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Inklusion an Hochschulen

Donnerstag, 28.02.2013

Mit der Zustimmung zum Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen haben die Vertragsstaaten in Artikel 24 das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung anerkannt. Dieses Recht ist In der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahrzehnten gewährleistet. Zugleich haben die Vertragsstaaten jedoch zugesichert, ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewährleisten, „um dieses Recht auf Bildung ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen".

Der Hamburger Senat hat dementsprechend den Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet. Für den Wissenschaftsbereich bedeutet Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen ganz wesentlich die Teilhabe an Bildung und Studium, beruflicher Qualifizierung und Eingliederung als Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft. Das Hochschulwesen ist anders als das deutsche Schulwesen von Anbeginn an inklusiv ausgerichtet gewesen. Aufgrund der vielfachen Veränderungen an den Hochschulen durch die Umstrukturierung der Studienverläufe und Abschlüsse bestehen neue Herausforderungen, die sich besonders bei Studentinnen und Studenten mit Behinderung und chronischen Krankheiten auswirken. Diese neuen, vielfach schwierigeren Bedingungen machen es erforderlich, dass auf die Belange behinderter und chronisch kranker Studentinnen und Studenten besonders eingegangen wird.

Studentinnen und Studenten mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen werden, wenn sie Unterstützungsbedarf (persönliche Assistenten, technische Hilfen etc.) haben, zerrieben zwischen Hochschule, Sozialhilfeträgern, Krankenkassen, dem Versorgungsamt etc. Vorlesungen, Seminare, Prüfungen, Lern- und Arbeitsgruppen und Nebenjobs zu organisieren ist besonders für behinderte oder chronisch kranke Menschen eine schwierige Herausforderung. Sie brauchen dafür kompetente Beratung und Unterstützung.

Das Studierendenwerk geht auf Studentinnen und Studenten mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen mit ihren besonderen Wohnbedürfnissen durch diverse Angebote, individuelle Anpassungen und Ausgleichsregelungen ein. Bei der Vergabe von Wohnplätzen und bei der Verlängerung von Wohnzeiten werden Studieninteressierte und Studentinnen und Studenten mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen in besonderem Maße berücksichtigt.

Dennoch ist die Bereitstellung von geeigneten barrierefreien Wohnheimplätzen eine laufende Aufgabe, besonders in Hinblick auf die Anforderungen der Studentinnen und Studenten mit seltenen oder Mehrfachbehinderungen. Das erfordert zusätzliche Anstrengungen. Deswegen sollten im Dialog mit der privaten Wohnungswirtschaft Perspektiven auch für den Wohnungsneubau für Studentinnen und Studenten mit Behinderungen entwickelt werden.

Nötig sind Hilfen aus einer Hand, die zentral und gut erreichbar organisiert sind. Die Infrastruktur des Studierendenwerks würde sich z.B. für dieses Angebot eignen. Es muss für diese zusätzlichen Angebote und Beratungsleistungen jedoch finanziell und organisatorisch ausgestattet werden.

Unter der Federführung der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration wurde der Hamburger Aktionsplan gemeinsam mit der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen, dem Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen sowie zahlreichen weiteren Organisationen, Hamburger Behörden und Bezirken diskutiert und erarbeitet, auch unter Beteiligung der Landesarbeitsgemeinschaft behinderter Menschen. Bei dem Hamburger Landesaktionsplan handelt es sich um einen sogenannten Fokus-Aktionsplan. In einem Fokus-Aktionsplan werden nicht alle Themen der UN-Konvention umfassend behandelt. Er enthält zunächst Maßnahmen zu einigen Schwerpunktthemen und ist damit der Auftakt zu einem auf Dauer angelegten Prozess. Der Aktionsplan hat aufgrund dieser Prozessorientierung vorläufigen Charakter und gibt eine Momentaufnahme wieder.

Die dort bereits identifizierten Handlungsfelder „Bildung/Hochschulbildung – Tertiärbereich“ müssen mit der Maßgabe weiterentwickelt werden, dass sich die Hochschulen an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen anpassen, und nicht umgekehrt. Um allen, auch behinderten und chronisch kranken Studentinnen und Studenten, das Recht auf Bildung zu garantieren, muss die kommunikative und bauliche Barrierefreiheit an den Hochschulen schrittweise verbessert werden.

Mit einem Antrag (Drs. 20/6161) hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion den Senat ersucht, die staatlichen Hamburger Hochschulen aufzufordern, gemeinsam eine langfristige Perspektive für das hochschulübergreifend agierende Zentrum für Disability Studies zu entwickeln. ZeDiS analysiert in Veranstaltungen für Studierende und für hochschulexterne Interessenten die gesellschaftlichen Hemmnisse der Inklusion aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen. Da die Universitätsleitung aus unterschiedlichen Gründen die Fortführung dieses Projekts in ihrem Hause nicht befürwortet hat, ist der Senat aufgefordert, Möglichkeiten einer Kooperation und Weiterführung des Zentrums unter der Leitung der Evangelischen Fachhochschule auszuloten.

Um zu erfassen, wie weit die Hochschulen in Hamburg insgesamt auf dem Weg der Inklusion vorangekommen sind, bedarf es einer genauen Analyse der bisherigen hochschulrechtlichen Grundlagen und des Umsetzungsstands.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht, bis zum 31.12.2013 einen Sachstandsbericht zur Weiterentwicklung der Inklusion an den staatlichen Hamburger Hochschulen zu geben und erste Ergebnisse bei der Zusammenarbeit der einzelnen Akteure, Hochschulen, Hochschulbeschäftigten, Sozialverbänden, der privaten Wohnungswirtschaft und Studentenvertretungen darzustellen.