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Senior:innen in der Mobilitätswende aktiv mitnehmen

Mittwoch, 10.08.2022

Ältere Menschen in Hamburg sind mobil wie nie. Ein Grund dafür sind die steigenden Möglichkeiten der Lebensgestaltungen und die heterogene Zusammensetzung der Menschen über 65 Jahren. Erwerbstätige im letzten Abschnitt ihrer Laufbahn fallen ebenso darunter wie Personen kurz nach dem Renteneintritt oder aber vermehrt sehr betagte Menschen über 80 oder gar 90 Jahren. Eines ist ihnen gemeinsam: Sie haben verglichen mit den letzten Generationen der Senior:innen nicht nur ein sehr hohes Mobilitätsbedürfnis, sondern auch verhältnismäßig oft ein eigenes Auto im Haushalt zur Verfügung. Zudem machen Menschen über 65 knapp 20 Prozent der Hamburger Bevölkerung aus. Damit sind sie eine Gruppe, die für eine gelingende Mobilitätswende stärker in den Blick genommen werden sollte als bisher (siehe Agora Verkehrswende (2020): Baustellen der Mobilitätswende. Wie sich die Menschen in Deutschland fortbewegen und was das für die Verkehrspolitik bedeutet). Aus diesem Grund haben die Koalitionsfraktionen das Konzept der altersfreundliche Gestaltung Hamburgs im Sinne einer „Age-friendly City“ im Koalitionsvertrag verankert.

Wir wollen, dass die Bedürfnisse von Senior:innen im Radverkehr, im Bahn- und Busverkehr, im Fußverkehr und an den Verbindungspunkten all dieser Verkehrsmittel in den Mittelpunkt gerückt werden. Dies gilt auch für die Integration von neuen Mobilitätsformen, die sich erst in den Verkehrsmittelmix einfügen müssen und die in der Praxis neue Her-ausforderungen für Menschen mit Behinderungen oder mit Mobilitätseinschränkungen mit sich bringen, wie etwa unsachgemäß benutzte E-Scooter. Hier müssen weiter verstärkt die Bedürfnisse von u. a. Senior:innen in den Blick genommen werden (siehe Drs. 22/5634).

Barrierefreiheit und gefühlte Sicherheit sollen außerdem bei jedem Planungsschritt und sowohl bei Um- als auch Neubauten von Verkehrsanlagen ein übergeordnetes Ziel sein. Dies ist auch im Sinne einer inklusiven Mobilitätswende wichtig, weil die Veränderungen häufig auch vielen anderen Gruppen der Gesellschaft zu Gute kommen: Eltern mit Kin-derwagen und/oder kleinen Kindern, Schwangeren, Menschen mit Einkäufen oder anderweitig mobilitätseingeschränkte Menschen, Menschen ohne Zugang zu Smartphone-Apps – sie alle profitieren von Maßnahmen zur Sicherheit und Barrierefreiheit sowohl zu den bewährten als auch den neuen Mobilitätsformen.

Hier kann der Grundsatz „Design für alle“ greifen, der im HVV bereits umgesetzt wird (siehe die Broschüre hvv Publikation: Mobilita?t weiterdenken - Barrierefreie Wegeketten) und noch forciert werden soll, sei es in der verkehrsbaulichen als auch in der technischen Infrastruktur. Dies beinhaltet nicht nur sichere Fuß- und Radwege sowie barrierefreie Fahrzeuge, Haltestellen und Umsteigemöglichkeiten von einem Verkehrsmittel zum nächsten, sondern auch den Zugang zu On-Demand-Verkehren und hvv switch. Insbesondere bei mobilitätsübergreifenden Plattformen ist es zudem notwendig, auch Zugangsmöglichkeiten ohne Internet und Smartphone mitzudenken. Denn nur gut 50 Prozent der Altersgruppe über 70 Jahre nutzt lt. Statista „Anteil der Smartphone-Nutzer in Deutschland nach Altersgruppe im Jahr 2021“ ein Smartphone), sodass viele ältere Menschen von diesen Möglichkeiten der neuen Mobilität ausgeschlossen werden – auch das ist eine Frage von Barrierefreiheit.

