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Handlungskonzept ´Handeln gegen die Jugendgewalt`

Mittwoch, 23.01.2008

Die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft hat bereits im März 2007 und damit lange vor dem Senat mit seinem so genannten „Neun-Säulen-Konzept“ aus dem November 2007 ein Maßnahmenbündel zur Bekämpfung der Jugendgewaltkriminalität vorgelegt (Drs. 18/5906).

 

Auf die darin enthaltenen Ausführungen zur Entwicklung von Phänomenen der Jugendgewalt, zu Ursachen und zu Defiziten der Senatspolitik wird ausdrücklich Bezug genommen. Es hat sich nichts an der Feststellung geändert, dass der Senat weder die repressiven Maßnahmen, noch die präventiven Schritte zur Bekämpfung der Jugendgewalt beherrscht. Die Probleme von Kindern und Jugendlichen in sozial benachteiligten Stadtteilen hat der Senat jahrelang ignoriert; ihre Bildungs- und Berufschancen wurden durch zusätzliche Gebühren und Sparmaßnahmen an den Schulen und Kindertagesstätten weiter verschlechtert.

 

Die Koordination zwischen Schulen, Polizei, Justiz, Jugendhilfe und Allgemeinen Sozialen Diensten sowie die Vernetzung und Kommunikation mit zivilgesellschaftlichen Institutionen ist immer noch mangelhaft. Gezielte Programme zur Gewaltprävention (wie z.B. Anti-Aggressivitäts-Trainings) setzen zu vereinzelt und meistens viel zu spät ein. Eine unabhängige, qualifizierte Evaluation der seit 2001 erprobten Programme und Maßnahmen gegen Jugendgewalt hat kaum stattgefunden.

 

1. Entwicklung

Heute ist das Scheitern des Senats bei der Bekämpfung von Jugendgewalt spürbarer denn je.

Während die Zahl der unter 21-jährigen, die eines Raubdelikts verdächtigt werden, im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2001 um 29 Prozent gesunken ist (auf knapp 1.000), ist die Zahl der jungen Tatverdächtigen bei Körperverletzungsdelikten um 56 Prozent auf mehr als 4.300 gestiegen.

Bei den Rohheitsdelikten ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren um 25 Prozent auf mehr als 5.500 gestiegen, bei den Gewaltdelikten um 17 Prozent auf knapp 3.000 Tatverdächtige.

Jugendliche sind mitverantwortlich für den deutlichen Anstieg der Straßengewalt: Delikte der gefährlichen und schweren Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen sind in den ersten neun Monaten des Jahres 2007 um rund 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen – die Zahl der 14- bis 17-jährigen Tatverdächtigen stieg im selben Zeitraum um 16,5 Prozent.

 

2. Senatskonzept

Die im Senatskonzept Drs. 18/7296 angekündigten Maßnahmen sind allenfalls kleine Schritte in die richtige Richtung. Eine Trendwende bei der Bekämpfung der Jugendgewalt dürfte damit nicht erreicht werden - zumal der Senat zu einigen entscheidenden Feldern überhaupt keine Aussagen trifft:

- Obwohl ein großer Teil der Gewaltkriminalität junger Menschen von Heranwachsenden ausgeht, geht das Konzept des Senats nicht mit einem Wort auf die Altersgruppe der 18- bis 20-Jährigen ein. Im Grunde betreffen sämtliche Maßnahmen Kindertagesstätten und Schulen.

- Obwohl immer mehr Menschen Opfer gefährlicher und schwerer Körper-verletzungen unter Einsatz von Waffen und Messern werden, enthält das Konzept des Senats keine Schritte zur Entwaffnung der Stadt.

- Obwohl gerade Gewalttaten zunehmend unter Alkoholeinfluss verübt werden, wird das offenkundig wachsende Problem des Alkoholmissbrauchs unter Jugendlichen nicht erwähnt.

 

3. Versagen der Senatorinnen und Senatoren

Keines der Senatsmitglieder, die bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität besondere Verantwortung tragen, ist seinen Aufgaben in den vergangenen Jahren gerecht geworden; manche haben sich der Herausforderung gar nicht erst gestellt.

a) Jugend- und Sozialsenatorin Schnieber-Jastram hat nach der übereilten Eröffnung der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße und der Einrichtung des Familieninterventionsteams die Augen vor jeglichen Fehlentwicklungen verschlossen und zuletzt sogar falsche Zahlen genannt, um das Ausmaß der Kriminalität vom FIT betreuter Minderjähriger herunterzuspielen.

Im Heim in der Feuerbergstraße, das Hamburgs Steuerzahler jährlich 1,5 Millionen Euro kostet, ist schon seit Monaten nur noch ein Jugendlicher aus Hamburg untergebracht. Nicht wenige wurden nach der Unterbringung in der Einrichtung inhaftiert. Was aus den übrigen vormals dort Betreuten geworden ist, vermag die Sozialbehörde nicht zu sagen; Schul- oder gar Berufsabschlüsse sind nicht gemeldet worden.

