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Hochschulzugang für Berufstätige

Donnerstag, 15.01.2009

Bildung hat eine große Bedeutung für die Lebenschancen der Menschen und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Hochschulen bilden die dringend benötigten Arbeitskräfte für die Zukunft aus. Als Stätten von Bildung, Forschung, und Innovation entscheiden sie maßgeblich über die Arbeitsplätze von morgen, über gesellschaftlichen Fortschritt und über soziale Sicherheit. Ein Studium ist aber stets mehr als eine reine Berufsqualifizierung. Hochschulen sind vielmehr Orte, an denen neue Wege beschritten werden, fächerübergreifende Zusammenarbeit praktiziert und Denken in gesellschaftlichen Zusammenhängen erlernt wird. An den Hochschulen werden Gestaltungskonzepte und Denkmodelle für die Gesellschaft von morgen entwickelt. Sie sorgen für einen schnellen Transfer neuen Wissens in die Gesellschaft und sind Zentren des grenzüberschreitenden Austauschs und der internationalen Verständigung.

Es ist ein hohes gesellschaftliches Ziel, die Offenheit des Zugangs zu Bildung und Forschung für möglichst viele Menschen zu gewährleisten. Zudem sollte sich das Bildungssystem durch eine größtmögliche Durchlässigkeit auszeichnen, denn Bildung ist der sicherste Weg, um eine Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährleisten. Der internationale Vergleich (z.B. der OECD-Staaten) zeigt aber auch, dass in Deutschland die Qualifikation die Beschäftigungsquote noch stärker beeinflusst als in den meisten anderen Staaten. Mit seiner wissensbasierten Wirtschaft ist Deutschland auf eine hohe Anzahl von bestqualifizierten Menschen angewiesen. Wir müssen deshalb erreichen, dass die Quote von Hochschulabsolventen mindestens auf OECD-Schnitt, wenn nicht gar darüber gesteigert wird. Von diesem Ziel ist Deutschland jedoch noch weit entfernt.

Folglich ist es dringend notwendig, Schritte zur Erhöhung der Studierendenquoten zu unternehmen. In Anbetracht des demografischen Wandels und einer zu erwartenden Abnahme bei den Schülerzahlen (in Hamburg vermutlich einer Stagnation) ist die Erhöhung der Studierenden- und Absolventenzahlen unerlässlich. Auch über den „klassischen“ Weg der allgemeinen Hochschulreife hinaus ist es erforderlich, den Hochschulzugang breiter zu öffnen, d.h. auch für Berufserfahrene ohne klassische Hochschulvoraussetzungen. Andere europäische Länder sind hierbei bereits heute weiter als wir. So ergab eine vom Hochschul-Informations-System (HIS) durchgeführte Studie „Eurostudent“, die vom Bundesbildungsministerium und der EU gefördert wurde, alarmierende Zahlen. In Deutschland haben demzufolge lediglich 1 Prozent der Studierenden ihren Studienplatz aufgrund eines „nicht-traditionellen Hochschulzugangs“, während es z.B. in England 15 Prozent, in Spanien und der Schweiz 9 Prozent und in Norwegen immerhin noch 8 Prozent sind.

Auf dem Wege, Europa bis zum Jahre 2010 zu einem weltweit wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum zu machen, sind die Länder im so genannten „Kopenhagen-Prozess“ übereingekommen, die Qualität und Attraktivität der beruflichen Ausbildung zu stärken. Als ein ganz zentrales Element dieser Bemühungen gilt es, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Bildung, Berufstätigkeit und Hochschulstudium zu erhöhen. Empfohlen wird dabei nicht nur, den Übergang von Absolventen der beruflichen Ausbildung und gegebenenfalls der nachfolgend Berufstätigen zu einem Hochschulstudium zu erleichtern, sondern nach Möglichkeit auch für die vorangehende Berufspraxis Credits zu vergeben, d.h. diese als gleichwertig mit einem Teil von Leistungsnachweisen im Hochschulstudium zu betrachten.

Die Kultusministerkonferenz hat bei ihrer 323. Plenarsitzung Mitte Oktober 2008 beschlossen, den Hochschulzugang für Berufstätige durchlässiger zu gestalten. Erklärtes „Ziel ist, die Zahl beruflich qualifizierter Studienanfänger ohne Hochschulzugangs-berechtigung deutlich zu erhöhen“. Hierfür sollen die Länder bis 2010 länderübergreifend Voraussetzungen formulieren. Gleichwertige berufliche Qualifikationen sollen auf die Studienleistung angerechnet werden. Der sog. „Bildungsgipfel“ am 22. Oktober 2008 hat diesen Beschluss der KMK bekräftigt.

Aus den Senatsantworten zur Drucksache 19/1248 ergibt sich, dass in Hamburg ein erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich des Hochschulzugangs für Berufstätige ohne allgemeine Hochschulreife besteht. Die Zahl der Studierenden, die nach § 38 HmbHG an den Hochschulen zugelassen werden, ist an den meisten Hochschulen sehr gering. Von den 2.508 Studierenden an der Universität Hamburg seit Sommersemester 1993 dürfte sich der größte Teil auf den Studiengang Sozialökonomie am Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften beschränken.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. der Bürgerschaft bis 30.06.2009 zu berichten, wie und wann die genannten Beschlüsse der Kultusministerkonferenz und des Bildungsgipfels in Hamburg umgesetzt werden sollen;

2. Konzepte zu entwickeln und der Bürgerschaft vorzustellen, die dazu führen, dass die Zahl der Studierenden nach § 38 HmbHG an allen Hamburger Hochschulen in der Breite der Studiengänge deutlich zunimmt. Hierzu sind insbesondere verstärkt Vorbereitungs- und Einführungskurse anzubieten. Die Verbindlichkeit der Umsetzung soll mit den Hochschulen über die Berücksichtigung dieses Punktes in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen sichergestellt werden;

3. die derzeitigen Bedingungen des Teilzeitstudiums in Hamburg zu evaluieren und der Bürgerschaft über Optimierungsmöglichkeiten zu berichten.