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Konzept zur Erhöhung der Kapazität des Hamburger Hauptbahnhofs

Freitag, 23.09.2016

500.000 Menschen nutzen den Hamburger Hauptbahnhof – jeden Tag. Damit ist er der meistfrequentierte Bahnhof Deutschlands und steht nach dem Pariser Nordbahnhof an zweiter Stelle der meistfrequentierten Bahnhöfe Europas. Der Hamburger Hauptbahnhof ist die zentrale Mobilitätsdrehscheibe unserer Stadt. Damit das so bleibt, muss er effizienter werden, muss er auch ausgebaut werden.

Mehr Verkehr auf der Schiene ist das politische Ziel. Die Fahrgastzahlen zeigen, dass im Schienenpersonennahverkehr weiterhin große Zuwächse zu erwarten sind. Damit diese Entwicklung nicht ausgebremst wird, braucht Hamburg einen attraktiven und auch in der Zukunft ausreichend leistungsfähigen Hauptbahnhof. Das gilt auch für den Personenfernverkehr, wo zwar nur eine gewisse Steigerung der Zugzahlen zu erwarten ist, mit Auflösung der vorhandenen Engpässe aber eine deutliche Verbesserung der Pünktlichkeit erreicht werden soll.

Die Koalitionspartner SPD und GRÜNE haben sich die Erhöhung der Kapazität des Hamburger Hauptbahnhofs zum Ziel gesetzt. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Verkehrsausschuss seit Jahresbeginn 2016 intensiv mit dem Thema: Einer Sachverständigenanhörung am 7. Januar folgte eine Ortsbegehung am 11. April und die Senatsbefragung am 14. Juni. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen.

In der Senatsbefragung (Protokoll 21/12) stellten die Senatsvertreter den derzeitigen Stand ihrer Überlegungen zur Kapazitätserweiterung des Hauptbahnhofs vor. Zu unterscheiden sind vor allem zwei Aspekte: Einerseits die Kapazitäten auf den Gleisen und andererseits – als Voraussetzung für mehr Verkehr auf der Schiene – die Kapazitäten der Fußgängerbereiche im Hauptbahnhof, wo es schon jetzt in den Spitzenstunden sehr eng wird, und in seinem Umfeld.

Kapazitäten auf den Gleisen

Die DB Netz AG hat im November 2010 den Bahnhof Hamburg Hbf. gemäß § 16 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) als „vsl. in naher Zukunft überlastet“ erklärt. Auf der Grundlage einer anschließend angestellten Kapazitätsanalyse wurde im Januar 2012 ein Plan zur Erhöhung der Schienenwegkapazität erstellt, der die Kapazität kurz- bis mittelfristig erhalten soll. Langfristig kann ein Kapazitätsgewinn durch bessere Ausnutzung der vorhandenen Kapazitäten im Hauptbahnhof in erster Linie durch den Bau der S4 nach Bad Oldesloe erzielt werden.

Denn auf den vier S-Bahn-Gleisen im Hauptbahnhof gibt es keinen Kapazitätsengpass. Sie lassen 8 Linien im 10-Minuten-Takt zu, derzeit gibt es nur 6 Linien. Die S32 und die S4 werden diese noch freien S-Bahn-Kapazitäten im Hauptbahnhof nutzen. Im Gegenzug werden 52 Regionalbahnzugpaare im Hauptbahnhof wegfallen, die dort enden und bis zu 23 Minuten eine Bahnsteigkante belegen, bevor sie ihre Rückfahrt antreten. So werden auf den Gleisen 5 bis 8 Kapazitäten für andere Züge frei. Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben das Projekt S4 endlich auf die Spur gesetzt mit Blick auf eine bessere Anbindung der Stadtteile im Hamburger Osten und Stormarns, aber eben auch mit Blick auf den Nutzen, den die S4 für den Hauptbahnhof entfaltet. Am 9. August 2016 wurde der Planfeststellungsantrag für den ersten Planfeststellungsabschnitt gestellt. In dem Anfang August 2016 vom Bundeskabinett verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan 2030 ist das Projekt S4 im Gegensatz zum vorherigen Referentenentwurf nun explizit erwähnt.

Darüber hinaus hat Hamburg die in der vom Bund in Auftrag gegebenen Untersuchung „Entwicklung und Bewertung eines Konzeptes für den Schienenknoten Hamburg“ (2009) identifizierten Maßnahmen zum Bundesverkehrswegeplan 2030 angemeldet, um so heutige und zu erwartende Engpässe u.a. am Hauptbahnhof aufzulösen. Im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans wird diese Studie nochmals dem aktuellen Stand angepasst und es werden mögliche Lösungen zur Steigerung der Kapazität im gesamten Knoten Hamburg untersucht. Damit erkennt der Bund hier seine Mitverantwortung an.

Ein Bestandteil der Maßnahmen zum Schienenknoten Hamburg ist der Bau eines zusätzlichen Bahnsteigs am Gleis 9 auf dem Planum von Gleis 10. Mit der Inbetriebnahme der S4 (weniger Rangierfahrten durch Wegfall der RB81) und der festen Fehmarnbeltquerung (Zurückverlagerung des Güterverkehrs von der Jütlandroute auf die Vogelfluglinie) können diese beiden Gleise als Durchfahrgleise für Güterzüge und Rangiergleise aufgegeben werden. Dies erhöht die Kapazität des Hauptbahnhofs.

Kapazitäten der Fußgängerbereiche im Hauptbahnhof und in seinem Umfeld

Aber auch die Verkehrswege im Hauptbahnhof sind überlastet. Die Aufenthaltsqualität in den Außenbereichen ist mangelhaft, die städtebauliche Integration des Hauptbahnhofs unzureichend. Ziel ist es, die Personenströme im Hauptbahnhof durch zusätzliche Bahnsteigzugänge von der Steintorbrücke zu entzerren. Die Bushaltestellen könnten außerdem auf der Steintorbrücke gebündelt werden. Dazu würde der Individualverkehr neu geführt werden. Dies ermöglichte eine funktionale Neugliederung des gesamten Hauptbahnhof-Umfeldes und ist die favorisierte Lösung. Unter anderem könnten Fußgängerströme vom Südsteg, der nicht nur einen Zugang zu den Bahnsteigen, sondern auch eine wichtige fußläufige Verbindung zwischen Steindamm und der Innenstadt darstellt, durch eine attraktive Gestaltung und Verkehrsführung auf die Steintorbrücke verlagert werden. Die Konsequenzen für den Auto- und Radverkehr im weiteren Umfeld (z. B. Kurt-Schumacher-Allee, Adenauerallee, Kreuzweg, Kirchenallee) müssen in die Planung einbezogen werden, ebenso wie die Errichtung einer Fahrradstation am Hauptbahnhof (siehe Bürgerschaftsbeschluss 21/1465).

Bei allen mittel- bis langfristigen Ideen zur Verbesserung der Situation des Hauptbahnhofs darf nicht unerwähnt bleiben, dass in der Zwischenzeit auch bereits kurzfristig zu realisierende Maßnahmen in Angriff genommen werden: So wird seit 2014 in den Sommerferien eines jeden Jahres jeweils eine Bahnsteighälfte saniert; mehr ist wegen der damit verbundenen Kapazitätseinschränkung nicht möglich. Auf den Bahnsteigen wurden störende Einbauten entfernt. Und für die Sicherheit und die Sauberkeit wird mittlerweile auch mehr getan. Hierzu hat die zuständige Behörde 2012 die „Gesprächsrunde Hauptbahnhof“ initiiert, an der alle relevanten Akteure beteiligt sind und die bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt hat.

Der Hamburger Hauptbahnhof feiert in diesem Jahr (6. Dezember) seinen 110. Geburtstag. Die jetzt anstehenden Fragen zur Kapazitätserweiterung sollen für die nächsten Jahrzehnte tragen, deshalb sind zu kurz greifende Entscheidungen nicht zielführend.

Während die gleisseitigen Kapazitätserweiterungen bereits geplant werden (S4) oder zumindest unstrittig sind (zusätzlicher Bahnsteig), bedürfen insbesondere die Lösungsansätze zum Umfeld des Hauptbahnhofs noch der gründlichen Untersuchung, um sie entscheidungsreif zu machen. Hierzu dient die Analysephase (Analyse der Verkehrsströme, Prognose 2025 und die Analyse der Verkehrsinfrastruktur), die in die anschließende Konzeptphase (Verkehrsführung Steintordamm, Funktionale Neuordnung im Umfeld) mündet.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Die Bürgerschaft begrüßt die Planungen der DB AG,

a. die Personenströme im Hauptbahnhof durch zusätzliche Bahnsteigzugänge von der Steintorbrücke zu entzerren und

b. die Kapazitäten des Schienenknotens Hamburg durch den Bau eines zusätzlichen Bahnsteigs am Gleis 9 zu steigern.

2. Der Senat wird ersucht,

bis zum 31.03.2017

a. über den Sachstand zur Umsetzung der mit dem Bundesverkehrswegeplan zu beschließenden Schienenmaßnahmen insbesondere mit Bezug zum Schienenknoten Hamburg zu berichten,

b. die Verkehrsuntersuchung zum Umfeld des Hauptbahnhofs abzuschließen und über die weiteren Schritte, insbesondere auch hinsichtlich der Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Bahnhofsumfeld, der besseren städtebaulichen Integration des Hauptbahnhofes, der Wegebeziehungen insgesamt sowie der geplanten Errichtung der Fahrradstation, zu berichten.

 

sowie
  • und der Abgeordneten Martin Bill
  • Dr. Stefanie von Berg
  • Christiane Blömeke
  • Farid Müller
  • Ulrike Sparr
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion