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Kulturelle Bildung gemeinsam verantworten – Kooperationen von Schule und Kultur fördern und entwickeln

Dienstag, 09.09.2014

Kulturelle Bildung ist ein elementares lebenslanges Recht aller. Sie dient der Identitätsbildung und der Integration. Sie ist notwendig, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu bewahren. Kinder und Jugendliche gleich welcher Herkunft müssen befähigt werden, sich mit der Kultur unseres Landes wie auch mit der Kultur der Herkunftsländer ihrer Eltern auseinanderzusetzen, um positive Anerkennung für die eigenen und fremden Ausdrucksformen und Kulturen aufbringen zu können. Im Ergebnis bedeutet kulturelle Bildung die Fähigkeit zur erfolgreichen Teilhabe an kulturbezogener Kommunikation mit positiven Folgen für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt. Das vom Senat vorgelegte „Rahmenkonzept Kinder- und Jugendkultur in Hamburg 2012“ (siehe Drs. 20/4450) beschreibt eindrucksvoll, wie kulturelle Bildungsangebote im Wechselspiel von Rezeption und Produktion, ästhetischer Wahrnehmung und künstlerischen Handeln positioniert und zur Wirkung gebracht werden können.

Hamburg hat sich deutschlandweit mit starken Impulsprojekten zur kulturellen Bildung und einer senatsübergreifenden Konzeption zur Kinder- und Jugendkultur einen Namen gemacht. Einen aktuellen Niederschlag fanden die Hamburger Erfahrungen in der neuen Handreichung zur kulturellen Bildung der Kultusministerkonferenz.

In Hamburg ist die kulturelle Bildung an den Schulen fest verankert. Gemäß § 2 Absatz 4 Hamburgisches Schulgesetz ist kulturelle Bildung per se ein integraler Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule. Alle Kinder und Jugendlichen haben einen individuellen Anspruch auf kulturelle Bildung in der Schule. Dazu leisten sowohl der Unterricht, insbesondere in den künstlerischen Fächern Bildende Kunst, Musik und Theater, als auch Arbeitsgemeinschaften und Projekte sowie vielfältige sonstige Formen schulischen Zusammenlebens und Kooperationen mit Kulturschaffenden einen entscheidenden Beitrag. Insbesondere den künstlerischen Fächern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, denn Künste, die von je her Bestandteil jeder Kultur sind, ermöglichen eine ganz eigene Art des Erlebens, Verstehens, Gestaltens und der Sinnbildung. Um Kindern und Jugendlichen einen breiteren Zugang zu den Künsten zu ermöglichen, wurde in Hamburg neben Kunst und Musik auch Theater als drittes ästhetisches Unterrichtsfach für alle Jahrgänge verankert. Es wird seit 2011 verbindlich in den Stundentafeln aller allgemeinbildenden Schulen berücksichtigt. In einem umfangreichen Schulprogramm wurden zahlreiche Lehrkräfte für den Theaterunterricht qualifiziert.

Für die Gestaltung und Entwicklung kultureller Bildung insbesondere auch über Fach- und Spartengrenzen hinaus spielen Kooperationen mit Kulturschaffenden eine besondere Rolle. Stellvertretend dafür sollen hier einige große Kooperationsprogramme genannt werden, die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen vor allem in den Künsten fördern.

Im Programm „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) der BSB (www.hamburg.de/jeki) erhalten mehr als 10.000 Kinder in 70 Grundschulen wöchentlich Instrumentalunterricht auf Leihinstrumenten. Im Chormodul des Projekts „The Young ClassX“, das die BSB in enger Zusammenarbeit mit The Young ClassX e.V. (www.theyoungclassx.de) betreibt, nehmen 2500 Jugendliche aus 22 weiterführenden Schulen, meist Stadtteilschulen, an wöchentlichen Chorproben und zahlreichen Auftritten teil. Beide Vorhaben dienen dazu, die Freude am eigenen Musizieren zu wecken und die musikalischen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen zu entwickeln, sie sind schwerpunktmäßig an Schulen mit niedrigen KESS-Faktoren angesiedelt.

Das Programm TUSCH fördert seit 2002 Partnerschaften zwischen Schulen und Theatern (www.tusch-hamburg.de). Jeweils über zwei Jahre erarbeitet ein Projektteam aus Theatermachern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern gemeinsam mit Schulleitungen und Eltern Projekte rund ums Theater und gestaltet öffentliche Aufführungen, Performances und Ausstellungen. In der aktuellen Staffel beteiligen sich 20 Schulen und 14 Theater.

