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Maßnahmen für den öffentlichen Busverkehr - Konsens mit den Initiatoren der Volksinitiative „Stopp des Busbeschleunigungsprogramms“

Mittwoch, 25.03.2015

Am 12. Dezember 2014 haben die Initiatoren von „Stopp des Busbeschleunigungs-programms“ beim Senat gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 des Hamburgischen Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VAbstG) die Unterschriftenlisten mit einer von der Initiative mitgeteilten Gesamtzahl von 20.897 Unterschriften zur Unterstützung der Volksinitiative eingereicht. Gegenstand der Initiative ist als Befassung mit einem bestimmten Gegenstand der politischen Willensbildung im Sinne einer anderen Vorlage gemäß § 1 Satz 1 VAbstG: „Der Senat und die Bürgerschaft werden aufgefordert, das 259 Millionen Euro teure Busbeschleunigungsprogramm sofort zu stoppen“. Die Feststellung des Zustandekommens hat der Senat der Bürgerschaft mit Drs. 20/14151 übermittelt.

Trotz inhaltlicher Differenzen über den Gegenstand der Volksinitiative verständigten sich alle Fraktionen darauf, noch vor der Wahl die gemäß Art. 50 Abs. 2 Satz 3 HV erforderliche Anhörung der Initiatoren im Verkehrsausschuss durchzuführen. Aufgrund des Wahl-periodenwechsels hat es keinen Bericht des Verkehrsausschusses mehr an die Bürgerschaft gegeben; das ausführliche Ausschussprotokoll 20/41 der Beratungen im Verkehrsausschuss am 19.01.2015 ist in der Parlamentsdatenbank abrufbar.

Die antragstellenden Fraktionen sind zwischenzeitlich in den Dialog mit der Volksinitiative getreten, um die Möglichkeiten für einen Kompromiss auszuloten, der die weitere Durchführung eines Volksbegehrens und Volksentscheids entbehrlich macht. Einen Beschluss mit verfahrensbeendigender Wirkung kann die Bürgerschaft spätestens in ihrer Plenarsitzung am 25.03.2015 fassen. Nach intensiven Gesprächen ist ein verfahrensbeendender Konsens mit dem Beschluss des nachfolgenden Ersuchens möglich. Die Initiatoren haben erklärt, dass der Beschluss der Bürgerschaft ihrem Anliegen entspricht und dass sie bei Fassung des Beschlusses keinen Antrag auf Durchführung eines Volksbegehrens nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VAbstG stellen werden. Die zuständigen Behörden haben in den der Antragstellung vorausgegangenen Erörterungen den antragstellenden Fraktionen zugesichert, die in diesem Ersuchen enthaltenen Aufträge zeitgerecht aufzugreifen und sachgerecht umzusetzen.

Über wichtige Fragen der Modernisierung des Metrobussystems (z.B. zügigere Einführung der Busvorrangschaltung sowie der verkehrsabhängigen Ampelsteuerung, Umstellung der Ampeln auf LED Technik) besteht Konsens. Die Diskussionsprozesse um die einzelnen Maßnahmen haben gezeigt, dass Akzeptanz häufig dann erreicht werden konnte, wenn neben dem Ziel des störungsfreien Busbetriebs auch andere Belange (insbesondere der Erhalt der Straßenbäume sowie der Fuß- und Radverkehr) berücksichtigt wurden. Aus dem Grund soll bei künftig zu vergebenden Maßnahmen diese umfassende Zielstellung von vornherein berücksichtigt werden.

Aufgeführt sind in dem Ersuchen daher nur die Punkte, bei denen die antragstellenden Fraktionen gemeinsam mit der Volksinitiative zur einvernehmlichen Überzeugung gekommen sind, dass hier Weiterentwicklungsbedarf beim Busprogramm sowie insbesondere auch bzgl. der Bürgerbeteiligung besteht. Klarzustellen ist, dass die Fraktionen und die Volksinitiative am Ziel größtmöglicher Barrierefreiheit auch im Metrobussystem unbedingt festhalten wollen. Einige erörterte Fragestellungen (z.B. zum Tarifsystem im Allgemeinen) gehen über den Rahmen dieses Ersuchens zum Busprogramm deutlich hinaus; sie wurden daher nicht aufgegriffen.

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, bei der Weiterentwicklung des Bussystems

1. bei den noch nicht vergebenen Maßnahmen von vornherein nicht nur einen möglichst störungsfreien und barrierefreien Busbetrieb, sondern auch durchgehend gute Bedingungen für das Zufußgehen und den Radverkehr sowie eine angemessene Berücksichtigung der Belange des örtlichen Einzelhandels (Anlieferung, Entsorgung, Auslagen) und des Erhalts von Parkplätzen für Anwohner und Gewerbe anzustreben. In die Fortschreibung/Weiterentwicklung des Busprogramms sind diese Grundsätze, die weiteren Ersuchenspunkte und die aktuellen Hinweise des Rechnungshofs einzubeziehen.

2. zukünftig gemeinsam mit den Bezirken, den Bezirksversammlungen und den Beteiligten vor Ort auf der Grundlage der jeweiligen Ziele der Maßnahmen eine umfassende und frühzeitige Bürgerbeteiligung bereits vor dem konkreten Beginn der Planungen sicherzustellen. Das gilt insbesondere dort, wo bereits artikuliertes Bürgerinteresse, eine Verknüpfung mit anderen Planungsprozessen im Stadtteil, hoher Anliegeranteil von Einzelhandel und Gewerbe, Parkplatzmangel und viele Straßenbäume in engem Straßenraum Konflikte möglich erscheinen lassen.

 

a. Der jetzt begonnene Beteiligungsprozess an der Papenhuder Straße/Hofweg entlang der diskutierten Metrobuslinie 6 soll daher auf Basis der dortigen Zielsetzungen zum ergebnisoffenen Pilotprojekt für gute Beteiligungskultur entwickelt werden. Es besteht Konsens, dass sämtliche Beschlüsse der Mehrheit der Mitglieder bedürfen; die jeweiligen parlamentarischen Rechte bleiben im Übrigen unberührt.

b. Auch am Borgweg ist ein umfassender Beteiligungsprozess sinnvoll und in Vorbereitung. Die bisherigen Planungen für den Borgweg werden nicht weiter verfolgt.

c. Sämtliche Planungsunterlagen (inkl. Rohdaten, Pläne, Erläuterungsberichte etc.) werden im Rahmen einer vollständigen Transparenz auch im Internet immer aktuell sowie zusätzlich im Transparenzportal (http://transparenz.hamburg.de/) zur Verfügung gestellt. Alle vorhandenen Unterlagen sind bis Ende April 2015 entsprechend ins Internet zu stellen.

d. Es besteht Konsens, dass sich Veranstaltungen wie die in der St. Gertrud Kirche nicht wiederholen dürfen.

3. vor dem Hintergrund, dass ein vollständiger Konsens für die Maßnahmen am Mühlenkamp nicht (mehr) herstellbar ist, das umstrittene Linksabbiegeverbot vom Mühlenkamp in die Gertigstraße sowie die Trenninseln im Mühlenkamp sowie in der Kreuzung Mühlenkamp / Gertigstraße zunächst nur provisorisch einzurichten, um die befürchteten negativen verkehrlichen Auswirkungen zu beobachten.

 

a. Erst nach einer kriteriengestützten Testphase, einer transparenten Auswertung und einer neuerlichen Erörterung im zuständigen Ausschuss darf diese Maßnahme endgültig vollzogen werden; die Gesamtdauer dieser Test-, Auswertungs- und Entscheidungsphase soll ein Jahr ab Fertigstellung der Maßnahme nicht überschreiten. Zu diesem Zweck sind die heutigen Ist-Werte im Hinblick auf die Situation des Busverkehrs (Störungen, Verzögerungen, Fahrtdauer) sowie die Belastung der Wohn- und Nebenstraßen (insbesondere Preystraße, Semperstraße, Schinkelstraße, Forsmannstraße und Geibelstraße sowie Gertigstraße und Poelchaukamp) nachvollziehbar auf der Basis eines wissenschaftlich anerkannten Verfahrens zu erheben und mit denen nach der provisorischer Einrichtung des Linksabbiegeverbots Mühlenkamp/Gertigstraße sowie der Trenninseln im Mühlenkamp abzugleichen. Ergeben sich keinerlei positive Auswirkungen auf den Busverkehr (d.h. Verkürzung der Fahrzeit zwischen den Haltestellen Hofweg/Mühlenkamp und Goldbekplatz in beiden Richtungen um jeweils durchschnittlich 30 Sekunden bzw. Reduzierung von den Busverkehr im Kreuzungsbereich Mühlenkamp/Gertigstraße beeinträchtigenden relevanten Störereignissen um mindestens 20%, wobei Konsens besteht, dass die Stadtreinigung sowie die Falschparker und Zweite-Reihe-Parker kein Störereignis in diesem Sinne sind) und/oder erhebliche negative Auswirkungen auf die Belastungssituation in den genannten Wohn- und Nebenstraßen (d.h. Zunahme des Verkehrs um durchschnittlich mehr als 10% in den Straßen Preystraße/Semperstraße bzw. Forsmannstraße/Geibelstraße/ Schinkelstraße) wird das Linksabbiegeverbot vom Mühlenkamp in die Gertigstraße unverzüglich wieder aufgehoben, die Trenninseln im Mühlenkamp entfernt und der heutige Zustand im Hinblick auf das Linksabbiegeverbot wieder komplett hergestellt. Für die Semperstraße gilt abweichend, dass bei einer Verkehrszunahme von durchschnittlich über 10 bis zu 20% die zuständigen Behörden zusätzliche geeignete verkehrsberuhigende Maßnahmen ergreifen können und müssen, um die Mehrbelastung aufzufangen.

 

b. Ferner ist sicherzustellen, dass die Fahrradschutzstreifen im Bereich Mühlenkamp rot markiert, die Kurzzeitparkzonen kurzfristig eingerichtet, die Lieferverkehre für die Handwerker/Geschäfte der südlichen Gertigstraße uneingeschränkt aus dem Mühlenkamp ermöglicht und der Fahrradstreifen im Mühlenkamp in Fahrtrichtung stadteinwärts bis zur Ecke Poelchaukamp durchgezogen werden. Zur Gewährleistung der Lieferverkehre haben die zuständigen Behörden mit den betroffenen Betrieben geeignete Regelungen zu treffen.

 

4. jeweils eine größtmögliche Schonung des Baumbestandes, die Einbeziehung von Baumgutachtern und – sofern unvermeidbar – die ortsnahe, möglichst mit den Beteiligten vor Ort (siehe Ziff. 2) erörterte Durchführung von mindestens 1:1 Ersatzpflanzungen sicherzustellen,

5. stärker als bisher eine Aufstellung von Fahrkartenautomaten an möglichst vielen geeigneten Haltestellen der Metrobuslinien vorzunehmen und zugleich die HVV-App (Mobilticket) weiter zu entwickeln,

6. demgegenüber Anreize für eine Reduzierung des – die Weiterfahrt aufhaltenden – Fahrkartenverkaufs im Bus zu prüfen und im zuständigen Ausschuss im Herbst 2015 über das Ergebnis der Prüfungen zu berichten,

7. die Einführung des - sich auch auf den Busverkehr positiv auswirkenden -

kartenbasierten E-Ticketings deutlich zu beschleunigen und im Herbst 2015 ein erstes Konzept im zuständigen Ausschuss zur Diskussion zu stellen,

8. stärker als bisher die Freihaltung von Radfahr- und Schutzstreifen sowie Ladezonen von Falschparkern gerade im Bereich von Strecken des Busprogramms durch eine dauerhafte Schwerpunktsetzung der zuständigen Behörde sicherzustellen,

9. zudem gegen Zweite-Reihe-Parker gerade im Bereich von Metrobuslinien durch eine dauerhafte Schwerpunktsetzung der zuständigen Behörde wesentlich konsequenter vorzugehen, um Behinderungen im Busverkehr zu vermeiden und Fahrradfahrer keinen zusätzlichen Gefahren auszusetzen,

10. zusammen mit den Bezirken bzw. den Bezirksversammlungen zur Bewältigung komplexer Konfliktlagen zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern in Einzelfällen streckenbezogen die Einführung von Tempo 30 zu prüfen,

11. geeignete Lieferkonzepte (z.B. im Rahmen von Ziff. 2) zu erarbeiten, um den Wirtschaftsverkehr für Einzelhandel und Gewerbe in den verdichteten Bereichen vor Ort sicherzustellen. Seitens des Senats ist kurzfristig dafür Sorge zu tragen, dass die Entsorgungsfahrzeuge der städtischen Unternehmen in den Hauptverkehrszeiten zu keinen Behinderungen der Metrobuslinie führen.

12. geeignete Parkraummanagementkonzepte insbesondere in verdichteten Bereichen im Rahmen der Beteiligungsverfahren gemäß Ziff. 2 zu erarbeiten.

13. die Baumaßnahmen deutlich besser als bisher zu koordinieren und die Belastung für Anwohner, Einzelhandel und Gewerbe auf das unbedingt notwendige Minimum zu reduzieren sowie Vollsperrungen nach Möglichkeit zu vermeiden und hierauf bereits sowohl bei der Planung als auch insbesondere bei der Vergabe zu achten,

14. eine kontinuierliche Berichterstattung über Fortschritte bei Umsetzung dieses Ersuchens in die auch in der 21. Wahlperiode weiterhin halbjährlich im zuständigen Ausschuss durchzuführende Berichterstattung über die aktuell im Bau befindlichen, die bereits vergebenen und die geplanten Maßnahmen im Rahmen der Drs. 20/2508 einzubeziehen. Um eine enge parlamentarische Begleitung bei diesen von der Öffentlichkeit intensiv beobachteten Maßnahmen zu ermöglichen, ist daher wie bisher linienbezogen Auskunft zu geben,

a. inwiefern sich die Situation der Fahrgäste an den entsprechenden Stellen verbessert hat bzw. verbessern wird,

b. inwiefern die Barrierefreiheit verbessert wurde beziehungsweise wird,

c. inwiefern gleichzeitig Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrssituation durchgeführt wurden bzw. werden,

d. inwiefern sich die Situation der Fußgängerinnen und Fußgänger an den entsprechenden Stellen verbessert hat,

e. wie viele Bäume warum gefällt wurden beziehungsweise werden,

f. wie viele Bäume nachgepflanzt wurden beziehungsweise werden,

g. inwiefern der Kraftfahrzeugverkehr von der Maßnahme profitiert hat,

h. inwiefern sich die Zahl der Parkplätze verändert hat beziehungsweise wird.

 

sowie
  • der Abgeordneten Dr. Till Steffen
  • Katharina Fegebank
  • Jens Kerstan
  • Dr. Eva Gümbel
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion