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Sanierung, Bau und Bewirtschaftung von Schulen – Modell Hamburg Süd: Modellversuche zur Beschleunigung – aber kein Einstieg in Privatisierung!

Mittwoch, 06.06.2007

zu Drs. 18/5799

 

Viele Hamburger Schulgebäude sind dringend sanierungsbedürftig. Eine möglichst rasche und gründliche Sanierung aller Schulgebäude ist aus mehreren Gründen eine sinnvolle und lohnende Zukunftsinvestition: Je schlechter der Zustand der Gebäude mit der Zeit wird, desto größer und teurer wird der zukünftig anfallende Sanierungsbedarf. Der Wert der Gebäude sinkt, wenn eine kontinuierliche und nachhaltige Bauunterhaltung vernachlässigt wird. Vor allem aber haben die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern ein Recht auf intakte Schulen! Denn nur in intakten, funktionsfähigen und angenehmen Schulgebäuden ist ein Lernen mit Freude und Erfolg optimal möglich. Zusätzlich zur Sanierung sind an einigen Schulen Erweiterungsbauten notwendig, gerade vor dem Hintergrund erweiterter und sich verändernden pädagogischer Anforderungen (Ganztagesunterricht, Integration u.a.).

 

Bisher ist es dem Hamburger Senat nicht gelungen, eine kontinuierliche Sanierung der Hamburger Schulgebäude sicher zu stellen; die zuständige Abteilung der BBS hat in den letzten Jahren kein Kostencontrolling durchzusetzen vermocht - dies zeigt sich auch in den rund 50 Mio. Euro Haushaltsvorgriff im Jahr 2003. Inzwischen sind außerdem für die Sanierung der Schulgebäude aus den 60er und 70er Jahren erhebliche weitere Investitionen erforderlich.

 

Der Hamburger Senat hat nun einen Fahrplan für die erforderliche Sanierung in zumindest einer Hamburger Region (dem Süden) vorgelegt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, ebenso wie die dort enthaltenen Leitlinien der Nachhaltigkeit, Werterhaltung sowie ganzheitlichen und effizienten Bewirtschaftung. Gleichwohl gibt es vor allem an den betroffenen Schulen selbst erhebliche Zweifel und Vorbehalte gegenüber der projektierten Übertragung dieser Aufgabe an ein externes Unternehmen. Diese Vorbehalte sind aus mehreren Gründen berechtigt:

 

- Die Abgabe der Verantwortung über die Schulgebäude an ein externes Unternehmen, zumal über einen so langen Zeitraum wie 25 Jahre, birgt erhebliche Unsicherheiten und Risiken. Dies belegen auch entsprechende Erfahrungen aus anderen „Public-Private-Partnerships“, wie erst kürzlich die Präsidenten der Landesrechnungshöfe in einer gemeinsamen Stellungnahme festgestellt haben.

 

- Der errechnete Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsvorteil dieses Modells gegenüber einer öffentlichen Eigenerledigung ist nur so lange plausibel, wie auf eine Modernisierung der zuständigen staatlichen Dienststellen und Entscheidungs-prozesse im Hinblick auf die o. g. Leitmotive verzichtet wird. Eine modernisierte und optimierte Eigenerledigung könnte jedoch mutmaßlich die gleichen Leistungen zu ähnlichen oder sogar geringeren Kosten erbringen, bei geringeren Risiken.

 

- Der vorgesehene Übergang der Schulhausmeister zur Partnerfirma, der GWG Gewerbe, führt zu möglichen Problemen der Arbeitsaufteilung, der Kompetenzabgrenzung und der Loyalität. Die Hausmeister und ihre mit angestellten Ehepartner haben jedoch für das konkrete Schulleben in aller Regel eine erhebliche, weit über das rein „Technische“ hinausgehende Bedeutung, die nicht gefährdet werden sollte – auch nicht durch irgendeine substanzielle Verschlechterung ihrer Arbeits- und Entgeltbedingungen.

 

- Den Schulen und ihren Leitungen ist – trotz vertraglich fixierter Mitspracherechte und Abstimmungspflichten – die letztendliche Verfügungshoheit über ihre Gebäude und Anlagen entzogen.

 

Im vorliegenden Modellkonzept sind einige dieser Probleme dadurch abgeschwächt, dass mit der GWG Gewerbe ein Partnerunternehmen ausgewählt wurde, das sich als Teil des SAGA/GWG-Konzerns zu hundert Prozent im Eigentum der Stadt Hamburg befindet. Unter der Voraussetzung, dass die damit gegebene politische Steuerungshoheit der Stadt im Zweifelsfall auch realisiert wird, und vor allem im Interesse eines unverzüglichen Beginns der dringenden Sanierungen scheint ein solcher Modellversuch verantwortbar. Gleichwohl sollten mit ihm parallel weitere Versuche einhergehen, in denen alternative öffentliche Organisationsformen erprobt werden, gerade auch vor dem Hintergrund der angestrebten größeren Selbstverantwortung der Schulen. Und es wird politisch klargestellt, dass mit diesem Modellversuch keinesfalls der Weg für zukünftige „PPP“-Projekte mit rein oder überwiegend privaten Unternehmen geebnet wird. Eine tatsächliche Privatisierung des Schulgebäudemanagements – in welcher Form auch immer – wird ausgeschlossen.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

1. Die Bürgerschaft begrüßt die Absicht des Senats, die Sanierung, den Bau und die Bewirtschaftung der Schulen im Süden Hamburgs – und perspektivisch aller Hamburger Schulen – im erforderlichen Umfang zu beschleunigen und zu intensivieren.

 

2. Die Bürgerschaft begrüßt ebenfalls, dass dieses Vorhaben grundsätzlich unter der Leitlinie der Nachhaltigkeit und Werterhaltung („Lebenszyklus-Betrachtung“) angegangen werden soll.

 

3. Die Bürgerschaft stimmt dem in der Drucksache 18/5799 dargelegten Vorhaben und den entsprechenden finanziellen Auswirkungen und Änderungen des Haushaltsplans 2007/2008 zu und fordert den Senat darüber hinaus zu den folgenden Handlungen auf:

 

a. Der Modellversuch zur Organisation des Schulgebäudemanagements als „Öffentlich-öffentliche Partnerschaft“ wird (mindestens) durch die folgenden weiteren Modellversuche ergänzt:

 

i. In einem anderen Hamburger Bezirk werden Sanierung, Bau und Bewirtschaftung der Schulgebäude zu den gleichen grundsätzlichen Vorgaben wie im „Modell Hamburg-Süd“ (optimale Sanierung und Erweiterung innerhalb von fünf Jahren, nachhaltige Bauunterhaltung und Bewirtschaftung, Lebenszyklus-Betrachtung, enge Abstimmung mit den Schulleitungen usw.), aber in alleiniger Verantwortung der Behörde für Bildung und Sport durchgeführt. Vorschläge für zu diesem Zwecke notwendige Umstrukturierungen in der Organisation und den Abläufen in der Behörde für Bildung und Sport (BBS) sowie der Koordination der beteiligten Behörden, sowie eventuell erforderliche Änderungen haushaltsrechtlicher Vorschriften wird der Senat der Bürgerschaft bis zum 30.11.2007 vorlegen. Dabei sind die diesbezüglichen Vorschläge des Personalrates der BBS zu berücksichtigen.

 

ii. In einem weiteren Hamburger Bezirk erhalten Schulen die Möglichkeit, sich in regionalen Verbünden zum Zwecke der gemeinschaftlichen eigenständigen und eigenverantwortlichen Erledigung von Sanierung, Bau und Bewirtschaftung der Schulgebäude zusammenzuschließen. Ihnen werden dafür die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen aus der Behörde für Bildung und Sport und gegebenenfalls weiteren Dienststellen übertragen. Auch hierfür wird der Senat der Bürgerschaft bis zum 30.11.2007 entsprechende Vorschläge vorlegen.

 

b. Es findet keine Vorfestlegung auf eines dieser Modelle (einschließlich der „Öffentlich-öffentlichen Partnerschaft“) als zukünftige Organisationsstruktur des Schulgebäudemanagements in ganz Hamburg statt. Der Senat wird stattdessen nach einer Laufzeit aller Modellversuche von fünf Jahren die gesammelten Erfahrungen auswerten und evaluieren. Auf dieser Grundlage wird dann eine Entscheidung über die zukünftige Organisationsstruktur des Schulgebäudemanagements in ganz Hamburg getroffen.

 

c. Voraussetzung für das „Modell Hamburg-Süd“, sowie für alle anderen Organisationsmodelle des Schulgebäudemanagements in Hamburg ist, dass auch zukünftig jeder Schule ihr eigener Hausmeister zugeordnet bleibt, der nur für diese jeweilige Schule zuständig ist. Die Arbeitsbedingungen der Hausmeister und ihrer mitangestellten Ehepartner dürfen sich sachlich in keiner Weise gegenüber dem jetzigen Status Quo verschlechtern, insbesondere nicht bezüglich Gehalt, Arbeitszeiten, Altersvorsorge, Kündigungsschutz und Dienstwohnungen.

 

d. Eine Ausweitung des Partnerschaftsmodells auf nicht-öffentliche Unternehmen wird ausgeschlossen. Dies gilt nicht nur für das „Modell Hamburg-Süd“, sondern für alle zukünftigen Organisationsmodelle des Schulgebäudemanagements in Hamburg.

 

e. Es wird ein Kataster aller Hamburger Schulgebäude erstellt, das geeignet ist, als transparente Datenbasis für Wertermittlungen und die Ermittlung von Sanierungsbedarfen zu dienen. Das Kataster umfasst auch alle für den Energieverbrauch und den Gebäudebetrieb relevanten Daten und ist – anders als es bei den 2003 erstellten Gebäudepässen geschehen ist – stets auf dem aktuellen Stand zu halten.