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Politische Beteiligung junger Menschen nachhaltig fördern

Mittwoch, 03.01.2024

Die Beteiligung junger Menschen an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen ist nicht nur der Wunsch vieler Kinder und Jugendlicher, sondern muss erklärtes Ziel aller Demokrat:innen sein.

Meinungsbildung, Teilhabe und Engagement sind unabdingbar für eine starke Demokratie. Grundlagen dafür sind ein demokratisches Grundverständnis und eine gute politische Bildung, deren Vermittlung Aufgabe von Kita, Schule, Gesellschaft, aber auch den Parlamenten und ihren Abgeordneten selbst ist.

Es ist unsere Aufgabe, jungen Menschen Beteiligung zu ermöglichen, damit sie möglichst umfassend und niedrigschwellig an der Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse mitwirken können und das auch für sinnvoll und erstrebenswert erachten. Entscheidungen, die heute getroffen werden, betreffen nicht selten die junge Generation. Mit ihren Auswirkungen müssen junge Menschen lange Zeit leben. Diese Mitwirkung kann niemand für sie übernehmen, denn sie selbst sind die Expert:innen für ihre Bedürfnisse und Wünsche. Die stärkere Beteiligung junger Menschen an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen ist zudem ein im rot-grünen Koalitionsvertrag erklärtes Ziel.

Politische Bildung

Die Grundlage für die politische Partizipation ist die politische Bildung. In Hamburg gibt es bereits ein breites Spektrum an Formaten zur politischen Bildung Jugendlicher.

Mit der Beantwortung des Ersuchens zur Stärkung der politischen Bildung (Drs. 22/8620) wird die Vielzahl an Angeboten zur politischen Bildung in Hamburg deutlich. Die Schulen spielen hierbei eine herausragende Rolle. So ist der Politikunterricht fester Bestandteil des schulischen Curriculums in den unterschiedlichen Altersstufen. Ebenso unternehmen relevante Akteur:innen wie etwa die Landeszentrale für politische Bildung sowie zivilgesellschaftliche Akteur:innen wie verschiedene Stiftungen vielfältige Anstrengungen an und für Schulen und darüber hinaus, um Projekte für junge Menschen aufzulegen, die politisches Verständnis vermitteln.

Auch die Hamburgische Bürgerschaft trägt seit mehr als zehn Jahren mit Unterrichtsmaterialien für Schulen, niedrigschwelligen Informationen wie Pixi-Büchern und den Kinderdetektivgeschichten „Die Alsterdetektive“ sowie bewährten Formaten wie Jugend im Parlament dazu bei, Hamburger Kindern und Jugendlichen das parlamentarische Geschehen nahe zu bringen.

Partizipation

Dass junge Menschen mit ihrem Wissen aus der politischen Bildung im Rahmen von Partizipation selbst Einfluss auf Entscheidungen nehmen, mitentscheiden sowie Verantwortung für das eigene Vorhaben übernehmen, hat in Hamburg einen hohen Stellenwert. Die Regierungsfraktionen bekennen sich im Koalitionsvertrag zu einer Stärkung dieser Mitwirkungsmöglichkeit für unsere Jugend. Bereits jetzt sind die Formate in Hamburg vielfältig und umfänglich, wie folgende Aufzählung beispielhaft zeigt.

• Zuallererst seien die vielen Beteiligungsformen, die in unserer demokratischen Schulverfassung sowie den Hamburger Bildungsempfehlungen für Kitas verankert sind, genannt. Aber auch viele Institutionen und Einrichtungen, die mit jungen Menschen zu tun haben, ermöglichen Partizipation und haben entsprechende Formate entwickelt, damit Kinder und Jugendliche Gehör finden und sich einbringen können. Ähnliches leisten die Angebote der Jugendverbandsarbeit und der Jugendhilfe sowie alle Beteiligungsangebote, die im Rahmen des § 33 BezVG stattfinden.

• Die Sozialbehörde hat den Bezirken in der Vergangenheit Mittel für Beteiligungsprojekte zur Verfügung gestellt, darüber hinaus besteht seit 2018 eine Kooperation der Stadt mit dem Deutschen Kinderhilfswerk. Gemeinsam ist der Länderfonds „Rechte und Beteiligung von Hamburger Kindern und Jugendlichen“ eingerichtet worden. Dieser Länderfonds unterstützt Maßnahmen, bei denen junge Menschen einerseits ihre Rechte gemäß der UN-Kinderrechtskonvention kennenlernen und andererseits aktiv an Entscheidungen beteiligt werden.

• Der Kinder-, Jugend- und Familienausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich in der Vergangenheit mehrfach intensiv mit dem Thema Kinder- und Jugendpartizipation befasst. So beispielsweise im Dezember 2018, als Vertreter:innen aus den sieben Bezirken dargestellt haben, wie Kinder und Jugendliche in sie betreffende politische Belange einbezogen werden. Dabei wurden die Vielschichtigkeit und die Kreativität beim Ausprobieren unterschiedlichster Formate eindrucksvoll deutlich (vergleiche hierzu Ausschussprotokoll 21/31 mit einer über 100-seitigen Materialienzusammenstellung: www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65107/protokoll_der_oeffentlichen_sitzung_des_familien_kinder_und_jugendausschusses.pdf).

Wahlrecht ab 16 Jahren

Mit zunehmendem Alter und wachsender persönlicher Reife sollte der Grad der Beteiligung steigen, um die Integration junger Menschen in die demokratischen Prozesse zu festigen und damit auch die Demokratie selbst zu stärken.

Dazu gehört auch das Wahlrecht ab einem Alter, in dem junge Menschen beginnen, sich intensiver für politische Prozesse zu interessieren und verantwortlich aktiv werden wollen. Hamburg hat als eines der ersten von vier Bundesländern ein Wahlrecht für junge Menschen ab 16 Jahren eingeführt, um zu zeigen: Kinder- und jugendgerechte Beteiligung sollte frühzeitig beginnen.

Im Februar 2015 wurden junge Erwachsene im Alter von 16 und 17 Jahren in Hamburg erstmals bei einer Bürgerschaftswahl an die Wahlurne gebeten. Die Wahlbeteiligung war durchaus beachtlich: sie betrug 52,1 Prozent, während die der nachfolgenden Altersgruppe der 18-24-Jährigen zehn Prozentpunkte weniger erreichte. Insgesamt betrug der Durchschnitt der Wahlbeteiligung 57,7 Prozent. Bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 nahmen 63,2 Prozent der wahlberechtigten 16- und 17-Jährigen ihr Wahlrecht wahr – und lagen damit fast gleichauf mit der Beteiligung von 63,3 Prozent im Durchschnitt insgesamt (Quellen: Repräsentative Wahlstatistiken 2015/2020).

Dies zeigt deutlich, dass das politische Interesse junger Menschen durchaus nicht niedriger einzuschätzen ist als das der Gesamtheit der Wahlberechtigten.

Naheliegend ist, diesen Befund einer näheren Betrachtung zu unterziehen, auch um weitere Möglichkeiten, junge Menschen für Politik zu interessieren und zu begeistern, in den Blick zu nehmen. Schließlich ist eine höhere Teilnahme insgesamt an Wahlen und Abstimmungen wünschenswert.

Um für die Zukunft eine noch höhere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Gestaltung unserer Gesellschaft zu erreichen, bedarf es nicht nur beim Wahlrecht ab 16 Jahren, sondern auch für die anderen Möglichkeiten der Partizipation, einer genaueren Betrachtung der Umsetzung und Nutzung vorhandener Beteiligungsmöglichkeiten und der Prüfung möglicher neuer Instrumente der Beteiligung Jugendlicher. Dabei sollte auch und vor allem die Perspektive der Kinder und Jugendlichen in den Blick genommen werden.

Durch eine Anhörung in den Fachausschüssen der Bürgerschaft und deren Auswertung sollen Erkenntnisse gewonnen werden, um die Erfahrungen mit dem Wahlalter ab 16 Jahren und anderen vorhandenen Angeboten zu betrachten und weiterzuentwickeln, Grundlagen für in jedem Bezirk passgenaue Formen der Beteiligung zu ergänzen und mögliche Ableitungen etwa im Hinblick auf ein Jugendmitwirkungsgesetz zu treffen. Dabei gilt es im Blick zu behalten, dass die Umsetzung der Beteiligungsformen in jedem Bezirk individuell ausgestaltet werden können und auf Grund der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Bezirken oft auch müssen. Gleichzeitig aber soll ein Verfahren entwickelt werden, auf dessen Basis sich die Akteur:innen in den Bezirken zu dem Thema Kinder- und Jugendbeteiligung koordiniert miteinander austauschen, gemeinsame Wege einschlagen und Synergien nutzen können, wo es sinnvoll und angebracht ist.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

I. Die aufgrund von § 33 BezVG und auf anderer Grundlage entwickelten Verfahren zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie die Erfahrungen mit dem Wahlrecht ab 16 sollen auf Grundlage einer Ausschussanhörung ausgewertet werden. Auf dieser Grundlage soll die Bürgerschaft neue Instrumente zur Förderung der Beteiligung junger Menschen unter 18 Jahren an demokratischen Prozessen, wie ggf. ein Jugendmitwirkungsgesetz, prüfen.

II. Bei der Entwicklung neuer Beteiligungsstrukturen soll darauf geachtet werden, dass diese einerseits individuell für jeden Bezirk unterschiedlich sein können, dass jedoch andererseits eine Vernetzungsstruktur gefördert und etabliert wird, die die Zusammenarbeit und den Austausch im Sinne von Best Practice Beispielen ermöglicht.

 

sowie
  • Britta Herrmann
  • Lisa Kern
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels
  • Linus Görg
  • Michael Gwosdz
  • Dr. Adrian Hector
  • Christa Möller-Metzger
  • Dr. Gudrun Schittek
  • Yusuf Uzundag
  • Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion