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Für eine Altfallregelung mit Herz und Verstand (II) – Konturen für Bleiberecht in Sicht – Vorerst keine Abschiebungen langjährig geduldeter und integrierter Ausländer

Donnerstag, 12.10.2006

Die Debatte über ein Bleiberecht für geduldete und integrierte Ausländer geht in die Zielgerade. CDU-Bundesinnenminister Schäuble, viele CDU-regierte Länder (z.B. NRW, Niedersachsen und Hessen) haben erkannt, dass Deutschland endlich eine bundesweit geltende Regelung braucht, die Ausländern eine gesicherte Aufenthaltsperspektive gibt, wenn sie schon seit vielen Jahren in Deutschland leben, sich an Recht und Gesetz halten und weitgehend wirtschaftlich und sozial integriert sind.

 

Im Rahmen einer ausgewogenen Altfallregelung kann und wird es gleichwohl nicht darum gehen, einfach eine Duldung in eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis umzuwandeln – das wäre in der Tat das falsche Signal. Zielsetzung muss und wird es sein – im Sinne einer auch an deutschen Interessen ausgerichteten, steuernden Zuwanderungspolitik – gut integrierten Ausländern eine Bleiberechtsperspektive zu verschaffen. Dies könnte im Ergebnis sogar zu einer Einsparung öffentlicher Mittel führen, da durch die Erteilung eines rechtmäßigen Aufenthaltsstatus auch der Arbeitsmarktzugang für die Betroffenen erleichtert wird, was zu einer Reduzierung von sozialen Transferleistungen führt.

 

In diesem Sinne zeichnen sich in den Bund-Länder-Gesprächen immer deutlicher die Konturen einer Bleiberechtsregelung ab. Danach sollen geduldete Flüchtlinge zunächst in Deutschland bleiben können, wenn sie faktisch wirtschaftlich und sozial integriert sind. Ausländer mit mindestens einem minderjährigen Kind müssen sich seit mindestens sechs Jahren, Ausländer ohne Kinder seit mindestens sieben Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten. Außerdem müssen sie in einem dauerhaften Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnis stehen und ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit bestreiten sowie eine eigene Wohnung und einfache bis ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen können.

 

Hamburg verharrt nach wie vor in seiner rückwärtsgewandten Blockadehaltung – und isoliert sich zusehends. Gut integrierte Ausländer sind eine Chance für unser Land und unsere Stadt - und eben keine Belastung. Es passt nicht zusammen, dass der CDU-Senat einerseits ein Welcome Center für Neuzuwanderer schafft und gleichzeitig Menschen, die gut integriert sind, ausweisen will. Die Neu-Hamburger Nagel und Ahlhaus missachten mit ihrem Kurs die weltoffene Tradition unserer Hansestadt. Hamburg darf hier nichts abseits stehen, sondern muss einen aktiven Beitrag dazu leisten, dass die Innenministerkonferenz im November in Nürnberg in dieser Frage endlich einen Durchbruch für Humanität und Rechtsklarheit bringt.

 

Vor dem Hintergrund der sich auf Bundesebene abzeichnenden Lösung bereiten sich immer mehr Bundesländer auf das Inkrafttreten einer Regelung vor. Sie tragen dafür Sorge, dass vor dem Inkrafttreten einer Bleiberechtsregelung nicht noch schnell Fakten geschaffen werden, in dem Ausländer, die in den voraussichtlichen Berechtigtenkreis gehören, noch kurz zuvor abgeschoben werden. Das wäre sinnwidrig und inhuman. Zuletzt hat unser Nachbarland, das CDU/SPD-regierte Schleswig-Holstein, die Ausländerbehörden der Kreise und kreisfreien Städte in einem Schreiben gebeten, bis zum Jahresende von Abschiebungen abzusehen, wenn ausreisepflichtige Ausländer eine Reihe von Kriterien erfüllen, die voraussichtlich auch Bestandteil einer künftigen Bleiberechtsregelung sein werden. Hieran sollte sich Hamburg ein Beispiel nehmen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

„Der Senat wird aufgefordert,

 

1. sich auf Bundesebene für das Zustandekommen einer ausgewogenen Altfallregelung einzusetzen, die wirtschaftlich und sozial gut integrierten und nicht straffälligen Ausländern und insbesondere in Deutschland aufgewachsenen Kindern eine echte Bleiberechtsperspektive eröffnet (vgl. Drs. 18/3545), und

 

2. bis zum Jahresende bzw. dem Inkrafttreten einer entsprechenden Regelung von Abschiebungen abzusehen, wenn ausreisepflichtige Ausländer die Kriterien erfüllen, die – nach dem Beratungsstand auf Bundesebene – voraussichtlich auch Bestandteil einer künftigen Bleiberechtsregelung sein werden.“