Während die Senatorin nicht müde wird, zu betonen, Hamburgs Probleme mit schwierigen Jugendlichen müssten innerhalb Hamburgs gelöst werden, hat allein das Familien-interventionsteam (FIT) ihrer eigenen Behörde in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 100 Minderjährige in Einrichtungen anderer Bundesländer untergebracht.

Auch die Gesamtbilanz des FIT kann nicht überzeugen: 779 der bis November 2007 1.330 vom FIT betreuten Minderjährigen sind für 4.284 neue Tatvorwürfe verantwortlich, davon fast 1.200 Gewaltdelikte. Das Familieninterventionsteam kann das Problem schwer krimineller Minderjähriger nicht allein lösen. Wenn aber jeder vierte während der Betreuung durch das FIT fünf oder mehr Straftaten verübt, sind Defizite unübersehbar. Statt aber anzuerkennen, dass das FIT bei allem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seiner aktuellen organisatorischen Aufstellung offenkundig nicht in der Lage ist, die Jugendlichen in den Griff zu bekommen, veröffentlicht die zuständige Senatorin falsche Zahlen über deren Kriminalitätsbelastung.

In den Kindertagesstätten wurden die Gruppen erheblich vergrößert und der Betreuungsumfang von Kindern fast ausschließlich an der Berufstätigkeit ihrer Eltern gemessen statt an den individuellen Bedürfnissen der Kinder. Auch die Jugendarbeit in den Bezirken, die wichtige und konkrete Beiträge zur Gewaltprävention leistet, ist seit Jahren von Standardabsenkungen betroffen. So sieht sich der Bezirk Mitte nicht mehr in der Lage, im Stadtteil St. Pauli Straßensozialarbeit zu gewährleisten.

Diese Entwicklungen haben der Senat und die Sozialsenatorin zu verantworten.

 

b) Sportsenatorin Dinges-Dierig ist in dem Handlungskonzept des Senats nicht erkennbar. Über Möglichkeiten, Sport stärker zur Gewaltprävention zu nutzen, hat sie sich offenbar keine Gedanken gemacht. Bildungssenatorin Dinges-Dierig hat – abgesehen von den allgemeinen Defiziten ihrer Schulpolitik – in den Schulen kaum mehr zur Bekämpfung der Jugendgewalt getan, als anzukündigen, geltende Gesetze künftig durchsetzen zu wollen.

Am Ende der Wahlperiode hat sie den Schulen Verwaltungsanweisungen zur Meldepflicht von Gewalttaten und zur Durchsetzung der Schulpflicht übermitteln lassen. Die Schulen waren auch bisher schon in erheblichem Umfang verpflichtet, Straftaten von Schülerinnen und Schülern und vergleichbare Vorkommnisse zu melden. Gewalttaten waren der Schulaufsicht und der Polizei anzuzeigen. In welchem Umfang derartige Meldungen erfolgt sind und aus welchen Gründen sie unterblieben sind, hat die Senatorin nicht untersuchen lassen. Durch ein neues Layout des Meldebogens und einen größeren Verteilerkreis soll nun erreicht werden, dass die Schulen ihrer Meldepflicht nachkommen. Inwieweit es die Jugendgewalt nachhaltig begrenzt, wenn der Pressesprecher der Bildungsbehörde über jede Schulhofrangelei informiert wird, bleibt abzuwarten.

Außerdem haben Polizei und Bildungsbehörde einen Weg vereinbart, der für die Durchsetzung der Schulpflicht sorgen soll, wenn Polizeibeamte offenbar schwänzende Minderjährige antreffen. De facto ist das Verfahren allerdings in rechtlicher Hinsicht so gestaltet, dass die Polizei gehindert ist, das schulpflichtige Kind gegen dessen Willen zur Schule zu bringen, wenn es sich dagegen wehrt. Es baut zudem darauf, dass der angetroffene Minderjährige der Polizei von sich aus seinen Namen nennt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Möglichkeiten, sich der Durchsetzung der Schulpflicht auch im Angesicht der Polizei zu entziehen, unter den Jugendlichen herumsprechen.

Bei der Vorstellung des Senatskonzepts gegen Jugendgewalt im November 2007 hat Bildungssenatorin Dinges-Dierig betont, das „Wegsehen unserer Behördenmitarbeiter“ finde „jetzt nicht mehr statt“. Es wäre Aufgabe der Senatorin gewesen, frühzeitig genau hinzusehen.

 

c) Justizsenator Lüdemann hat in seinem Zuständigkeitsbereich offenbar nichts unternommen, um die justizielle Reaktion auf Straftaten junger Menschen schneller und wirksamer zu gestalten – abgesehen der Weiterentwicklung des Stopp-Konzeptes durch die Staatsanwaltschaft.

Eine durchgreifende Beschleunigung der Strafverfahren gegen junge Straftäter hat nicht stattgefunden. Im Jahr 2006 betrug die durchschnittliche Dauer der Gerichtsverfahren vor dem Jugendrichter rund vier Monate, vor dem Jugendschöffengericht knapp fünf Monate und vor der Jugendkammer 4,5 Monate – Hinzu kommt der Zeitraum von der Tat über die Ermittlung der Tatverdächtigen bis zur Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft.

Die Möglichkeiten, die die Gesetze zur Verkürzung der Verfahren bieten, wurden in den vergangenen Jahren selten genutzt: So wurde das so genannte vereinfachte Jugendverfahren (§§ 78 ff. JGG) zuletzt in lediglich 15 Prozent der Verfahren durchgeführt, der Anteil der sog. beschleunigten Verfahren gegen Heranwachsende (§§ 417 ff. StPO) lag im Jahr 2006 bei nur 14 Prozent.

 

Die Urteile in Jugendstrafverfahren sind – obwohl die CDU das den Hamburgerinnen und Hamburgern Glauben machen wollte - nicht strenger. Wurde im Jahr 2002 noch jeder vierte junge Straftäter zu einer Haftstrafe verurteilt, war es in 2006 nur noch jeder siebte; der Anteil der Jugendstrafen an den Verurteilungen in Jugendstrafverfahren ist von 25 Prozent auf 15,6 Prozent gesunken. Dass die Justizbehörde jahrelang mit falschen Zahlen über die Vollstreckung der Jugendstrafen und ihre Aussetzung zur Bewährung gearbeitet hat, ist dem Justizsenator nicht aufgefallen – trotz der Widersprüche zu den Inhaftiertenzahlen und unmissverständlicher Nachfragen aus dem Parlament. Als der Erhebungsfehler innerhalb seiner Behörde endlich bemerkt wurde, hat der Justizsenator den Fehler so lange wie möglich unter dem Deckel gehalten, falsche Zahlen aus den Vorjahren unkorrigiert aufrecht erhalten, weitere Fehler seiner Statistik zunächst geleugnet und erst anlässlich gezielter parlamentarischer Anfragen der Opposition eingeräumt.

Die Verurteilung Heranwachsender nach Jugendrecht ist in den vergangenen Jahren nicht seltener geworden, sondern häufiger vorgekommen. Wurden im Jahr 2002 noch fast 18 Prozent der 18-bis 20-jährigen Straftäter nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt, waren es im Jahr 2006 nur noch 13 Prozent der Heranwachsenden. Maßnahmen, um dieses Verhältnis zu ändern, hat der Justizsenator zwar auf Bundesebene gefordert, in Hamburg aber nicht ergriffen: Eine Maßgabe, dass die ihm unterstellte Staatsanwaltschaft die Einstufung Heranwachsender in geeigneten Einzelfällen konsequent anfechten soll, gibt es nicht. Der Justizbehörde ist nicht einmal bekannt, wie häufig derartige Urteile im Wege der Berufung angefochten werden.

Was von der Amtsführung des Justizsenators bleibt, ist die verfassungsrechtlich und vollzugspolitisch fragwürdige Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugsrechts.

 

d) Innensenator Nagel hat vor der Jugendgewalt über lange Zeit die Augen verschlossen und versucht, die Brisanz der Entwicklung durch den Verweis auf bundesweite Trends herunterzuspielen.

Bestehende Möglichkeiten für Waffenverbote blieben viel zu lange ungenutzt. Die SPD-Fraktion hat bereits Anfang 2005 den Erlass einer solchen Verordnung gefordert. Der Innensenator hat entsprechende Schritte ausdrücklich abgelehnt und erst eingelenkt, als es Anfang September 2005 zu einem besonders blutigen Wochenende auf dem Kiez gekommen war. Die daraufhin vom Senat ergriffene Initiative führte aber nicht zu einer Änderung des Landesrechts, sondern in einen monatelangen und überflüssigen Streit um Gesetzgebungskompetenzen. Ende Juni 2006 stellte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf Hamburgs ausdrücklich fest, die von Hamburg beantragte Änderung des Waffengesetzes sei gar nicht erforderlich, um die angestrebten lokalen Waffentrageverbote erlassen zu können; Hamburg habe die Befugnis, entsprechende Verbote ohne Änderung von Bundesgesetzen zu beschließen. Letztendlich ist das Waffenverbot Mitte Dezember 2007 in Kraft getreten. Aber: Senat und Innenbehörde hätten schon im Sommer 2005 ein Waffentrageverbot für Kriminalitäts-brennpunkte beschließen können und es spätestens im Sommer 2006 (als Folge der entsprechenden Mitteilung der Bundesregierung) beschließen müssen. Allein im Zeitraum Juli 2006 bis September 2007 hat es – nur in St. Pauli – im Durchschnitt täglich mehr als zwei Fälle schwerster Straßengewalt gegeben (nämlich 946 registrierte Fälle gefährlicher und schwerer Körperverletzungen im öffentlichen Raum).

