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Keine Ungleichbehandlung von Kindern mit besonders ausgeprägtem bzw. ausgeprägtem Sprachförderbedarf in Kita und Vorschule

Dienstag, 16.01.2007

Alle Kinder sollten so früh wie möglich die beste Förderung erhalten. Bildungsbenachteiligung von Kindern ist oftmals eine Folge von materieller Armut und/oder Bildungsferne der Eltern, von mangelndem Interesse und ungenügender Sprachförderung. Je früher Kinder eine kindgerechte, qualifizierte Förderung erhalten, desto weniger laufen sie Gefahr, später zu sogenannten Risikoschülerinnen oder -schülern zu werden.

Frühkindliche Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein. Sie muss deshalb perspektivisch für Eltern genauso beitragsfrei werden wie die schulische Bildung. Auf dem Weg dahin möchte die Hamburger SPD Kindern unabhängig von der Lebenslage ihrer Eltern einen Anspruch auf einen Kita-Platz nach ihrem individuellen Förderbedarf gewährleisten und sicherstellen, dass festgestellter Sprachförderbedarf eines Kindes jedenfalls eine Bewilligung eines Ganztagsplatzes in einer Kita spätestens ab dem 3. Lebensjahr garantiert. Es gilt, eine ausgewogene Umsetzung des Kita-Gutschein-Systems bzw. des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) zu gewährleisten, bei der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die individuellen Bedürfnisse und das Wohl der Kinder gleichrangig ins Zentrum gestellt werden.

 

Hamburger Eltern von Kindern, die zum Schuljahr 2008/2009 eingeschult werden, müssen sich in diesem Frühjahr entscheiden, ob ihr Kind eine Vorschulklasse besuchen soll. Neben den Ergebnissen und Empfehlungen der Viereinhalbjährigen-Vorstellung sind für Eltern eine Reihe von Kriterien entscheidungsleitend, so z. B. die Frage nach dem bisherigen Förderort der Kinder, dem möglichen Betreuungsumfang und der Gebührenpflicht der vom Kind zu besuchenden Einrichtung.

 

Eltern von Kindern, die bereits eine Kita besuchen, bevorzugen häufig den weiteren Besuch der Kita auch im Vorschuljahr: sei es, weil sie ihrem Kind einen Wechsel des Betreuungsortes ein Jahr vor der Einschulung nicht zumuten möchten oder weil sie – z. B. aus beruflichen Gründen – die längeren Betreuungszeiten der Kitas benötigen. Die Vorschule allein bietet eine maximal fünfstündige Betreuung. Zwar gibt es auch für arbeitende Eltern von Vorschulkindern grundsätzlich den Anspruch auf Anschlussbetreuung in einer Kita, aber der damit verbundene – tägliche - Wechsel des Betreuungsortes ist für viele Eltern kompliziert, zeitaufwändig und damit auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf abträglich (vgl. Drs. 18/3645 und 4352).

 

Mit den Beratungen zum Haushalt 2007/2008 hat die Bürgerschaft eine Vorschulpflicht ab Schuljahr 2007/08 für Kinder mit besonders ausgeprägtem bzw. ausgeprägtem Sprachförderbedarf beschlossen. Das sind die Kinder, deren Sprachkenntnisse nach der Sprachstandsfeststellung anlässlich der Viereinhalbjährigen-Vorstellung nicht ausreichen werden, um erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu können. Der Besuch der Vorschulklassen (VSK) ist – nur für diese Kinder - gebührenfrei ab dem 01. August 2007. Dies bedeutet eine Teilrücknahme der vom CDU-Senat erst zum Schuljahr 2005/2006 eingeführten Gebührenpflicht für Vorschulen (vgl. Drs. 18/1821).

 

Auf Antrag der Erziehungsberechtigten können die betroffenen Kinder im Vorschuljahr auch eine Kita besuchen. Dieser Besuch ist jedoch auch für Kinder mit besonders ausgeprägtem bzw. ausgeprägtem Sprachförderbedarf kostenpflichtig. Diese Regelung ist widersprüchlich, familien-unfreundlich und dient weder dem Kindeswohl noch der bestmöglichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf – eine solche Regelung widerspricht zudem der grundsätzlichen Wahlfreiheit zwischen den Förderorten als Ausdruck des Elternrechtes auf Erziehung.

 

Eine generelle Beitragsfreiheit für das letzte Jahr als Einstieg für die Beitragsfreiheit bei frühkindlicher Bildung würde derartigen Wirrwarr ausschließen.

 

Das Ziel der Schulvorbereitung soll derzeit unabhängig von der besuchten Einrichtung im letzten Jahr durch die – verpflichtende – Teilnahme der Kinder an einer „additiven Sprachförder-maßnahme“ erreicht werden. Hier unterscheiden sich Vorschulen und Kitas also nicht. Auch wenn grundsätzlich zu bezweifeln ist, ob ein Jahr additive Sprachförderung ausreicht, ist es zumindest notwendig, im Sinne der Gleichbehandlung der Angebote und dem Grundsatz der Wahlfreiheit der Eltern für dieses letzte Jahr den Besuch einer Kita für Kinder mit besonders ausgeprägtem bzw. ausgeprägtem Sprachförderbedarf ebenso kostenfrei zu stellen wie der Besuch einer Vorschulklasse.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

1. Der Senat wird aufgefordert, die Ungleichbehandlung von Kindern mit besonders ausgeprägtem bzw. ausgeprägtem Sprachförderbedarf in Vorschule und Kita aufzuheben.

 

2. Das letzte Jahr vor Grundschulbeginn wird für Kinder in Kita und Vorschule beitragsfrei.

 

3. Die Finanzierung erfolgt aus dem Deckungskreis 43 Kindertagesbetreuung (Kapitel 4500). Sofern die hier zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, soll der Senat eine Nachforderung vorlegen, deren Deckung durch eine entsprechende Absenkung des Titels 9890.971.03 „Rückstellung für Mehraufwendungen“ erfolgt.