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Herabsenkung des Mindestalters von Verfassungsrichter*innen um fünf Jahre

Mittwoch, 21.06.2023

Das Hamburgische Verfassungsgericht ist, neben Hamburgischer Bürgerschaft und Hamburger Senat, als „Hüter der Verfassung“ ein Verfassungsorgan. Es entscheidet als höchstes Gericht der Freien und Hansestadt Hamburg insbesondere in Streitigkeiten zwischen anderen Verfassungsorganen und überprüft die Vereinbarkeit von Landesgesetzen und -rechtsverordnungen mit der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg (HV) sowie die Gültigkeit der Wahlen für die Hamburgische Bürgerschaft und für die Bezirksversammlungen. Es ist auch zuständig für Streitigkeiten über die Durchführung von Volksbegehren und Volksentscheiden. Daher kommt dem Gericht in gesellschaftlicher, rechtlicher und politischer Hinsicht eine besonders herausragende Bedeutung zu, die auch in Artikel 65 HV verankert ist.

Das Hamburgische Verfassungsgericht besteht aus neun hochqualifizierten Mitgliedern: Dem oder der Präsident*in und acht Verfassungsrichter*innen. Die Präsidentin bzw. der Präsident und drei weitere Mitglieder des Verfassungsgerichts müssen hamburgische Richter*innen auf Lebenszeit sein. Zwei weitere Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen, Artikel 65 Absatz 1 Satz 1 bis 3 HV; § 2 Absatz 2 Satz 2 Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht (HmbVerfGG).

Die Bürgerschaft wählt die Mitglieder des Verfassungsgerichts auf sechs Jahre. Eine Wiederwahl ist nur einmal zulässig. Für jedes Mitglied des Verfassungsgerichts ist eine ständige Vertreterin oder ein ständiger Vertreter (vertretendes Mitglied) zu wählen, Artikel 65 Absatz 2 Satz 1 bis 3 HV, § 5 Satz 1 HmbVerfGG. § 2 Absatz 1 des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht lautet: „Die Mitglieder des Verfassungsgerichts müssen das vierzigste Lebensjahr vollendet haben, im öffentlichen Leben erfahren sein und die Wählbarkeit zur Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg besitzen.“

Die Freie Hansestadt Hamburg zählt damit zu den vier Ländern mit dem höchsten passiven Wahlalter für das jeweilige Landesverfassungsgericht (Schleswig-Holstein [§ 5 Absatz 1 Satz 1 Gesetz über das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht], Sachsen-Anhalt [§ 5 Absatz 1 Satz 2 Gesetz über das Landesverfassungsgericht], Bayern [Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof]). Die übrigen Länder haben eine Altersgrenze von 35 Jahren, so zum Beispiel Bremen (§ 3 Absatz 2 Satz 1 Gesetz über den Staatsgerichtshof), Berlin (§ 3 Absatz 1 Gesetz über den Verfassungsgerichtshof) oder Niedersachsen (§ 2 Satz 1 Gesetz über den Staatsgerichtshof).

Die Mitglieder bieten aufgrund ihrer Persönlichkeit die Gewähr dafür, den Aufgaben des Amtes gewachsen zu sein und nicht gegen die Vorschriften des Grundgesetzes und der Landesverfassung zu verstoßen. Ebendiese moralische Standfestigkeit und berufliche Erfahrung sollten jedoch nicht aus dem Lebensalter der Richter*innen hergeleitet werden. So verneint das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach von einem höheren Dienst- oder Lebensalter auf einen höheren Leistungsstand geschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2018 – 2 C 19/17, Rn.15 - juris). Insbesondere innerhalb einer Altersspanne von fünf Jahren wird kaum ein Unterschied in der jeweiligen Lebenserfahrung erkennbar sein.

Eine Änderung von § 2 Absatz 1 des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht im Sinne einer Herabsenkung des passiven Wahlalters von 40 auf 35 Jahre würde weiterhin den hohen Standards und Anforderungen an das Amt gerecht werden. Zudem kann sichergestellt werden, dass qualifizierte und ambitionierte Personen zwischen 35 und 40 Jahren sich in Hamburg statt in anderen Ländern an das Landesverfassungsgericht wählen lassen können.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Elftes Gesetz

zur Änderung des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht

 

Vom …

 

Das Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht in der Fassung vom 23. März 1982 (HmbGVBl. S. 59), zuletzt geändert am 3. November 2020 (HmbGVBl. S. 559, 560), wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Absatz 1 wird das Wort „vierzigste" durch das Wort „fünfunddreißigste" ersetzt.

2. In § 16a Absatz 1 wird die Bezeichnung „§ 169 Satz 2“ durch die Bezeichnung „§ 169 Absatz 1 Satz 2“ ersetzt.

3. In § 66 Absatz 2 Satz 2 wird das Wort „Justizbeitreibungsordnung“ durch das Wort „Justizbeitreibungsgesetz“ ersetzt.

 

sowie
  • der Abgeordneten Lena Zagst
  • Eva Botzenhart
  • Alske Freter
  • Sina Imhof
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Kern
  • Sina Koriath
  • Sonja Lattwesen
  • Lisa Maria Otte (GRÜNE) und Fraktion