Auch weitere Vorschläge der SPD-Fraktion für eine breit angelegte Entwaffnungsstrategie (vor allem gegen Messer und andere Stichwaffen) wurden nicht aufgegriffen; die Verantwortung wurde stattdessen auf die Bundesebene abgeschoben, obwohl klare Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene bestehen. Stattdessen machen Hamburger Behörden damit Schlagzeilen, dass sie eingezogene Messer und Waffen über das Internet versteigern. Das Senatshandeln wurde damit vollends absurd.

Ebenso abgelehnt hat der Senator konsequentere Maßnahmen zum Schutz der Gegend um die Reeperbahn vor Problemen um Alkohol und Gewalt. Obwohl es in St. Pauli regelmäßig zu Körperverletzungen kommt, die unter Verwendung von Glasflaschen verübt werden, hat der Innensenator nicht einmal seinen eigenen Plan einer freiwilligen Selbstverpflichtung umgesetzt, dort weder Glasflaschen noch spätabends Alkohol zu verkaufen. Die pragmatischen Vorschläge des Bezirks Hamburg-Mitte wurden nicht ansatzweise aufgegriffen.

Die Zahl der polizeilichen Ansprechpartner an Schulen wird zwar um zehn erhöht – das grundlegende Problem, dass die so genannten Cop4U diese Funktion zusätzlich zu ihren Aufgaben als Bürgernahe Beamte wahrnehmen müssen, bleibt jedoch bestehen.

Am Neujahrsmorgen 2008 wurde ein Frührentner in Hamburg-Niendorf von drei Jugendlichen brutal geschlagen, getreten und sehr schwer verletzt. Gegen einen der mutmaßlichen Tatbeteiligten war Mitte Dezember ein Vorführungsbefehl (wegen Fernbleibens einer Hauptverhandlung) erlassen, aber nicht vollstreckt worden. Offenbar hatte es mehrere Wochen gedauert, bis der Haftbefehl die zuständige Polizeidienststelle erreichte. Ein anderer tatverdächtiger Jugendlicher wurde zwar von Jugendämtern betreut, seine Gefährlichkeit wurde aber nicht erkannt.

Statt aber anzuerkennen, dass es erhebliche Probleme gibt, die auch in den vom Senat als „Neun-Säulen-Konzept“ bezeichneten Maßnahmen nicht aufgegriffen werden, ist der der Innensenator sich nicht zu schade, die falsche Zahl von einer angeblichen „Reduzierung der Verbrechensopfer um 80.000“ immer wieder zu wiederholen. Tatsächlich ist die Zahl der insgesamt gezählten Delikte in den vergangenen Jahren zwar gesunken, die Zahl der registrierten Opfer von Kriminalität ist jedoch um 20 Prozent gestiegen.

Ziel muss ein energisches und konsequentes Vorgehen gegen die Ursachen und die Erscheinungsformen von Jugendgewalt sein – und zwar gleichermaßen. Alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte sind zu einem konstruktiven Dialog und zu gemeinsamem Handeln eingeladen.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

„Der Senat wird aufgefordert, zusätzlich zu den in Drs. 18/7296 beschriebenen Schritten zur Bekämpfung der Jugendgewalt unverzüglich folgende weitere Maßnahmen zu ergreifen und der Bürgerschaft jeweils zum Halbjahresende über die eingeleiteten Schritte und ihre Wirksamkeit Bericht zu erstatten:

 

1. Überprüfung laufender Programme

Sämtliche laufenden Programme (etwa der Innenbehörde, der Sozialbehörde und der Bildungsbehörde) im Bereich der Jugendgewalt sollen qualifiziert evaluiert und die Ergebnisse der Bürgerschaft und der Öffentlichkeit vorgelegt werden.

1.1. In diesem Rahmen ist zum Beispiel das Projekt „Gefangene helfen Jugendlichen“ mit dem Ziel zu evaluieren, es gezielt auszubauen.

1.2. Auch die Einrichtung so genannter „Teencourts“ soll in Abhängigkeit der Ergebnisse einer qualifizierten Evaluation ausgeweitet werden.

 

2. Gewalteskalationen vorbeugen

2.1. Gerade in Näheverhältnissen können polizeiliche Kontakt- und Näherungsverbote Eskalationen von Gewalttätigkeit vermeiden helfen. Der Senat ist aufgefordert, der Bürgerschaft einen entsprechenden Gesetzentwurf zu übermitteln, mit dem nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz eine solche Regelung im Polizeirecht verankert wird.

2.2. Gewalteskalationen kann wirksam mit Anti-Aggressions- und Anti-Gewalt-Trainings begegnet werden. Diese Trainings sind nicht erst mit Intensivtätern, sondern bereits für erstmalig oder in wenigen Fällen gewalttätige Jugendliche obligatorisch durchzuführen.

