PrimaStadtklima: Wasser ist Lebenselixier – Beitritt zu Blue Communities und mehr Trinkwasserspender für Hamburg
Dienstag, 17.09.2019
Wasser ist lebensnotwendig und der Zugang zu sauberem Wasser muss als öffentliches
Gut geschützt und für kommende Generationen erhalten werden. Auch umweltund
gesundheitsgerechte sanitäre Versorgung und Abwasserbehandlung gehören zu
den zentralen Aufgaben der Daseinsfürsorge und zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft,
die die natürlichen Wasserressourcen erhält. Mit dem Klimawandel wird diese
Aufgabe noch wichtiger.
Als Folge des Klimawandels erleben Städte und Kommunen überall auf der Welt verstärkte
Wasserprobleme: Dürren, Starkregen und Überflutungen nehmen immer mehr
zu. Rund 30 Prozent der Weltbevölkerung haben keinen sicheren Zugang zu sauberem
Trinkwasser, noch deutlich häufiger fehlt der Zugang zu sanitären Einrichtungen.1
Die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitäreinrichtungen
ist zudem eines der Sustainable Development Goals. Um seiner globalen Verantwortung
gerecht zu werden, sollte Hamburg seine Erfahrungen und sein Know-how
auf dem Gebiet der Wasserversorgung und Abwasserbehandlung für diese Menschen
nutzbar machen und internationale Wasserpartnerschaften zum Beispiel in Form von
Betreiberpartnerschaften zwischen Wasserunternehmen fördern.
All diese dringenden Aufgaben werden durch die weltweite Bewegung „Blue Communities“
aufgegriffen, die auf eine Initiative der NGO „Council of Canadians“ – zurückgeht
(siehe auch canadians.org/bluecommunities). Unter anderem die Städte Montreal
und Paris beteiligen sich daran, in Deutschland sind Berlin, München, Marburg und
Augsburg der Initiative bereits beigetreten. Städte und Gemeinden, die sich zur „Blue
Community“ erklären, verpflichten sich zu vier Prinzipien:
? Anerkennung des Zugangs zu sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung
als Menschenrecht
Die verantwortlichen Stellen und Personen der Stadt, Gemeinde oder Institution tragen
zur Umsetzung dieser Rechte bei und unterstützen entsprechende Maßnahmen.
? Wasserdienstleistungen bleiben in öffentlicher Hand
Eine Blue Community hat ihre Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in öffentlichem
Eigentum und unter öffentlicher Kontrolle. Sie setzt sich dafür ein, dass diese
1 The United Nations Water Development Report 2019, Executive Summary, Seite 1.
Drucksache 21/18361 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
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kommunalen Aufgaben in öffentlicher Hand bleiben. In Hamburg ist dies mit dem
Gesetz zur Sicherstellung der Wasserversorgung in öffentlicher Hand aus dem Jahr
2006 bereits verbindlich geregelt.
? Pflege öffentlicher Partnerschaften mit internationalen Partnern
Eine Blue Community setzt sich auch auf internationaler Ebene für das Recht auf
Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung ein und pflegt langfristige öffentliche
Partnerschaften und Wissens- und Erfahrungsaustausch mit Städten, Gemeinden
oder Institutionen im Ausland, insbesondere mit Ländern, in denen diese Rechte
noch nicht ausreichend gesichert sind.
? Leitungswasser anstelle von Flaschenwasser trinken
Die Stadt und ihre Einrichtungen werden, wo immer möglich, Trinkwasser aus der
öffentlichen Wasserversorgung nutzen und die Nutzung von Leitungswasser fördern,
um den Gebrauch von Kunststoff und den Transport von Wasser in Flaschen zu verringern.
Hamburg wird hierzu zum Beispiel die Grundschulen nach und nach mit
Trinkwasserspendern ausstatten, wie bereits im Rahmen der Einigung mit der Volksinitiative
„Guter Ganztag“ beschlossen (siehe Drs. 21/4866).
Mit dem hier vorgelegten Antrag soll ein Beitritt Hamburgs zu dem Netzwerk „Blue
Communities“ herbeigeführt werden. Der Beitritt zu diesem Netzwerk ist nicht mit Mitgliedsbeiträgen
oder Gebühren verbunden.
Eine erste direkte Antwort in Hamburg zum Beitritt soll der Ausbau der öffentlichen
Trinkwasserinfrastruktur sein. In einer Zeit, in der viele Menschen einen Großteil des
Tages außerhalb ihrer Wohnung verbringen, das Gesundheitsbewusstsein steigt und
sich sommerliche Hitzeperioden als Folge des Klimawandels häufen, heißt das: Menschen
nehmen auch unterwegs mehr Wasser zu sich. Häufig wird Wasser aus PETFlaschen
genutzt, die oft im Müll oder auf der Straße landen. Und selbst wenn sie
recycelt werden, gilt weiter das Prinzip der Nachhaltigkeit: Vermeidung von Abfällen
ist der Vorzug vor deren Wiederverwertung zu geben.
Lokal aus der Leitung abgefülltes, nicht in Flaschen transportiertes, Trinkwasser verbraucht
zudem erheblich weniger Energie für Herstellung und Transport und vermeidet
Plastikabfälle. Deshalb ist die Förderung des Konsums von Leitungswasser
anstelle von „Flaschenwasser“ eine wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit der
sparsamen Nutzung von Ressourcen und der Vermeidung von Plastikabfällen.
Die Verfügbarkeit von Trinkwasser in der Stadt insgesamt zu erhöhen ist ein wichtiger
Beitrag für ein gesundes Hamburg. Denn Wasser ist ein notwendiges und den Kreislauf
stabilisierendes Lebensmittel. Wasser hat vielfältige positive gesundheitliche
Effekte. Die Verfügbarkeit in der Stadt zu erhöhen ist gerade auch für ältere Menschen
von Vorteil, die häufig nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Dies gilt
bei höheren Temperaturen umso mehr und für alle Bevölkerungsgruppen. Die Bedeutung
von Leitungswasser als Getränk zu unterstreichen ist auch im Rahmen der
Gesundheitsförderung junger Menschen von Bedeutung. Leitungswasser als Durstlöscher
ist eine gesunde Alternative zu zuckerhaltigen Limonaden.
Ein niedrigschwelliger Zugang zu Trinkwasser im öffentlichen Raum unterstützt zudem
auch einen aktiven Lebensstil der Bevölkerung. Hamburg hat sich als Global Active
City auf den Weg gemacht, Sport und Bewegung im Rahmen städtischer Entwicklungskonzepte
zu integrieren. Dieser Anspruch kann durch frei zugängliche Wasserspender
unterstützt und die Bewegungsfreude der Hamburgerinnen und Hamburger
weiter gefördert werden, um die Idee der Active City weiter zu stärken.
Schon vor einigen Jahren hat HAMBURG WASSER an fünf markanten Orten (unter
anderen im Stadtpark und auf dem Rathausplatz) Trinkwasserspender aufgestellt.
Angesichts der klimawandelbedingt steigenden Sommertemperaturen und der notwendigen
Abfallvermeidung ist es dringend geboten, zur Versorgung der Bevölkerung
den Zugang zu Trinkwasser im öffentlichen Raum durch das Bereitstellen von Wasserspendern
auszubauen.
Die fünf Trinkwasserbrunnen haben sich aus Sicht der Bevölkerung bewährt. Gleichzeitig
haben sie sich aus Sicht des Betreibers für ein flächendeckendes Ausrollen in
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18361
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Hamburg als zu wartungsintensiv herausgestellt. In einem ersten Schritt sollen daher
neue Prototypen für Hamburg entwickelt, ihre langfristige technische Robustheit
getestet und ein einheitliches Genehmigungsverfahren über alle Bezirksämter entwickelt
werden. Dieses soll bis Ende 2021 geschehen.
Hier ist das öffentliche Wasserversorgungsunternehmen der Stadt Hamburg gefragt,
dieser Aufgabe nachzukommen und so einen strukturellen Beitrag und eine erste
direkte Maßnahme zu den „Blue Communities“ zu leisten.
Darüber hinaus lohnt es sich im Sinne der Aufenthaltsqualität, an besonders exponierten
Standorten Akzente mit individuell gestalteten Trinkwasserspendern zu setzen.
Für deren Gestaltung können die künstlerischen Hochschulen Hamburgs gewonnen
werden.
Bisher ist das Aufstellen von Trinkwasserbrunnen verwaltungstechnisch komplex, die
Vorgaben der Bezirke sind unterschiedlich. Um die Aufstellung von Trinkwasserspendern
voranzubringen, ist es daher sinnvoll, mit den Bezirksämtern ein einheitliches
Verfahren zu verabreden, nach dem mögliche Standorte geprüft und genehmigt werden.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. Hamburg zur „Blue Community“ zu erklären;
2. eine Strategie zur Förderung der Nutzung von Leitungswasser anstelle von Flaschenwasser
insbesondere in öffentlichen Einrichtungen und auf Veranstaltungen
zu entwickeln;
3. langfristige Partnerschaften mit internationalen Partnern aus Wasserversorgung
und Abwasserbehandlung in den Ländern des globalen Südens zu etablieren,
weiterzuentwickeln und auszubauen;
4. in Zusammenarbeit mit HAMBURG WASSER und den Bezirken ein Wasserspenderprogramm
aufzulegen und
a. mit den zuständigen Bezirksämtern ein einfacheres und einheitliches
Genehmigungsverfahren für die Aufstellung neuer Trinkwasserbrunnen zu
vereinbaren,
b. in einem ersten Schritt zehn zusätzliche, über das Stadtgebiet verteilte
Standorte mit neuen Prototypen bis 2021 zu realisieren und anschließend
diese insbesondere bezüglich ihrer Robustheit zu evaluieren,
c. in der Folge die Zahl der Trinkwasserspender mit einem geeigneten Modell
kontinuierlich zu erhöhen,
d. gemeinsam mit den Bezirken geeignete Standorte für mindestens 100 neue
Trinkwasserspender in der gesamten Stadt zu identifizieren und bei positivem
Evaluationsergebnis auch zu realisieren,
e. an einigen stark frequentierten Standorten ästhetisch besonders ansprechende
Trinkwasserspender zu installieren und einen Gestaltungswettbewerb
für diese besonderen Installationen auszuloben.
- Danial Ilkhanipour (Fachsprecher:in Europa)
- Gulfam Malik
- Juliane Timmermann (Fachsprecher:in Sport)
- Michael Weinreich
sowie
- der Abgeordneten Ulrike Sparr
- Dr. Anjes Tjarks
- Christiane Blömeke
- Olaf Duge
- Mareike Engels
- Antje Möller (GRÜNE) und Fraktion