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Petitumzu Drs. 20/11725 Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA

Montag, 20.10.2014

Die Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen („Transatlantic Trade and Investment Partnership“, kurz TTIP) haben auch aufgrund ihrer zunächst hohen Intransparenz viele Ängste geschürt und zu einer breiten Kritik geführt. Mittlerweile sind viele Informationen zu den Verhandlungen auf der Homepage der Europäischen Kommission zugänglich, darunter auch branchenspezifische Positionspapiere der EU-Kommission (http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm). Zudem führen öffentliche Konsultationen zu einem Mehr an Transparenz und stellen sicher, dass Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen ebenso wie Unternehmen und Wirtschaftsverbände sowie eine Vielzahl weiterer zivilgesellschaftlicher Akteure gehört werden.

Senat und Bürgerschaft haben bereits mehrfach die Hamburgische Position verdeutlicht: Wir wollen ein Freihandelsabkommen, das Handel und Wachstum auf beiden Seiten stärkt, dabei die bestehenden Schutzstandards für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem jeweils höchsten Niveau vereinheitlicht, audiovisuelle und sonstige kulturelle Angebote ausnimmt und die städtische Regulierungshoheit über die kommunale Daseinsvorsorge und das Vergaberecht nicht antastet. Besondere Schutzrechte für Investoren, insbesondere Klagerechte vor gesonderten Schiedsgerichten, halten Senat und Bürgerschaft angesichts des hohen Niveaus der Justiz auf beiden Seiten des Atlantiks für entbehrlich.

In diesem Sinne hat der Bundesrat bereits mit den Stimmen und auf Initiative des Hamburger Senats über die beiden Beschlüsse 464/13 und 295/14 inhaltlich zum TTIP Stellung genommen und klare Leitlinien für die Verhandlungen zum TTIP formuliert. Gemäß Forderungen auch des Bunderates (463/13) zum Verhandlungsmandat der EU-Kommission und von der EU-Kommission bestätigt sind audiovisuelle Dienstleistungen sowie die Subvention kultureller Angebote nicht Teil der Verhandlungen zum TTIP. Kernanliegen ist die Sicherung der jeweils höchsten Standards im Sozial-, Umwelt-, Lebensmittel- und Gesundheitsbereich sowie beim Daten-, Arbeitsschutz und bei den Verbraucherrechten. Explizit verweist der Bundesrat hier unter anderem auf die Arbeits- und Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

 

Deutliche Worte insbesondere zum Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) fand auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in seinem Schreiben an den für die TTIP-Verhandlungen zuständigen EU-Kommissar Karel de Gucht. Sigmar Gabriel bekräftigte, dass spezielle Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwischen der EU und den USA nicht erforderlich seien. Wörtlich schreibt er: "Unsere Auffassung ist, dass die USA und Deutschland hinreichenden Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewährleisten. In jedem Fall muss ausgeschlossen sein und bleiben, dass allgemeine und angemessene Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen, die in demokratischen Entscheidungen rechtsstaatlich zustande kommen, ausgehebelt oder umgangen werden."

Eine abschließende Bewertung der Verhandlungen kann erst vorgenommen werden, wenn Ergebnisse vorliegen. Das ist bislang nicht der Fall. Dennoch ist es richtig und wichtig, dass bereits während der Verhandlungen allen relevanten Gruppen die Möglichkeit eingeräumt wird, sich qualifiziert an einer Diskussion zum TTIP zu beteiligen. Eine ausführliche und breit angelegte öffentliche Diskussion unter Beteiligung möglichst Vieler ist wünschenswert. Die Entscheidung für oder gegen das Abkommen fällen am Ende das Europäische Parlament sowie – sofern der angestrebte Umfang des Abkommens beibehalten wird – die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten, für Deutschland sind das der Bundestag und der Bundesrat. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sowohl im EU-Parlament als auch im Bundestag haben sich bereits umfänglich zum TTIP geäußert und deutlich gemacht, dass sie ihre Zustimmung verweigern werden, sofern die Verhandlungsergebnisse die skizzierten roten Linien überschreiten würden.

Für Hamburg hat sich der Hamburger Senat über den Bundesrat bereits konstruktiv in die Verhandlungen zum TTIP eingebracht und sowohl formuliert, welche Chancen TTIP eröffnet, die genutzt werden sollten, als auch, dass ein Absenken bestehender Standards nicht akzeptabel ist.

 

Der Europaausschuss möge daher beschließen,

Der Bürgerschaft wird empfohlen folgenden Beschluss zu fassen:

die Beschlüsse des Bundesrates zu 464/13 „Entschließung des Bundesrates zum Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie den USA andererseits (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP)“ und 295/14 „Entschließung des Bundesrates anlässlich des öffentlichen Konsultationsverfahrens der Europäischen Union über die Modalitäten eines Investitionsschutzabkommens mit Investor-Staat-Schiedsverfahren im Rahmen der Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA“, die unter anderem die folgenden Forderungen beinhalten,

 Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass ein besonderes Augenmerk auf die Errungenschaften in der Europäischen Union im Bereich der Sozial-, Umwelt-, Lebensmittel-, Gesundheits- und Datenschutzstandards sowie der Verbraucherrechte gelegt wird. In den Verhandlungen soll darauf hingewirkt werden, weitere Verbesserungen für die Partner in diesem Bereich zu ermöglichen. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auch auf den "acquis communautaire" der EU im Bereich der Produktsicherheit, des Umweltschutzes, des Gesundheits-und Tierschutzes sowie der ILO-Arbeits- und Sozialstandards. Das Vorsorgeprinzip darf in den Verhandlungen nicht abgeschwächt werden. Um ein höchstmögliches Schutzniveau für europäische und amerikanische Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen und zu sichern, sollte der jeweils höherwertige Standard des Partnerlandes übernommen bzw. anerkannt werden.

 Keine Einschränkung des „right to regulate“. Gesetzgebung und Regulierung im öffentlichen Interesse sind grundlegende Prinzipien und als solche unverhandelbar. Sie dürfen durch Regelungen zum Investitionsschutz weder direkt noch indirekt beeinträchtigt werden.

 Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass Investoren grundsätzlich auf den Rechtsweg vor nationalen staatlichen Gerichten zu verweisen sind. Der Bundesrat hält spezielle Investitionsschutzvorschriften und Streitbeilegungsmechanismen im Verhältnis Investor und Staat zwischen der EU und den USA für verzichtbar.

werden in vollem Umfang unterstützt.

Die Hamburgische Bürgerschaft wird die Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen weiterhin konstruktiv und kritisch begleiten und insbesondere die Auswirkungen auf die Freie und Hansestadt Hamburg im Blick halten.