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Hamburgisches Abgeordnetengesetz – Umsetzung der Empfehlungen der Diätenkommission und Anpassung an erhöhte Anforderungen

Mittwoch, 13.02.2019

Zehn Jahre nach Einführung des neuen Wahlrechtes, u. a. mit der Einführung von Wahlkreisen, die mit einer zunehmenden Arbeitsbelastung der Abgeordneten einherging, bestand Einvernehmen im Unterausschuss „Stärkung der Hamburgischen Bürgerschaft“ dahingehend, die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft zu bitten, die Mitglieder der unabhängigen Diätenkommission für die 21. Wahlperiode die bestehende Entgeltordnung im Lichte der Entwicklung der zurückliegenden Jahre und mit Blick auf die sich wandelnden Anforderungen an die Abgeordneten überprüfen zu lassen. Sowohl dem Selbstverständnis der Diätenkommission als auch dem Wunsch der Fraktionen folgend blieb hierbei das Thema Vollzeitparlament außen vor.

 

Nach den nunmehr vorliegenden Beratungsergebnissen der Kommission (Anlage) lagen die Leistungen für die Hamburger Abgeordneten im Jahr 2018 im bundesweiten Ländervergleich an der Schlussposition. Weiter konstatiert die Kommission, dass die durchschnittliche zeitliche und inhaltliche Inanspruchnahme der Bürgerschaftsmitglieder weit über den Vorstellungen des Verfassungsgebers aus dem Jahr 1996 liegt. Zudem hätten die letzten Jahre der parlamentarischen Arbeit eine erhebliche Beschleunigung und Differenzierung mit sich gebracht. So habe sich allein die Anzahl der Drucksachen innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Die Einführung von Wahlkreisen und die immer weiter zunehmende Komplexität hätten den erforderlichen Zeitaufwand für die Mandatsausübung deutlich steigen lassen.

 

Im Ergebnis kommen die Mitglieder der Kommission zu dem Schluss, dass nur eine substanzielle Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Abgeordneten eine Entlastung des Berufsalltags und des Privatlebens zugunsten der parlamentarischen Arbeit ermöglicht.

 

Unter Berücksichtigung der Beratungsergebnisse der Kommission haben sich die antragstellenden Fraktionen darauf verständigt, das Hamburgische Abgeordnetengesetz mit Bedacht, aber zugleich den gestiegenen Anforderungen Rechnung tragend, anzupassen, um auch zukünftig eine dem verfassungsmäßigen Auftrag entsprechende Mandatsausübung zu gewährleisten. Gleichzeitig soll angesichts der andauernden Überlegungen innerhalb des Parlaments hinsichtlich möglicher systemischer Änderungen und in Erwartung einer fortgesetzten Diskussion in der kommenden Legislaturperiode bereits in der laufenden Legislaturperiode im zuständigen Ausschuss eine inhaltliche Vorarbeit geleistet werden.

 

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

I.

 

Fünfundzwanzigstes Gesetz

zur Änderung des Hamburgischen Abgeordnetengesetzes

Vom ........

 

§ 1

Änderung des Hamburgischen Abgeordnetengesetzes

 

Das Hamburgische Abgeordnetengesetz vom 21. Juni 1996 (HmbGVBl. S. 141), zuletzt geändert am 12. März 2018 (HmbGVBl. S. 63), wird wie folgt gea?ndert:

 

1. Hinter § 2 Absatz 1 Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

 

„Dieser Betrag erhöht sich mit Beginn der 22. Wahlperiode einmalig um 450 Euro.“

 

2. § 3 wird wie folgt geändert:

 

2.1 In Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

 

„Jedes Mitglied, das in der jeweiligen Wahlperiode drei Jahre der Bürgerschaft angehört hat, erhält auf Antrag einen zusätzlichen zweckgebundenen pauschalierten Zuschuss für die Büro- und IuK-Ausstattung in Höhe von 1.000 Euro.“

 

2.2 In Absatz 2 Satz 1 wird die Zahl „390“ durch die Zahl „540“ ersetzt.

 

2.3 In Absatz 4 Satz 1 wird die Textstelle „für die Ringe A, B und C“ durch die Textstelle „für den Geltungsbereich Hamburg AB“ ersetzt.

