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Schutz vor Stalkern verbessern – Regelungslücken schließen

Montag, 16.10.2006

Am 9. Oktober 2007 ist es in Hamburg erneut zu einem schweren Stalker-Angriff auf eine junge Frau gekommen. Das Kriminalitätsphänomen des sog. Stalking, die hartnäckige Belästigung und Verfolgung, greift immer häufiger um sich. Oft leiden die Opfer viele Monate unter systematischen Nachstellungen, wie Telefonterror und permanentes Auflauern, bevor die Hürden zum Eingreifen für den Staat erreicht sind.

 

Bedrohliches Stalking, aber auch Gewalt in vorhandenen oder beendeten Nähebeziehungen sind Fälle, in denen der Staat in seiner Schutzpflicht gefordert ist. Auch wenn bei der Opferhilfe in Hamburg, durch den neuen Straftatbestand gegen Stalking, § 238 StGB (eingefügt durch das Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen vom 30. März 2007) sowie durch das Gewaltschutzgesetz des Bundes bereits einiges erreicht wurde, müssen insbesondere auch auf Landesebene die Eingriffsmöglichkeiten gegen Schläger und Stalker nochmals erweitert werden.

 

Bereits im Jahr 2005 hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion im Zuge der Novellierung des Hamburgischen Polizeigesetzes, aber auch im Rahmen der bürgerschaftlichen Opferschutzberatungen Gesetzesinitiativen (Drs. 18/2379 und Drs. 18/3150) eingebracht, die nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz – in Ergänzung zum bundesrechtlichen Gewaltschutzgesetz - ein Kontakt- und Näherungsverbot für Eskalationen in Nähebeziehungen im hamburgischen Polizeirecht festschreiben sollte. Durch ein solches Kontaktverbot- und Näherungsverbot bestünde die Möglichkeit, im Falle eines Verbotes sofort eine Ingewahrsamnahme vorzunehmen, wenn sich der Täter dem Verbot widersetzt. Bedauerlicherweise wurden beide Anträge von der CDU-Mehrheit der Bürgerschaft damals abgelehnt.

 

Nunmehr soll ein erneuter Anlauf genommen werden, diese Regelungslücke zu schließen. Dabei wurde die Gesetzesformulierung an den neuen Straftatbestand des Stalkings (§ 238 StGB) angepasst und aktualisiert.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

 

A. Die Bürgerschaft möge das nachstehende Gesetz beschließen:

 

Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Gesetzes zum

Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG)

 

Das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14. März

1966 (HmbGVBI. Seite 77), zuletzt geändert am 6. Oktober 2005 (HmbGVBI. Seite 424, 428), wird wie folgt geändert:

 

1. Nach § 12 b wird folgender § 12 c eingefügt:

 

„§ 12 c Kontakt- und Näherungsverbot

Bei tatsächlichen Anhaltspunkten für Gewalt oder Bedrohung in sozialen Beziehungen und sonstigen Näheverhältnissen sowie für unbefugtes Nachstellen im Sinne von § 238 StGB kann zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte angeordnet werden, dass der Verantwortliche es unterlässt,

 

1. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der betroffenen Person aufzuhalten,

2. Verbindung zur betroffenen Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,

3. Zusammentreffen mit der betroffenen Person herbeizuführen,

soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist (Kontakt- und Näherungsverbot). Die Anordnungen sind zu befristen; die Frist kann verlängert werden. § 12 a und b bleiben unberührt."

 

2. § 13 wird wie folgt geändert:

 

a) Hinter Nr. 4 wird folgende Nr. 5 eingefügt:

„5. unerlässlich ist, um ein Kontakt- oder Näherungsverbot nach § 12 c durchzusetzen oder“

b) die bisherige Nr. 5 wird Nr. 6.

 

B. Der Senat wird aufgefordert, der Bürgerschaft zu ihrer Sitzung am 12./13. Dezember 2007 zu berichten,

 

a) inwieweit und mit welchem Ergebnis die Fälle schwerer Gewalteskalationen bis hin zu Tötungsdelikten in sozialen Beziehungen und sonstigen Näheverhältnissen in Hamburg systematisch analysiert worden sind (vergleichbar z. B. dem Lagebild des LKA Baden-Württemberg),

b) in welchen Fällen, mit welchen Ergebnissen und mit welchen Konsequenzen (z. B. individuelles Schutzkonzept) schon heute systematisch Situations- und Gefährdungsanalysen bei Gewalteskalationen in sozialen Beziehungen und sonstigen Näheverhältnissen durchgeführt werden,

c) was der Senat unternommen hat und noch unternehmen wird, um die Forderung der IMK nach möglichst umfassender Situations- und Gefährdungsanalyse bei jeder Gefährdungssituation mit Eskalationspotential umzusetzen,

d) in welchen Fällen, mit welchen Ergebnissen und mit welchen Konsequenzen schon heute systematisch Gefährderansprachen und weitere täterorientierte Maßnahmen (z. B. Platzverweise, Wohnungswegweisung usw.) durchgeführt werden,

e) was der Senat unternommen hat und künftig unternehmen wird, um die Forderung der IMK nach der Gefährderansprache als Standardmaßnahme sowie nach flankierenden weiteren Maßnahmen umzusetzen (z. B. Annäherungsverbot, Rückkehr- und Kontaktverbot, Prüfung der Verfügbarkeit von Waffen, Demobilisierung des Gefährders – z.B. durch Sicherstellung des Fahrzeugschlüssels – Meldungen an Fahrerlaubnis- und Waffenbehörden zur Klärung der charakterlichen Eignung, Androhung und ggf. Vollzug von Gewahrsam, Prüfung beschleunigter Verfahren),

f) ob und mit welchem Ergebnis die Prüfung, ob eine polizeiliche Gefährderdatei nach Bremer Vorbild eingerichtet wird, inzwischen abgeschlossen ist,

g) ob es bei Dienstvorschriften und Dienstanweisungen im Hinblick auf die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der IMK Ergänzungs- oder Novellierungsbedarf gibt,

h) was weiter unternommen und verbessert werden kann, um zu einem ganzheitlichen Fallmanagement mit verantwortlicher Steuerung und unter Einbeziehung der Hilfeeinrichtungen bei Gewalteskalationen in sozialen Beziehungen und sonstigen Näheverhältnissen zu kommen,

i) wie der Senat die Betreuung von Kindern, die die Gewaltanwendung miterlebt haben, zukünftig noch besser sicherstellen will,

j) wie der Senat die Hamburgerinnen und Hamburger weiter für dieses Thema sensibilisieren will.