2.3. Gewalt eskaliert nicht zuletzt, wenn Waffen verfügbar sind. Es sind unverzüglich Maßnahmen für eine die Jugendgewalt mit eindämmende Entwaffnung Hamburgs zu ergreifen (Drs. 18/2291): Das seit Ende 2007 gültige Waffentrageverbot in den Bereichen um Reeperbahn und Hansaplatz reicht nicht aus – zumal es offenbar aufgrund unzureichender Rechtsgrundlagen nur unzulänglich kontrolliert werden kann.

Das Waffenrecht ist in ganz Hamburg – gerade hinsichtlich seiner stärkeren Restriktionen – konsequent umzusetzen. Das vollständige Verbot jeglicher Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen (§ 42 Waffengesetz) und an Schulen (§ 31 Abs. 3 Schulgesetz) ist nachdrücklich zu überwachen; Verstöße gegen das Waffengesetz sind konsequent zu ahnden.

Messer sollen umfassender als bisher verboten werden. Auf Bundesebene hat sich der Senat für ein vollständiges Verbot von Hieb- und Stoßwaffen (mit Ausnahme von Taschenmessern) sowie von Anscheinswaffen einzusetzen, außerdem für die erneute Erschwerung des Kaufs und Verkaufs von Gas- und Schreckschusswaffen.

Nach Bremer Vorbild ist eine öffentlichkeitswirksame Kampagne „Hamburg rüstet ab!“ zu starten. Zugleich sollen die mit Waffen handelnden Geschäfte intensiv kontrolliert und motiviert werden, für Waffen nicht in Schaufenstern zu werben.

2.4. Gemeinsam mit gefährdeten Diskotheken und Szene-Lokalitäten sollen konkrete und verbindliche Sicherheitskonzepte zu erarbeitet werden, um nachhaltige Maßnahmen gegen Drogen, Diebstahl, übermäßigen Alkoholkonsum und Gewaltdelikte zu treffen. So könnte man sich nach einem Vorbild Baden-Württembergs in Kooperation von Stadt und Gastronomie darum bemühen, gegen Personen, die aus einer Gaststätte verwiesen werden, längerfristige und lokalitäten-übergreifende Hausverbote auszusprechen, um insbesondere alkoholisierten Randalierern Einhalt zu gebieten. In Freiburg verdeutlichen die beteiligten Bars, Clubs, Diskotheken und Eventveranstalter durch ein Gütesiegel mit dem Logo der Kampagne an den Eingängen, welche Konsequenzen Gewalt hat: "Fliegst du einmal raus, kommst du nirgends mehr rein!" Bei Straftaten wird Anzeige erstattet.

 

3. Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs zur Gewaltprävention

Tätliche Auseinandersetzungen geschehen offenbar zunehmend unter dem Einfluss von Alkohol. Öffentlicher Alkoholkonsum soll nicht schrankenlos toleriert werden. Vor diesem Hintergrund ist ernsthaft zu prüfen, ob und welche gesetzgeberischen Schritte angebracht sind, um Erwerb und Konsum alkoholischer Getränke einzuschränken.

3.1. Der Senat ist daher aufgefordert, zu prüfen, ob und inwieweit der Verkauf alkoholhaltiger Getränke in den Abend- und Nachtstunden im Rahmen einer Verschärfung des Ladenschlussrechts zu untersagen ist. Nach den derzeit geltenden Regelungen des Ladenschlussgesetzes ist der Verkauf von Alkohol jedem Geschäft rund um die Uhr – bis auf sonntags – gestattet. Damit wird der Konsum von Alkohol in einer nicht nur aus Gesichtspunkten des Jugendschutzes, sondern für die Gesellschaft insgesamt schädlichen Weise und in wirtschaftlich unnötigem Ausmaß unterstützt. Die Liberalisierung des Ladenschlusses hat an manchen Brennpunkten die Verfügbarkeit von Alkoholika erheblich erleichtert – zum Nachteil der Sicherheit.

3.2. Außerdem ist eine gesetzliche Änderung anzustreben, die es ermöglicht, für bestimmte Orte zeitlich befristete Alkoholverbote zu erlassen. So erscheint es sinnvoll, den Behörden – insbesondere den Bezirken – die Befugnis an die Hand zu geben, auf örtliche Entwicklungen im Einzelfall dadurch zu reagieren, dass der Alkoholkonsum an einem öffentlichen Platz untersagt wird, an dem sich Jugendliche oder Erwachsene gezielt zum gemeinsamen Trinken treffen. Zur Verankerung einer entsprechenden Befugnis bietet sich neben dem Polizeirecht insbesondere das Wegerecht an. Der Senat ist gefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.

