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Jugendstrafvollzugsgesetz für Hamburg

Donnerstag, 15.02.2007

Am 31. Mai 2006 hat das Bundesverfassungsgericht ein grundsätzliches Urteil zum Jugendstrafvollzug getroffen und darin den Gesetzgeber aufgefordert, den Vollzug der Jugendstrafe in einem eigenen Gesetz zu regeln.

 

Nachdem im Zuge der Föderalismusreform die Zuständigkeit für den Strafvollzug vom Bund auf die Länder übergegangen ist, haben sich neun Bundesländer in einer Arbeitsgemeinschaft auf einen gemeinsamen Musterentwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz geeinigt. Damit soll zum einen einer drohenden Zersplitterung des Vollzugsrechts in 16 verschiedene Landesgesetze entgegen gewirkt werden, zum anderen sollen die Grundlagen für einen modernen, sicheren und humanen Jugendstrafvollzug gelegt werden.

 

Das Hamburgische Jugendstrafvollzugsgesetz soll auf der Grundlage dieses Musterentwurfs beschlossen werden, der sich konsequent am Erziehungsgedanken ausrichtet und den verfassungsmäßigen Anforderungen an den Vollzug der Jugendstrafe gerecht wird.

 

Die Bürgerschaft möge das folgende Gesetz beschließen:

 

„Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe – Jugendstrafvollzugsgesetz – (JStVollzG)

 

Vom….

 

Inhaltsübersicht:

 

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

 

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Ziel und Aufgabe

§ 3 Erziehungsauftrag, Vollzugsgestaltung

§ 4 Pflicht zur Mitwirkung

§ 5 Leitlinien der Erziehung und Förderung

§ 6 Stellung der Gefangenen

§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

§ 8 Soziale Hilfe

 

Zweiter Abschnitt: Vollzugsplanung

 

§ 9 Aufnahme

§ 10 Feststellung des Erziehungs- und Förderbedarfs

§ 11 Vollzugsplan

§ 12 Verlegung und Überstellung

§ 13 Geschlossener und offener Vollzug

§ 14 Sozialtherapie

§ 15 Vollzugslockerungen

§ 16 Urlaub

§ 17 Weisungen für Vollzugslockerungen und Urlaub, Widerruf

§ 18 Vorführung, Ausantwortung

§ 19 Entlassungsvorbereitung

§ 20 Entlassungszeitpunkt

§ 21 Hilfe zur Entlassung, Nachsorge

§ 22 Fortführung von Maßnahmen nach Entlassung

 

Dritter Abschnitt: Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

 

§ 23 Trennung von männlichen und weiblichen Gefangenen

§ 24 Unterbringung während der Ausbildung, Arbeit und Freizeit

§ 25 Unterbringung während der Ruhezeit

§ 26 Wohngruppen

§ 27 Unterbringung von Müttern mit Kindern

§ 28 Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung

§ 29 Ausstattung des Haftraums

§ 30 Kleidung

§ 31 Verpflegung und Einkauf

§ 32 Gesundheitsfürsorge

§ 33 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

§ 34 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung

§ 35 Verlegung und Überstellung zur medizinischen Behandlung

§ 36 Krankenbehandlung in besonderen Fällen

 

Vierter Abschnitt: Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit

 

§ 37 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

 

Fünfter Abschnitt: Freizeit, Sport

 

§ 38 Freizeit

§ 39 Sport

§ 40 Zeitungen und Zeitschriften

§ 41 Rundfunk

§ 42 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

 

Sechster Abschnitt: Religionsausübung

 

§ 43 Seelsorge

§ 44 Religiöse Veranstaltungen

§ 45 Weltanschauungsgemeinschaften

 

Siebter Abschnitt: Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

 

§ 46 Grundsatz

§ 47 Recht auf Besuch

§ 48 Besuchsverbot

§ 49 Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten, Notaren und Beiständen

§ 50 Überwachung der Besuche

§ 51 Recht auf Schriftwechsel

§ 52 Überwachung des Schriftwechsels

§ 53 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung

§ 54 Anhalten von Schreiben

§ 55 Telefongespräche

§ 56 Pakete

 

Achter Abschnitt: Gelder der Gefangenen, Freistellung von der Arbeit

 

§ 57 Ausbildungsbeihilfe, Arbeitsentgelt

§ 58 Freistellung von der Arbeit

§ 59 Taschengeld

§ 60 Hausgeld

§ 61 Eigengeld

 

Neunter Abschnitt: Sicherheit und Ordnung

 

§ 62 Grundsatz

§ 63 Verhaltensvorschriften

§ 64 Absuchung, Durchsuchung

§ 65 Sichere Unterbringung

§ 66 Erkennungsdienstliche Maßnahmen

§ 67 Lichtbildausweise

§ 68 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum

§ 69 Festnahmerecht

§ 70 Besondere Sicherungsmaßnahmen

§ 71 Einzelhaft

§ 72 Fesselung

§ 73 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren

§ 74 Ärztliche Überwachung

§ 75 Ersatz von Aufwendungen

 

Zehnter Abschnitt: Unmittelbarer Zwang

 

§ 76 Begriffsbestimmungen

§ 77 Allgemeine Voraussetzungen

§ 78 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

§ 79 Handeln auf Anordnung

§ 80 Androhung

§ 81 Schusswaffengebrauch

 

Elfter Abschnitt: Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen

 

§ 82 Erzieherische Maßnahmen

§ 83 Disziplinarmaßnahmen

§ 84 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung

§ 85 Disziplinarbefugnis

§ 86 Verfahren

 

Zwölfter Abschnitt: Beschwerde

 

§ 87 Beschwerderecht

 

Dreizehnter Abschnitt: Datenschutz

 

§ 88 Erhebung personenbezogener Daten

§ 89 Verarbeitung und Nutzung

§ 90 Zentrale Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren

§ 91 Zweckbindung

§ 92 Schutz besonderer Daten

§ 93 Schutz der Daten in Akten und Dateien

§ 94 Berichtigung, Löschung und Sperrung

§ 95 Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht

§ 96 Anwendung des Datenschutzgesetzes (und des Bundesdatenschutzgesetzes)

 

Vierzehnter Abschnitt: Kriminologische Forschung

 

§ 97 Evaluation, kriminologische Forschung

 

Fünfzehnter Abschnitt: Aufbau der Jugendstrafvollzugsanstalt

 

§ 98 Jugendstrafvollzugsanstalt

§ 99 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

§ 100 Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, Arbeitsbetriebe

§ 101 Anstaltsleitung

§ 102 Bedienstete

§ 103 Seelsorger

§ 104 Medizinische Versorgung

§ 105 Sozialtherapeutische Abteilung

§ 106 Konferenzen

§ 107 Mitverantwortung der Gefangenen

§ 108 Hausordnung

 

Sechzehnter Abschnitt: Aufsicht , Beirat

 

§ 109 Aufsichtsbehörde

§ 110 Vollstreckungsplan

§ 111 Beirat

 

Siebzehnter Abschnitt: Schlussbestimmungen

 

§ 112 Einschränkung von Grundrechten

§ 113 Gleichstellungsbestimmung

§ 114 Inkrafttreten

 

Erster Abschnitt

 

Allgemeine Bestimmungen

 

§ 1

 

Anwendungsbereich

 

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe (Vollzug).

 

§ 2

 

Ziel und Aufgabe

 

Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Gleichermaßen hat er die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

 

§ 3

 

Erziehungsauftrag, Vollzugsgestaltung

 

(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten. Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt werden. Die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen soll geweckt werden.

 

(2) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt (§ 98 Abs. 1 Satz°1) werden an Zielsetzung und Aufgabe des Vollzugs sowie den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen ausgerichtet.

 

(3) Das Leben in der Anstalt ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, den Gefangenen bei der Eingliederung in ein Leben in Freiheit ohne Straftaten zu helfen. Die Belange von Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie die Belange der Allgemeinheit sind zu beachten.

 

(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Gefangenen werden bei der Vollzugsgestaltung und bei Einzelmaßnahmen berücksichtigt.

 

§ 4

 

Pflicht zur Mitwirkung

 

Die Gefangenen sind verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

 

§ 5

 

Leitlinien der Erziehung und Förderung

 

(1) Erziehung und Förderung erfolgen durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels.

 

(2) Durch differenzierte Angebote soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen eingegangen werden.

 

(3) Die Maßnahmen und Programme richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die schulische Bildung, berufliche Qualifizierung, soziale Integration und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.

 

§ 6

 

Stellung der Gefangenen

 

(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

 

(2) Vollzugsmaßnahmen sollen den Gefangenen erläutert werden.

 

§ 7

 

Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

 

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

 

(2) Die Anstalt arbeitet mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen und Vereinen eng zusammen, deren Mitwirkung die Eingliederung fördern kann.

 

(3) Die Personensorgeberechtigten sind, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft, in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einzubeziehen.

 

§ 8

 

Soziale Hilfe

 

(1) Die Gefangenen werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wieder gutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen.

 

(2) Die Gefangenen sind, soweit erforderlich, über die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche zu beraten.

 

Zweiter Abschnitt

 

Vollzugsplanung

 

§ 9

 

Aufnahme

 

(1) Mit den Gefangenen wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Ihnen ist die Hausordnung auszuhändigen. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.

 

(2) Beim Zugangsgespräch dürfen andere Gefangene in der Regel nicht zugegen sein.

 

(3) Die Gefangenen werden alsbald ärztlich untersucht.

 

(4) Die Personensorgeberechtigen und das Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.

 

(5) Die Gefangenen werden dabei unterstützt, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige und die Sicherung ihrer Habe außerhalb der Anstalt zu veranlassen.

 

§ 10

 

Feststellung des Erziehungs- und Förderbedarfs

 

(1) Nach der Aufnahme wird den Gefangenen das Ziel ihres Aufenthalts in der Anstalt verdeutlicht sowie das Angebot an Unterricht, Aus- und Fortbildung, Arbeit, therapeutischer Behandlung und Freizeit erläutert.

 

(2) Der Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen wird in einem Diagnoseverfahren ermittelt. Es erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung notwendig erscheint. Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe sind einzubeziehen.

 

(3) Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. Dabei werden deren Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie dem Vollzugsziel dienen.

 

§ 11

 

Vollzugsplan

 

(1) Auf der Grundlage des festgestellten Erziehungs- und Förderbedarfs wird regelmäßig innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Aufnahme ein Vollzugsplan erstellt.

 

(2) Der Vollzugsplan wird regelmäßig alle vier Monate auf seine Umsetzung überprüft, mit den Gefangenen erörtert und fortgeschrieben. Bei Jugendstrafen von mehr als drei Jahren verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Bei der Fortschreibung sind die Entwicklung der Gefangenen und in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen.

 

(3) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen enthalten insbesondere folgende Angaben:

 

1. die dem Vollzugsplan zugrunde liegenden Annahmen zur Vorgeschichte der Straftaten sowie die Erläuterung der Ziele, Inhalte und Methoden der Erziehung und Förderung der Gefangenen,

 

2. Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,

 

3. Zuweisung zu einer Wohngruppe oder einem anderen Unterkunftsbereich,

 

4. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung,

 

5. Teilnahme an schulischen, berufsorientierenden, qualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Zuweisung von Arbeit,

 

6. Teilnahme an therapeutischen Behandlungen oder anderen Hilfs- oder Förder-maßnahmen,

 

7. Teilnahme an Sport- und Freizeitangeboten,

 

8. Vollzugslockerungen und Urlaub,

 

9. Pflege der familiären Beziehungen und Gestaltung der Außenkontakte,

 

10. Maßnahmen und Angebote zum Ausgleich von Tatfolgen,

 

11. Schuldenregulierung,

 

12. Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Wiedereingliederung und Nachsorge und

 

13. Fristen zur Fortschreibung des Vollzugsplans.

 

(4) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen werden den Gefangenen ausgehändigt. Sie werden dem Vollstreckungsleiter und auf Verlangen den Personensorgeberechtigten mitgeteilt.

 

§ 12

 

Verlegung und Überstellung

 

(1) Die Gefangenen können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn

 

1. die Erreichung des Vollzugsziels oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder

 

2. Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erforderlich machen.

 

(2) Die Personensorgeberechtigten, der Vollstreckungsleiter und das Jugendamt werden von der Verlegung unverzüglich unterrichtet.

 

(3) Die Aufsichtsbehörde kann sich Entscheidungen über Verlegungen vorbehalten.

 

(4) Die Gefangenen dürfen aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt oder Justizvollzugsanstalt überstellt werden.

 

§ 13

 

Geschlossener und offener Vollzug

 

(1) Die Gefangenen werden im geschlossenen oder offenen Vollzug untergebracht.

 

(2) Sie sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich dem Vollzug nicht entziehen und die Möglichkeiten des offenen Vollzugs nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.

 

§ 14

 

Sozialtherapie

 

Gefangene sollen in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zum Erreichen des Vollzugsziels angezeigt sind.

 

§ 15

 

Vollzugslockerungen

 

(1) Als Vollzugslockerungen kommen insbesondere in Betracht:

 

1. Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht von Bediensteten (Ausführung) oder ohne Aufsicht (Ausgang),

 

2. regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht von Bediensteten (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang) und

 

3. Unterbringung in besonderen Erziehungseinrichtungen oder in Übergangseinrichtungen freier Träger.

 

Vollzugslockerungen nach Nr. 3 werden nach Anhörung des Vollstreckungsleiters gewährt.

 

(2) Vollzugslockerungen dürfen gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dem Vollzug nicht entziehen und die Vollzugslockerungen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Sie können versagt werden, wenn die Gefangenen ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.

 

(3) Im Übrigen werden Gefangene ausgeführt, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist. Liegt die Ausführung ausschließlich im Interesse der Gefangenen, können ihnen die Kosten auferlegt werden, soweit dies die Erziehung oder die Eingliederung nicht behindert.

 

§ 16

 

Urlaub

 

(1) Zur Förderung der Wiedereingliederung in das Leben in Freiheit, insbesondere zur Aufrechterhaltung sozialer Bindungen, kann nach Maßgabe des Vollzugsplans Urlaub gewährt werden. Der Urlaub darf 24 Tage in einem Vollstreckungsjahr nicht übersteigen.

 

(2) Darüber hinaus kann Urlaub aus wichtigem Anlass bis zu sieben Tagen im Vollstreckungsjahr gewährt werden, zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, wegen des Todes oder einer lebensbedrohenden Erkrankung naher Angehöriger auch darüber hinaus.

 

(3) § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

 

(4) Durch Urlaub wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.

 

§ 17

 

Weisungen für Vollzugslockerungen und Urlaub, Widerruf

 

(1) Für Vollzugslockerungen und Urlaub können Weisungen erteilt werden.

 

(2) Vollzugslockerungen und Urlaub können widerrufen werden, wenn

 

1. sie aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände versagt werden könnten,

 

2. sie missbraucht werden oder

 

3. Weisungen nicht befolgt werden.

 

§ 18

 

Vorführung, Ausantwortung

 

(1) Auf Ersuchen eines Gerichts werden Gefangene vorgeführt, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.

 

(2) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde auf Antrag überlassen werden (Ausantwortung).

 

§ 19

 

Entlassungsvorbereitung

 

(1) Die Anstalt arbeitet frühzeitig mit außervollzuglichen Einrichtungen, Organisationen sowie Personen und Vereine zusammen, um zu erreichen, dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen. Dazu gehört insbesondere eine Zusammenarbeit der ambulanten sozialen Dienste (Bewährungshilfe, Führungsaufsicht) mit der Anstalt zum Zweck der sozialen und beruflichen Integration der Gefangenen. Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden unterrichtet.

 

(2) Zur Vorbereitung der Entlassung soll der Vollzug gelockert werden (§ 15).

 

(3) Zur Vorbereitung der Entlassung können die Gefangenen bis zu sieben Tage Urlaub erhalten. Zum Freigang zugelassene Gefangene können innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat erhalten; Satz 1 findet keine Anwendung. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 gelten entsprechend.

 

(4) Darüber hinaus können die Gefangenen nach Anhörung des Vollstreckungsleiters bis zu vier Monate beurlaubt werden. Hierfür sollen Weisungen erteilt werden. Der im laufenden Vollstreckungsjahr gewährte Urlaub nach § 16 Abs. 1 wird auf diese Zeit angerechnet. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 Abs. 2 gelten entsprechend.

 

§ 20

 

Entlassungszeitpunkt

 

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag ihrer Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden.

 

(2) Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies gemessen an der Dauer der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

 

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn die Gefangenen zu ihrer Eingliederung hierauf dringend angewiesen sind.

 

§ 21

 

Hilfe zur Entlassung, Nachsorge

 

(1) Zur Vorbereitung der Entlassung sind die Gefangenen bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Dies umfasst die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen. Nachgehende Betreuung kann unter Mitwirkung von Bediensteten erfolgen.

 

(2) Bedürftigen Gefangenen kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

 

§ 22

 

Fortführung von Maßnahmen nach Entlassung

 

(1) Die Gefangenen können auf Antrag nach ihrer Entlassung im Vollzug begonnene Ausbildungs- oder Behandlungsmaßnahmen fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden können. Hierzu können die Entlassenen auf vertraglicher Basis vorübergehend in einer Anstalt untergebracht werden, sofern es die Belegungssituation zulässt.

 

(2) Bei Störung des Anstaltsbetriebes durch die Entlassenen oder aus vollzugsorganisatorischen Gründen können die Unterbringung und die Maßnahme jederzeit beendet werden.

 

Dritter Abschnitt

 

Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

 

§ 23

 

Trennung von männlichen und weiblichen Gefangenen

 

Männliche und weibliche Gefangene werden getrennt untergebracht. Gemeinsame Maßnahmen, insbesondere eine gemeinsame Schul- und Berufsausbildung, sind zulässig.

 

§ 24

 

Unterbringung während der Ausbildung, Arbeit und Freizeit

 

(1) Ausbildung und Arbeit finden grundsätzlich in Gemeinschaft statt.

 

(2) Den Gefangenen kann gestattet werden, sich während der Freizeit in Gemeinschaft mit anderen Gefangenen aufzuhalten. Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen oder organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.

 

(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung kann eingeschränkt werden,

 

1. wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,

 

2. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,

 

3. wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist oder

 

4. bis zur Erstellung des Vollzugsplans, jedoch nicht länger als einen Monat.

 

§ 25

 

Unterbringung während der Ruhezeit

 

(1) Während der Ruhezeit werden die Gefangenen in ihren Hafträumen einzeln untergebracht. Mit ihrer Zustimmung können sie gemeinsam untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

 

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist auch zulässig, wenn Gefangene hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht. Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

 

§ 26

 

Wohngruppen

 

Geeignete Gefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht. Nicht geeignet sind in der Regel Gefangene, die aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind.

 

§ 27

 

Unterbringung von Müttern mit Kindern

 

(1) Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht drei Jahre alt, kann es mit Zustimmung des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten in der Anstalt untergebracht werden, wenn die baulichen Gegebenheiten dies zulassen und Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

 

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten des für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde.

 

§ 28

 

Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung

 

(1) Die Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Anstalt oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen von geringem Wert von anderen Gefangenen annehmen; die Annahme dieser Sachen und der Gewahrsam daran können von der Zustimmung der Anstalt abhängig gemacht werden.

 

(2) Eingebrachte Sachen, die die Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen, zu verschicken. Geld wird ihnen als Eigengeld gutgeschrieben.

 

(3) Werden eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von den Gefangenen trotz Aufforderung nicht aus der Anstalt verbracht, so ist die Anstalt berechtigt, diese Sachen auf Kosten der Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

 

(4) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

 

(5) Die Zustimmung nach Absatz 1 kann widerrufen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwendung einer erheblichen Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des Vollzugsziels erforderlich ist.

 

(6) Die Gefangenen können an den Betriebskosten der in ihrem Gewahrsam befindlichen Geräte beteiligt werden.

 

§ 29

 

Ausstattung des Haftraums

 

Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sachen, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind ausgeschlossen.

 

§ 30

 

Kleidung

 

(1) Die Gefangenen tragen Anstaltskleidung.

 

(2) Der Anstaltsleiter kann eine abweichende Regelung treffen. Für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel eigener Kleidung haben die Gefangenen selbst zu sorgen.

 

§ 31

 

Verpflegung und Einkauf

 

(1) Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung entsprechen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

 

(2) Die Gefangenen können aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.

 

(3) Den Gefangenen soll die Möglichkeit eröffnet werden, unmittelbar oder über Dritte Gegenstände über den Versandhandel zu beziehen. Zulassung und Verfahren des Einkaufs über den Versandhandel regelt der Anstaltsleiter.

 

(4) Gegenstände, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.

 

§ 32

 

Gesundheitsfürsorge

 

(1) Die Anstalt unterstützt die Gefangenen bei der Wiederherstellung und Erhaltung ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit. Die Gefangenen haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

 

(2) Den Gefangenen wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

 

(3) Erkranken Gefangene schwer oder versterben, werden die Angehörigen, insbesondere die Personensorgeberechtigten, benachrichtigt. Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

 

§ 33

 

Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

 

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind unbeschadet der Rechte der Personensorgeberechtigten zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit der Gefangenen verbunden sein. Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Anstalt nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung der Gefangenen ausgegangen werden kann.

 

(2) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Fall des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

 

(3) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.

 

§ 34

 

Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung

 

(1) Die Gefangenen haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der allgemeine Standard der gesetzlichen Krankenkassen ist zu gewährleisten.

 

(2) Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen entsprechend dem allgemeinen Standard der gesetzlichen Krankenkassen.

 

(3) Der Anspruch umfasst weiter die Versorgung mit Hilfsmitteln wie Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, eine Behinderung auszugleichen oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sofern dies mit Rücksicht auf die Dauer des Freiheitsentzugs nicht ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen.

 

(4) An den Kosten für zahntechnische Leistungen und Zahnersatz können volljährige Gefangene beteiligt werden.

 

(5) Für Leistungen, die über die in Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und Absatz 3 genannten Leistungen hinausgehen, können den Gefangenen die gesamten Kosten auferlegt werden.

 

§ 35

 

Verlegung und Überstellung zur medizinischen Behandlung

 

(1) Kranke oder hilfsbedürftige Gefangene können in eine zur Behandlung ihrer Krankheit oder zu ihrer Versorgung besser geeignete Anstalt, Justizvollzugsanstalt oder in ein Vollzugskrankenhaus verlegt oder überstellt werden.

 

(2) Erforderlichenfalls können Gefangene auch in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs gebracht werden.

 

(3) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

 

§ 36

 

Krankenbehandlung in besonderen Fällen

 

(1) Während eines Urlaubs und in Vollzugslockerungen haben Gefangene einen Anspruch auf medizinische Leistungen gegen die Freie und Hansestadt Hamburg nur in der für sie zuständigen Anstalt.

 

(2) Der Anspruch auf Leistungen nach § 34 ruht, solange Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.

 

(3) Wird die Strafvollstreckung während einer Behandlung von Gefangenen unterbrochen oder beendet, so hat die Freie und Hansestadt Hamburg nur diejenigen Kosten zu tragen, die bis zur Unterbrechung oder Beendigung der Strafvollstreckung angefallen sind.

 

Vierter Abschnitt

 

Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit

 

§ 37

 

Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

 

(1) Ausbildung, Weiterbildung, arbeitstherapeutische Beschäftigung und Arbeit dienen insbesondere dem Ziel, die Fähigkeit der Gefangenen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. Sofern den Gefangenen Arbeit zugewiesen wird, soll diese möglichst deren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen entsprechen.

 

(2) Die Gefangenen sind vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung verpflichtet. Im Übrigen sind die Gefangenen zu Arbeit, arbeitstherapeutischer oder sonstiger Beschäftigung verpflichtet, wenn und soweit sie dazu in der Lage sind.

 

(3) Das Zeugnis oder der Nachweis über eine Bildungsmaßnahme darf keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.

 

(4) Den Gefangenen soll gestattet werden, einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, Umschulung oder Arbeit auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen oder sich innerhalb oder außerhalb des Vollzugs selbst zu beschäftigen, wenn sie hierfür geeignet sind. § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und § 17 gelten entsprechend. Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt für das freie Beschäftigungsverhältnis zur Gutschrift für die Gefangenen überwiesen wird.

 

(5) Sind die Gefangenen ein Jahr lang ununterbrochen ihrer Verpflichtung nach Absatz 2 nachgekommen, können sie beanspruchen, im darauf folgenden Jahr für die Dauer von 18 Werktagen freigestellt zu werden. Zeiten, in denen die Gefangenen unverschuldet infolge Krankheit an der Teilnahme, Arbeit oder an der Beschäftigung gehindert waren, werden bis zur Dauer von sechs Wochen auf das Jahr angerechnet. Auf die Zeit der Freistellung wird der Urlaub nach § 16 Abs. 1 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt. Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Vollzugs bleiben unberührt.

 

Fünfter Abschnitt

 

Freizeit, Sport

 

§ 38

 

Freizeit

 

Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Dazu sind geeignete Angebote vorzuhalten. Die Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Freizeitangeboten verpflichtet.

 

§ 39

 

Sport

 

Dem Sport kommt bei der Erreichung des Vollzugsziels besondere Bedeutung zu. Er kann neben der sinnvollen Freizeitgestaltung auch zur Diagnostik und gezielten Behandlung eingesetzt werden. Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um den Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen.

 

§ 40

 

Zeitungen und Zeitschriften

 

(1) Die Gefangenen dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist.

 

(2) Einzelne Ausgaben einer Zeitung oder Zeitschrift können den Gefangenen auch vorenthalten werden, wenn deren Inhalte das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden.

 

§ 41

 

Rundfunk

 

(1) Die Gefangenen können am Hörfunkempfang sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Der Rundfunkempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

 

(2) Eigene Fernsehgeräte können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.

 

§ 42

 

Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

 

(1) Die Gefangenen dürfen in angemessenem Umfang Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

 

(2) Dies gilt nicht, wenn deren Besitz, Überlassung oder Benutzung das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

 

(3) Elektronische Medien können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe nicht entgegenstehen. Absatz 2 gilt entsprechend.

 

Sechster Abschnitt

 

Religionsausübung

 

§ 43

 

Seelsorge

 

(1) Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

 

(2) Die Gefangenen dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

 

(3) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

 

§ 44

 

Religiöse Veranstaltungen

 

(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

 

(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.

 

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.

 

§ 45

 

Weltanschauungsgemeinschaften

 

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten § 43 und § 44 entsprechend.

 

Siebter Abschnitt

 

Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

 

§ 46

 

Grundsatz

 

Die Gefangenen haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren. Der Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann, wird gefördert.

 

§ 47

 

Recht auf Besuch

 

(1) Die Gefangenen dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens vier Stunden im Monat.

 

(2) Kontakte der Gefangenen zu ihren Kindern werden besonders gefördert. Deren Besuche werden nicht auf die Regelbesuchszeiten angerechnet.

 

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.

 

(4) Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher mit technischen Hilfsmitteln absuchen oder durchsuchen lassen.

 

§ 48

 

Besuchsverbot

 

Der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,

 

1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,

 

2. bei Besuchern, die nicht Angehörige (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs) der Gefangenen sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen haben oder ihre Eingliederun