Zum Hauptinhalt springen

Schulweghilfe: Den Vorrang für die Sicherheit und die Bildungschancen der Kinder gewährleisten

Mittwoch, 21.11.2007

In Hamburg sind ca. 2.800 behinderte Schülerinnen und Schüler tagtäglich darauf angewiesen, mit geeigneten Fahrzeugen zur Schule und wieder zurück nach Hause, sowie zu sonstigen Einrichtungen (z.B. Schwimmhallen) gebracht zu werden. Dies geschieht im Rahmen der so genannten Schulweghilfe, die von der Behörde für Bildung und Sport (BBS) organisiert und von privaten Unternehmen oder Hilfsorganisationen in ihrem Auftrag durchgeführt wird. Die BBS hat dafür mit 12 Unternehmen eine so genannte Rahmenvereinbarung über die generellen Konditionen geschlossen. Die konkrete Auftragsvergabe richtet sich nach Auskunft des Senats (Drs. 18/6916) nach den jeweiligen Angebotspreisen, d.h. das jeweils günstigste Angebot erhält den Zuschlag.

In den vergangenen Jahren kam es jedoch immer wieder zu massiven Beschwerden betroffener Eltern über Unzulänglichkeiten bei der Planung und Durchführung (vlg. Drs. 18/3977). Insbesondere seien die Touren aufgrund des so genannten „Zwei-Touren-Systems“ oftmals so angelegt, dass die beteiligten Schülerinnen und Schüler regelmäßig Unterrichtszeit versäumen und/oder erst sehr spät am Nachmittag wieder zu Hause ankommen würden. Auf Vorschlag der SPD-Fraktion hat die BBS daher dem Schulausschuss der Bürgerschaft am 12.09.2006 in einer nachträglichen Protokollerklärung zugesagt, die Umstellung auf ein „Ein-Tour-System“ im Rahmen eines Pilotversuches beginnend zum Schuljahr 2007/2008 zu erproben. Dieser auf zwei Jahre angelegte Pilotversuch ist laut Auskunft des Senats (Drs. 18/6916) mittlerweile an der Schule für Geistigbehinderte Paracelsusstraße angelaufen.

Doch auch unabhängig von dieser grundsätzlichen Organisationsfrage ist die Situation nach den Berichten von Eltern alles andere als befriedigend. So wird bemängelt, dass die für die jeweiligen Touren aufgestellten Zeit- und Fahrpläne regelmäßig und z. T. erheblich verfehlt werden, es also zu erheblichen Verzögerungen kommt. Darüber hinaus sind die Touren z. T. sehr lang, was für die betroffenen Kinder eine erhebliche Belastung darstellt, zumal außer dem Fahrer / der Fahrerin in der Regel keine weitere Begleit- und Betreuungsperson mitfährt. Diese Situation bedeute für die Fahrerinnen und Fahrer eine doppelte Belastung, da sie sich nicht nur auf den Verkehr konzentrieren, sondern auch die Kinder im Auge haben müssen, bei denen es durchaus – anders als bei gewöhnlichen Fahrgästen in Linienbussen – zu unvorhersehbaren Komplikationen und Hilfsbedürftigkeiten kommen kann. Hinzu kommt, dass die beauftragten Unternehmen laut Erfahrungsberichten von Eltern z. T. für diese Aufgabe nicht angemessen geeignet sind: So kämen Busse zum Einsatz, die nicht entsprechend ausgerüstet seien, und Fahrer/innen, die für diese spezielle, anspruchsvolle Aufgabe weder ausgebildet seien noch über entsprechende Erfahrungen verfügten.

Im Interesse der Sicherheit und der Chancengleichheit dieser Kinder und Jugendlichen sowie der Zumutbarkeit für ihre Eltern und Familien ist es jedoch unabdingbar zu gewährleisten, dass die Fahrten so organisiert werden können, dass die Fahrpläne eingehalten werden können, dass die Schüler/innen keinen Unterricht versäumen, dass die Fahrten nicht zu lang sind und die Kinder am Nachmittag nicht zu spät nach Hause kommen, sowie dass die Sicherheit für die Kinder und die Fahrer/innen auf den Fahrten jederzeit gewährleistet ist.

In diesem Sinne möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

 

1. bei den Ausschreibungen dafür zu sorgen, dass qualitative Aspekte berücksichtigt werden und der Zuschlag nicht ausschließlich nach Kostenkriterien vergeben wird;

 

2. die Touren im Rahmen der Schulweghilfe so zu organisieren, dass

a. die aufgestellten Fahrpläne verlässlich eingehalten werden können,

b. die Busse nicht zu voll sind,

c. die Fahrten nicht zu lang sind, und

d. für die Schüler/innen und die Eltern keine übermäßigen Wartzeiten entstehen;

 

3. bei den Touren jeweils neben dem bzw. der Fahrer/in eine zweite Begleit- und Betreuungsperson mitfahren zu lassen, die für die zu leistende Aufgabe entsprechend ausgebildet und qualifiziert zu sein hat;

 

4. nur solche Unternehmen mit der Durchführung der Fahrten zu beauftragen, deren Eignung für diese Aufgabe zweifelsfrei erwiesen ist, die also bereits über nachweisbare Erfahrungen mit der ordnungsgemäßen Durchführung solcher Fahrten verfügen. Dazu gehören insbesondere die aufgaben- und sicherheitsgerechte Ausrüstung der eingesetzten Fahrzeuge sowie die spezielle Qualifikation der Fahrerinnen und Fahrer; Die Einhaltung dieser Qualitätsvorgaben ist von der zuständigen Behörde regelmäßig zu überprüfen;

 

5. das Haushaltsbudget für die Schulweghilfe so anzupassen, dass die unter 1. bis 4. genannten Ziele realistisch und verlässlich erreicht werden können;

 

6. darüber hinaus zu prüfen, ob für die unter 3. genannte Anforderung auch ehrenamtliche Helfer/innen in Frage kommen können, z.B. in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsorganisationen;

 

7. der Bürgerschaft über die Umsetzung der unter 1. bis 6. genannten Ziele und Maßnahmen bis zum 1. Februar 2008 zu berichten;

 

8. der Bürgerschaft außerdem bis zum 1. Februar 2008 einen Zwischenbericht über den laufenden Pilotversuch zur Umstellung auf das „Ein-Tour-System“ zu erstatten;

 

9. das Ziel zu verfolgen, flächendeckend zu einem „Ein-Tour-System“ zu kommen.