3.3. Die Bestimmungen des Jugend- und Gaststättenrechts sind konsequent zu überwachen und durchzusetzen, Verstöße sind mit konzessionsrechtlichen Schritten zu ahnden. Um den Alkoholmissbrauch insbesondere junger Menschen einzudämmen, sollen Akolhol-Pauschalpreis- oder Billigstangebote, insbesondere Flatrate-Angebote, unver-züglich verboten werden, sobald dieses Problem erneut auftaucht, weil derartige Veranstaltungen wieder durchgeführt werden. Das geltende Recht bietet hierfür ausreichend Ansatzpunkte.

3.4. Zudem soll der Senat sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Überlegung der Innenministerkonferenz für eine Öffentlichkeitskampagne umgesetzt wird, um Kinder und Jugendliche, Eltern und Gastronomen für die Bedeutung des Jugendschutzes zu sensibilisieren und umfassend über die Bedeutung des Jugendschutzes zu sensibilisieren. Hamburg kann hier auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen.

 

4. Medien und Medienerziehung

4.1. Die Medienerziehung soll im vorschulischen Bereich und in den Schulen mit dem Ziel intensiviert werden, die Widerstandskraft der Kinder und Jugendlichen gegen die Internalisierung von Gewaltmustern zu stärken und bestimmte Verbote aufklärend zu untermauern.

4.2. Die Aufklärungsarbeit über die Risiken des Medienkonsums und der neuen Medien auch bezüglich der Eltern zu stärken. Angesichts des erheblichen Anstiegs sexueller Übergriffe zwischen Kindern und Jugendlichen ist dabei nicht zuletzt auch auf die Gefahren gewaltpornographischer Darstellungen für Kinder und Jugendliche hin-zuweisen.

4.3. Generell soll Hamburg eine gewaltpräventive Medienpolitik in der Weise unter-stützen, wie sie im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU auf Bundesebene vorgesehen ist, also im Hinblick auf die Überprüfung der Wirksamkeit des Konstrukts „Regulierte Selbstkontrolle“, die Überprüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Altersgrenzen bei der Freigabe von Filmen und Computerspielen, die Einführung verlässlicher Kontroll- und Sicherheitsstandards für Videoverleihautomaten und die Überprüfung der Kriterien, anhand derer die Feststellung getroffen werden kann, ob Computerspiele und andere mediale Darstellungen Gewalt verherrlichend bzw. verharmlosend sind und deshalb zu verbieten sind.

 

5. Gewaltprävention in Kindertagesstätten und Schulen

5.1. Kontinuierliche Gewaltpräventionsarbeit soll bereits in den Kindergärten (auf Grundlage der Erkenntnisse der aktuellen „Frankfurter Präventionsstudie“) eingeführt werden. Hierfür bedarf es entsprechender personeller Ressourcen – Gewaltprävention muss Bestandteil der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher werden.

Bereits bei sehr jungen Kindern wird vermehrt aggressives, bis zu gewalttätiges Verhalten festgestellt. Das betrifft häufig, aber nicht ausschließlich Kinder aus sog. Problemfamilien. Ab dem Jahr 2004 wurde vor diesem Hintergrund in einigen Kindertagesstätten in Frankfurt am Main ein „Präventions- und Interventionsprogramm“ gegen aggressives Verhalten erprobt. Dabei haben sich gegenüber Kontrollgruppen signifikante Erfolge dieses „Interventionsprogramms“ gezeigt, das aus fünf Bausteinen besteht, die über einen Zwei-Jahres-Zeitraum kontinuierlich angewandt werden (14-tätige Supervision der Kita-Gruppen und Teams durch erfahrene Supervisoren, wöchentliche „psychoanalytisch-pädagogische“ Angebote in den Kitas durch Mitarbeiter der Studie (also Psychologen), intensive Elternarbeit, psychoanalytische Einzeltherapien für therapiebedürftige Kinder sowie Durchführung des bewährten Gewaltpräventionsprogramms „Faustlos“ in den Kita-Gruppen).

5.2. Es soll darauf hingewirkt werden, den Anteil männlicher Erzieher und Lehrer im vorschulischen Bereich und an den Grundschulen zu erhöhen, um so auch positive Identifikationsmöglichkeiten für Jungen zu schaffen. Zudem sollen die pädagogischen Angebote speziell für Jungen ausgebaut werden.

5.3. Die Gewaltprävention in den Schulen ist mit dem Ziel stärkerer Kontinuität auszubauen. Dafür sind die entsprechenden personellen Ressourcen bereitzustellen (auch ausreichende psychologische und sozialpädagogische Fachkräfte) sowie die dem-entsprechende Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte zu intensivieren. Die Gewalt-präventionsarbeit muss schon in der Grundschule beginnen.

5.4. Die Eltern – und deren Interessenvertretungen – sind in die gewaltpräventive Arbeit an den Schulen (und auch außerhalb) verstärkt einzubeziehen und dabei ihre eigenen Kompetenzen zu nutzen, aber auch zu verstärken.

 

6. Mehr Unterstützung für die Polizei

6.1. Das „Cop4U“-Programm ist dahingehend umzustellen, dass die Beamtinnen und Beamten diese Aufgabe nicht als zusätzliche Funktion, sondern mit ausreichenden zeitlichen Kapazitäten als wesentlichen Teil ihres Dienstes versehen können, und dafür entsprechend vertieft aus- und weitergebildet werden. Dies würde notwendigerweise eine Reduzierung ihres sonstigen Aufgabenspektrums erfordern. Alternativ dazu kommt auch eine Übertragung der „Cop4U“-Aufgabe auf andere, speziell dafür eingesetzte und entsprechend aus- und fortgebildete Beamte in Frage.

6.2. Es ist darauf hinzuwirken, den Anteil der Polizeibediensteten und sonstigen, für die Stadt im Bereich der Gewaltprävention Tätigen mit Migrationshintergrund zu erhöhen; das Ziel sind mehr Akteure in der Gewaltprävention, die aufgrund ihres biographischen Hintergrundes „nah dran“ an den jeweils gefährdeten Jugendlichen sind und daher effektiver als Ansprechpartner und durch Interventionen agieren können.

6.3. Zudem sind die Ausbildungsgänge der Polizeibeamtinnen und -beamten zu überprüfen und insbesondere die Fortbildungsangebote für Polizeibeamte hinsichtlich des Umgangs mit Jugendlichen weiter auszubauen.

 

7. Unterbringung straffälliger Kinder und Jugendlicher

7.1. Die Geschlossene Unterbringung ist gemäß der Maßgaben des Antrags Drucksache 18/5143 grundlegend umzustellen, d.h. insbesondere:

- Die Geschlossene Unterbringung in der Feuerbergstraße ist zu schließen; in Kooperation mit anderen norddeutschen Bundesländern ist eine neue Einrichtung für die geschlossene Unterbringung milieufern in einer ländlich geprägten Gegend zu schaffen.

- Für Hamburg sind ca. zwölf Betreuungsplätze in der Einrichtung vorzuhalten; ein maßgeblicher Teil der Plätze soll für eine offene Unterbringung im Rahmen einer Anschlussbetreuung zur Verfügung stehen, um den Erfolg der Einrichtung bei der Resozialisierung zu steigern.

7.2. Auf Bundesebene sind – entsprechend der Verständigung der Koalitionsvereinbarung – die gesetzlichen Vorschriften zu gerichtlichen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (insbesondere §§ 1666, 1631b BGB, § 34 JGG) mit dem Ziel zu überarbeiten, familiengerichtliche Maßnahmen hinsichtlich schwerwiegend verhaltens-auffälliger, insbesondere straffälliger Kinder und Jugendlicher zu erleichtern. Dabei sind Regelungen anzustreben, die Erziehungsberechtigten zur Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen verpflichten zu können und auf die Kinder oder Jugendlichen erzieherisch einzuwirken und sie – als ultima ratio – erforderlichenfalls gegen den Willen der Eltern unterbringen zu können.

 

8. ´Haus des Jugendrechts`

Die Kooperation der verschiedenen Stellen in den vom Senatskonzept vorgesehenen ´Fallkonferenzen` erscheint zu wenig verbindlich, als dass auf diesem Weg tatsächlich eine effektive und fruchtbare Zusammenarbeit sichergestellt werden könnte. Es sollen deshalb die Voraussetzungen geschaffen werden, um zum 1. Januar 2009 in Hamburg – in einem entweder räumlich, personell oder zuständigkeitsmäßig begrenzten Pilotversuch – ein „Haus des Jugendrechts“ nach Stuttgarter Vorbild einzurichten, in dem die Jugendsachbearbeiter der Polizei, die Jugendstaatsanwaltschaft und die Jugendgerichts-hilfe zusammengefasst werden, um so ein effektives Fallmanagement und eine Beschleunigung der Verfahren zu ermöglichen. Das Pilotprojekt ist qualifiziert zu begleiten und zu evaluieren, damit nach spätestens zwei Jahren entschieden werden kann, inwieweit dieses Konzept dauerhaft für Hamburg insgesamt bzw. für seine Bezirke machbar ist.

 

9. Beschleunigung der Verfahren gegen junge Straftäter

Mit verbindlichen Verfahrensleitlinien zwischen Staatsanwaltschaft und Gerichten soll dafür Sorge getragen werden, dass das vereinfachte Jugendverfahren nach §§ 76 ff. JGG bzw. das beschleunigte Verfahren nach §§ 417 ff. StPO wesentlich intensiver in geeigneten Fällen zur Anwendung kommt. Auch bei den herkömmlichen Verfahren sind neue Anstrengungen der Justiz erforderlich, damit die Losung „die Strafe muss der Tat auf dem Fuße folgen“ wieder in stärkerem Maß umgesetzt wird. Die Erwartung der Bürgerschaft ist, dass ermittelte Tatverdächtige in aller Regel binnen einen Monats angeklagt und verurteilt werden.

