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Rechtsanspruch für Tagesmütter und -väter auf Betreuung ihrer eigenen Kinder gemäß Hamburgischem Kinderbetreuungsgesetz (KibeG)

Montag, 13.07.2009

Die Kindertagespflege ist im Wandel: Die qualitativen Anforderungen an Tagesmütter und -väter sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Bereits das „Tagesbetreuungsausbaugesetz“ (TAG) des Bundes vom 27.12.2004 hat deutlich gemacht, dass die Kindertagespflege zu einer qualitativ gleichrangigen Alternative in der Kinderbetreuung bzw. zu Krippen und Kitas aufgewertet werden soll. Das „Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz“ (KICK) vom 08.09.2005 zielt ebenfalls u.a. auf eine qualitative Weiterentwicklung der Kindertagespflege. Auch an dem gemäß Bund-Länder-Vereinbarung vom 2. April 2007 vorgesehenen Ausbau der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren soll die Tagespflege einen nicht unerheblichen Anteil haben und wird entsprechend gefördert (sog. „Krippenausbauprogramm“).

In Hamburg betreuten laut der zuletzt vom Senat genannten Zahlen über 1.900 so genannte Tagespflegepersonen rund 5.500 Kinder. Im Hamburger Kinder- und Jugendbericht heißt es zur Tagespflege zutreffend: „Diese Betreuungsform ermöglicht eine flexibel an den individuellen familiären Bedürfnissen ausgerichtete Betreuung und steht grundsätzlich gleichwertig neben dem Besuch einer Kindertageseinrichtung“.

Die Stadt Hamburg profitiert in vielfacher Hinsicht vom Engagement der Tagesmütter und

-väter. Finanziell ist die Betreuung der Kinder in der Kindertagespflege für die Stadt Hamburg zudem deutlich günstiger, als wenn diese Kinder in Krippen, Kitas oder Horten betreut würden. Diese Tatsache hat der Senat im Rahmen einer Anhörung und Senatsbefragung zur Tagespflege deutlich benannt: „Wir sind uns darüber im Klaren, dass, wenn die Tagesmütter und -väter nicht wären und wir sie durch normale Kindertagesheime zu ersetzen hätten, das eine viel teurere Angelegenheit wäre.“ (Der Senatsvertreter in der Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses vom 31. Mai 2005)

Für die Kindertagespflege gelten in Hamburg die Regelungen des Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) sowie die ausführenden Rechtsverordnungen des Senats u.a. für die „Teilnahmebeiträge“ und „die Höhe des Tagespflegegeldes“. Laut § 28 (1) KibeG soll die Tagespflege in Hamburg „quantitativ und qualitativ ausgebaut werden“.

Ein aktueller Bericht des „Institut für Soziale und Kulturelle Arbeit Nürnberg (ISKA)“ (www.hamburg.de/contentblob/944824/data/kindertagespflege-in-hamburg-studie.pdf) stellt fest, „dass in Hamburg trotz des steigenden Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen der Bereich der Kindertagespflege stagniert“ und sieht hierfür Gründe sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite.

Das ISKA sieht für die Hamburger Tagespflege zudem „einen zunehmenden Alterungsprozess bei fehlendem Nachrücken jüngerer Generationen“. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zum gesetzlichen Ausbauauftrag aus dem KibeG als auch zu anderslautenden öffentlichen Aussagen des zuständigen Senators Wersich.

Im Koalitionsvertrag vom April 2008 für die 19. Legislaturperiode haben CDU und GAL festgelegt: „Die Kindertagespflege durch Tagesmütter und -väter soll zu einem regulären Berufsbild weiter entwickelt werden.“

Zu einem „regulären Berufsbild“ gehört aber, dass es – bei entsprechendem zeitlichem Einsatz – die Existenz sichern kann. Davon kann bisher nicht die Rede sein. Finanzielle Verbesserungen für die Tagesmütter und -väter gibt es nach wie vor nicht. Die Sätze der Tagespflege in Hamburg – wenige Euro pro Stunde – sind seit Jahren nicht angepasst worden. Es gab lediglich die Verbesserung, dass diejenigen Tagespflegepersonen, die die „Langzeitqualifizierung Vertiefungsphase Teil 2“ abgeschlossen haben, den Anspruch auf Pflegegeldstufe 2 (ca. 20 Prozent Zuschlag) erhalten.

Bisher hat der zuständige Senator Wersich nur bundesgesetzliche Regelungen – verspätet – umgesetzt und „Eckpunkte“ vorgetragen. Die Umsetzung dieser Eckpunkte und ihr materieller Gehalt werden zu prüfen sein. Zu einem „regulären Berufsbild“ – wie es im Koalitionsvertrag von CDU und GAL heißt – gehört aber auch, dass es in Hamburger Gesetzen als solches anerkannt wird.

In der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zur Kindertagespflege (Drs. 19/3072) antwortet der Senat auf die Frage nach einem

„Rechtsanspruch der Tagespflegepersonen selbst auf Betreuung eigener Kinder gemäß § 6 (2) des KibeG sowie Umgang mit Gutscheinanträgen auf Betreuung durch Tagespflegepersonen selbst, die für ihre eigenen Kinder eine Betreuung brauchen, um ihrer Tätigkeit nachgehen zu können?“

wie folgt:

„Ein Rechtsanspruch auf Förderung der Betreuung eigener Kinder wegen der Tätigkeit als Tagesmutter und -vater besteht für die Tagespflegepersonen nicht, da die Tätigkeit in der Kindertagespflege bisher nicht als anerkannter Beruf definiert ist und somit keinen Bedarf gemäß § 6 Absatz 2 KibeG16 begründet. In der Regel ist davon auszugehen, dass bei der familienorientierten Form der Kindertagespflege die Betreuung des eigenen Kindes möglich ist. Übt die Tagespflegeperson ihre Tätigkeit berufsorientiert aus und kann ihr eigenes Kind aus organisatorischen Gründen nicht selbst betreuen, ist die Bewilligung eines bedarfsgerechten Kita-Gutscheins nach gründlicher Prüfung des Einzelfalls möglich. Voraussetzung ist, dass die Tagespflegetätigkeit in nennenswertem Umfang ausgeübt wird.“

Das ISKA kommt in seinem o.g. Bericht bei den Hamburger Tagesmüttern und -vätern „einen zunehmenden Alterungsprozess“, dass durchschnittliche Alter liege laut Befragung bei 45 Jahren und über dem bundesweiten Durchschnitt. Laut Auskunft des Senats betreut jeder Tagesmutter bzw. jeder Tagesvater im Schnitt drei Kinder. Vor diesem Hintergrund und der beabsichtigten Entwicklung zu einem regulären Berufsbild, ist die Kindertagespflege regelhaft als Beschäftigung gemäß § 6 (2) Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) anzuerkennen und begründet einen Anspruch auf Betreuung der eigenen Kinder von Tagesmüttern und -vätern im zeitlichen Umfang ihrer Beschäftigung. Es ist nicht akzeptabel, dass die Beschäftigung als Tagesmutter oder -vater bisher in der Umsetzung des KibeG durch den Senat schlechter gestellt wird als die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) oder die Teilnahme an Deutsch-Sprachkursen – beides begründet einen Anspruch auf Betreuung der Kinder im entsprechenden zeitlichen Umfang.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

„Der Senat wird aufgefordert, Kindertagespflege im Rahmen des Kinderbetreuungs-gesetzes (KibeG) als Beschäftigung gemäß § 6 (2) anzuerkennen und Tagesmüttern und

-vätern („Tagespflegepersonen“) einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer eigenen

Kinder im zeitlichen Umfang ihrer Beschäftigung zu gewähren.“