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Quartiers- und Stadtteilbeiräte sichern und weiterentwickeln

Mittwoch, 29.01.2014

zur Drs. 20/10230

Mit dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) führt der Senat die lange hamburgische Tradition der Stadterneuerung und Stadtteilentwicklung erfolgreich fort und stärkt damit die Grundlagen für die Stabilisierung in Stadtteilen mit besonderem Handlungsbedarf.

Die Leitziele dieser Politik sind die Verbesserung der Lebensbedingungen durch soziale und materielle Stabilisierung des Fördergebiets; für die Bewohnerinnen und Bewohner die Verbesserung der Entwicklungsperspektiven in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wirtschaft und Integration; die Verminderung bzw. Beseitigung städtebaulicher Defizite wie z.B. Funktions- und Substanzschwächen bei der technischen und sozialen Infrastruktur, privaten Gebäudenutzungen und des öffentlichen Raumes.

Ein weiteres wesentliches Ziel ist die Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten und der Eigenaktivität der Bewohnerinnen und Bewohner. Diese Beteiligung, Aktivierung und Verbindung von Bewohnerinnen und Bewohnern, Gewerbetreibenden, Grundeigentümern sowie lokaler Einrichtungen und Institutionen ist geradezu Grundvoraussetzung für erfolgreiche Entwicklungsprozesse in den Fördergebieten. Dazu wurden Beteiligungsgremien in Form von Quartiers- und Stadtteilbeiräten eingerichtet. Deren Zusammensetzung soll die Interessenlagen und Perspektiven aus dem Gebiet angemessen repräsentieren und neben Bewohnerinnen und Bewohner auch wichtige lokale Einrichtungen umfassen. Das Beteiligungsgremium wird von der Bezirksversammlung eingesetzt und an die politischen Gremien des Bezirkes angebunden. Zusätzlich wurden zur weiteren Förderung gebietsbezogener Maßnahmen und Projekte vielerorts Verfügungsfonds gebildet, über dessen Mittelverwendung das Beteiligungsgremium beschließen kann.

Bei der konzeptionellen und operativen Organisation und Durchführung der Fördergebiete und der Beteiligungsgremien werden externe Dienstleister sowie Personal der Bezirksämter eingesetzt. Die Ausweisung der Gebiete und die Maßnahmenentwicklung und -bewilligung erfolgt in enger Abstimmung zwischen Bezirken und Fachbehörden.

Zur Erreichung dieser Ziele wurden und werden in erheblichem Umfang öffentliche Fördermittel bereitgestellt und private Investitionen realisiert, die gebietsbezogenen Anstrengungen von Fachbehörden und Bezirksämter in den zentralen Handlungsfeldern gebündelt und gleichzeitig der Einsatz der verschiedenen Programmteile der Städtebauförderung zusammengeführt. Neben einem effektiven Mitteleinsatz soll die Kooperation aller Beteiligten nachhaltig unterstützt und gefördert werden.

Dabei war und ist allen Beteiligten und Experten klar, dass die Förderzeiträume dieser Gebiete (inklusive Sanierungsgebiete) zeitlich begrenzt sind. Das spiegelt sich auch in der gesamten Systematik der Bereitstellung von Fördermitteln auf Landes- und Bundesebene wieder. Fördergebiete werden lagebedingt eingerichtet, durchlaufen einen Entwicklungsprozess und laufen nach einem bestimmten Zeitraum aus, an ihrer Stelle treten andere. So sind bei allen Gebieten so genannte Nachsorge- und Bilanzierungsprozesse von Anfang eingeplant. In diesem Rahmen waren und sind Überlegungen dahingehend zu unternehmen, wie bestimmte Strukturen z.B. durch den Einsatz gebietsverbundene privater Akteure über das Ende des Fördergebietes hinaus erhalten und weiter entwickelt werden können.

Gerade vor dem Hintergrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen (und deutlich erhöhter Finanzmittelbedarfe z.B. bei öffentlichen Wohnungsbauförderung zur Schaffung bezahlbaren Wohnraumes) und dem Ziel eines langfristigen Engagements aller – auch privater Akteure – erscheint dieses ein wichtiges und auch angemessenes Ziel. So unterstützen mittlerweile u.a. Stiftungen genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen, aber auch privater Unternehmen Projekte und Strukturen vor Ort. Dieses Engagement wird ausdrücklich begrüßt.

Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass mit dem Auslaufen von Fördergebieten eine Überführung von Quartiers- und Stadtteilbeiräten in eine eigenständige Struktur sich vielerorts als schwierig erweist. Diese Quartiers- und Stadtteilbeiräte haben eine wertvolle Arbeit geleistet, auf deren Wirken – auch nach einem Wegfall des jeweiligen Fördergebietes – aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion nicht verzichtet werden sollte. Ziel muss daher sein, dass trotz deutlich veränderter Rahmenbedingungen (Wegfall des Fördergebiets) durch einen effizienten öffentlichen Mitteleinsatz sowie die Aufrechterhaltung einer verlässlichen Anbindung an die bezirklichen Gremien die Arbeit strukturell fortgeführt und weiter entwickelt werden kann.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich auch in dieser Legislatur daher mehrfach für den Erhalt der geschaffenen Strukturen auf Stadtteilebene eingesetzt. So wurde mit der finanziellen Unterstützung im Jahr 2011 mit dem „Überbrückungsfonds bezirkliche Stadtteilarbeit“ (Drs. 20/2176) sowie im Jahr 2012 mit der Einrichtung des „Quartiersfonds bezirkliche Stadtteilarbeit“ (Drs. 20/6154) der Erhalt und die Weiterführung der Arbeit in zahlreichen Bürgerhäusern, Community Centern, Stadtteilkulturzentren aber auch in Stadtteil- und Quartiersbeiräten erst möglich gemacht. Die Bezirke erhalten seit 2013 jährlich 1,5 Mio. Euro, um erfolgreiche und wichtige Institutionen der Stadtteilarbeit finanziell zu unterstützen und Finanzierungslücken zielgerichtet zu schließen. Über die Verwendung der Mittel entscheiden die Bezirksämter in Abstimmung mit den jeweiligen Bezirksversammlungen. Mit den Mitteln konnten zahlreiche Einrichtungen und Angebote gesichert werden, dazu zählen so unterschiedliche Themen wie das Centermanagement für das BARMBEK°BASCH, Betriebsmittel für das Centro Sociale, Aufrechterhaltung der Essensversorgung für Kinder und Jugendliche in der Jenfelder Kaffeekanne sowie Mittel für die Koordination/Moderation von Beiratsarbeit und vielerorts die finanzielle und/oder personelle Ausstattung von Stadtteil- und Quartiersbeiräten und Verfügungsfonds. Damit hat sich der Quartiersfonds schnell als wichtige Unterstützung für die zumeist ehrenamtliche Tätigkeit zahlreicher Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen vor Ort etabliert und bewährt.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich aufgrund der positiven Ergebnisse bereits für eine Fortführung und Stärkung des Quartiersfonds und damit verbunden für eine Sicherung der Quartiers- und Stadtteilbeiräte der aktuellen Fördergebiete ausgesprochen. Durch eine Verstärkung des Quartiersfonds sollen die Bezirke die Möglichkeiten erhalten, die Arbeit der Quartiers- und Stadtteilfonds auch über die institutionelle Förderung hinaus zu sichern und quartiersbezogen weiter zu entwickeln.

Beispiele für eine erfolgreiche Verstetigung außerhalb der RISE-Förderung sind folgende Stadtteil- und Quartiersbeiräte: Luruper Forum, Stadtteilbeirat Lenzsiedlung, Stadtteilbeirat Schnelsen-Süd sowie der Stadtteilrat Barmbek-Süd. Für viele Stadtteil- und Quartiersbeiräte stellt sich zudem die Frage, ob und wie nach dem Auslaufen der Förderung die etablierten Strukturen auch ohne professionelle Begleitung auf ehrenamtlicher Basis weitergeführt werden können. Daneben gibt es auch außerhalb von Fördergebieten – teils neu geschaffene, teils lang bewährte – Beteiligungsstrukturen in Form von Stadtteil- oder Quartiersbeiräten, die gegebenenfalls ebenfalls eine Unterstützung benötigen. Wie damit umzugehen ist, muss sinnvollerweise weiterhin am besten direkt durch die Beteiligten vor Ort beantwortet werden. Der Aufbau von bürokratischen Parallelstrukturen, wie er von mancher Stelle gefordert wird (vgl. Drs. 20/10439) erscheint hingegen wenig sinnvoll und konterkariert die erfolgreiche Arbeit von Stadtteil- und Quartiersbeiräte, aber auch von Einwohnervereinen und anderen etablierten Strukturen vor Ort. Ebenso wenig ist es sinnvoll, sämtliche Quartiers- und Stadtteilbeiräte pauschal und ohne Bewertung weiter zu fördern.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. der Bürgerschaft zu den Haushaltberatungen 2015/2016 darüber zu berichten,

a. wie die beauftragten Quartiersentwickler die bestehenden Stadtteil- und Quartiersbeiräte auf das Auslaufen des jeweiligen Fördergebietes vorbereiten,

b. welche finanziellen Unterstützungen für die Stadtteil- und Quartiersarbeit die Bezirke aktuell über die Förderung durch RISE hinaus aus dem Haushalt erhalten,

c. welche weitere Unterstützung und Entwicklung der Quartiersarbeit er plant bzw. die Bezirke planen, sowie

2. unter Einbeziehung der bezirklichen Bewertung stadtteil- und quartiersnahe Bürgerbeteiligung durch die Bezirke nach Auslaufen von Fördergebieten weiterhin zu unterstützen und abzusichern.