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Kinderlärm gehört dazu: Kitas und Kita-Ausbau für Eltern und Kinder sichern – Baunutzungsverordnung (BauNVO) ändern

Donnerstag, 15.01.2009

In den nächsten Jahren sollen in Hamburg mehrere Tausend neue Kindertagesbetreuungsplätze geschaffen – und zwar dort, wo Eltern mit ihren Kindern wohnen.

Neuerliche Streitigkeiten um die Genehmigung von Kindertageseinrichtungen in Wohngebieten konnten nur zum Teil und mit Hilfe des Verwaltungsgerichts zugunsten der Kinder, Eltern und Einrichtungen entschieden werden. Deutlich geworden ist einmal mehr, dass es nicht allein um die – am Ende eines Genehmigungsverfahrens stehende – Abwägung von gegenläufigen Nachbarinteressen zum Beispiel wegen der erwarteten oder vorhandenen Lärmemissionen geht.

In bestimmten, „typisierten“ Wohngebieten kann bereits aufgrund bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeiten die Genehmigungsfähigkeit einer Kindertageseinrichtung quasi ausgeschlossen oder zweifelhaft sein, so dass es auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gar nicht mehr ankommt.

Dies hatte sich bereits am Beispiel des Neubaus der Kita „Marienkäfer“ gezeigt: Dort hat der CDU-geführte Senat eine Lärmschutzmauer finanziert, um den Bau des Kindergartens in einem reinen Wohngebiet – in dem Kindergärten je nach Alter des Bebauungsplans und der demgemäß gültigen Fassung der Baunutzungsverordnung (BauNVO) grundsätzlich gar nicht oder nur im Wege der Ausnahme zulässig sind - zu ermöglichen.

Im aktuellen Fall um die Kita „Reventlowstraße“ musste die Einrichtung in einem besonders geschützten Wohngebiet wenige Wochen nach ihrer Eröffnung wieder schließen, weil nach Widersprüchen von Nachbarn das Oberverwaltungsgericht die Gebietsunverträglichkeit der Kindertageseinrichtung festgestellt hat. Das OVG hatte festgestellt, dass die Kita Reventlowstraße deshalb „…bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist, weil sie mit der für die Grundstücke […] geltenden bauplanungsrechtlichen Gebietsausweisung unvereinbar ist …“.

Die Klarstellung des Oberverwaltungsgerichts, dass Kindergärten, die sich im Geltungsbereich der Festsetzung von besonders geschützten Wohngebieten gem. § 10 Abs. 4 Abschnitt W BPVO (mit dem Ausschluss jeglicher Art von gewerblicher und handwerklicher Betriebe, Läden und Wirtschaften) in gemäß § 173 Abs. 3 BbauG übergeleiteten Baustufenplänen befinden, wenn überhaupt nur unter wesentlichen Einschränkungen zulässig sind, schafft keine Rechtssicherheit für die Planung von neuen Kindergärten. Dies vor allem deshalb, weil Kindergärten nicht – so u.a. das Oberverwaltungsgericht - zu den „Wohnbedürfnissen“ in einem besonders geschützten Wohngebiet im Sinne der „Baupolizeiverordnung“ (BPVO) zählten.

Zwar wird zur Konkretisierung der Wohnbedürfnissen dienenden Nutzungsarten die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in ihrer jeweils geltenden Fassung als Auslegungshilfe herangezogen. Für die Bestimmung der zulässigen Nutzungen in einem besonders geschützten Wohngebiet nach § 10 Abs. 4 BPVO sind danach die zulässigen Nutzungen, die sich für reine Wohngebiete aus § 3 BauNVO ergeben, zu berücksichtigen. In der aktuellen Fassung der BauNVO sind Kindertageseinrichtungen als Unterfall einer Einrichtung für soziale Zwecke im reinen Wohngebiet nur im Wege einer Ausnahme gem. § 31 Abs. 1 BauGB zulassungsfähig. Dies führt unter Berücksichtigung des sehr eingeschränkten Umfangs der Überleitung von § 10 BPVO zu den wesentlichen Einschränkungen der Zulässigkeit einer Kita im besonders geschützten Wohngebiet.

Eine Änderung der BauNVO an dieser Stelle würde also in zweierlei Hinsicht künftig Konflikte um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Kindergärten verringern helfen: zum einen in – im Zuge von Überplanungen – neu entstehenden reinen Wohngebieten, zum anderen überall dort, wo Baustufenpläne einfache oder geschützte Wohngebiete vorsehen.

Erforderlich wäre eine Klarstellung in der Baunutzungsverordnung, die die regelhafte Zulässigkeit von Tageseinrichtungen für Kinder im Sinne des SGB VIII vorsieht.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Baunutzungsverordnung (BauNVO) dahingehend geändert wird, dass Kindertageseinrichtungen im Sinne des SGB VIII künftig als Regelbebauung in reinen Wohngebieten zulässig sind.