 

2.4 In Absatz 6 wird hinter der Zahl „5“ die Textstelle „sowie gemäß § 4“ eingefügt.

 

3. § 4 wird wie folgt geändert:

 

3.1 Die Überschrift erhält folgende Fassung: „Sitzungsgeld und Kinderbetreuungspauschale“

 

3.2 In Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 wird jeweils die Zahl „21“ durch die Zahl „40“ ersetzt.

 

3.3 Es wird folgender Absatz 6 angefügt:

 

„(6) Auf Antrag erhält jedes Mitglied für in seinem Haushalt lebende Kinder, die nicht das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, eine Entschädigung für Kinderbetreuungsaufwand in Höhe von 25 Euro je Kind und Sitzung im Sinne der Absätze 1 bis 3. Die Entschädigung wird nur einmal pro Kind gewährt. Der Betreuungsbedarf ist einmalig zu versichern. Die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend.“

 

4. In § 10 Absatz 1 Satz 1 wird hinter dem Wort „Hälfte“ die Textstelle „oder in voller Höhe beziehungsweise bei Ämtern mit dem Zweifachen des Entgelts in Höhe der Hälfte oder in Höhe von drei Viertel beziehungsweise bei Ämtern mit dem Dreifachen des Entgelts in Höhe der Hälfte oder in Höhe von 66,5 vom Hundert“ eingefügt.

 

5. § 11 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

 

„(2) Die Altersentschädigung beträgt für jedes Jahr der Mitgliedschaft abhängig von der nach § 10 Absatz 1 Satz 1 gewählten Höhe des Verzichts 2 oder 4 vom Hundert beziehungsweise bei Ämtern mit dem Zweifachen des Entgelts 2 oder 3 vom Hundert beziehungsweise bei Ämtern mit dem Dreifachen des Entgelts 2 oder 2,66 vom Hundert des Entgelts nach § 2 Absatz 1. Die Zeit der Wahrnehmung der in § 2 Absatz 2 genannten Ämter wird der Berechnung der Altersentschädigung mit der darin genannten Höhe der Entschädigung gemäß § 2 Absatz 2 Sätze 1 und 2 zugrunde gelegt; auf Antrag wird insoweit die Höhe des Entgelts nach § 2 Absatz 1 zugrunde gelegt. Mehr als 182 Tage der Mitgliedschaft in der Bürgerschaft sowie der Wahrnehmung der in § 2 Absatz 2 genannten Ämter gelten bei der Berechnung als volles Jahr. Die Höhe der Altersentschädigung darf 68 vom Hundert des Entgelts nach § 2 Absatz 1 nicht überschreiten; in Fällen der Berechnung gemäß Satz 2 beträgt die Höchstgrenze der Altersentschädigung für die Zeit der Wahrnehmung der Ämter 68 vom Hundert vom erhöhten Entgelt. Insgesamt darf die Altersentschädigung 68 vom Hundert des Dreifachen des Entgelts nach § 2 Absatz 1 nicht überschreiten.

 

6. Hinter § 29a wird folgender neuer § 29b eingefügt:

 

㤠29b

Übergangsregelung zu der ab Beginn der 22. Wahlperiode geänderten Entgelthöhe nach § 2 Absatz 1 für den Bezug der Altersentschädigung

 

Für Zeiten bis zum Tag vor dem Beginn der 22. Wahlperiode, für die ein Verzicht nach § 10 Absatz 1 Satz 1 geleistet worden ist, findet für die Berechnung der Altersentschädigung nach § 11 Absatz 2 § 2 Absatz 1 in der Fassung des Hamburgischen Abgeordnetengesetzes vom 21. Juni 1996 (HmbGVBl. S. 141) in der bis zum Tag vor dem Beginn der 22. Wahlperiode geltenden Fassung Anwendung.“

 

§ 2

Inkrafttreten

 

(1) § 1 Nummer 2.2 tritt am 1. Juni 2019 in Kraft.

 

(2) § 1 Nummer 2.3 tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2019 in Kraft.

 

(3) Im Übrigen tritt dieses Gesetz mit Beginn der 22. Wahlperiode der Bürgerschaft in Kraft.

 

 

Begründung:

 

Zu § 1 Nummern 1 und 2 (§§ 2 und 3)

 

Die Anpassungen erfolgen in Ansehung des Berichtes der Mitglieder der Siebten Unabhängigen Kommission zur Angemessenheit der Leistungen nach dem Hamburgischen Abgeordnetengesetz (Anlage) und sollen einer Entlastung der Berufsausübung zugunsten der Mandatsausübung dienen.

 

Das Entgelt gemäß § 2 wird in diesem Zusammenhang um 450 Euro erhöht.

 

Zugleich wird unter Berücksichtigung einer entsprechenden Dauer der Mandatsausübung der gestiegenen Nutzung von IuK-Ausstattung Rechnung getragen.

 

Die Kostenpauschale gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 wird um 150 Euro auf 540 Euro erhöht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass den Mitgliedern insbesondere mit Blick auf ihre Wahlkreisarbeit ein höherer Aufwand entsteht. Dies betrifft Fahrtkosten und deutlich höhere Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit der einzelnen Abgeordneten (Homepage, Betreuung und Bespielung von Social-Media-Kanälen, Bürgersprechstunden/Veranstaltungen einschließlich deren Bewerbung und dergleichen). Darüber hinaus kommt eine Erhöhung dieser Kostenpauschale auch den Mitgliedern der sieben Hamburger Bezirksversammlungen zugute, deren Entschädigung nach dem Entschädigungsleistungsgesetz an die Kostenpauschale für Bürgerschaftsabgeordnete anknüpft.

 

Die Änderung der Regelung zum HVV-Fahrberechtigungsausweis greift die seit 1. Januar 2019 bestehende Änderung des Tarifsystems auf, wonach die Mitglieder nur noch einen Fahrberechtigungsausweis für den Geltungsbereich Hamburg AB erhalten.

 

Durch Ziffer 2.4 wird klargestellt, dass es sich auch bei dem Sitzungsgeld und der Kinderbetreuungspauschale um Aufwandsentschädigungen handelt, mit denen jeglicher mandatsbedingte Aufwand abgegolten wird.

 

Zu § 1 Nummer 3 (§ 4)

 

Mit der Entschädigung für Kinderbetreuungsaufwand soll die Vereinbarkeit von Familie und Mandatsausübung gestärkt werden. Die Entschädigung deckt die zusätzlichen Kosten ab, die Abgeordneten mit Kindern dadurch entstehen, dass sie für den Zeitraum der Sitzungen eine Kinderbetreuung sicherstellen müssen.

 

Abgesehen von der Aufrundung auf 21 Euro im Zuge der Euro-Umstellung zum 1. Januar 2002 (HmbGVBl. 2001 S. 128) ist das Sitzungsgeld seit dem Jahre 1977 praktisch unverändert geblieben (HmbGVBl. 1976 S. 236, damals 40 DM, entspricht 20,45 Euro). Die Anpassung des Sitzungsgeldes bildet die seitdem eingetretene Preisentwicklung trotzdem nur teilweise ab. Einen Teil der Aufwandsentschädigungen (§§ 3 und 4), mit denen der durch die Ausübung des Mandats veranlasste Aufwand abgegolten wird, in Form eines Sitzungsgeldes zu leisten, trägt dem Umstand Rechnung, dass Mitgliedern, die an mehr Sitzungen teilnehmen, auch ein höherer Aufwand entsteht, insbesondere für Verpflegungsmehraufwand und Fahrtkosten.

 

Zu § 1 Nummern 4, 5 und 6 (§§ 10, 11 und 29b)

 

Ziel der Änderungen ist es, den Abgeordneten bei Leistung eines höheren Verzichts eine entsprechend höhere Altersentschädigung zu ermöglichen. Die Abgeordneten erhalten ein Wahlrecht, ob sie auf einen Betrag in Höhe der Hälfte oder in voller Höhe des jeweils geltenden Beitragssatzes nach § 158 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch verzichten wollen. Bei Leistung eines solchen Verzichts erhalten sie für jedes Jahr der Mitgliedschaft eine Altersentschädigung in Höhe von 2 Prozent des Entgelts bzw. (bei Leistung des höheren Verzichts) in Höhe von 4 Prozent des Entgelts. Auch Funktionsträgerinnen und Funktionsträger erhalten ein entsprechendes Wahlrecht; unter Berücksichtigung des Grundsatzes einer anteiligen Versorgung können diese pro Jahr bei Ämtern mit dem Zweifachen des Entgelts jedoch maximal eine Altersentschädigung in Höhe von 3 Prozent des erhöhten Entgelts beziehungsweise bei Ämtern mit dem Dreifachen des Entgelts in Höhe von maximal 2,66 Prozent des erhöhten Entgelts erhalten. Den Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern steht entsprechend der bisherigen Praxis ein zusätzliches Wahlrecht zu, lediglich einen Verzicht bemessen am einfachen Abgeordnetenentgelt zu leisten und somit die für diese Zeit mögliche höhere Altersentschädigung nicht in Anspruch zu nehmen.

 

Dabei bleibt die Altersentschädigung auch künftig nur eine anteilige Versorgung. Eine Altersentschädigung aus der Abgeordnetenzeit kann von vornherein nur eine anteilige Versorgung darstellen, da auch das Grundentgelt so angelegt ist, dass es grundsätzlich nur einen Teil der Einkünfte eines Abgeordneten darstellt. Darüber hinaus entstehen Altersentschädigungsansprüche nur dann, wenn der Abgeordnete auf einen Teil seines Entgelts verzichtet. Die Entschädigungsansprüche bestehen daher nicht – wie in anderen Landtagen – als isolierte zusätzliche Leistung, sondern basieren auf einer „Ersparnis“ vom Abgeordnetenentgelt.

 

Angesichts der durch Ausübung des Wahlrechts erhöhten Steigerungsraten von bis zu 4 Prozent werden die Altersentschädigungsansprüche mittels der Einführung einer Höchstgrenze beschränkt.

 

Bei der Berechnung der Ansprüche von Abgeordneten, die während ihrer Mitgliedschaft in der Hamburgischen Bürgerschaft sowohl Zeiten als einfache Abgeordnete als auch Zeiten als Funktionsträgerinnen oder Funktionsträger wahrgenommen haben, sind die Ansprüche der Altersentschädigung modular zu betrachten. Dies geschieht, indem Ansprüche, die aus Zeiten als einfache Abgeordnete oder einfacher Abgeordneter generiert wurden sowie Ansprüche aus Zeiten als Funktionsträgerin bzw. Funktionsträger getrennt berechnet, ggf. jeweils auf der Höchstgrenze gekappt und danach addiert werden. Die aus Zeiten als Funktionsträgerin bzw. Funktionsträger generierten Ansprüche aus der Wahrnehmung unterschiedlicher Funktionen sind dabei zueinander ins Verhältnis zu setzen. Für Ausnahmefälle sehr langer Funktionsträgerzeiten mit der Erlangung eines entsprechend hohen Anspruchs auf Altersentschädigung wird darüber hinaus festgelegt, dass die Altersentschädigung auch in der Zusammenschau mit Altersentschädigungsansprüchen aus Zeiten als Abgeordnete bzw. Abgeordneter insgesamt 68 Prozent des dreifachen Entgelts nicht überschreiten darf.

 

Die Übergangsregelung vermeidet eine überproportionale Begünstigung derer, die bis zum Beginn der 22. Wahlperiode auf der Grundlage eines geringeren Entgelts einen geringeren Verzicht geleistet haben. Für diese Fälle wird für die Berechnung der Altersentschädigung das bis zu diesem Zeitpunkt maßgebliche geringere Entgelt zu Grunde gelegt, das sich aber weiterhin gemäß § 2 Absatz 1 S. 2 der bisher geltenden Fassung verändert.

 

Zu § 2 (Inkrafttreten)

 

Die Änderungen gelten erst mit Wirkung für die 22. Hamburgische Bürgerschaft, die am 23. Februar 2020 gewählt werden soll. Lediglich § 1 Nr. 2.3 tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2019 in Kraft, um die Norm an die bereits geübte Handhabung und Tarifpraxis anzupassen. Die Anpassung der Kostenpauschale nach § 1 Nr. 2.2. soll zum auf die Wahlen zu den Bezirksversammlungen folgenden Monat – 1. Juni 2019 – in Kraft treten, damit sich die gemäß des Verweises in § 2 Absatz 3 Satz 4 Entschädigungsleistungsgesetz (EntschädLG) prozentual entsprechende Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Mitglieder der Bezirksversammlungen für diese bereits zu Beginn der neuen Wahlperiode der im Mai 2019 zu wählenden Bezirksversammlungen auswirkt.

 

II.

 

Der Verfassungs- und Bezirksausschuss beziehungsweise der durch diesen eingerichtete Unterausschuss „Stärkung der Hamburgischen Bürgerschaft“ wird beauftragt, sich mit Blick auf künftige parlamentarische Überlegungen zu Änderungen des bestehenden Parlamentssystems bzw. eine für die 22. Hamburgische Bürgerschaft in Aussicht stehende Enquete-Kommission bereits in der aktuellen Legislaturperiode mit den hierfür relevanten Themenkomplexen zu beschäftigen und im Sinne einer Vorarbeit wesentliche Fragestellungen zu identifizieren. Hierbei sollen anknüpfend an die Enquete-Kommission Parlamentsreform von 1991 bis 1993 grundlegende Fragestellungen erörtert werden. Es soll dabei geprüft werden, wie die Vereinbarkeit von Familie, Mandat und Beruf gefördert und ob und inwieweit Schritte zu einer weiteren Professionalisierung der Arbeit bis hin zu einem Vollzeitparlament sinnvoll wären und umgesetzt werden können. Dabei soll auch die Organisation und Arbeit der Fachausschüsse inklusive deren Anzahl betrachtet werden. Darüber hinaus sollen Fragestellungen für die Mobilität der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Stärkung der Altersversorgung für Abgeordnetenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Vorbereitung der 22. Legislaturperiode erörtert werden.

 

III. Der Senat wird ersucht,

 

1. im Wege der Sollübertragung für das Haushaltsjahr 2019 in den Einzelplan 1.01, Produktgruppe 200.03 „Bürgerschaftskanzlei“, Kontenbereich „Sonstige Kosten“, Produkt „Zahlungen nach HmbAbgG, FraktionsG u. PartG“ bis zu 138.000 Euro aus dem Einzelplan 9.2, Produktgruppe 283.01 „Zentrale Ansätze I“ zu übertragen,

 

2. im Wege der Sollübertragung für das Haushaltsjahr 2020 in den Einzelplan 1.01., Produktgruppe 200.03 „Bürgerschaftskanzlei“, Kontenbereich „Sonstige Kosten“, Produkt „Zahlungen nach HmbAbgG, FraktionsG u. PartG“ bis zu 1.298.000 Euro aus dem Einzelplan 9.2, Produktgruppe 283.01 „Zentrale Ansätze I“ zu übertragen,

 

3. im Wege der Sollübertragung zur Finanzierung der Aufwandsentschädigungen für die Mitglieder (w/m/d) der Bezirksversammlungen für das Haushaltsjahr 2019 bis zu 595.000 Euro auf die sachlich richtigen Produktgruppen und Kontenbereiche der bezirklichen Einzelpläne 1.2 bis 1.8 aus dem Einzelplan 9.2, Produktgruppe 283.01 „Zentrale Ansätze I“ zu übertragen,

4. im Wege der Sollübertragung zur Finanzierung der Aufwandsentschädigungen für die Mitglieder (w/m/d) der Bezirksversammlungen für das Haushaltsjahr 2020 bis zu 951.000 Euro auf die sachlich richtigen Produktgruppen und Kontenbereiche der bezirklichen Einzelpläne 1.2 bis 1.8 aus dem Einzelplan 9.2, Produktgruppe 283.01 „Zentrale Ansätze I“ zu übertragen.

 

?

Anlage zu Drucksache 21/ XXX

 

Ergebnisse der Beratungen der Mitglieder der unabhängigen Diätenkommission der 21. Legislaturperiode zu Angemessenheit und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der bestehenden Entgeltordnung der Hamburgischen Bürgerschaft

 

Think-Tank – wesentliche Beratungsergebnisse und Vorschläge

 

In den zurückliegenden zwei Dekaden hat die Hamburgische Bürgerschaft zwei größere Schritte unternommen, ihre innere Verfassung an die Entwicklung in der Stadt und die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Landesparlament anzupassen.

Nach intensiver Vorarbeit durch eine Enquetekommission in den Jahren 1991-1993 und der sich anschließenden Bearbeitung durch den bürgerschaftlichen Verfassungsausschuss von 1993-1997 verständigte sich die Bürgerschaft im Jahre 1996 auf die Abkehr vom rein ehrenamtlichen Mandat. Der Status der Abgeordneten wandelte sich in eine Teilzeitbeschäftigung.

Zehn Jahre später trat nach einem Volksentscheid und der damit im Zusammenhang stehenden Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts ein neues Wahlrecht in Kraft, das neben der bis zu diesem Zeitpunkt praktizierten Landes-Listenwahl Mehrmandats-Wahlkreise und offene Landeslisten einführte.

In der Bürgerschaft der 21. Wahlperiode bestand fraktionsübergreifendes Einvernehmen, dass die Arbeitsabläufe des Hamburger Landesparlamentes mit der zehnjährigen Erfahrung des neuen Wahlrechts im Rücken, angesichts einer fortschreitenden Diversifikation der Parteienlandschaft sowie der auch und gerade die Politik umfassenden Digitalisierung einer Renovierung bedürfen.

Die Beratungen des Unterausschusses „Stärkung der Hamburgischen Bürgerschaft“ mündeten neben einer Reihe von Änderungen der Geschäftsordnung zur Belebung des Sitzungsbetriebs in den Auftrag an die Präsidentin, die Mitglieder der Diätenkommission für die 21. Wahlperiode zu bitten, die bestehende Entgeltordnung im Lichte der Entwicklung der zurückliegenden Jahre und Blick auf die sich wandelnden Anforderungen an die Abgeordneten zu überprüfen und ggf. Vorschläge für eine Weiterentwicklung zu machen.

Dieser Bitte kam die beratende Kommission nach. Unterstützt wurde sie in ihren Beratungen durch die Moderation durch die Präsidentin und die ausgezeichnete Zuarbeit der Bürgerschaftskanzlei, für die die Mitglieder der Kommission sich ausdrücklich bedanken.

Von der bestehenden Verfasstheit der Bürgerschaft als Teilzeitparlament und ihren Arbeitsweisen ausgehend und angesichts der deutlich gestiegenen Arbeitsbelastung der Abgeordneten, die in den letzten Wochen bereits öffentlich thematisiert wurde, wurden Gespräche mit den Fraktionen geführt und Vorschläge unterbreitet. Sowohl dem Selbstverständnis der Diätenkommission als auch dem Wunsch der Fraktionen folgend, blieb hierbei das Thema Vollzeitparlament außen vor.

 

In mehreren Gesprächsrunden ist deutlich geworden, dass zwar grundsätzlich eine Stärkung der Abgeordneten und Fraktionen für notwendig erachtet wird, dass aber gleichzeitig das „Tätigwerden in eigener Sache“ naturgemäß einer Hemmschwelle unterliegt. Die in den letzten Wochen verstärkte öffentliche Debatte zum Thema der Arbeitsbelastung von Abgeordneten hat aber den Handlungsbedarf erneut aufgezeigt. Die Entscheidung über Konsequenzen und zu treffende Maßnahmen verbleibt natürlich bei dem Parlament und seinen Fraktionen.

 

Die Kommissionsvorschläge erfolgten nach einem umfassenden Vergleich der Abgeordnetengesetze aller Bundesländer sowie des Bundestages, der erkennen lässt, dass in Hamburg die Abgeordnetenleistungen im Jahr 2018 gegenüber allen Bundesländern sowohl in einzelnen Kategorien (Diäten, Kostenpauschalen, Personalkostenerstattung für Mitarbeiter/-innen, Sozialleistungen) als auch in einer Gesamtschau – der Summe aller Leistungen – deutlich im hinteren Bereich liegen.

Die wesentlichen Beratungsergebnisse und Vorschläge der Kommission lassen sich wie folgt zusammenfassen.

• Die durchschnittliche zeitliche und inhaltliche Inanspruchnahme der Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft liegt weit über dem nach der organisatorischen Vorstellung des Verfassungsgebers des Jahres 1996 gebotenen Maß.

• Die letzten Jahre haben eine erhebliche Beschleunigung und Differenzierung der parlamentarischen Arbeit mit sich gebracht.

• Die Anzahl der Drucksachen hat sich allein innerhalb der vergangenen zehn Jahre verdoppelt. Die erhöhte Anzahl der Fraktionen, die Einführung von Wahlkreisen und die immer weiter zunehmende Komplexität der Themen haben zwangsläufig dazu geführt, dass der Zeitaufwand für die Mandatsausübung erheblich gestiegen ist. Das bildet sich auch in der großen Anzahl von Ausschüssen ab.

Europäische Rechtsetzungsprozesse und Gremien müssen bearbeitet werden, weltweite Ereignisse (Finanzkrise, Flüchtlingsthematik) schlagen sich in früher nicht gekanntem Maße in der regionalen parlamentarischen Beratung nieder.

