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Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vernünftig gestalten – Klare Regeln für gute Arbeit statt Lohn- und Sozialdumping

Mittwoch, 18.05.2011

zu Drs. 20/408

Seit dem 1. Mai 2011 sind die verbliebenen Einschränkungen für die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), die in der Erweiterungsrunde von 2004 in die EU aufgenommen wurden, entfallen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn können damit Beschäftigungen in Hamburg aufnehmen und profitieren damit von den Vorteilen des europäischen Arbeitsmarktes.

Während für die Tätigkeit selbstständiger Unternehmerinnen und Unternehmer aus diesen Ländern in Hamburg nur noch vereinzelte Einschränkungen galten und mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie und der Schaffung des Einheitlichen Ansprechpartners in Hamburg für Selbstständige und Unternehmer weitreichende Vereinfachungen und eine zentrale Anlaufstelle geschaffen wurden, ist der Arbeitsmarkt nicht in gleicher Weise auf die neuen Freiheiten vorbereitet.

Die CDU-geführten Senate haben in den vergangenen Jahren die Anstrengungen zur Vorbereitung des Arbeitsmarktes auf die erweiterte Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht unterstützt. Mindestlöhne als Schutz vor Sozialdumping und Ausbeutung von Arbeitskräften wurden nicht in allen Brachen geschaffen. Der Mindestlohn und damit eine Lohnuntergrenze für die Zeitarbeitsbranche konnte aufgrund von Verhandlungen auf Bundesebene nur in letzter Minute geschaffen werden. Dem Grundsatz des „Gleichen Lohns für gleiche Arbeit an gleichem Ort“ wurde durch die Bundesregierung jedoch nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

Mit den EURES Beraterinnen und Beratern, der Mobilitätsagentur Hamburg (Arbeit und Leben Hamburg e.V.), dem Europa-Info Point sowie dem Welcome Center (Anerkennung ausländischer Abschlüsse) stehen mehrere Einrichtungen zur Unterstützung der Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Hamburg zur Verfügung.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat bereits bei der Einrichtung der Einheitlichen Ansprechpartner (vgl. Drs. 19/4810) darauf hingewiesen, dass auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den EU-Mitgliedsstaaten eine Anlaufstelle geschaffen werden müsste.

Die Förderung der Mobilität von Arbeitskräften im Ostseeraum ist Gegenstand einer Arbeitsgruppe der 18. Ostseeparlamentarierkonferenz gewesen, die ebenfalls Empfehlungen zu deren Unterstützung ausgesprochen hat. (vgl. Drs. 19/4122; Punkt 31 des Beschlusses).

Hamburg hat bereits im April 2011 gemeinsam mit Rheinland-Pfalz einen Entschließungsantrag „Die Chancen der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch klare Regeln für gute Arbeit sichern“ in den Bundesrat eingebracht, der voraussichtlich am 25. Mai 2011 zur Abstimmung steht. Darin werden umfassende Forderungen in den Bereichen „Arbeitsbedingungen und Entlohnung“, „Kontrolle und Registrierung“, „Mitbestimmung“ und „Beratung und Information von entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitsmigrantinnen und -migranten“ formuliert. U.a. wird die Bundesregierung aufgefordert,

- für die flächendeckende Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zu sorgen,

- das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf alle Branchen auszuweiten, damit es zu tarifvertraglichen Mindestlöhnen kommen kann,

- dem Grundsatz des „Gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ umfassend Geltung zu verschaffen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen,

1. Die Bürgerschaft unterstützt die Initiative der Länder Hamburg und Rheinland-Pfalz für eine Entschließung des Bundesrats „Die Chancen der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch klare Regeln für gute Arbeit sichern“ (BR-Drs. 196/11) ausdrücklich und verleiht den darin enthaltenen Forderungen an die Bundesregierung Nachdruck.

2. Die Bürgerschaft ersucht den Senat,

- zu prüfen, ob und wie ein Informations- und Beratungsangebot für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitsmigrantinnen und -migranten in Hamburg eingerichtet werden sollte und der Bürgerschaft hierüber bis Ende September 2011 zu berichten.

Die Prüfung soll unter anderem den Fragen nachgehen, in welcher Größenordnung voraussichtlich ein Informations- und Beratungsbedarf besteht, welche Akteure in Hamburg bereits Informations- und Beratungsangebote für die oben genannte Zielgruppe vorhalten, welche Informations- und Beratungsinhalte ein solches Angebot vorhalten sollte, wie ein solches Angebot finanziert werden kann und ob insbesondere europäische Fördermittel und/oder Bundesmittel zur Finanzierung herangezogen werden können.

- der Bürgerschaft bis Ende Mai 2012 über die eingetretenen Wirkungen der seit

1. Mai 2011 erweiterten Arbeitnehmerfreizügigkeit auf den Hamburger Arbeitsmarkt zu berichten und dabei ein besonderes Augenmerk auf den Niedriglohnsektor, Branchen ohne Mindestlöhne und die Kontrolle der Einhaltung bestehender Mindeststandards zu legen.