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Neue Stadträume schaffen, Quartiere stärken, Gleisüberbauungen prüfen

Donnerstag, 23.03.2017

Hamburg wächst – um etwa 10.000 Menschen jedes Jahr. Die Demografen rechnen mit 70.000 zusätzlichen Haushalten in Hamburg bis 2030. Diese Entwicklung ist grundsätzlich als positiv zu bewerten. Zeigt sie doch, dass Hamburg als attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort gilt. Hamburg wird damit eine vielfältige Stadt der verschiedenen Generationen und Kulturen bleiben, und die noch vor zwei Jahrzehnten befürchtete Überalterung der Gesellschaft wird nicht eintreten – eine große Chance für eine positive Zukunftsentwicklung.

Grundvoraussetzung für eine solche positive Entwicklung ist die dem steigenden Bedarf entsprechende Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen und von bezahlbaren Wohnungen. Hamburg hat daher seit 2011 – neben diverse Maßnahmen zur deutlichen Stärkung des Mieterschutzes – seine Wohnungsbautätigkeit erheblich gesteigert. Ziel ist es, allen Bürgerinnen und Bürgern ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Die bisherigen Daten zeigen, wie erfolgreich der Wohnungsneubau gesteigert werden konnte:

In den Jahren 2011 bis einschließlich 2016 wurden Genehmigungen für knapp 60.000 Wohnungen von den Bezirken erteilt. Allein vergangenes Jahr wurden mit Baugenehmigungen die Voraussetzungen für 12.471 neue Wohneinheiten geschaffen. Außerdem wurden Förderzusagen für rund 15.000 Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen ausgesprochen. Knapp 30.000 neue Wohnungen wurden von 2011 bis 2015 fertiggestellt, über 7.300 davon im geförderten Wohnungsbau. 2014 wurden knapp 7.000 Wohnungen fertiggestellt, 2015 waren es über 8.500. 2015 wurden knapp 2.200 geförderte Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen fertiggestellt, 2016 waren es über 2.400. Damit wurden auch diese Zielzahlen erreicht, und die Tendenz geht weiter nach oben.

Gleichwohl bleibt die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt. Rot-Grün hat daher sein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm aufgestockt. Mit dem neuen „Bündnis für das Wohnen“ und dem „Vertrag für Hamburg“ wurde vereinbart, in enger Zusammenarbeit mit den Bezirken und der Wohnungswirtschaft die Voraussetzungen für den Bau von künftig 10.000 – statt wie bisher 6.000 – Wohneinheiten im Jahr zu schaffen. Dabei wurde mit 3.000 öffentlich geförderten Wohnungen das Programm des sozialen Wohnungsbaus noch einmal um 50 Prozent gegenüber den letzten Jahren gesteigert.

Um der erhöhten Wohnraumnachfrage gerecht werden zu können, müssen für den Wohnungsneubau weitere Flächenpotentiale in größerem Umfang erschlossen werden. Die stark angestiegenen Grundstückspreise sind ein Indiz für das knappe Angebot an Wohnungsbauflächen. Aufgrund des großen Flächenbedarfs ist auch die Erschließung neuer, bisher unbebauter Flächen außerhalb der inneren Stadt notwendig, wobei das Grüne Netz innerhalb des Zweiten Grünen Ringes nachhaltig gesichert und weiterentwickelt wird.

Oberste Priorität haben aber weiterhin Projekte der Innenentwicklung durch Baulückenschließungen, Überbauungen von nicht mehr benötigten Stellplatzflächen sowie ggf. durch noch mögliche Dachgeschossaufstockungen und -ausbauten. Diese Innenentwicklung wird ergänzt durch die Steigerung der Frei- und Grünraumqualitäten, so dass Hamburg auch zukünftig seinen grünen Charakter erhalten und sogar noch verstärken wird. Insgesamt verfügt Hamburg heute über mehr Landschafts- und Naturschutzgebiete als jemals zuvor.

Im Rahmen des Konzeptes „Mehr Stadt in der Stadt“ wurde und wird durch vielfältigste Projekte diese Innenentwicklung gefördert. Die neue Mitte Altona, der Altonaer A7-Deckel, die neue Nord-Süd-Achse in Wilhelmsburg (Elbquartier) sind herausragende Beispiele für die Schaffung neuer Wohnungsbaupotentiale im Herzen unserer Stadt.

Gleichwohl muss im Rahmen der Innenentwicklung die Erschließung weiterer Flächen geprüft werden, deren Entwicklung bisher aufgrund hoher Kosten nicht möglich erschien. Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Grundstückskosten ergeben sich nun neue Potentiale. Die Hamburgische Bürgerschaft hat daher Anfang des Jahres auf Initiative der rot-grünen Koalition den Senat bereits ersucht, die vielen Altlastenflächen in der Stadt zu prüfen (Drs. 21/7432).

Als mögliches weiteres Potential für Wohnungsbauprojekte können im Einschnitt verlaufende Schnellbahnstrecken dienen. Einzelne Trassenabschnitte könnten mit einem Deckel versehen und darauf oder daneben neue Wohnungen, Grünflächen und (Rad-)Wegeverbindungen errichtet werden.

Dieser Ansatz kann außerordentliche stadtentwicklungspolitische, aber auch sozialpolitische Vorteile bringen. Zunächst kann durch eine Überdeckelung die Zerschneidung eines ganzen Stadtraums überwunden werden. Auf der neu geschaffenen zweiten Ebene über den Gleisen würden erhebliche Raumpotentiale entstehen, die für Wohnen und Arbeit, aber auch für Freizeit, Erholung und Grün genutzt werden könnten.

Zum Zweiten werden durch einen solchen Planungsprozess Gelegenheiten für Partizipation geschaffen, Die mitgestaltende Teilhabe sollte elementarer Bestandteil bei der Schaffung neuer Räume zur Stärkung städtischer Lebensqualität, soziokultureller Identität und gesellschaftlichen Zusammenhalts sein. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, der lokalen Akteure und der interessierten Öffentlichkeit dient also nicht strategischer Akzeptanzsteigerung.

Als Beispiele für kooperative Prozesse bei der Nutzungsintensivierung von Gleiskörpern seien das Quartier Saint-Jean in Genf und die Theresienhöhe in München (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/projekte/theresienhoehe.html) genannt.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. kreative Konzepte bei der Entwicklung urbaner Räume zur Schaffung von Wohn¬raum, Orten für Gewerbe und Frei- und Grünräumen sowie neue (Rad-)Wege¬verbindungen intensiv zu berücksichtigen. Dabei sollen neben den bereits beschlossenen Überdeckelungen von Autobahnabschnitten insbesondere auch Gleisanlagen in Betracht genommen werden,

2. konkrete Prozesse der Raumentwicklung im unter 1. genannten Sinne von Beginn an partizipativ auszurichten, und

3. der Bürgerschaft bis Ende 2017 über erste Überlegungen zu berichten.

 

sowie
  • der Abgeordneten Olaf Duge
  • Martin Bill
  • Christiane Blömeke
  • Ulrike Sparr
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion