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Menschliche Metropole: Kluges Hamburg – Bessere Chancen für Alle durch Bildung

Montag, 11.12.2006

Haushaltsplanentwurf 2007/2008 – Einzelplan 3.1

 

Der PISA-Schock wirkt nach

 

Durch die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen wurden zentrale Schwächen des deutschen Bildungssystems aufgedeckt. So erreichen Schülerinnen und Schüler in Deutschland nur durchschnittliche Leistungen auf zentralen Gebieten wie Lesen, Mathematik oder Naturwissenschaften. Zudem entscheidet in keinem anderen Industriestaat die soziale Herkunft so sehr über den Schulerfolg und die Bildungschancen wie in Deutschland. Zugleich gelingt es in Deutschland im internationalen Vergleich deutlich schlechter, Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gute schulische Kompetenzen zu vermitteln.

 

Für Hamburg wurde festgestellt, dass knapp 30 Prozent der Hamburger Schüler in den Kompetenzbereichen Mathematik, Leseverständnis und Naturwissenschaften nur über geringe Kenntnisse verfügen, die nicht für eine berufliche Ausbildung ausreichen.

 

Große Anstrengungen sind nötig

 

Nur durch große Anstrengungen können die Lernrückstände der Hamburger Schülerinnen und Schüler im nationalen sowie im internationalen Vergleich aufgeholt werden. Anstatt Lehrerstellen zu streichen, Klassen zu vergrößern, Ganztagsschulen auszuhöhlen, das Büchergeld einzuführen und die Sprachförderung zu reduzieren – wie der CDU-Senat es getan hat - muss der Bildung oberste Priorität eingeräumt werden.

 

Hamburg braucht kleinere Grundschulklassen, mehr Schulen mir Integrativen Regelklassen, mehr und besser ausgestattete Ganztagsschulen und eine intensivere Sprachförderung. Außerdem muss das Büchergeld wieder abgeschafft werden.

 

A. Auf den Anfang kommt es an

 

I. Kleine Klassen an allen Grundschulen

 

Die Klassen in den Hamburger Grundschulen sind immer größer geworden. Die durchschnittliche Größe der ersten Klassen an staatlichen Schulen hat sich von 23,8 im Jahr 2001 auf 26,8 im Jahr 2006 erhöht. Klassen mit 30, ja 31 Schülern sind keine Seltenheit mehr. Im Schuljahr 2006/2007 gibt es 54 erste Klassen mit 29 Kindern, 52 Klassen mit 30 Kindern und drei Klassen mit 31 Kindern.

 

Die Bildungssenatorin Dinges-Dierig hat lange bestritten, dass die Klassengröße etwas mit dem Lernerfolg der Schüler zu tun hat. Jetzt räumt sie immerhin ein, dass die Eingangsklassen in den sozialen Brennpunkten der Stadt unerträglich hoch sind. Mit dem Programm „Lebenswerte Stadt“, versucht der Bürgermeister die Fehler der Bildungssenatorin auszubügeln, in dem er die Größe der Grundschulklassen reduziert. Für die Verkleinerung der Grundschulklassen außerhalb der sozial schwachen Stadtteile gibt er jedoch kein zusätzliches Geld aus. Das bedeutet weniger Teilungs- und Förderunterricht, was für lernschwache Schülerinnen und Schüler durchaus problematisch sein kann. Ferner plant der Senat die Verkleinerung der Grundschulklassen nur für die ersten Klassen beginnend ab dem Schuljahr 2007/2008. Für die jetzigen großen Klassen sieht der Senat keine Erleicherung vor. Die Eltern, die gegen übergroße Grundschulklassen protestiert haben, werden für ihre Kinder keine Verbesserung erleben. Wenn darauf verzichtet werden soll, bestehende Klassen zu verkleinern, muss zumindest mehr Geld für Teilungs- und Förderstunden zur Verfügung gestellt werden, um die Nachteile der großen Klassen auszugleichen.

 

Große Klassen sind grundsätzlich ein Problem. Besonders die individuelle Förderung von Kindern wird immer schwieriger, je größer die Klassen sind. Erste wissenschaftliche Untersuchungen wie DESI belegen sehr wohl einen Zusammenhang zwischen Lernerfolgen und der Größe der Klasse.

 

Auf den Anfang kommt es an. In der Grundschule wird das Fundament für den späteren Schulerfolg gelegt. Hier werden die grundlegenden Kenntnisse in Lesen, Schreiben, Rechnen sowie unerlässliche Lern- und Arbeitsformen vermittelt, die die Voraussetzungen einer erfolgreichen Schullaufbahn sind. Hier muss die Freude am und die Bereitschaft zum Lernen gelegt werden. Ein in der Grundschule verpasster Lernerfolg ist schwer aufzuholen.

 

Deshalb müssen die Klassenfrequenzen in den Grundschulen generell gesenkt werden. Da die Voraussetzungen für Schulen mit stark belasteter Lage der Schülerschaft schlechter sind als die Voraussetzungen für Schulen mit einer bevorzugten Lage der Schülerschaft, müssen die Frequenzen für Grundschulen je nach Situation der Stadtteile differenziert werden. Dabei ist nach dem Sozialindex für Hamburger Grundschulen vorzugehen. Dieser teilt unter Berücksichtigung der ökonomischen, kulturellen, sozialen und ethnischen Hintergründe der Schülerschaft die Schulen danach ein, ob sie in „sozial eher benachteiligten“, in „sozial eher unauffälligen“ und in „sozial eher privilegierten“ Stadtteilen liegen.

 

Die Grundschulklassen in sozial schwachen Stadtteilen dürfen nicht mehr als 23 Kinder und die Grundschulklassen in den übrigen Hamburger Stadtteilen dürfen nicht mehr als 25 Kinder haben. Vor dem Hintergrund der jetzigen faktischen Klassengröße von 27 bis 30 Kindern je Grundschulklasse würde dies eine erhebliche Verbesserung der Lernsituation in den Klassen bewirken.

 

Entscheidender Faktor bei der Bildung von neuen Klassen sind die Organisationsfrequenz sowie die Basisfrequenz. Die Organisationsfrequenz bestimmt die Schülerzahl, die regelmäßig zur Bildung von Eingangsklassen erforderlich ist. Nach der Basisfrequenz werden Klassen mit Geldern ausgestattet. Um kleinere Klassen zu erhalten, müssen daher sowohl die Organisationsfrequenz als auch die Basisfrequenz für die Grundschulen gesenkt werden.

 

Um auch tatsächlich das Ziel von kleineren Klassen zu erreichen, aber auch weiterhin eine gewisse Flexibilität bei der Einrichtung von Klassen für die Schulen zu erhalten, muss festgelegt werden, dass die Organisationsspanne (§ 87 des Hamburgischen Schulgesetzes) um höchstens 5 Prozent überschritten werden darf.

 

1. Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

a) Die Klassengröße in Grundschulen, die in sozial benachteiligten Stadtteilen liegen, darf nicht mehr als 23 Kinder betragen.

 

b) Die Klassengröße in Grundschulen, die in den übrigen Hamburger Stadtteilen liegen, darf nicht mehr als 25 Kinder betragen.

 

c) Die im Haushaltsplan festgelegte Basisfrequenz für Grundschulen in sozial eher benachteiligten Stadtteilen soll von 24 auf 20 gesenkt werden. In den übrigen Grundschulen soll die Basisfrequenz auf 22 gesenkt werden.

 

d) Das Hamburgische Schulgesetz wird wie folgt geändert:

 

Zu § 87 (1) „Klassengrößen, Mindestzügigkeit und Schulstandorte“

 

Der Satz 3 wird wie folgt geändert „Werden in eine Klasse zusätzliche Schülerinnen und Schüler aufgenommen, soll diese Schülerzahl nicht um mehr als 5 vom Hundert überschritten werden“.

 

2. Ferner wird der Senat aufgefordert,

 

die Verordnung über Organisationsfrequenzen an allgemein bildenden Schulen § (1) Nr. 1 wie folgt zu ändern: „für die Jahrgangsstufe 1 an Grundschulen in sozial eher benachteiligten Stadtteilen 22 und an Grundschulen in den übrigen Stadtteilen 24.

 

3. Insgesamt kosten die Verkleinerung der Klassen sowie die Bereitstellung von zusätzlichen Teilungsstunden 287 Lehrerstellen und somit 17,1 Mio. Euro.

 

Die Deckung erfolgt durch den Leitantrag „Menschliche Metropole – Das wachsende Hamburg menschlich gestalten“.

 

II. Fördern statt ausgrenzen: Grundschulen werden zu Förderzentren – 58 neue

 

IR-Schulen einrichten

 

An 35 Hamburger Grundschulen existieren seit einigen Jahren „Integrative Regelklassen“: Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler mit „besonderem Förderbedarf“ gemeinsam mit den anderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden, in Zusammenarbeit von Regel- und Sonderpädagoginnen und Pädagogen.

 

Diese Arbeit ist erfolgreich und in Fachkreisen sehr anerkannt als auch bei den betroffenen Eltern breit akzeptiert. Mehr noch, es sind – neben engagierten Grundschulen – vor allem Eltern, die seit Jahren einen weiteren Ausbau dieser Schulen mit dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung fordern. Das Prinzip „Gemeinsam fördern statt ausgrenzen“ hat sich in der Praxis bewährt und gewinnt immer mehr Anhängerinnen und Anhänger.

 

Diese Tatsache musste auch der Senat inzwischen (zumindest stillschweigend) anerkennen; Pläne der zuständigen Behörde zur Abschaffung des integrativen Unterrichts zugunsten so genannter „Förderzentren“ (zusammengelegte Sonderschulstandorte) wurden nach massiven Protesten der betroffenen Eltern und gegenteiligen Stellungnahmen selbst von der Regierungsfraktion bestellter Gutachter auf Eis gelegt. Die SPD-Fraktion hatte dem ihr Konzept entgegen gestellt, mittelfristig alle Grundschulen in Hamburg zu wirklichen Förderzentren auszubauen, und so ein flächendeckendes, selbstverständliches Angebot integrativen Unterrichts zu ermöglichen (Drs. 18/860).

 

Jetzt ist es an der Zeit, eine klare Entscheidung in diese Richtung zu treffen und einen ersten energischen Ausbauschritt in das Budget der Behörde für Bildung und Sport einzuplanen.

 

Unsere Forderung nach Neueinrichtung von 58 neuen IR-Schulen ergibt sich aus folgenden Gründen:

 

- Damit könnten all jene Schulen berücksichtigt werden, die laut dem Sozialindex der KESS-Studien als „Standorte unter besonderen Bedingungen“ gelten; da gerade in diesen Stadtteilen auch bei besonders vielen Kindern „besonderer Förderbedarf“ diagnostiziert wird, ist diese Koppelung sinnvoll;

 

- Mit der dann erreichten (vorläufigen) Gesamtzahl von 93 IR-Schulen wäre annähernd die Hälfte der zur Zeit 219 Grundschulstandorte in der Lage, ein integratives Angebot zu machen: damit verlören die IR-Schulen ihren Charakter als privilegierte Ausnahmeschulen, wie er von manchen kritisch unterstellt wurde;

 

- Die für diesen Ausbau benötigten Ressourcen wären durch das gleichzeitige Auslaufen der Primarstufen der Sprachheil- und Förderschulen mehr als gedeckt; es ergäbe sich sogar ein Ressourcenüberhang, der den stark belasteten REBUS-Beratungsstellen zur Verfügung gestellt werden sollte, die dann damit insbesondere die in diesem Schritt noch nicht zu IR-Schulen werdenden Grundschulen besser unterstützen können.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

 

1. an 58 Grundschulen unter Berücksichtigung des „KESS-Sozialindex“ neue Integrative Regelklassen einzurichten, und zwar insgesamt 125 Züge;

 

2. diese neuen IR-Standorte gemäß den bisher geltenden Berechnungsgrundlagen im Zuge ihrer Einführung mit den erforderlichen zusätzlichen Personalressourcen in Höhe von insgesamt 188 Planstellen Sonderpädagogik und 63 Planstellen Erzieherinnen und Erzieher auszustatten;

 

3. im gleichen Zuge die bestehenden Sprachheil- und Förderschulen auslaufen zu lassen und die dadurch freiwerdenden personellen Ressourcen nach Maßgabe von 2. umzuwidmen, sowie die dann überzähligen Ressourcen den REBUS-Beratungsstellen zuzuschlagen.

 

4. Wie ausgeführt sind die vorgeschlagenen Maßnahmen kostenneutral durch Umschichtungen zu realisieren.

 

III. Bessere Ausstattung der Ganztagsgrundschulen

 

In der Grundschule werden die entscheidenden Weichen für die Entwicklung und die Bildungschancen der Kinder gestellt. Die Grundschule ist – nach der Familie und neben der vorschulischen Bildung – der Ort, wo das Entstehen negativer Schulkarrieren am wirksamsten verhindert werden kann. Deshalb sollen die für die nächsten Jahre geplanten Einsparungen bei dem pädagogischen Mehrbedarf für die bestehenden Ganztagsgrundschulen nicht umgesetzt werden. Die dadurch erzielten 40 Lehrerstellen sollen allen Ganztagsgrundschulen für zusätzliche Förder- und Teilungsstunden zur Verfügung gestellt werden.

 

Der in der Drucksache 18/525 festgelegte Schlüssel für die ganztagsspezifischen personellen Ressourcen für Grundschulen beträgt 30 Prozent Lehrkräfte, 30 Prozent Erzieherinnen und Erzieher und 40 Prozent außerschulische Fachkräfte auf Honorarbasis. Gerade für Ganztagsgrundschulen in sozial schwierigen Stadtteilen ist jedoch der Einsatz von hoch qualifiziertem Personal notwendig. Pädagogisch nicht geschulte Honorarkräfte sind häufig überfordert, mit den Schülerinnen und Schülern professionell umzugehen. Deshalb ist eine Änderung des Personalschlüssels in 30 Prozent Lehrkräfte, 55 Prozent Erzieherinnen und Erzieher und nur 15 Prozent Honorarkräfte sinnvoll, wie er für die Sonderschulen in Ganztagesform eingeführt wurde.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird aufgefordert:

 

1. für Ganztagsgrundschulen den Personalschlüssel in 30 Prozent Lehrkräfte, 55 Prozent Erzieherinnen und Erzieher und 15 Prozent Honorarkräfte abzuändern.

 

2. die für das Jahr 2007/2008 und 2008/2009 vorgesehenen Kürzungen des pädagogischen Mehrbedarfs bei den bestehenden Ganztagsgrundschulen nicht umzusetzen. Die dadurch nicht eingesparten 40 Lehrerstellen sollen allen Ganztagsgrundschulen zur Verfügung gestellt werden, um Förder- und Teilungsstunden anbieten zu können.

 

3. Die Einführung des neuen Personalschlüssels kostet ca. 110.500 Euro für 1,7 Lehrerstellen. Die Rücknahme der Kürzung des pädagogischen Mehrbedarfs bei den bestehenden Ganztagsschulen kostet ca. 2,6 Mio. Euro für 40 Lehrerstellen. Die Deckung erfolgt durch die weitgehende Reduzierung des Sitzenbleibens. Dies erbringt zunächst Einsparungen von bis zu 25 Mio. Euro, die über die hier notwendigen Deckungsmittel hinaus zur Teilfinanzierung weiterer im Antrag dargestellten schulpolitischen Maßnahmen zur Verfügung stehen.

 

B. Mehr Zeit zum Lernen – Ausbau der Ganztagsschulen voranbringen

 

Hamburg braucht dringend ein regionales und über die Schulformen ausgeglichenes Netz an verbindlichen Ganztagsschulen. „Mehr Zeit zum Lernen“ zu ermöglichen ist für alle Schülerinnen und Schüler ein zentraler Baustein für bessere Lernerfolge. Die Ganztagsschule stellt in Zeiten der durch die PISA-Studie belegten Dauerkrise des Schulsystems eine Perspektive dar, durch eine längere Anwesenheit in der Schule die Leistungen und Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Gerade leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler sowie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund brauchen ganztägige Angebote zur Vertiefung des Gelernten. Aber auch besonders begabte Kinder und Jugendliche können durch spezielle Angebote profitieren.

 

Ganztagsschulen verbinden Leben und Lernen miteinander. Die Kinder und Jugendlichen lernen hier anders. Die längere Schulzeit ermöglicht einen altersgerechten Rhythmus beim Lernen. Der Pflichtunterricht wird durch zusätzliche Angebote sinnvoll ergänzt, wie z.B. Hausaufgabenbetreuung, Förderkurse für Deutsch und Fremdsprachen, sowie Arbeitsgemeinschaften für sportliche, musikalische und kulturelle Interessenschwerpunkte.

 

Allen Eltern soll es möglich sein, ihre Kinder in ihrer Region auf eine Ganztagsschulen zu schicken, auch um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können.

 

Ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl der Ganztagsschulen ist in Hamburg der soziale Gesichtspunkt. So ist auch zu erklären, dass die meisten Ganztagsschulen in sozialen Brennpunkten liegen.

 

Umso unverständlicher ist, dass der Hamburger Senat den Ausbau der Ganztagsschulen sowie die Einführung des Abiturs mit 12 Jahren im Jahr 2004 zum großen Teil durch die bestehenden Ganztagsschulen finanziert hat. So ist geplant, bei den bereits bestehenden Ganztagsangeboten den pädagogische Mehrbedarf um 60 Prozent – in vier Schritten ab dem Schuljahr 2005/2006 bis zum Schuljahr 2008/2009 – abzusenken. Die Einsparungen in den Schuljahren 2005/2006 und 2006/2007 haben die betroffenen Schulen bereits jetzt hart getroffen. Förderangebote und eine hochwertige pädagogische Betreuung konnte nicht mehr im bisherigen Umfang gewährleistet werden.

 

Ferner ist der zukünftige Ausbau von Ganztagsschulen in Hamburg ungewiss. Für das Jahr 2008 hat der Senat keine Gelder mehr für den Ausbau von Ganztagsschulen im Haushaltsplan vorgesehen.

 

Bis zum Jahr 2007 stellt die Bundesregierung mit dem Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ Mittel für den Ausbau der Ganztagsschulen zur Verfügung, das insgesamt vier Milliarden Euro umfasst. Der Anteil Hamburgs beträgt 66,78 Millionen Euro. Da das Bundesprogramm ausläuft und der Bund durch die Föderalismusreform auch keine Zuständigkeit für weitere Programme hat, muss Hamburg die Verantwortung für den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen übernehmen.

 

100 Ganztagsschulen in 6 Jahren

 

In 6 Jahren sollen 100 Schulen in Ganztagsschulen umgewandelt werden. Das bedeutet, dass in 6 Jahren insgesamt 45 Prozent der Schülerschaft in eine Ganztagsschule gehen würde, das wären 74.939 Schülerinnen und Schüler.

 

Bei dem Ausbau der Ganztagsschulen sind vor allem die soziale Lage, die gleichmäßige regionale Verteilung und getreu dem Motto „Auf den Anfang kommt es an“ die Grundschulen zu berücksichtigen. Dies gelingt bereits dadurch, dass bei der Umwandlung der Ganztagsschulen die prozentuale Verteilung der Schulformen beachtet wird.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird aufgefordert

 

1. In 6 Jahren 100 Ganztagsschulen, d.h. jedes Jahr 16 bzw. 17 Ganztagsschulen, einzurichten.

 

2. Jährlich sind dabei 10 Grundschulen in Ganztagsschulen umzuwandeln.

 

3. Der Senat hat für das Schuljahr 2007/2008 bereits die Umwandlung von 11 Schulen beschlossen. Es ist daher eine Aufstockung um 5 Schulen zu vollziehen.

 

4. Für das Schuljahr 2008/2009 17 Schulen in Ganztagsschulen umzuwandeln.

 

5. Die investiven Kosten werden aus dem Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010“ gedeckt. Pro Schule fallen durchschnittlich 500.000 Euro an Umbaumaßnahmen an. 100 neue Ganztagsschulen kosten 50 Mio. Euro an Investitionsmittel und somit 18,3 Mio. Euro pro Jahr.

 

6. Legt man die Mehrkosten von 1.419 Euro pro Schüler und Jahr zu Grunde, kostet die Umwandlung von 100 Ganztagsschulen 60,5 Mio. Euro an Betriebsmittel, 10,8 Mio. Euro pro Jahr. Die Deckung erfolgt durch den Leitantrag „Menschliche Metropole – Das wachsende Hamburg menschlich gestalten“.

 

C. Gute Deutschkenntnisse: Der Schlüssel für eine erfolgreiche Schulkarriere

 

Die Förderung von Risikoschülern ist in erster Linie Sprachförderung. Das Beherrschen der Deutschen Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Schulkarriere, für den späteren beruflichen Erfolg sowie für eine gelungene Integration in die deutsche Gesellschaft.

 

Einer der gravierendsten Befunde der PISA-Studie für Hamburg ist daher der Nachweis, dass in Hamburg 12,7 Prozent der Schülerschaft nicht einmal die Kompetenzstufe I der Lesefähigkeit und weitere 16,3 Prozent gerade einmal die Kompetenzstufe I erreichen.

 

Umso verheerender ist die Tatsache, dass der Hamburger Senat die Sprachförderung um 30 Prozent (160 Stellen) gekürzt hat, obwohl der Anteil der Migrantenkinder mit 35 % in Hamburg besonders hoch ist.

 

Ein neuer Verteilungsschlüssel für die Sprachförderung hat weiterhin dazu geführt, dass Schulen in sozial schwachen Stadtteilen deutlich weniger Ressourcen zur Verfügung haben für eine effektive Verbesserung der Lese-, Schreib- und Sprachkompetenz der Kinder. Das Sprachförderkonzept ist nicht ausfinanziert.

 

Davon abgesehen sind die 2004 eingeführte Entwicklungsstandsuntersuchung der Viereinhalbjährigen sowie die bei festgestelltem Förderbedarf ab 2006 verpflichteten Förderkurse Schritte in die richtige Richtung. Allerdings kommen diese Maßnahmen nur den Kindern ab dem Jahrgang 1999 zu Gute. Alle älteren Schulkinder sind durch die oben genannten Einsparungen des Hamburger Senats benachteiligt.

 

Das Sprachförderkonzept des Senats ist daher widersprüchlich und ungerecht. Es müssen umgehend weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Sprachfähigkeit der Hamburger Schulkinder mit Förderbedarf zu verbessern.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

 

1. Für die Sprachförderung sind 120 Lehrerstellen neu zu schaffen. Die Mittel sind den Schulen auf Grundlage der sozialindexbezogenen Verteilungsschlüssel zuzuweisen. Die Kosten von 7,8 Mio. Euro werden durch den Leitantrag „Das wachsende Hamburg menschlich gestalten“ gedeckt.

 

2. ein Sofortprogramm zu starten, um Lehrkräfte zu gewinnen, die selbst einen Migrantenhintergrund haben. Durch die Schaffung einer Quote für Lehrer mit Migrationshintergrund bei gleich guten Abschlüssen kann verhindert werden, dass sie durch andere Bewerberinnen und Bewerber verdrängt werden. Auch Seiteneinsteiger mit anderen akademischen Abschlüssen können nach einer zusätzlichen Ausbildung als Lehrerinnen und Lehrer arbeiten. Diese Lehrer werden in Schulen mit einem hohen Migrationshintergrund eingesetzt.

 

3. in Zusammenarbeit mit der Universität ein Leseförderprogramm zu starten, in dem Hamburger Lehramtsstudierende an den Hamburger Schulen Lesekurse für förderbedürftige Schüler durchführen nach dem Modell des Lernwerks II der Zeitstiftung: Das Projekt hat 2004 als Pilotprojekt mit acht Schulen und ca. 100 Schülern begonnen. An jeder Schule wurden ein bzw. zwei Fördergruppen mit jeweils acht Schülerinnen und Schülern und zwei Studierenden gebildet. Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 wurden durch einen Lesetest ausgewählt. Durch eine spezielle zusätzliche Leseförderung in den Abschlussklassen der Sekundarstufen I wird ein Abbau beziehungsweise eine Reduzierung der Lesefertigkeitsdefizite angestrebt.

 

4. Interventionsmaßnahmen wie in Bremen einzuführen, wenn am Ende Klasse 2 der Leselehrgang nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte (die Kinder werden für einen dreimonatigen Intensiv- und Wiederholungskurs vorübergehend ausgefädelt und anschließend wieder in die Stammklasse eingefädelt). Treten Fälle nicht gelungener Alphabetisierung in einzelnen Klassen unerwartet häufig auf, wird der betreffende Unterricht überprüft.

 

5. darauf hinzuwirken, dass Kinder und Jugendliche in den 20 am häufigsten vorkommenden Herkunftssprachen schulisch gefördert werden, um ihre kulturelle Identität und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Der Unterricht in den wichtigsten Herkunftssprachen bis zum Abiturfach wird ausgebaut.

 

6. dafür Sorge zu tragen, dass an allen Schulen mit einem hohen Migrationsanteil für Eltern mit Migrationshintergrund spezielle Eltern- und Informationsabende in den am häufigst vorkommenden Herkunftssprachen angeboten werden, um einen Kontakt in die Familien herzustellen.

 

7. über die Umsetzung der oben genannten Forderungen bis zum 1. August 2007 zu berichten.

 

D. Einführung des Büchergelds: unsozial und unnötig

 

Der Senat hat trotz heftiger Kritik der Öffentlichkeit und der Opposition beschlossen, die Lernmittelfreiheit in den Hamburger Schulen abzuschaffen. Seit dem Schuljahr 2005/2006 müssen Eltern die Schulbücher ihrer Kinder selbst kaufen. Ist ihnen dies aus finanziellen Gründen nicht möglich, können sie die Bücher gegen eine Gebühr auch leihen. Die finanzielle Belastung der Eltern ist beachtlich.

 

Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit ist unsozial und trägt die soziale Spaltung direkt ins Klassenzimmer. Obwohl die PISA-Studien wiederholt den engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und erfolgreichen Schulabschlüssen belegt, wird der soziale Druck auf die Schüler durch die Einführung des Büchergelds noch verschärft.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

1. Die Lernmittelfreiheit an Hamburger Schulen wird zum Schuljahr 2007/2008 wieder eingeführt.

 

2. Das Hamburgische Schulgesetz wird wie folgt geändert:

 

§ 30 erhält folgende Fassung:

 

„Schülerinnen und Schüler staatlicher Schulen erhalten Bücher und Druckschriften, die im Unterricht und bei der häuslichen Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verwendet werden (Schulbücher), Gegenstände, die ausschließlich im Unterricht eingesetzt werden und in der Schule verbleiben, sowie zur Unfallverhütung vorgesehene Schutzkleidung. Lernmittel von geringem Wert werden nicht gewährt.“

 

3. Die Kosten betragen ca. 7 Mio. Euro. Die Deckung erfolgt durch den Leitantrag „Menschliche Metropole – Das wachsende Hamburg menschlich gestalten“.

 

E. JobPaten helfen Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Job-Suche

 

Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz werden Jugendliche mit Migrationshintergrund auch bei gleicher Fachkompetenz in Hamburg deutlich benachteiligt. Die ULME-Studie, die die Leistungen, Motivation und Einstellungen zu Beginn der beruflichen Ausbildung untersucht, beschreibt und belegt die Diskriminierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund beim Übergang in das duale System deutlich.

 

Bergedorfer Unternehmer haben das Projekt JobPaten in Bergedorf ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, dass so genannte JobPaten jungen Migrantinnen und Migranten bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz helfen und sie während der Ausbildung begleiten. Die JobPaten kommen aus der örtlichen Wirtschaft und können durch persönliche Kontakte und eigene Berufserfahrung bei der Jobsuche helfen. Es werden junge Männer und Frauen im Alter zwischen 17 und 24 Jahren betreut. Sie kommen u.a. aus Afghanistan, Rußland, Kasachstan und dem Kosovo.

 

Vor allem ältere JobPaten, die bereits im Ruhestand sind, verfügen über Zeit und langjährige berufliche Kenntnisse, um mit Rat und Tat jungen Ausländerinnen und Ausländern zur Seite zu stehen. Durch die langjährige Berufspraxis können Sie bei der Berufsauswahl helfen und besonders gut einschätzen, ob die Berufswünsche der Junior-Paten mit den Fähigkeiten übereinstimmen. Sollte dies nicht der Fall sein, können sie bei der Neu-Orientierung unterstützend tätig sein.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird ersucht, sowohl an die Handwerkskammer, als auch an die Handelskammer heranzutreten mit dem Ziel, Projekte nach dem Modell der JobPaten auch in den anderen Bezirken anzubieten. Gezielt sollen Handwerksmeister, Unternehmer oder andere befähigte Personen im Ruhestand als Senior-Paten angesprochen werden.