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Interfraktionelles Petitum zu Drs. 20/7152 Förderung für alle Schüler – Begabtenförderung vom Glücksfall zum Regelfall machen

Donnerstag, 27.03.2014

Mit der Drucksache „Inklusive Bildung an Hamburgs Schulen“ hat der Senat die gemäß § 3 Absatz 3 Hamburgisches Schulgesetz vorgegebene individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler noch einmal explizit als Regelaufgabe jeder Schule benannt. Entsprechend wurde für besonders und hoch begabte Schülerinnen und Schüler im März 2013 die Handreichung „Grundlagen der schulischen Begabtenförderung“ veröffentlicht.

Dennoch gibt es in Hamburg begabte und hochbegabte Kinder und Jugendliche, die an ihren Schulen nicht gemäß ihren Begabungen gefördert werden. Nicht jeder Hochbegabte ist in der Schule ein Hochleister. Viele Hochbegabte werden u.a. deshalb nicht erkannt. Das ist demotivierend für die betroffenen Schülerinnen und Schüler, frustrierend für sie und ihre Eltern und auch ein Verlust für unsere Gesellschaft, für die jedes Talent eine Bereicherung ist. Wir müssen daher sicherstellen, dass der gesetzliche Anspruch dieser Kinder auf eine adäquate Förderung auch praktisch in den Schulen umgesetzt wird. Hier kommt es vor allem auf die Lehrkräfte an, wie die öffentliche Anhörung im Schulausschuss am 04. Februar 2014 teilweise auf erschütternde Art deutlich machte.

Lehrerinnen und Lehrer müssen für besondere und Hochbegabung sensibilisiert werden, brauchen eine entsprechende Ausbildung sowie feste Ansprechpartner vor Ort, an die sie sich bei Fragen zur Diagnostik, Unterrichtsgestaltung wenden können. Diese Ansprechpartner an den Schulen sollen auch der direkte Draht zur seit 1996 bestehenden Beratungsstelle besondere Begabungen (BbB) am Landesinstitut für Lehrerbildung (LI) mit ihrem umfassenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten sein. Die BbB ist über die Grenzen Hamburgs hinaus anerkannt und geschätzt. Es gilt, ihr Wissen Ort enger an die Schulen zu binden und einfacher zugänglich zu machen. Ziel muss es sein, dass alle Lehrerinnen und Lehrer besonderer und Hochbegabung offen und wertschätzend begegnen und eine innerschulische Förderung mittels individueller Förderpläne erfolgt. Auch das Überspringen einer Klasse, wie es das Schulgesetz bereits ermöglicht und in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy) in § 12 Absatz 1 geregelt ist, darf kein Tabu sein.

Die Experten in der Anhörung am 09. Januar 2014 im Schulausschuss waren sich darin einig, dass es keine „von oben“ verordneten Konzepte zur Begabtenförderung an den Schulen geben darf. Nur wenn alle Beteiligten hinter den Konzepten stehen, können diese erfolgreich umgesetzt werden. Dies bestätigten auch die Aussagen vieler Eltern zu ihren Erfahrungen mit den Schmetterlingsschulen. Es ist bedauerlich, dass ein einst so vielversprechendes Projekt mit motivierten Grundschulen scheinbar vielerorts im Sande verlaufen ist. Diese Schulen brauchen Unterstützung, um wieder den Stand in der Begabtenförderung zu erreichen, den ihre Konzepte versprechen.

 

Der Schulausschuss möge beschließen,

Der Bürgerschaft wird empfohlen folgenden Beschluss zu fassen:

Der Senat wird ersucht,

1. an jedem Gymnasium, jeder Stadtteilschule eine Funktionsstelle „Begabtenförderung“ einzurichten, die mit einer verbindlichen Fortbildung verbunden ist, die Grundlagenwissen zur Diagnostik, Förderung sowie zusätzlichen außerschulischen Angeboten und Ansprechpartnern in Hamburg vermittelt. Die Lehrkraft ist Ansprechpartner vor Ort auch für Eltern und entwickelt bzw. weiterentwickelt in Zusammenarbeit mit Förderkoordinatoren und der Beratungsstelle besondere Begabungen (BbB) Konzepte zur innerschulischen Begabtenförderung und setzt diese um.

2. dafür Sorge zu tragen, dass an allen weiterführenden Schulen (Gymnasien und Stadtteilschulen) Konzepte zur Begabtenförderung entwickelt werden, die u.a. die bewährten Angebote zur Begabtenförderung wie z.B. Springerklassen, das Aufrücken in einzelnen Fächern, die Teilnahme an Wettbewerben und Experimentierprogrammen sowie weitere Aspekte der Begabtenförderung umfassen.

3. bestehenden Schwerpunktschulen weitere Unterstützung durch die Beratungsstelle besondere Begabungen (BbB) anzubieten, um dauerhaft die bestehenden Kompetenzen an den Schulen zu erhalten und die langfristige Umsetzung der Konzepte zu sichern. Neben den Schmetterlingsschulen sollen sich auch andere Schulen (Grundschulen, Stadtteilschulen, Gymnasien) beteiligen dürfen.

4. in der zweiten Phase der Lehrerausbildung einen verpflichtenden Bestandteil „Besondere und Hochbegabung“ einzuführen. Dieser beinhaltet neben der Unterrichtsgestaltung auch Fragen zur Diagnostik, bei denen auch auf die teilweise unterschiedlichen Verhaltensmuster bei Jungen und Mädchen eingegangen wird.

5. zu prüfen, wie die Kompetenzen der Lehrkräfte der Grundschulen, Stadtteilschulen, Gymnasien und Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) beim Umgang mit besonderen und Hochbegabungen – auch unter Einbeziehung der besonderen Thematik der Underachiever – in der Lehrerfortbildung gestärkt werden können und hierbei auch zu prüfen, wie externe Fachkräfte wie beispielsweise das Internationale Centrum für Begabungsforschung einbezogen werden können.

6. alle Schulen (Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler) darüber zu informieren, welche schulischen und außerschulischen Fördermöglichkeiten den besonders begabten und hochbegabten Schülerinnen und Schülern angeboten werden können; das vorzeitige Aufrücken (Überspringen einer Klasse) sollte dabei als ein sinnvoller Baustein unter den Maßnahmen zur Begabtenförderung deutlich benannt werden.

7. sicherzustellen, dass die Empfehlungen der BbB nach Beratungsgesprächen mit Eltern an den Schulen umgesetzt werden.

8. neben der BbB eine Ombudsstelle „Besondere Begabungen“ einzurichten, die Eltern ebenfalls beratend und im Konfliktfall auch vermittelnd zur Seite steht.

9. alle Möglichkeiten zur Kostenübernahme für valide IQ-Tests wie beispielsweise den Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWIK) IV transparent darzustellen und Eltern entsprechend zu informieren.

 

 

sowie
  • FDP-Abgeordnete im Schulausschuss