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Gefährdung des kulturellen Erbes Hamburgs durch die geplanten Einsparungen im Kulturhaushalt stoppen!

Mittwoch, 10.11.2010

“Mit Kürzungen bei der Kultur kann man keine Haushalte sanieren, denn der Anteil der Kulturausgaben in Ländern und Gemeinden in Deutschland liegt bei mageren 1,9 Prozent.” Das sagt der CDU-Kulturstaatsminister Neumann und das gilt auch in Hamburg. Dennoch musste Hamburg in den vergangenen Wochen beispiellose Attacken des Senats auf zentrale Kulturinstitutionen dieser Stadt erleben. Als die Elbphilharmonie geplant wurde, hieß es, das Projekt habe keine negative Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der übrigen Kultur in Hamburg. Die Menschen, die auf diese Aussage vertraut haben, werden sich jetzt getäuscht fühlen. Hier droht nicht nur der Kultur Schaden, sondern auch der Glaubwürdigkeit von Politik.

Auf seiner Sparklausur hatte der schwarz-grüne Senat im September 2010 beschlossen, an fünf zentralen Stellen im Kulturhaushalt Kürzungen vorzunehmen:

 

Das Altonaer Museum sollte zum Jahresende 2010 geschlossen werden, um eine Einsparsumme von 3,445 Mio. Euro zu erzielen.

Die Folgen: Ersatzlose Vernichtung eines zentralen Kulturortes in Altona, mit maßgeblicher Kinder- und Jugendkulturarbeit und Gefährdung der einzigartigen Sammlungen. Die Schließung eines kulturhistorischen Landesmuseums mit fataler Signalwirkung für die Bewahrung von Kulturgütern, Verlust von Kernbereichen der Stiftung Historische Museen.

 

Beim Deutschen Schauspielhaus sollte beginnend mit der Spielzeit 2011/12 die Hälfte des künstlerischen Etats mit einem Volumen von 1,22 Mio. Euro eingespart werden.

Die Folgen: Reduzierung der Zuwendung unter dem Ansatz von 1993/94, Demolierung des Deutschen Schauspielhauses als Repertoiretheater ersten Ranges, Schließung der überaus erfolgreichen Jugendbühne oder Absenkung des künstlerischen Niveaus des Spielplans.

 

Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen sollten 2011 und 2012 bei rund 25 Mio. Euro Gesamtetat jeweils 1 Mio. Euro pro Jahr weniger erhalten, in 2013 und 2014 jeweils 1,5 Mio. Euro weniger.

Die Folgen: Leistungseinschränkungen aufgrund von Personalabbau von über 40 Stellen und die Schließung von Bücherhallen an mindestens fünf Standorten.

 

 

Das Denkmalschutzamt sollte mit einem Einsparvolumen von 0,4 Mio. Euro acht Stellen bei Restauratoren und dem einzigartigen Landesbildarchiv der Stadt einsparen.

Die Folgen: Gravierende Kürzungen in den Kernbereichen des Denkmalschutzes für Hamburg und der Verlust des fotohistorischen Gedächtnisses der Stadt.

 

Die Privattheater sollen ein Viertel ihrer nach der Evaluierung beschlossenen Zuwendungserhöhung wieder verlieren.

Die Folgen: Unsicherheit bei der Steuerung der Theaterbudgets und Verluste in der Qualität der künstlerischen Arbeit.

 

Diese Vorhaben offenbarten nicht nur eine völlige kulturpolitische Inkompetenz und Ignoranz, ihre Umsetzung könnte zerstörerisch für das kulturelle Erbe Hamburgs sein.

Die Einsparvorschläge waren ein klares Signal des Ersten Bürgermeisters Ahlhaus und des Kultursenators Stuth an die Kunst- und Kultureinrichtungen in der Stadt: Es gibt keine Wertschätzung für deren Leistungen, keine Verpflichtung gegenüber Kunst und Kultur und dem kulturellen Erbe der Stadt, das in den Museen, in den Theatern, in den Bibliotheken oder in den restaurierten Denkmälern und dem Bildarchiv zum Ausdruck kommt. Bürgermeister Ahlhaus und Kultursenator Stuth haben der Stadt schwer geschadet.

Der Kulturgipfel wurde von den Kulturinstitutionen, die sich in dieser schwierigen Lage nicht haben gegeneinander ausspielen lassen, durchgesetzt. Unterstützt werden sie von vielen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, von denen sich 60.000 mit ihrer Unterschrift für die Erhaltung des Altonaer Museums eingesetzt haben.

Die Erwartungen an den Kulturgipfel des Ersten Bürgermeisters am 27. Oktober 2010 waren hoch; doch die Kürzungspläne sind in der Substanz nicht zurückgenommen worden. Die Proteste haben zwar Wirkung gezeigt, aber noch fehlt eine tragfähige, belastbare und vor allem glaubwürdige Grundlage für eine veränderte Politik des Senats. Die in Aussicht genommenen zeitlichen Streckungen der Kürzungen und die abgesenkten Volumen der Einsparvorgaben führen auf lange Sicht bei der Stiftung Historische Museen, beim Schauspielhaus, den Öffentlichen Bücherhallen und den Privattheatern zu Leistungseinschränkungen oder Angebotsreduzierungen.

Über die Weiterentwicklung der Stiftung Historische Museen Hamburg soll erst in fünf Monaten, kurz vor der Beschlussfassung des Haushalts durch die Bürgerschaft, entschieden werden. Der schwarze Peter, die verordnete Kürzung von 30 Prozent des Zuschusses bis zum Jahr 2014 zu erreichen, wurde an den Vorstand der Stiftung weiter gereicht. Der Vorstand aber bestreitet entschieden, jemals erklärt zu haben, dass eine derartige Kürzung ohne Leistungseinschränkung möglich sei.

Ähnlich konzeptionslos sieht es beim Deutschen Schauspielhaus (DSH) aus. Zunächst sollten nach Aussage von Kultursenator Stuth die Zuwendungen ab der Spielzeit 2011/12 um 1,2 Millionen Euro abgesenkt werden. Dieser verringerte Etat sollte für die nächsten Spielzeiten fortbestehen. Nach Auffassung des DSH wäre dies aber das Ende für die kleinen Spielstätten oder man hätte den künstlerischen Betrieb auf der großen Bühne komplett einstellen müssen. Daraufhin erklärte sich der Erste Bürgermeister bereit, in der ersten Spielzeit 50 Prozent der Sparsumme zu fordern, 600.000 Euro. In der zweiten dann 75 Prozent, 900.000 Euro. Damit würde das DSH schrittweise das Soll erreichen. Danach müsste die Zuwendung wieder in alter Höhe gewährt werden, wenn ein qualitätsvoller Spielbetrieb aufrechterhalten werden soll. Die Überschuldung von 1 Million Euro, sollte gestundet und später erlassen werden.

Für das Denkmalschutzamt gibt es neue Vorgaben, die darauf hinauslaufen könnten, dass das Landesbildarchiv an die Stiftung Historische Museen verlagert würde. Die Nutzung bliebe allerdings weiterhin gefährdet, wenn die notwendigen Ressourcen und Stellen für das Landesbildarchiv nicht gleichzeitig zur Verfügung gestellt würden.

Drastische Kürzungen bei den Privattheatern sind ebenfalls angekündigt, aber noch nicht konkretisiert worden.

Um die Gefährdung des kulturellen Erbes Hamburgs, der Attraktivität als Kulturmetropole und der kulturellen Teilhabe der Menschen durch die geplanten Einsparungen im Kulturhaushalt zu stoppen, sind folgende Schritte notwendig:

- Die Kultureinrichtungen Hamburgs müssen in ihrer Existenz und ihrer qualitativen Substanz erhalten werden und auskömmlich finanziert werden.

- Hamburgs Museen sind eine wesentliche Säule der Kultur der Hansestadt. Sie tragen dazu bei, dass sich die Hamburger Bürgerinnen und Bürger ihrer Identität bewusst werden. Sammeln, Bewahren, Forschen und Präsentieren gehören zu den Grundaufgaben eines jeden öffentlichen Museums, deren Erfüllung gewährleistet sein muss.

- Die Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen muss so ausgestattet werden, dass es gute Stadtteilbibliotheken und eine leistungsstarke Zentralbibliothek gibt.

- Das Deutsche Schauspielhaus muss finanziell und personell so ausgestattet werden, dass es seiner Rolle als renommiertes und größtes deutsches Sprechtheater gerecht werden kann.

- Die Privattheater benötigen Planungssicherheit, um Ausbildungs- und Arbeitsplätze, Werkstätten und Spielplanqualität zu erhalten. Projektmittel sind für neue Initiativen zu sichern.

- Das Denkmalschutzamt muss als eigenes Amt und mit ausreichender Ausstattung für Inventarisation, Kontrolle und Dokumentation wiederhergestellt werden.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht, die konkreten Rahmenbedingungen und Auswirkungen der Kürzungen im Bereich der Stiftung Historische Museen, der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, der Privattheater und des Denkmalschutzes transparent und vollständig der Bürgerschaft zu den Haushaltsberatungen darzulegen.