 

10. Jugendgerichtsgesetz punktuell ändern

Das Jugendstrafrecht hat sich im Grundsatz bewährt und ist nur punktuell weiter-zuentwickeln. Das geltende Recht bietet hinreichende Möglichkeiten, um ausreichend und angemessen auf Straftaten junger Menschen zu reagieren. Wir haben in diesem Bereich kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugsdefizit. Die bestehenden Defizite bei Anwendung und Durchsetzung von Recht müssen auch in Hamburg beseitigt werden.

10.1. Das vereinfachte Jugendverfahren (§§ 76 ff. JGG) sowie auch das beschleunigte Verfahren für Heranwachsende (§§ 417 ff. StPO) ermöglichen eine rasche gerichtliche Reaktion und müssen konsequenter genutzt werden.

10.2. Der Jugendarrest ist eine bereits gesetzlich verankerte Reaktion auf jugendliches Fehlverhalten in Form eines kurzzeitigen Freiheitsentzuges. Die Verhängung eines Jugendarrests kommt nach § 13 JGG dann in Betracht, wenn eine Jugendstrafe nicht erforderlich ist, Verwarnungen und Auflagen zur Ahndung des Strafunrechts aber allein nicht ausreichen. Der Jugendarrest ist damit schon jetzt als „Warnschussarrest“ ausgestaltet. Wir erwarten von der Justiz, dass dieses wichtige Instrument klarer Grenzsetzung konsequent angewandt und erzieherisch begleitet wird, um kriminelle Karrieren in geeigneten Fällen zu stoppen.

10.3. Das insgesamt vorbildlich differenzierte Sanktionssystem im Jugendstrafrecht soll an zwei Stellen neu justiert werden:

- Ein bis zu dreimonatiges Fahrverbot soll im Jugendstrafrecht zu einer eigen-ständigen, nicht auf Taten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr beschränkten Sanktion ausgebaut werden. Im Hinblick darauf, dass das Führen von Kraftfahrzeugen gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden einen hohen Prestigewert hat, kann ein derartiges Zuchtmittel nachhaltige erzieherische und auch „Denkzettel“-Wirkung erzielen. Bei leichteren Vergehen kann ein vorüber-gehendes Fahrverbot auch in Form einer Weisung nach § 10 JGG ausgesprochen werden.

- Zur Klarstellung sollte der Katalog der Weisungen in § 10 Abs. 1 Satz 3 JGG um eine Meldepflicht erweitert werden. Damit kann einem jungen Straftäter beispiels-weise unmöglich gemacht werden, bestimmte Veranstaltungen zu besuchen. Dadurch lässt sich z. B. verhindern, dass er als „Hooligan“ zu Fußballspielen anreist.

10.4. Die Durchführung des sogenannten Täter-Opfer-Ausgleichs als eines der zentralen Elemente des Sanktionsrechts im Jugendstrafrecht muss weiter ausgebaut und verstärkt werden als mit der eher symbolpolitischen Erhöhung des Opferfonds geschehen.

10.5. Nach § 105 JGG ist die Sanktionierung Heranwachsender nach allgemeinem Straf-recht die Regel, die Gleichsetzung mit Jugendlichen bedarf der Begründung. Wenn und soweit eine solche Gleichsetzung im Einzelfall der Staatsanwaltschaft anfechtbar er-scheint, muss sie Rechtsmittel einlegen. Der Senat hat bisher keinerlei Anstrengungen unternommen, um dies sicherzustellen. Eine Präzisierung des Gesetzes an dieser Stelle darf daher nur letztes Mittel sein.

 

11. Jugendhaft

Das mit CDU-Mehrheit beschlossene Strafvollzugsgesetz ist grundlegend zu überarbeiten mit dem Ziel, den Jugendstrafvollzug entlang der Maßgaben der Drs. 18/5831 auf eine wirklich eigenständige gesetzliche Grundlage zu stellen. Ein guter Behandlungsvollzug ist der beste Opferschutz von morgen.

Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht wird eine Regelungs-lücke geschlossen und der Schutz der Gesellschaft erhöht. Auch vor diesem Hintergrund wird für eine Erhöhung des Strafrahmens von maximal 10 auf maximal 15 Jahre keine Notwendigkeit gesehen.

 

12. Aktive und Aktivitäten bündeln

Die verschiedenen Ansätze präventiver und repressiver Bekämpfung der Jugendgewalt müssen in geeigneter Weise gebündelt, die Akteure aus den staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen kontinuierlich vernetzt sein, zum Einen durch Stärkung der bezirklichen Fachkommissionen in ihrer strukturellen und prozess-optimierenden Arbeit, zum anderen durch die Schaffung einer zentralen, mit angemessenen personellen Ressourcen ausgestatteten Einrichtung (z.B. nach dem Vorbild der Berliner „Landeskommission gegen Gewalt“).“