• Zwar ist Hamburg „nur“ Stadtstaat und kein Flächenland. Im Unterschied zu allen anderen Landtagen nimmt aber die Hamburgische Bürgerschaft neben staatlichen auch kommunale Aufgaben in spürbarem Umfang wahr. Dieser Effekt ist durch die Einführung von Wahlkreisen noch verstärkt worden.

• Kommunikation findet nicht mehr nur auf dem Postwege und am Infostand, sondern auf allen Kanälen statt. Das Vorhalten einer Homepage nebst diversen Social-Media-Auftritten sind selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit. Die weitgehende Umstellung auf E-Mail-Kommunikation führt zur Erwartung der ständigen Erreichbarkeit bei Bürgerinnen und Bürgern, Fraktionen, Mitarbeitenden usw.

• Die Erwartungen politisch interessierter Menschen an ein zeitgemäßes Arbeits- und Familienmodell und ihr Wunsch, das Leben mit Kindern und eine (auch politische) Berufstätigkeit zu vereinbaren, stehen im offensichtlichen Widerspruch zur aktuellen Struktur des bürgerschaftlichen Politikbetriebes. Wochenarbeitszeiten von 60-80 Stunden, wie sie in aktuellen Studien festgestellt wurden, machen „geordnete Verhältnisse zu Hause“ unmöglich oder finden auf Kosten einer gleichberechtigten innerfamiliären Partnerschaft sowie der eigenen Gesundheit statt. Das Ausscheiden von nahezu 50% der Mandatsträgerinnen und -träger je Legislaturperiode ist nicht nur dem neuen Wahlrecht, sondern verschiedentlich auch einer Entscheidung gegen die Doppelbelastung geschuldet.

• Die Anforderungen und Erwartungen ihrer Wählerinnen und Wähler wollen und müssen alle – auch und gerade – kleine Fraktionen in der Bürgerschaft bedienen und ihre Mitglieder sind so gezwungen, entweder politisch selektiv und oberflächlich zu arbeiten oder sich mit grenzwertig hohem persönlichen Einsatz auf der Höhe der aktuellen Politik zu halten. Die Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft müssen daher deutlich besser in die Lage versetzt werden, auch auf größere Teile ihres beruflichen Erwerbseinkommens zugunsten der parlamentarischen Tätigkeit zu verzichten.

• Ohne einen Systemwechsel zum Vollzeit-Parlament ist eine substantielle Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Abgeordneten der einzige Weg, den Mitgliedern die erforderlichen Ressourcen an die Hand zu geben, um das Privatleben und den Berufsalltag zugunsten der parlamentarischen Arbeit zu entlasten.

• Als Orientierung hinsichtlich des Entgelts sollte die Regelung für das Abgeordnetenhaus Berlin dienen. Die Hamburgische Bürgerschaft würde damit – heute mit 2.833 € weit abgeschlagen – zum vorletzten unter 16 Landesparlamenten aufschließen.

• Hinsichtlich der Kostenpauschalen für Mitarbeitende und Büros kann – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Inanspruchnahmen – die Kommission keinen erneuten Handlungsbedarf feststellen.

• Eine moderate Anpassung der allgemeinen Kostenpauschale von derzeit 390 Euro liegt nahe. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Aufwandsentschädigung der Bezirksabgeordneten in Hamburg an diese Pauschale gebunden ist.

• Empfohlen wird weiterhin, die Kinderbetreuung durch eine Pauschale finanziell zu unterstützen.

 

Die Mitglieder der Diätenkommission:

 

Dr. Elisabeth Chowaniecz

Gesine Dräger

Uwe Grund

Alexa von Hoffmann

Bernd Reinert

 

sowie
  • der Abgeordneten André Trepoll
  • Birgit Stöver
  • Dennis Thering
  • Dennis Gladiator
  • Franziska Rath (CDU) und Fraktion und der Abgeordneten Dr. Anjes Tjarks
  • Martin Bill
  • Christiane Blömeke
  • Filiz Demirel
  • Olaf Duge
  • Mareike Engels
  • Anna Gallina
  • René Gögge
  • Murat Gözay
  • Dominik Lorenzen
  • Antje Möller
  • Farid Müller
  • Ulrike Sparr
  • Dr. Carola Timm (GRÜNE) und Fraktion und der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein
  • Michael Kruse
  • Daniel Oetzel
  • Dr. Kurt Duwe
  • Jens Meyer (FDP) und Fraktion