaren als versicherungsfremde Leistung im Grundsatz bestätigt. (1 BvR 2982/07)

Die Bundesländer haben der Bundesregierung bereits mit einem eigenen Gesetzentwurf und zuletzt durch die einstimmig beschlossene „Saarbrücker Erklärung“ verdeutlicht, dass sie an einer Verbesserung und Klarstellung der Finanzierung künstlicher Befruchtungen interessiert sind.

So hat der Bundesrat bereits im Jahr 2012 den Entwurf für ein Kinderwunsch-förderungsgesetz (KiwunschG) beschlossen und der Bundesregierung zugeleitet. Darin wurde eine Änderung des § 27a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dahingehend gefordert, dass der Kostenerstattungsanteil für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung von 50 Prozent auf 75 Prozent angehoben werden sollte. Der Bund sollte den Krankenkassen im Gegenzug die zusätzlichen Kosten erstatten. Die Bundesregierung hat diesen Gesetzentwurf jedoch ebenso abgelehnt, wie die damalige Mehrheit im Deutschen Bundestag. Statt den Finanzierungszuschuss im SGB V klar zu regeln und den Krankenkassen hierfür eine Kompensation zu zahlen, hat die Bundesregierung ein separates Förderprogramm aufgelegt, das eine Mischfinanzierung von Bund- und Ländern für einen um 25 Prozent erhöhten Zuschuss für den ersten bis dritten Versuch und einen 50 Prozent Zuschuss für einen vierten Versuch beinhaltet.

Betroffene Paare müssten demnach zusätzlich zum Antrag auf Kostenerstattung bei den Krankenkassen einen weiteren Antrag auf Gewährung eines Zuschusses beim Land oder der Kommune stellen. Die Mehrheit der Bundesländer ist auf dieses komplizierte und intransparente Verfahren bisher nicht eingegangen. Nicht zuletzt da sie sich durch die Schuldenbremse und die angespannten Länderhaushalte nicht in der Lage sahen, den geforderten Landesanteil zur Verfügung zu stellen.

Durch die Weigerung der Bundesregierung und der sie stützenden Fraktionen im Bundestag die Finanzierungsfrage im SGB V klar zu regeln, ist in der Zwischenzeit ein Flickenteppich an unterschiedlichen Finanzierungswegen entstanden, der auch für die Betroffenen schwer nachvollziehbar ist.

So können die Krankenkassen nach einer Vorschrift im Versorgungsstrukturgesetz in ihren Satzungen vorsehen, dass sie von der 50 Prozent Regelung abweichend eine 100 Prozent Erstattung leisten und/oder mehr als drei Versuche der künstlichen Befruchtung bezuschussen. Einige Krankenkassen haben hiervon auch Gebrauch gemacht.

Betroffene Paare sind also gut beraten, sich genau zu erkundigen, welche Leistungen ihre Krankenkasse vorhält und ggf. einen Kassenwechsel zu erwägen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Finanzierung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei medizinisch indizierter Kinderlosigkeit im § 27a SGB V klar geregelt wird, in dem der Kostenzuschuss der Krankenkassen auf 75 Prozent erhöht wird und der Bund den Krankenkassen den hierdurch entstehenden Mehraufwand aus eigenen Mitteln vollständig erstattet.