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Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein: negative Folgen für Schülerinnen und Schüler abwenden

Mittwoch, 31.03.2010

zu Drs. 19/5632

Der schwarz-grüne Senat hat aus fiskalischen Gründen im Juni 2009 das Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein gekündigt, ohne die negativen Folgen zu bedenken.

Da sich die Verhandlungen als schwierig erwiesen und sich deshalb hinzogen, gab es Anfang 2010 einen vertragslosen Zustand für zwei Monate. Auch jetzt ist nur ein Zwischenabkommen vereinbart worden. Dieses sieht die gleiche Summe von Ausgleichzahlungen Schleswig-Holsteins an Hamburg in Höhe von 8,5 Mio. Euro wie bisher vor. Der für das Jahr 2010 eingeplante Konsolidierungsbeitrag in Höhe von 3 Mio. Euro hat sich demnach nicht realisiert. Ob die erwarteten Einsparungen in Höhe von 24 Mio. Euro von 2010 bis 2013 erzielt werden können, ist mehr als fraglich.

Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Gastschulabkommen hat die Schulbehörde eine neue Dienstanweisung zum Umgang mit Schülerinnen und Schülern aus Schleswig-Holstein erlassen. Die Dienstanweisung zur Aufnahme von Gastschülerinnen und Gastschülern aus Schleswig-Holstein in staatliche allgemeinbildende Hamburger Schulen vom 25. Januar 2010 sieht eine strengere Regelung vor. Danach können Schülerinnen und Schüler, die den Wohnsitz nach Schleswig-Holstein verlegen, das Schulverhältnis in Hamburg nur

als Grundschülerin bzw. als Grundschüler bis zum Übergang in die Jahrgangsstufe 5,

als Primarschülerin bzw. Primarschüler bis zum Übergang in die Jahrgangsstufe 7,

als Schülerin bzw. Schüler der Sekundarstufe I bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 oder

als Schülerin bzw. Schüler der Sekundarstufe II bis zum Abschluss des Bildungsgangs

fortsetzen.

Die Regelung, dass die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I nach Ende der Jahrgangsstufe 10 ihre Hamburger Schule verlassen müssen, wird dazu führen, dass erstmals zahlreiche Schülerinnen und Schüler während ihres Schulbesuchs von einer Hamburger Schule abgeschult werden. Es ist zwar eine Härtefallregelung vorgesehen, die aber so streng ist, dass nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler davon profitieren.

Aus unterschiedlichen Gründen besuchen zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein Hamburger Schulen. Längst nicht alle diese Schülerinnen und Schüler sind Gastschüler im Sinne des früheren Gastschulabkommens. Das hat jüngst eine Überprüfung der Innenrevision exemplarisch gezeigt. Einige sind während ihrer Schulzeit von Hamburg nach Schleswig-Holstein umgezogen. Andere haben möglicherweise aufgrund eines Zweitwohnsitzes und ungenauer Überprüfung seitens der aufnehmenden Schulen eine Aufnahme in einer Hamburger Schule durchgesetzt.

Für die Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein, die die Sekundarstufe I weiterführender Hamburger Schulen besuchen, hat die Kündigung des Abkommens und die neue Dienstanweisung die besagten negativen Folgen. Sie müssen ihre Schule bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 verlassen und können ihr Abitur nicht in Hamburg machen.

Ein unfreiwilliger Schulwechsel ist oftmals mit negativen Erfahrungen verbunden wie z.B. dem Verlust der Klassengemeinschaft und der vertrauten Lehrerinnen und Lehrer. Dadurch kann der Schulerfolg nachhaltig gefährdet werden.

Darüber hinaus ist ein Wechsel von einem Hamburger Gymnasium in ein Gymnasium in Schleswig-Holstein mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden, da Hamburg das Abitur mit zwölf Jahren bereits früher eingeführt hat. Entsprechend müsste ein Schüler theoretisch von der 10. Klasse eines Gymnasiums in Hamburg in die 12. Klasse eines Gymnasiums in Schleswig-Holstein wechseln, aber praktisch verläuft ein solcher Übergang nicht reibungslos.

Mit der Kündigung des Gastschulabkommens und der neuen Dienstanweisung sollen erstmals zahlreiche Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit von Hamburger Schulen abgeschult werden. Sie werden dadurch zu Opfern eines fiskalischen Streits der Landesregierungen. Es geht ist nicht akzeptabel, dass die Schülerinnen und Schüler die fehlerhafte Duldung ihres Schulbesuchs durch die Schule bzw. Schulbehörde mit einer Abschulung büßen müssen. Es muss im Sinne der Betroffenen eine pädagogische Regelung getroffen werden. Alle Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein, die in der Hamburger Sekundarstufe I sind, müssen das Recht bekommen, in Hamburg das Abitur machen zu können.

Die Härte, mit der die Hamburger Schulbehörde in dieser Frage gegen Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein vorgeht, aber auch die Kündigung des Gastschulabkommens, erscheinen unverhältnismäßig. Das Gastschulabkommen bedarf in der Tat einer Neuregelung, die der wachsenden Schülerzahl aus Schleswig-Holstein Rechnung trägt. Allerdings führt die Hamburger Schulreform ohnehin in den nächsten Jahren zwangsläufig dazu, dass Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein nicht mehr von einer dortigen Grundschule direkt auf eine weiterführende Hamburger Schule wechseln können; sie müssten stattdessen in die 5. Klasse einer Primarschule wechseln.

Bei der Bewertung der Kündigung des Abkommens kommt für Außenstehende erschwerend hinzu, dass beim Abschluss nicht nur schulpolitische Erwägungen eine Rolle spielten, sondern auch fachfremde Erwägungen wie z.B. Steuervorteile aus der Landesbankenfusion. Zukünftig muss daher transparent geregelt werden, welche Berechnungsgrundlagen und anderweitige Kosten in das Gastschulabkommen einfließen und der Bürgerschaft zur Kenntnis gebracht werden.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Der Senat wird aufgefordert:

1. Alle Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein, die in der Hamburger Sekundarstufe I sind, erhalten unabhängig von einer Härtefallregelung das Recht, an ihrer Schule in Hamburg das Abitur machen zu können.

2. Beim Abschluss künftiger Gastschulabkommen sind alle Berechnungsgrundlagen und Kosten transparent zu regeln und der Bürgerschaft zur Kenntnis zu geben.