Darüber hinaus gehört zu einer umfassenden Einbindung von Senior:innen ein breites und passgenaues Informations- und Trainingsangebot, damit diese erfahren können, welche Möglichkeiten es für sie mit Verkehrsmitteln des Umweltverbundes gibt und wie sie diese unkompliziert und sicher nutzen können. Viele einzelne Angebote zum Kompe-tenzerwerb von Senior:innen im ÖPNV und Radverkehr existieren – sei es das Ticketautomatentraining oder das Rollator-Training des HVV oder Fahrradkurse der Polizei Hamburg für die ältere Generation. Diese Angebote, unter Mitarbeit von Senior:innenvertretungen wie etwa dem Landesseniorenbeirat, an zentraler Stelle zu bündeln und zu prüfen, inwiefern sie ausgebaut und sinnvoll erweitert werden können – um z. B. Coachings zur Nutzung der online-Angebote und Apps – würde den Zugang für Senior:innen zur neuen Mobilität erleichtern. Weitere notwendige Schritte in einem solchen Prozess wären, dieses gebündelte Angebot offensiv und zielgruppengerecht zu bewerben.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. die senior:innengerechte Gestaltung von Haltestellen, Umsteigepunkten und Fahrzeugen im Sinne von „Design für alle“ weiter voranzutreiben und dabei besonders

a) die Weiterentwicklung der ÖPNV-Infrastruktur stets nach den höchsten und erforderlichen Standards der Technik und – über die Umsetzung des Hamburg-Takts – verkürzte, barrierefrei ausgestaltete und angemessen komfortable Verweil- und Umsteigezeiten auf ÖPNV-Anlagen auch für Senior:innen,

b) angepasste Ampelphasen an Straßenquerungen von Umsteigepunkten

c) einen ausreichenden Winterdienst bei Schnee und Glätte

in den Blick zu nehmen;

2. den senior:innengerechten Fahrradverkehr weiter zu stärken, indem

a) im Sinne der Einigung mit der Volksinitiative Radentscheid Hamburg (Drs. 22/106) in der weiteren Umsetzung des Programms der Schwerpunkt beim Neu- und Ausbau von Radverkehrsanlagen zunehmend auf von der Fahrbahn baulich abgetrennten Radwegen liegt, wo immer dies möglich ist;

b) in Zusammenarbeit mit den Bezirken bei Neuplanungen geprüft wird, ob ausreichend wettergeschützte Erholungs- und Sitzgelegenheiten mit Arm- und Rücklehnen an Fahrradrouten in Grün- und Landschaftsbereichen sowie an urbanen Velorouten geschaffen werden können und

c) Beschilderungen von Velorouten gut lesbar angebracht werden.

3. zu prüfen, inwiefern der Zugang zu On-Demand-Verkehren und hvv switch ohne Nutzung eines Smartphones gestaltet werden kann;

4. Coachings für Senior:innen für die Nutzung der online- und appbasierten Angebote im HVV zu stärken und weiterzuentwickeln;

5. in Zusammenarbeit mit dem Landesseniorenbeirat und dem Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg zu prüfen, inwieweit die vorhandenen Informations- und Trainingsangebote für Senior:innen für Verkehrsmittel des Umweltverbundes über die bestehenden Formate hinaus an weiteren Stellen offensiv und zielgruppengerecht ergänzend beworben werden können;

6. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2022 über den Fortschritt der Maßnahmen zu berichten.

 

sowie
  • Rosa Domm
  • Christa Möller-Metzger
  • Olaf Duge
  • Gerrit Fuß
  • Dominik Lorenzen
  • Sonja Lattwesen
  • Zohra Mojadeddi
  • Johannes Alexander Müller
  • Andrea Nunne
  • Lisa Maria Otte
  • Dr. Miriam Putz
  • Ulrike Sparr (GRÜNE) und Fraktion