Das Programm „Kulturschule Hamburg“ (http://kulturschulen.hamburg.de/) ist ein gemeinsames Vorhaben der Gabriele Fink Stiftung, der Kulturbehörde und der Behörde für Schule und Berufsbildung. An dem Programm nehmen insgesamt sieben allgemeinbildende Schulen, darunter drei Ganztagsstadtteilschulen, teil. Ziel des Programms ist es, den Unterricht durch den Schwerpunkt „kulturelle Bildung“ zu öffnen und Fächer oder Jahrgangsgrenzen zu überwinden. Alle Beteiligten bilden ein Netzwerk, das in gemeinsamer Arbeit eine Kulturschule gestaltet.

Im Rahmen der „Kulturagenten für kreative Schulen“ (www.kulturagenten-programm.de) arbeiten 24 Hamburger Stadtteilschulen, davon 21 Ganztagsstadtteilschulen mit Unterstützung von acht Kulturagenten (Fachleuten aus verschiedenen künstlerischen Bereichen, z.B. Bildende Kunst, Choreografie, Design, Film, Musik, Regie, Tanz, Theater, etc.) daran, ihr kulturelles Profil zu entwickeln, auszubauen und/oder zu verstetigen. Bereits jetzt haben die Schulen in einer Fülle von künstlerischen Projekten mit zahlreichen Hamburger Kultureinrichtungen und Künstlern zusammengearbeitet. Ziel ist es, dauerhafte Kooperationen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen zu etablieren und Kindern und Jugendlichen so nachhaltig kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Auch dieses Programm soll bis voraussichtlich 2018 verlängert werden.

Auch die profilunabhängigen kulturellen Angebote im Rahmen der Ganztagsgestaltung zeigen, dass Kultur auf vielfältige Weise tief im Lebensraum Schule verankert ist. In den Ganztagsschulen gibt es zurzeit jeden Monat über 10.000 Nachmittagsangebote in den Bereichen Musik (rund 2.800), Kunst und kreatives Gestalten (rund 6000), Medien (rund 1.200) und Theater/Zirkus (800).

Ein wesentliches Element ist hierbei die Kooperation von Ganztagsschulen mit außerschulischen Partnern. Hierzu wurden zwischen der zuständigen Behörde und der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkultur, dem Verein Stadtkultur Hamburg sowie dem Verband deutscher Musikschulen am 10. Januar 2011 Rahmenvereinbarungen unterzeichnet, die Ziele und Formen der Zusammenarbeit sowie die Aufgaben der Kooperationspartner beschreiben.

Am 9. November 2012 befasste sich der Kulturausschuss mit einer Sachverständigenanhörung mit dem Thema „Rahmenkonzept Kinder- und Jugendkultur in Hamburg 2012“. Das Rahmenkonzept wurde sehr positiv bewertet, aber es wurden auch Koordinierungsbedarfe identifiziert, um relevante Maßnahmen in einzelnen Handlungsfeldern gezielter und effizienter steuern zu können. Dies bedeutet konsequenterweise eine Stärkung der Koordinierungs- und Netzwerkfunktionen insbesondere auch an vorhandenen entscheidenden Stellen.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Der Senat wird ersucht:

1. Zur Förderung und Stärkung kultureller Bildung an allen Hamburger Schulen, unabhängig von besonderen Profilen und Programmen, und um außerschulischen Partnern die Zusammenarbeit mit den Schulen zu erleichtern, soll an allen Schulen eine Lehrkraft die Aufgabe eines Kulturbeauftragten übernehmen. Für die Schulen soll ein standardisiertes Anforderungs- und Aufgabenprofil „Kulturbeauftragte“ entwickelt und ein darauf bezogenes Qualifizierungs- und Fortbildungsangebot initiiert werden;

2. Die bestehenden Fortbildungsangebote des Landesinstituts dahingehend zu überprüfen, dass Fortbildungen von Lehrkräften zusammen mit Kulturschaffenden ermöglicht werden;

3. Service- und Beratungsleistungen im genannten Feld zu erfassen und diese mit geeigneten Servicepartnern (z.B. der LAG Kinder- und Jugendkultur) in Abstimmung mit der Schulbehörde und Kulturbehörde bei Bedarf zu optimieren und ggf. in Angebote zu überführen;

4. Die Webplattform „Netzwerk kulturelle Bildung“ (www.kulturnetz-hamburg.de) im Kooperationsfeld von Kultur, Schule und Akteuren des kulturellen Feldes auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Nachsteuerung / Relaunch einzuleiten;

5. Zu prüfen, mit welchen Maßnahmen die Hamburger Kulturinstitutionen motiviert und unterstützt werden können, kulturelle Bildungsarbeit von Kindern und Jugendlichen als eine zentrale Aufgabe auch über Kooperationsprojekte mit Schulen hinaus weiterzuentwickeln.

6. Der Bürgerschaft bis zum 31.12.14 zu berichten.