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Menschliche Metropole: Kulturgut der Stadt bewahren - Bücher in den wissenschaftlichen Bibliotheken und Dokumente im Staatsarchiv erhalten -Säurefraß bekämpfen

Dienstag, 24.02.2009

Einem Großteil der in Bibliotheken und Archiven verwahrten schriftlichen Dokumente, die mit säure- und holzschliffhaltigem Maschinenpapier erstellt wurden, droht langfristig der Zerfall. Die säurebedingte Zerstörung von Papieren des 19. und 20. Jahrhunderts stellt die größte Herausforderung für die Bestandserhaltung in den wissenschaftlichen Bibliotheken und dem Staatsarchiv dar. Es zeichnet sich ab, dass 70 bis 75 Prozent des Bibliotheks- und Archivguts geschädigt ist und entsäuert werden muss.

Bereits in der Vergangenheit gab es mehrere parlamentarische Initiativen zu diesem Thema. So beschloss die Hamburgische Bürgerschaft im Jahre 2006 einen interfraktionellen Antrag (Drs. 18/4851), der u.a. die Erstellung einer Schadensanalyse und die Erarbeitung eines Bestandssicherungsplans für die Hamburger Archive und wissenschaftlichen Bibliotheken forderte. Zudem wurden im Haushaltsplan 2007/2008 jeweils 80.000 Euro jährlich für die Bestandsanalyse des Archivgutes des Staatsarchivs in den Haushalt eingestellt.

Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hat im April 2007 eine ausführliche Darstellung der Gesamtschadenssituation vorgelegt. Als Reaktion darauf beschloss die Bürgerschaft am 20.06.2007 einstimmig „aus dem Volumen des Investitionsfonds Hamburg 2010 (SIP-Fonds) für 2008 Mittel in Höhe von 250.000 Euro für die Entsäuerung eines Buch- und Aktenbestandes zur Hamburgischen Wissenschaftsgeschichte in einem Gesamtkonzept von Staatsbibliothek und Staatsarchiv unter Federführung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky zur Verfügung zu stellen.“ (Drs. 18/6386). Darüber hinaus erhielt die Staatsbibliothek private Spendengelder im Umfang von ca. 100.000 Euro.

Wie sich aus dem Senatsbericht an die Hamburgische Bürgerschaft (Drs. 18/7511) ergibt, sind knapp 4 Millionen Bände in den Hamburger Bibliotheken staatlicher Trägerschaft säuregeschädigt. Von denen müssen etwa 35 Prozent (1.361.000) in eine Entsäuerungsmaßnahme einbezogen werden. Davon gelten ca. 804.000 Bände als besonders vordringlich (Dringlichkeitsstufe I), 119.000 Bände als dringend (Dringlichkeitsstufe II) und 438.000 Bände als wichtig, aber noch nicht sehr dringend (Dringlichkeitsstufe III). Die Kosten hierfür betragen insgesamt voraussichtlich etwa 20,4 Mio. Euro, wobei allein für die Dringlichkeitsstufe I 12 Mio. Euro benötigt werden.

 

 

Die Direktorin der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky erklärte im Dezember 2008 im Haushaltsausschuss, dass Entsäuerungsmaßnahmen im Umfang von einer Million Euro pro Jahr erbracht werden könnten, wenn das nötige Geld zur Verfügung stünde. Mit einem regelmäßigen jährlichen Budget in dieser Größenordnung könne die Sicherung des Gesamtbestands der Hamburger wissenschaftlichen Bibliotheken koordiniert werden. Es ist deshalb unbedingt notwendig, in diesem Umfang in den Haushaltsplan 2009/2010 entsprechende Mittel einzustellen.

In diesen Summen nicht enthalten sind die Bedarfe des Staatsarchivs. Wie die Senatsvertreter bei der 1. Lesung des Hausplanentwurfs 2009/2010 im Haushaltsausschuss ausführten, erfolge eine Priorisierung bei den geschädigten Archivbeständen. Für die der obersten Priorität zugeordneten Bestände müsse eine Schätzsumme von 6,1 Mio. Euro veranschlagt werden.

Obwohl das Problem bereits seit Jahren bekannt ist - das Thema wurde seit Beginn der neunziger Jahre in der Kultusministerkonferenz behandelt - und mittlerweile die Bedarfe, wie oben dargestellt, konkretisiert wurden, erfolgte die Sanierung säuregeschädigter Archiv- und Bibliotheksbestände in Hamburg bisher nicht stringent, nicht zielgerichtet und ohne Priorisierung von Haushaltsmitteln. Öffentliche Spendensammlungen reichen nicht aus. Auch der Haushaltsentwurf für die Jahre 2009 und 2010 sieht lediglich symbolisch 1 Euro jährlich für „Maßnahmen zum Erhalt säuregefährdeter Bestände in wissenschaftlichen Bibliotheken“ vor. Begründet wird dies damit, dass zunächst die Erfordernisse der Archive abgewartet werden sollen, bevor Umfang und einzelne Schritte zum Erhalt säuregefährdeter Bestände in wissenschaftlichen Bibliotheken festgelegt werden.

Ein weiteres Abwarten ist angesichts des weiter fortschreitenden Verfalls und der sich nun konkret abzeichnenden Handlungserfordernisse nicht zu tolerieren. Es ist Zeit, zu handeln und endlich in dem Umfang Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, die tatsächlich Jahr für Jahr für Entsäuerungsleistungen verwendet werden können.

 

Die Bürgerschaft möge deshalb beschließen:

1. Der Titel 3660.971.20 „Maßnahmen zum Erhalt säuregefährdeter Bestände in wissenschaftlichen Bibliotheken“ wird für die Jahre 2009 und 2010 um jeweils 1 Million Euro aus dem Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010“ (SIP) aufgestockt.

2. Im Einzelplan 3.3 (Kulturbehörde) werden für die Jahre 2009 und 2010 jeweils 600.000 Euro aus dem Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010“ (SIP) für Entsäuerungsmaßnahmen bei den Beständen des Staatsarchivs zur Verfügung gestellt.