Zum Hauptinhalt springen

Globale Verantwortung, Gute Arbeit, Umwelt- und Klimaschutz als Leitlinien der öffentlichen Auftragsvergabe – Strategie für eine nachhaltige Beschaffung in Hamburg

Mittwoch, 15.02.2023

Neben Wetterextremen, Hunger, Flucht und weiteren Auswirkungen des Klimawandels gehören nach wie vor Menschenrechtsverletzungen wie Sklaverei, Menschenhandel, ausbeuterische Zwangs- und Kinderarbeit und Misshandlungen zum Alltag von Millionen Menschen weltweit. Nach einem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (I-LO) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) arbeiten allein rund 160 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 14 Jahren. Laut Weltbank lebten 2019 641 Millionen Menschen weltweit unter der absoluten Armutsgrenze von 2,15 US Dollar pro Tag (in 2017er Preisen), was deutlich unter dem Existenzminimum liegt.

Dabei sind menschenrechtliche Sorgfaltspflichten bereits seit 2011 vom UN-Menschenrechtsrat in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte festgelegt worden und nehmen auch Wirtschaftsunternehmen in die Verantwortung. Entsprechend verpflichten sich die Staaten völkerrechtlich, Menschen vor Rechtsverletzungen durch Unternehmen zu schützen. Um diesem Ziel näher zu kommen, hat es sich zu einem wirksamen entwicklungspolitischen Instrument entwickelt, die Umweltschutzstandards, die Menschenrechtssituation und Standards im Arbeitsschutz durch Sorgfaltsver-pflichtungen in den Produktions-, Liefer- und Handelsketten der Wirtschaftsunternehmen durchzusetzen. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt allerdings, dass Zielformulierungen und Absichtserklärungen zur optionalen Berücksichtigung von umweltbezogenen, sozialen und Nachhaltigkeitskriterien von privaten Wirtschaftsunternehmen entlang der Produktionsketten zu keiner signifikanten Besserung der Umweltstandards und Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern führen.

Vor diesem Hintergrund sind gesetzliche Grundlagen eine wichtige Voraussetzung, um internationale Menschen- und Arbeitsrechte in den globalen Produktionsketten durchzusetzen und eine Verletzung dieser Rechte wirksam zu bekämpfen. Um diesen Gedanken verbindlicher zu manifestieren, verpflichtet die EU-Richtlinie (2014/24/EU) die Mitglieds-staaten dazu, dass die Wirtschaftsteilnehmer:innen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge die geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen einhalten. So ist das Sorgfaltspflichtengesetz, das sogenannte Lieferkettengesetz, ein vielversprechender erster Schritt für nachhaltiges Wirtschaften. Es schafft einen rechtlichen Rah-men, um den Schutz der Umwelt, Menschen- und Kinderrechte entlang globaler Lieferketten zu verbessern. Ab 2023 übernehmen Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden und ab 2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden, die im Ausland Vorleistungsgüter oder Fertigerzeugnisse beschaffen, Sorgfaltspflichten für Produktions-verfahren und Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern. Missstände müssen zurückverfolgt und diese von vornherein oder ab Kenntniserlangung vermieden bzw. eingestellt werden. Bei Verstößen gegen diese Rechtspflicht droht ein Bußgeld oder eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber Mitbewerber:innen.

Eine nachhaltige öffentliche Beschaffung ist ein wichtiges marktwirtschaftliches Instrument, um die Transformation der Wirtschaft und nachhaltige Innovationen zu unterstützen. Die Nachfrage der öffentlichen Hand nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen sendet klare Signale an Unternehmen, schafft faire Wettbewerbsbedingungen und verdeutlicht die Vorbildfunktion öffentlicher Beschaffung. In der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) beschafft die öffentliche Hand – Fachbehörden, Bezirke, Landesbetriebe, Hochschulen und öffentliche Unternehmen – jährlich Güter und Dienstleistungen im Wert von rund 340 Millionen Euro. Die Signalwirkung, die von öffentlicher Beschaffung ausgehen kann, ist daher nicht zu unterschätzen. Indem bei der Auswahl der Vertragspartner nicht nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden wird, sondern im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten auch soziale, ökologische und andere ethische Kriterien Berücksichtigung finden, üben die Stadt und ihre öffentlichen Unternehmen Einfluss auf die Arbeits- und Produktionsbedingungen in Hamburg, Deutschland, Europa und weltweit aus. Die Nachfrage der öffentlichen Hand nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen sendet klare Signale an Unternehmen, schafft faire Wettbewerbsbedingungen und verdeutlicht die Vorbildfunktion öffentlicher Beschaffung. Den Rechtsrahmen der öffentlichen Beschaffung stellen die unterschiedlichen Rechtsquellen des Vergaberechts dar, hier das Hamburgische Vergabegesetz (HmbVgG). Dabei haben sich einige Grundsätze der Vergabe herausgebildet, die Leitlinienfunktion haben und zu jedem Stadium des Verfahrens zu beachten sind.

Hamburg hat sich im Bereich der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung auf den Weg gemacht, auch im Sinne der Förderung von Guter Arbeit. In der Reform des Hamburgischen Vergabegesetztes 2012 (Drs. 20/5901) wurde der Hamburgische Landesmindestlohn als verbindliches Kriterium etabliert, als Vorläufer und Vorbild für den bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn. Als zweites zentrales Instrument zur Förderung guter Arbeitsbedingungen und gerechter Arbeitsentgelte wurde die Pflicht für Auftragnehmer:innen eingeführt, sich bei der Auftragsvergabe an die für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen im Sinne des Arbeitnehmerentsendegesetzes zu halten. Aller-dings konnte dies aufgrund EU-rechtlicher Restriktionen seinerzeit nur für einen begrenzten Bereich wirtschaftlicher Aktivitäten verbindlich vorgegeben werden. Inzwischen hat die EU ihre Restriktionen bezüglich der Berücksichtigung sozialer und anderer gesellschaftspolitischer Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe reduziert.

Weiterhin wurden Vergabekriterien zur sozialverträglichen Beschaffung mit zwingenden Vorgaben zur Wahrung der ILO-Kernarbeitsnorm als zentrales Element der sozialen Nachhaltigkeit sowie zur umweltverträglichen Beschaffung festgelegt. Das Gesetz sieht vor, dass Auftraggeber:innen negative Umweltauswirkungen zu vermeiden haben, soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist. Insbesondere sollen dabei Lebenszykluskosten berücksichtigt und eine umweltfreundliche und energieeffiziente Gesamtlösung angestrebt werden. Dabei ist gefordert, Umweltanforderungen in den Vergabeunterlagen an prominenter Stelle, und zwar bereits in der Leistungsbeschreibung, zu benennen. Die Anforderung von Umweltgütezeichen wie der „Blaue Engel“ werden ausdrücklich genannt. Neben diesen Vorgaben ist es den Vergabestellen ausdrücklich möglich, zusätzliche umweltbezogene Bedingungen vorzuschreiben. Mit den Drs. 21/5966 und 21/9029 wurde im Jahr 2017 insbesondere die Verantwortung im Hinblick auf die Geltung sozial gerechter Standards in internationalen Handelsbeziehungen im Sinne des Fairen Handels im Vergaberecht gestärkt. Auch in der Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg ist die Nachhaltigkeit bereits an prominenter Stelle verankert – gemäß §1 ist bei der Aufstellung des Haushaltsplans dem Prinzip der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen.

Im Koalitionsvertrag von 2020 hat sich die Regierungskoalition nun einmal mehr verpflichtet, eine Reform des Hamburgischen Vergabegesetzes vorzubereiten mit dem Ziel, die Tarifbindung sowie die Umsetzung des Hamburger Mindestlohns von 12 Euro pro Stunde als Kriterium aufzunehmen. In diesem Zusammenhang ist die Berücksichtigung von sozialen, beschäftigungspolitischen, umwelt- und nachhaltigkeitsbezogenen Kriterien ebenfalls vorzusehen. Zudem soll der Leitfaden für umweltfreundliche Beschaffung konsequent angewendet und unter Berücksichtigung der damit gesammelten Erfahrungen kontinuierlich aktualisiert werden. Die beschlossene Weiterentwicklung (Senatsdrucksache Nr. 2019/00971) des Umweltleitfadens zum Leitfaden für nachhaltige Beschaffung und damit die Ergänzung um gerechte und nachhaltige Arbeits- und Produktionsverhältnisse im Ausland im Sinne des Fairen Handels soll vorangetrieben werden. Der Mindestlohn von 12 Euro ist seit dem 1. Oktober 2022 durch die entsprechende Anhebung des bundesweiten gesetzlichen Mindestlohnes auch für alle in Deutschland tätigen Auftragnehmer:innen der Stadt Hamburg und ihrer öffentlichen Unternehmen garantiert. Bezüglich Beschaffungen bei Anbieter:innen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten hat das Europäische Parlament kürzlich mit der EU-Mindestlohnrichtlinie ebenfalls bedeutende Fortschritte ermöglicht.

Die Stärkung der Tarifbindung sowie die weiteren sozialen, beschäftigungspolitischen, umwelt- und klimabezogenen Ziele bleiben jedoch auf der Agenda. Nun gilt es die öffentliche Vergabe der Freien und Hansestadt Hamburg entsprechend der weiteren Entwicklung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG‘s) und den Lieferkettengesetzen auf europäischer und bundesdeutscher Ebene weiterzuentwickeln und anzupassen. Zudem braucht es eine ressortübergreifende Strategie, um die Beschaffer:innen der Stadt Hamburg in der Umsetzung der vorhandenen Regelungen zu unterstützen und diese weiterzuentwickeln – mit der Entwicklung des Leitfadens für nachhaltige Beschaf-fung, dem Nachhaltigkeitsmonitoring und dem Ausbau des Warengruppenmanagements. Auf Bundesebene soll Hamburg sich zudem für mehr Verbindlichkeit in den bundesrechtlichen Grundlagen des Vergaberechts hinsichtlich der Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien einsetzen. Da die meisten Unternehmen nicht regional tätig sind, sondern sich deutschlandweit an Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Auftraggeber:innen beteiligen, plädieren wir zudem dafür eine zentrale Stelle einzurichten, die Sorgfaltspflichtverletzungen kontrolliert und ahndet.

Die wichtigen Querschnittsthemen Gleichstellung der Geschlechter und Inklusion von Menschen mit Behinderungen können auch im Rahmen des Vergaberechts vorangebracht werden. Neben den genannten Nachhaltigkeitskriterien können hier auch Kriterien für Gleichstellung und Inklusion geltend gemacht werden. Damit kann erreicht werden, dass bei gleichwertigen Angeboten Bieter:innen den Zuschlag erhalten, die auch die gleichstellungs- und inklusionspolitischen Kriterien erfüllen, wie es Bremen bereits erprobt. Hier erhält nach § 18 Abs. 3 des bremischen Tariftreue- und Vergabegesetz (TtVG) bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über Bau- und Dienstleistungen bei wirtschaftlich gleichwertigen Angeboten derjenige (inländische) Bieter den Zuschlag, der die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX erfüllt sowie Ausbildungsplätze bereitstellt, sich an tariflichen Umlageverfahren zur Sicherung der beruflichen Erstausbildung oder an Ausbildungsverbünden beteiligt. Gleiches gilt für Bieter:innen, die die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf fördern.

Weiterhin ist die öffentliche Vergabe ein wichtiger Baustein der klimaschutzpolitischen Bemühungen der Stadt. Aktuell laufen deshalb zwei Projekte der Beschaffung, die einen fiktiven CO2-Preis berücksichtigen (Drs. 22/6449). Durch diesen fiktiven Preis als Ergänzung zum Marktpreis kann die Wirtschaftlichkeit auch für die Zukunft in Hinblick auf die Kosten der Klimakatastrophe marktförmig berücksichtigt werden. Die Erkenntnisse der aktuell laufenden Projekte sollen entsprechend in den Prozess einfließen.

Die Ziele der nachhaltigen Vergabe stehen manchmal im Konflikt mit den begrenzten öffentlichen Mitteln und können zu starre Vorgaben erzeugen, die den Wettbewerb behindern. Dies wird verschärft durch bürokratische Vorgaben, die wiederum nötig sein können, um Korruption Einhalt zu gebieten. Die Reform des Hamburger Vergaberechts muss entsprechend alle Möglichkeiten nutzen, diese Ziele bestmöglich in Einklang zu bringen – im Sinne einer effizienten öffentlichen Vergabe, immer im Rahmen der Bundesgesetzgebung und europarechtlicher Vorschriften.

Zur Lösung der vorhandenen Widersprüche bietet die Zentralisierung der Vergabe in weniger Vergabestellen mit höherer Expertise über die zu beschaffenden Waren und Dienstleistungen eine wichtige Stellschraube. Hier hat der Senat im vergangenen Jahr eine wichtige Reform eingeleitet. Dieser Weg sollte weitergeführt werden.

Die größte Chance die Vergabe attraktiver für Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische Betriebe zu machen, liegt in der Digitalisierung. Während die Ausschreibungen der FHH inklusive ihrer Landesbetriebe und Hochschulen sowie Gebäudemanagement Hamburg (GMH) seit dem 01.01.2023 über die Bieterplattform einheitlich veröffentlicht werden, verhindert die Vielzahl an Plattformen der öffentlichen Unternehmen das einfache Einreichen von Angeboten in diesem wichtigen Segment. Mit dem Bericht aus Drs. 22/6642 wird deutlich, dass sowohl an einer Vereinheitlichung in Richtung Bund als auch im Bereich der öffentlichen Unternehmen gearbeitet wird. Diese Anstren-gungen gilt es weiterzuführen und perspektivisch ein Portal für alle Verfahren in und um Hamburg herum zu etablieren.

Und schließlich kann Bürokratie vermieden werden indem die Schwellenwerte für die Vergabe angepasst werden. Diese liegen seit Jahren bei 1.000 Euro. Verfahren unterhalb dieser Größenordnung sollten eigentlich überhaupt nicht stattfinden, sondern gebündelt werden. Entsprechend ist im Zuge der Zentralisierung eine Anhebung der Schwellenwerte notwendig. Mit 5.000 Euro soll ein guter Kompromiss zwischen Aufwand und notwendiger Vorsicht gefunden werden.

Die Reform des Vergabewesens soll weiterhin evaluieren und prüfen ob sich die Regeln verbindlich auch für den Bereich der öffentlichen Unternehmen anwenden lassen.

Unsere Verantwortung als weltoffene Handels- und Hafenstadt ist es, uns für die Lebens- und Arbeitsbedingungen, den Umwelt- und Klimaschutz und die Geltung sozialer und menschenrechtlicher Standards in Deutschland, Europa und anderen Ländern einzusetzen.

 

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

 

1. sich für eine ressortu?bergreifende nachhaltige öffentliche Beschaffung einzusetzen und dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:

a. Die Weitentwicklung des Leitfadens für umweltgerechte Beschaffung zu einem Leitfaden für nachhaltige Beschaffung unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien als verlässliche Richtschnur für die Beschaffer:innen vorantreiben. Im Zuge der Weiterentwicklung wird eine Ausweitung der Negativlisten (Produkte, die grundsätzlich nicht beschafft werden sollen) ebenso geprüft, wie die Definition von Warenkörben, die ausschließlich nachhaltig beschafft werden.

b. Den in 1 a genannten Nachhaltigkeitsleitfaden und die Negativlisten fortwährend weiterzuentwickeln.

c. Entwicklung eines Konzepts für ein Nachhaltigkeitsmonitoring für den Einkauf der Freien und Hansestadt Hamburg (Kennzahlen und Berichtswesen). Aus dem Berichtswesen soll insbesondere hervorgehen, in welchen Warengruppen Nachhaltigkeitskriterien in der Praxis umgesetzt worden sind.

d. Stärkung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung durch Ausbau des Warengruppenmanagements.

e. Die erfolgreiche Beratungsarbeit der Kompetenzstelle Nachhaltigkeit in der Finanzbehörde weiter zu stärken.

f. Dem Personal in den Beschaffungs- und Vergabestellen regelhaft Weiterbildungsangebote zum Thema nachhaltige öffentliche Beschaffung zu machen.

g. Bestehende Weiterbildungsangebote oder Informationsmaterialien niedrigschwellig und sektorspezifisch weiterentwickeln für kleine, öffentliche Vergabestellen.

h. Entwicklung einer Strategie zur Verankerung des Themas nachhaltige Beschaffung und dem hierfür zusätzlich erforderlichen Zeitaufwand bei Vorgesetzten und Bedarfsträgern.

i. Weitere Förderung des regionalen und überregionalen fachlichen Austausches durch die Weiterentwicklung und den Ausbau von internen und externen Netzwerken zum Thema nachhaltige öffentliche Beschaffung.

j. Die personelle Ausstattung für die Durchführung von Marktdialogen zu gewährleisten.

k. Sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die bundesrechtlichen Rechtsgrundlagen des Vergaberechts (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Vergabeverordnung, u. a.) öffentliche Auftraggeber:innen zur Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien verpflichten.

l. Sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, eine zentrale Stelle einzurichten und/oder zu benennen, die mit der Überprüfung und Einhaltung umweltbezogener und sozialer Kriterien im Sinne internationaler Menschen- und Ar-beitsrechtsstandards in der Produktionskette befasst ist. Diese etabliert ein jährliches Berichtswesen, sie dokumentiert und erfasst die statistischen Kennzahlen der Vergabepraxis, kontrolliert und ahndet im Zweifelsfall auch schwerwiegende Verstöße der Sorgfaltspflichtverletzungen.

m. Den Personalbedarf der zuständigen Behörden für die Umsetzung einer ressortübergreifenden nachhaltigen Beschaffung zu prüfen und wenn möglich entsprechend bereitzustellen.

 

2. die landesrechtlichen Rechtsgrundlagen des Vergaberechts (Hamburgisches Vergabegesetz, Hamburgische Vergaberichtlinie, Landeshaushaltsordnung) im Hinblick auf die Einhaltung der umweltbezogenen und sozialen Kriterien zu überprüfen und ggf. anzupassen, sowie ggf. im Wege einer Änderung der Rechtsquellen des Hamburgischen Vergaberechts die verbindliche Einhaltung der sozialen Kriterien, insbesondere die an tariflichen Entgelten orientierte Entlohnung im Rahmen der Durchführung öffentlicher Aufträge sicherzustellen und dabei

a. Den wettbewerbsrechtlichen Spielraum im Sinne der in diesem Antrag formulierten Ziele vollumfänglich auszuschöpfen.

b. Bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags die Zahlung eines vergabespezifischen Mindestentgelts verpflichtend vorzugeben, wobei die Entgelte in einer Rechtsverordnung orientiert an den maßgeblichen geltenden Branchentarifverträgen abgebildet werden.

c. Zu prüfen, wie soziale Kriterien bezüglich der Gleichstellung der Geschlechter und der Inklusion von Menschen mit Behinderungen, so sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben, zur Voraussetzung der Zuschlagerteilung gemacht werden können und der Bürgerschaft dazu einen entsprechenden konkreten Vorschlag zu unterbreiten.

d. Bei der Erarbeitung des Entwurfs die Gewerkschaften sowie weitere sozial-, umwelt-, nachhaltigkeits-, frauen- und menschenrechtspolitische Akteur:innen sowie die Kammern und den Unternehmensverband Nord e. V. im Rahmen der erforderlichen Verbändeanhörung einzubeziehen.

e. Der zuständigen Behörde die für die Verordnungserstellung und Nachhaltung erforderlichen Personalbedarfe bereitzustellen.

 

3. im Rahmen der aktuellen EU- und bundesrechtlichen Entwicklungen zu prüfen, ob und wie ein fiktiver CO2-Preis regelhaft bei Beschaffungsvorgängen der öffentlichen Hand einbezogen werden könnte.

 

4. Kriterien der Effizienz bei der Reform des Vergaberechte zu berücksichtigen, ent-sprechende Strukturen zu etablieren und dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:

a. Die begonnene Zentralisierung der Vergabestellen konsequent umzusetzen.

b. Verstärkt den Lebenszyklus von Waren zu betrachten und die Folgekosten einzupreisen und dabei insbesondere

i. auf die Reparierbarkeit und damit verbundene Angebote der Unternehmen zu achten,

ii. auf die ökologischen Folgen und damit verbundene Kosten Rücksicht zu nehmen,

iii. anfallende Personalkosten zu berücksichtigen.

c. Die positiven Erfolge die im Bereich der eVergabe erzielt wurden weiterzuentwickeln, mit besonderem Augenmerk darauf,

i. die Anzahl der Vergabeplattformen der öffentlichen Unternehmen deutlich zu verringern,

ii. perspektivisch eine Plattform für alle Aufträge der öffentlichen Hand in und um Hamburg herum durch FHH, Bund sowie öffentliche Unternehmen anzubieten, und

iii. mindestens eine Interoperabilität der Plattformen herzustellen, um den Aufwand der Unternehmen, bspw. beim Eingeben von Daten oder der Suche, zu minimieren.

d. Die Wertgrenzen für Direktaufträge auf 5.000 Euro und für erleichterte Beschaffungsverfahren auf 100.000 Euro anzuheben.

e. im Rahmen der laufenden Umsetzung der Einkaufsorganisationsreform sowie des NEO Projekts, Erfahrungen für die weitere Verbesserung des Vergabewesens in der FHH zu sammeln und wenn möglich umzusetzen.

f. In diesem Kontext zu prüfen ob die Vergabekriterien, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, des Fairen Handels, der Tariftreue und der Gleichstellung auch für die Vergaben der öffentlichen Unternehmen verbindlich gestaltet werden können.

 

5. der Bürgerschaft bis zum 30.04.2024 zu berichten.

 

sowie
  • Dennis Paustian-Döscher
  • Eva Botzenhart
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels
  • Alske Freter
  • René Gögge
  • Linus Görg
  • Michael Gwosdz
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Kern
  • Dominik Lorenzen
  • Zohra Mojadeddi
  • Andrea Nunne
  • Ulrike Sparr
  • Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion