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Medienkompetenzförderung in Hamburg in der digitalen Ära

Donnerstag, 30.09.2010

Die digitalen Medien tragen maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei. So stellt das Internet das offenste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt dar. Die digitale Gesellschaft bietet neue individuelle Entfaltungsmöglichkeiten ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens, für die wirtschaftliche Betätigung und für die Wissensgesellschaft. Die Nutzung dieser Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten gehört längst zum Alltag der überwältigenden Mehrheit der Menschen in unserem Land.

Die digitalen Medien sind nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickeln sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich in und mit den neuen Medien statt. Die Herausbildung einer „digitalen Gesellschaft“ ist mit erheblichen Chancen, aber auch Herausforderungen verbunden. Medien eröffnen einerseits Chancen zu weltweiter Kommunikation, Weltoffenheit und Wissensvermittlung; auf der anderen Seite bergen sie aber auch Risiken und wecken Ängste.

Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation

Für die erfolgreiche Entwicklung der mit der Digitalisierung einhergehenden und verbundenen Chancen für innovative Produktionsprozesse, neuer Formen der Kommunikation und der Teilhabe ist es entscheidend, dass sich die Bürgerinnen und Bürger die Chancen der Digitalisierung auch zunutze machen können. Angesichts der in allen gesellschaftlichen Bereichen weit fortgeschrittenen Digitalisierung kommt Medienkompetenz im Sinne einer „digital

literacy“ einer Gesellschaftskompetenz gleich: als unabdingbare Voraussetzung für eine Teilhabe an Ausbildung, Arbeit, Politik und Gesellschaft. Für die individuelle Entwicklung und Identitätsbildung ebenso wie für die Entwicklung des Gemeinwesens in der digitalen Welt sind Fähigkeiten zur Informations- und Wissensverarbeitung, aber auch zur Informations- und Wissensaufbereitung, zur interaktiven Kommunikation und zur kritischen Auseinandersetzung mit Medieninhalten notwendiges Rüstzeug.

Medienkompetenz ist dabei die unverzichtbare Schlüsselqualifikation in unserer Informations-, Wissens- und Kommunikationsgesellschaft. Es ist deshalb Aufgabe der Politik, Medienkompetenz nicht nur als ein Thema der Bildungspolitik zu begreifen, sondern sie auch zum Gegenstand eines neuen, integrierten Medienrechts zu machen, das insbesondere auf Vernetzung unterschiedlicher Institutionen und Akteure setzt. Es ist notwendig, eine verbindliche Kommunikation zwischen den vielfältigen Komponenten der Medienkompetenz –

Politik, Verbraucherschutz, Jugendschutz, Eltern, Bildungsinstitutionen, Bürgermedien, Medienproduzenten und Kindern und Jugendlichen – aufzubauen. Noch immer bestehende „digital gaps“ (digitale Kluft) müssen erkannt und geschlossen werden. Ziel einer Förderpolitik muss es u.a. sein, die Verantwortung, aber auch Chancen der Einzelnen für eine vielfältige Medienlandschaft zu zeigen, zu stärken und einzufordern. Gleichzeitig muss sie gute Inhalte fördern und mithelfen, gemeinsame Grundwerte auch über Staatengrenzen hinweg aufzuzeigen.

 

 

Dazu ist es notwendig, konkrete und verbindliche Initiativen zu ergreifen. Inzwischen gibt es bundesweit eine Fülle von fachlich beeindruckenden medienpädagogischen Projekten, die weit über die traditionelle Medienerziehung hinausgehen und die Souveränität der Nutzer neuer digitaler Medien stärken. Sie sind jedoch meist zeitlich und finanziell begrenzt und erreichen nur einen Bruchteil der möglichen Adressaten. Es fehlt allenthalben an der erforderlichen Nachhaltigkeit. Gefordert ist eine strategische Planung für eine personelle, infrastrukturelle und finanzielle Investition in Hamburg. Dazu müssen verbindliche medienpädagogische Strukturen sowohl in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern, als auch in den Curricula aller Schularten, in außerschulischen Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Erwachsenen- und Familienbildung geschaffen werden. Notwendig ist auch eine umfassende Förderung der Medienpädagogik in Wissenschaft und Forschung.

Auch vor Schulbeginn nimmt die Notwendigkeit zu, jüngere Kinder bei der Verarbeitung ihrer ersten Medieneindrücke zu unterstützen. Die Förderung von Medienkompetenz ist nicht nur als erzieherische Aufgabe der Eltern anzusehen, sondern muss auch stärker als bisher als ein Teil der Erziehungsaufgabe von Kindergärten und Kindertageseinrichtungen wahrgenommen werden und sollte deshalb in den Einrichtungen der Elementarpädagogik verankert werden. Um alle Kinder und Jugendlichen erreichen zu können, sind darüber hinaus medienpädagogische Maßnahmen auch in der Familien- und Elternbildung notwendig.

Medienkompetenz in allen Schulen

Die Medienerziehung ist in Hamburg nicht einzelnen Unterrichtsfächern zugeordnet, sondern ist vielmehr in sogenannten Aufgabengebieten fächer- und lernbereichsübergreifend angelegt. So sollen fachliche Grenzen überschritten und vernetztes Denken und Handeln gefördert und eine Vielzahl von Lehrpersonen in die Pflicht genommen werden. Genauso wie Spracherziehung eine Aufgabe ist, die jedem Unterrichtsfach zuzuordnen ist, muss jedes Fach auch die in seinem Bereich nutzbaren Medien beachten und ihre sinnvolle Nutzung fördern.

Laut dem Bildungsplan Aufgabengebiete dient die Medienerziehung der eigenständigen Orientierung der Kinder in der medialen Welt und fördert systematisch die selbstbestimmte Nutzung der Medienangebote und -möglichkeiten: „Dies erfordert nicht nur eine sichere Bedienung und Handhabung von Geräten und Programmen, sondern auch eine reflektierte Wahrnehmung, um zwischen Darstellung und Realität unterscheiden zu können. In diesem Sinne bezieht sich eine umfassende Medienkompetenz auf die Bereiche Kommunikation, Information, Visualisierung, Gestaltung und Analyse / Reflexion.“

Die Medienerziehung ist also in den Bildungsplänen geregelt. Sie sollten auf ihre Aktualität und auf ihren Konkretisierungsbedarf hin überprüft werden. Es sollte sichergestellt sein, dass sie der rasanten Entwicklung im Bereich digitale Medien nicht hinterherhinken. Eine andere, entscheidende Frage ist jedoch, ob die Inhalte dieser Pläne den Schülerinnen und Schüler im Unterricht auch tatsächlich vermittelt werden. Gerade bei fächerübergreifenden Themengebieten besteht oft das Problem, dass sie im alltäglichen Unterricht vernachlässigt werden. Nur eine Bestandsanalyse kann einen Hinweis darüber geben, ob eine umfassende Medienerziehung auch tatsächlich in den Schulen stattfindet.

Deshalb ist es notwendig, dass eine Evaluation des Aufgabengebietes Medienerziehung durchgeführt wird, in der sowohl eine ausreichende Zahl von Schülerinnen und Schülern, als auch Lehrkräfte in allen Schulformen befragt werden, in welchem Umfang und welche Inhalte der Medienerziehung an den Schulen unterrichtet wird.

Die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen hat in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung eines Medienkompetenzführerscheins festgeschrieben. Der Vertrag führt aus, dass vor allem bei Kindern und Jugendlichen über Gefahren und Datenschutz aufgeklärt werden muss und das sachdienliche Nutzen neuer und besonders auch freier Medien und Softwareangebote gelernt werden muss: „Medienpädagogik muss einen breiten Raum einnehmen. In allen Schulformen wollen wir einen altersgemäßen Medienkompetenzführerschein etablieren.“

Die Einführung eines Medienkompetenzführerscheins in allen Schulformen wäre ein erster Schritt zu einem sichereren Umgang mit den digitalen Medien, zumindest in einigen Dimensionen, und kann in Hamburg das Aufgabengebiet Medienerziehung mit Leben füllen und eine größere Verbindlichkeit bei der Vermittlung der Inhalte sicherstellen. Er ist jeweils altersgemäß fortzuschreiben.

Ähnlich wie ein Schwimmpass mit seinen verschiedenen Qualifikationsstufen, soll es für alle Schülerinnen und Schüler Medienkompetenzführerscheine geben, die die altersgemäße Vermittlung notwendiger Kenntnisse und Kompetenzen nachweisen.

Außerschulische Kinder- und Jugendarbeit

Die Förderung von Medienkompetenz muss in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit verstärkt und vor allem mit großer Kontinuität betrieben und in ihrer Qualität überprüft werden. Verbindliche Qualitätsstandards und Überprüfungsroutinen fehlen bisher. Denn gerade dort bietet sich die Chance, Kinder mit geringen familiären Bildungschancen zu erreichen und gleichzeitig kulturelle und soziale Bildungsaspekte zu betonen, die über leistungsorientierte Ziele hinausgehen. Zudem haben außerschulische Institutionen oft bereits jahrzehntelange Erfahrungen in der Vermittlung von Medienkompetenzen gesammelt und sind näher an den medialen Erlebniswelten von Kindern und Jugendlichen als die Schule. Die Schule sollte diese weitreichenden Erfahrungen nutzen und mit außerschulischen Partnern kooperieren.

Medienkompetenzförderung der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen

Der Stiftung Hamburger Öffentlichen Bücherhallen kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie kann dafür zu sorgen, dass ihre Nutzerinnen und Nutzer Unterstützung beim Erwerb digitaler Lesekompetenz erhalten – durch Leseförderung und Erlernen eines kompetenten Umgangs mit elektronischen Medien und ihren Techniken, durch Vermittlung dessen, was sich auf und hinter dem Computerdisplay abspielt und durch Hilfe zur selbstbestimmten Mediennutzung. Die Stiftung muss in die Lage versetzt werden, mit der schnell voranschreitenden technischen Entwicklung Schritt zu halten und eine Vorreiterrolle bei der Mediennutzung und

-vermittlung zu spielen. Sie sollte eine angemessene Zahl von niedrigschwelligen Angeboten machen, bei denen die Nutzerinnen und Nutzer neueste Mediengeräte vor Ort (in den Stadtteilbibliotheken) ausprobieren, ausleihen und den Umgang damit erlernen können. Dabei sollte besonders auf die Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund, auf Seniorinnen und Senioren und auf Menschen mit Behinderungen eingegangen werden. Die Internetnutzung in den Bücherhallen sollte für alle Inhaber einer Bücherhallenkarte kostenfrei sein.

Medienpädagogische Ausbildung stärken

Bislang gibt es in der Lehreraus- und -weiterbildung in Hamburg keine verbindlichen mediendidaktischen und medienpädagogischen Inhalte. Stattdessen plant der Senat in diesem wichtigem Bereich eine Verringerung des freiwillig zu belegenden Lehrangebots sowie Stellenstreichungen. Für pädagogische Fachkräfte müssten dagegen in allen Ausbildungsgängen medienpädagogische Inhalte fester Bestandteil sein. Berufsbegleitende Angebote sind ergänzend dazu notwendig, um Nachholbedarf und kontinuierliche Sicherung der Standards zu erreichen, und um der dynamischen Entwicklung der digitalen Medien gerecht zu werden.

Individuelles Identitätsmanagement wird eine neue Kulturtechnik

Medienkompetenz trägt auch dazu bei, die freiwillige und oft allzu leichtfertige Preisgabe persönlicher Daten in ihrer Tragweite einzuschätzen. Verantwortung dafür tragen auf der einen Seite die Nutzerinnen und Nutzer selbst, auf der anderen Seite auch die anbietenden Unternehmen, die transparent, zielgruppen- und mediengerecht informieren müssen. Deswegen sind Initiativen, die das Thema „Identitäten im Netz“ unterstützen, wichtig. Hier ist individuelles Identitätsmanagement gefragt. Einerseits geht es darum, sich die Möglichkeiten des Netzes zu Nutze zu machen, andererseits darum, kompetent mit den eigenen Daten und Informationen umzugehen. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und dessen Wert für die Einzelnen muss wieder in den Blickpunkt rücken. In einer wegweisenden Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2008 dem Staat mit Blick auf den Datenschutz eine besondere Schutzfunktion für die Bürgerinnen und Bürger überantwortet. Dieser Aufgabe muss der Staat noch gerecht werden. Medienkompetenz umfassend und verbindlich zu vermitteln, ist auch deswegen ohne Alternative.

Man kann nicht von der hohen technischen Kompetenz von Kindern und Jugendlichen auf ihre soziale Kompetenz schließen – dieser Automatismus ist trügerisch. Zu viele wissen nicht, welche Folgen ihr Tun hat. Nicht immer ist ihnen beispielsweise klar, wie öffentlich ihre Daten im Netz sind. Das wurde auch durch die Studie des Hans-Bredow-Instituts zum Umgang mit Sozialen Netzwerken deutlich. Hier bleibt also die Gesellschaft gefordert. Ein wichtiger Schritt wurde dadurch vollzogen, dass Anfang 2009 17 Anbieter sozialer Online- Netzwerke in Europa eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet haben, die dem Schutz junger Nutzerinnen und Nutzer dient. Den Voreinstellungen der Profile von jungen Nutzerinnen und Nutzer als „privat“ kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Kinder und Jugendliche müssen selbst entscheiden, wer ihre Profile einsehen darf, und ihnen muss bewusst gemacht werden, dass die Freigabe für Andere mit Risiken verbunden ist. Die Unternehmen dagegen brauchen Unterstützung, Sensibilisierung und Begleitung, um den richtigen Weg der regulierten Selbstregulierung mitzugehen.

Risiken von problematischem Nutzungsverhalten aufzeigen

Auch das Risiko eines unbedachten Umgangs mit Material, das Rechte Dritter verletzten kann, nimmt mit dem Aufkommen sozialer Netzwerke wie z.B. SchülerVZ, Facebook und Twitter zu. Im Zusammenhang mit der ständigen Verfügbarkeit von Medien ist häufig von problematischem Nutzungsverhalten die Rede. Risiken sind beispielsweise ungeeignete Medieninhalte (Gewalt, Pornografie etc.), Belästigungen, Cybermobbing oder der allzu arglose Umgang mit persönlichen Daten. Hier hat die Erfahrung gezeigt, dass das äußerst differenzierte Regelwerk zum Jugendmedienschutz in Deutschland sowie technische Verfahren (wie Filter) wirksam sind, jedoch allein nicht ausreichen, um Kindern und Jugendlichen einen souveränen, sinnvollen und verantwortlichen Umgang mit Medien zu ermöglichen. Vielmehr sind ergänzend zu den Maßnahmen der Gesetzgebung, den Zugangsbeschränkungen, Alterskennzeichnungen und der Sicherung eines kindgerechten Medienangebots die Förderung der Medienkompetenz und des präventiven Jugendmedienschutzes zielführend.

Problematisch sind auch die verschiedenen Formen exzessiven Medienkonsums, vor allem bei jungen Männern. Hier fehlen noch gesicherte Erkenntnisse, Unterstützungs- und Beratungsstrukturen. Ein gesellschaftlicher, aber auch wissenschaftlicher Konsens zu der Frage, wann Medienkonsum das normale Maß überschreitet und inwiefern Medienkonsum pathologisch sein kann, steht noch aus.

Bürgermedien

Wichtige Bestandteile der Medienkompetenzpolitik sind auch in Zukunft Partizipation und Bürgermedien. Auch in der digitalen Welt werden wir über diese Plattformen Beteiligungschancen sichern. Nichtkommerzielle lokale und regionale Inhalte und Kommunikationsplattformen bedeuten ein Mehr an Vielfalt – sie tragen auf lokaler und regionaler Ebene wesentlich zum kulturellen Geschehen und zur Förderung der Kommunikation vor Ort bei. Sie bilden das kommunalpolitische, kulturelle und sportliche Geschehen in ihrer Region ab und laden ein zur Vernetzung. Bürgermedien sind nicht nur ein Ort der Vermittlung von praktischer Medienkompetenz, sondern sind zusätzlich ein Ort der Aus-, Fort- und Weiterbildung geworden. Bürgermedien sind somit auch Instrumente der politisch-demokratischen Bildung in der Mediengesellschaft und ermuntern dazu, sich ehrenamtlich und zivilgesellschaftlich zu engagieren. Der Grundgedanke der Partizipation, der allen Bürgermedien von Anfang an innewohnt, macht sie auch zu idealen Institutionen der Einübung demokratischer Spielregeln. In Hamburg leistet TIDE einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Kultur. Das dortige Angebot an Medienkompetenzförderung sollte ausgebaut und verstetigt werden. Vergleichbare Angebote hinsichtlich der neuen Medien stehen erst in den Anfängen und müssen nun vorrangig aufgebaut und weiterentwickelt werden. Dabei gilt es auch, das Prinzip der Inklusion mit zu berücksichtigen und weitere digitale Spaltungen überwinden zu helfen. Projekte, die möglichst viele gesellschaftliche Gruppen erreichen, müssen verstärkt gefördert werden. Sie sollen in den bestehenden Strukturen der Stadtteile verankert werden, z. B. Vereine, Verbände, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Seniorentreffs, Kirchengemeinden, Bürgertreffs und

-häuser, Mehrgenerationenhäuser, Volkshochschulen und Beratungseinrichtungen. Schulischer und außerschulischer Bereich dürfen nicht parallel laufen. Deshalb ist die Kooperation zwischen außerschulischen Partnern und Schule zu fördern. Insbesondere Eltern sollen nach Möglichkeit einbezogen werden. Dafür sollen Netzwerke gefördert werden, die Virtuelles real begleiten und so beim Erfahrungsaustausch helfen. Als besonderen Schwerpunkt sind dabei außerschulische pädagogische Angebote für Heranwachsende aus Migrationskontexten und bildungsbenachteiligten Milieus bereit zu stellen. Gerade hier ist es besonders wichtig, eine systematische Förderung und nachhaltige Finanzierung durch eindeutig zuständige Stellen zu gewährleisten, damit weder Bürgerinnen noch Bürgern die demokratische Partizipation und keinem Kind die Ausbildung von Medienkompetenz verschlossen bleibt.

Für alle geforderten Maßnahmen müssen konzeptionelle Grundlagen erarbeitet und die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Der Rückgriff alleine auf die Anteile der Rundfunkgebühren wird dazu nicht ausreichen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht:

1. eine Evaluation des Aufgabengebietes Medienerziehung durchzuführen, in der sowohl eine ausreichende Zahl von Schülerinnen und Schülern, als auch Lehrkräfte in allen Schulformen befragt werden, in welchem Umfang und welche Inhalte der Medienerziehung an den Schulen unterrichtet wird. Parallel sollten Eltern befragt werden bezüglich ihrer Wahrnehmung der Effektivität dieses schulischen Bemühens. Der Bürgerschaft ist über die Ergebnisse zu berichten;

2. eine Bestandsaufnahme der medienpädagogischen Aktivitäten in der Jugendarbeit durchzuführen, um Umfang und Qualität zu erfassen, sowie verbindliche Qualitätsstandards zu entwickeln;

3. für die Mitarbeiterfortbildung der Hamburger Verwaltung verbindliche Medienkompetenzinhalte festzuschreiben, um eine sachgerechte Evaluierung und Überprüfung von Projekten möglich zu machen;

4. mit der Einführung eines verbindlichen Medienkompetenzführerscheins dafür zu sorgen, dass allen jungen Menschen in ihrer Schullaufbahn die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachprüfbar vermittelt werden können;

a) dabei die besonderen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schülern aus bildungsfernen Schichten zu berücksichtigen;

b) dabei die besonderen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen zu berücksichtigen;

c) dabei die unterschiedlichen Bedürfnisse von Mädchen und Jungen mit ihren je unterschiedlichen Mediennutzungen zu berücksichtigen;

5. das von der Stuttgarter Evangelischen Gesellschaft und der Drogenberatungsstelle

„Release“ ausgearbeitete Präventionsprojekt „One week. No media!“ auszuwerten und zu prüfen, ob dieses oder ähnliche Projekte für alle weiterführenden Schulen eingeführt werden könnte;

6. dafür zu sorgen, dass für pädagogische Fachkräfte in allen Ausbildungsgängen medienpädagogische Inhalte verbindlicher Bestandteil sind und berufsbegleitende Angebote anzubieten, um Nachholbedarf und kontinuierliche Sicherung der Standards zu erreichen, und um der dynamischen Entwicklung der digitalen Medien gerecht zu werden;

 

 

7. das Angebot an öffentlich zugänglichen Computerarbeitsplätzen an allen Standorten der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen der Nachfrage entsprechend auszuweiten und dafür zu sorgen, dass die Stiftung in die Lage versetzt wird, mit der schnell voranschreitenden technischen Entwicklung Schritt zu halten und eine Vorreiterrolle bei der Mediennutzung zu spielen, ein ausreichendes Angebot an Kursen für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien vorzuhalten und die Internetnutzung für registrierte Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei anzubieten;

8. schwerpunktmäßig außerschulische pädagogische Angebote für Heranwachsende aus Migrationskontexten und bildungsbenachteiligten Milieus bereit zu stellen;

9. die Kooperation zwischen außerschulischen Partnern und Schule zu fördern, insbesondere unter Einbeziehung von Eltern und diese in den bestehenden Strukturen der Stadtteile, z.B. in Vereine, Verbände, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Seniorentreffs, Kirchengemeinden, Bürgertreffs und -häuser, Mehrgenerationenhäuser, Volkshochschulen und Beratungseinrichtungen zu verankern;

10. eine übergeordnete norddeutsche Medienkompetenzagentur, die z.B. bei der MA HSH angesiedelt werden könnte, zu gründen. Diese Agentur soll außerschulische Aktivitäten entwickeln und koordinieren, evaluieren und der Öffentlichkeit vermitteln. Zudem soll sie bezirkliche Medienkompetenzzentren einrichten, die Projekte vor Ort zusammen mit den Schulen und den lokalen Trägern, wie z.B. Stadtteilkulturzentren, der VHS, der Stiftung Hamburger Öffentlichen Bücherhallen u.a., anschieben und vernetzen;

11. die Initiative des Hamburger Bürger- und Ausbildungskanal TIDE, bei der Eltern-Medien-Lotsen qualifiziert werden, weiter auszubauen, Eltern-Medien-Lotsen an allen Schulen regelmäßig in allen Klassenstufen zu etablieren und bei regulären Elternabenden regelmäßig eine Einheit der ELM einzubeziehen;

12. zu prüfen, welche Angebote es im Bereich Neue Medien gibt, die die Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, und diesen Bereich weiter zu fördern;

13. in der Erwachsenenbildung bedarfsgerechte Angebote zum Thema Medienkompetenz vorzuhalten, darauf hinzuwirken, dass bei allen 400 Weiterbildungsträgern der Stadt das Angebot explizit um das Thema Medienkompetenz erweitert und die betriebliche Weiterbildung, die sich bislang stark auf die Anpassung auf neue Techniken ausgerichtet hat, breiter in Richtung Medienkompetenz aufgestellt wird;

14. mit der Medienwirtschaft ins Gespräch zu kommen, wie sie ihre Medieninhalte an den Erfordernissen der Medienpädagogik orientieren kann und die Medien dazu aufzufordern, sich selbst an der großen Zukunftsaufgabe der Medienkompetenzförderung mit ihren Möglichkeiten zu beteiligen und sich dafür einzusetzen, dass Netzwerke mit Online-Communities, Institutionen der Selbstkontrolle und der Internetwirtschaft geschaffen werden, um sie als Partner und nicht als Gegner von Jugendbildung zu gewinnen;

15. zu prüfen, welche Initiativen auf Bundesebene ergänzend zu den Maßnahmen der Gesetzgebung, den Zugangsbeschränkungen, Alterskennzeichnungen und der Sicherung eines kindgerechten Medienangebots die Förderung der Medienkompetenz und des präventiven Jugendmedienschutzes zielführend sein könnten;

16. an allen Schulen auf die Ächtung von gewaltverherrlichender, rassistischer und anders diskriminierender Mediennutzung durch die Lehrer-, Schüler- und Elternschaft zu drängen und sich für Deklarationen wie z.B. durch „Unsere Schule/unser Verein wehrt sich gegen Cybermobbing und anderen Missbrauch digitaler Medien“ einzusetzen (ähnlich der Kampagne „Unsere Schule ist rauchfrei“);

17. interessierte Kinder und Jugendliche an Schulen gezielt zu Medien-Lotsen auszubilden, damit sie in ihren Peergroups als Multiplikatoren fungieren können.