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Quartalsmäßige und kostenlose persönliche Bonitätsauskünfte bei Scoring-Unternehmen

Mittwoch, 15.06.2022

Im Zuge der Digitalisierung sind Bonitätsauskünfte über Verbraucher:innen eine standardmäßige Grundlage zum Abschluss von Verträgen, Einkäufen und Krediten jeglicher Art. Damit gewinnt der Score-Wert, welcher insbesondere durch den größten Anbieter von Bonitätsauskünften, der Schufa Holding AG, ermittelt wird, eine elementare Bedeutung für Verbraucher:innen. Aber nicht nur die Schufa Holding AG, sondern auch diverse andere Bonitätsauskünfte und anderen Scoring-Unternehmen, wie z. B. Bonify, ermitteln anhand von Daten das mögliche Zahlungsausfallrisiko. Die hierfür relevanten Daten werden jedoch nicht von Verbraucher:innen selbst zur Verfügung gestellt, sondern durch andere Unternehmen an die jeweiligen Bonitätsauskünfte und Scoring-Unternehmen weitergeleitet.

 

Da bekanntermaßen die Score-Formel als solche, wie auch die einzelne Gewichtung der maßgeblichen Kriterien für die individuelle Entscheidung über den Score-Wert, bislang nicht einsehbar sind, bedarf es zumindest der Transparenz und der Einsehbarkeit des Score-Wertes in einer Regelmäßigkeit, welche die Rechte von Verbraucher:innen gegenüber den erhebenden Unternehmen stärkt. Es geht also darum, asymmetrischen Informationen vorzubeugen und Verbraucher:innen in ihrer Position zu stärken.

 

Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wurde der rechtliche Rahmen dafür geschaffen, Verbraucher:innen nicht mehr nur jährlich eine „Kopie der personenbezogenen Daten (nach Art. 15 III DSGVO)“ ermöglichen zu können, sondern entsprechend der Veränderung des Score-Wertes. Allerdings ist die tatsächliche Anzahl der möglichen Bonitätsscore-Auskünfte nicht klar definiert. Die Grenzen sollen in „offenbar unbegründeten“ oder „exzessiven Anträgen“ zu finden sein. Diese undurchsichtigen Formulierungen führen dazu, dass sich Verbraucher:innen oftmals nicht trauen, ihr Recht auf Information über die von ihnen verwendeten Daten einzuholen. Dabei ist es elementar, dass Verbraucher:innen nicht nur über ihre eigene Bonität, sondern auch über die Art der genutzten Daten informiert sind, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können. Die Schufa und andere Scoring-Unternehmen sammeln unübersichtlich viele Daten und stellen, trotz der hohen Relevanz dieser Daten, in vielen Lebensbereichen keine hinreichende Transparenz über deren Gewichtung her.

 

Nach einem modernem Verständnis von Datenschutz und Transparenz sollten Verbraucher:innen ein Recht auf regelmäßige kostenlose Auskunft darüber haben, auf welcher Basis Scoring-Unternehmen bewerten. Gerade im Hinblick darauf, dass ein Einsehen des Score-Algorithmus oder der Gewichtung der Daten bisher nicht möglich ist, muss Verbraucher:innen zumindest dieser Ausgleich ermöglicht werden. Vor allem muss auch sichergestellt werden, dass Verbraucher:innen nicht wochenlang auf diese Informationen warten müssen. Entsprechend der Geschwindigkeit, mit welcher neue Daten in den Score mit eingeflochten werden, sollten Verbraucher:innen mindestens einmal pro Quartal auf Antrag binnen einer kurzen Frist eine kostenlose Bonitätsauskunft erhalten.

 

 

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

 

1. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Verbraucher:innen zumindest einmal pro Quartal einen Anspruch auf eine kurzfristige (innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der vollständigen und ordnungsgemäßen Beantragung) und kostenlose Auskunft in Form einer Kopie der über sie gespeicherten bonitätsrelevanten Daten gegenüber jedem Anbieter von Bonitätsauskünften erhalten,

 

2. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass diejenigen Unternehmen, welche eine kostenlose Datenkopie anbieten, dazu verpflichtet werden, das Angebot gut sichtbar und verständlich auf der eigenen Website und darüber hinaus in einem dafür vorgesehenen Informationsportal zu platzieren, und

 

3. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2022 zu berichten.

 

sowie
  • Lisa Kern
  • Eva Botzenhart
  • Alske Freter
  • Sina Imhof
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Maria Otte
  • Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion