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Sicherung von Kontinuität und Qualität in der Wissenschaft – Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen

Mittwoch, 09.05.2012

Eine wissenschaftliche Karriere ist heute mit großen vertraglichen Unsicherheiten verbunden. 83 Prozent der bundesweit rund 150 000 hauptberuflich tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind befristet beschäftigt. Gut die Hälfte der Arbeitsverträge hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr. Das geht aus einer Studie des Hochschul-Informations-Systems (HIS) im Auftrag des Bundesforschungsministeriums hervor, die im Rahmen eines Fachgespräches des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technologie des Bundestages diskutiert wurde. Untersucht haben die Hochschul-forscherinnen und -forscher, wie sich das 2007 in Kraft getretene

„Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ ausgewirkt hat.

Inzwischen ist der ursprüngliche Grund der starren Befristungsregel des Gesetzes zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft entfallen. Mittlerweile benötigen die Hochschulen mehr wissenschaftliches Personal. Das Gesetz in seiner jetzigen Fassung verhindert, dass wissenschaftliches Personal für die Hochschulen entwickelt wird. Gerade Wissenschaftler/innen mit geringerem finanziellem Hintergrund können nur unter sehr erschwerten Bedingungen eine Hochschulkarriere beginnen. Um eine Qualifikation im Anschluss an die durch das Bachelor-Master System verlängerte Studienzeit zu ermöglichen wäre es hilfreich, die Zeiten der Beschäftigung als studentische und wissenschaftliche Hilfskraft nicht anzurechnen.

Außerdem ist in dem o.g. Gesetz eine Tarifsperre vorgesehen, die verbietet, dass durch Regelungen im Tarifvertrag nicht abgewichen werden darf. Dagegen hat bereits die SPD-Bundestagsfraktion opponiert (Bundestagsdrucksache 17/6336). Insbesondere aber die konkrete Handhabung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durch die Hochschulen verstärkt das Problem prekärer Beschäftigungen in der Wissenschaft und verschärft die ökonomische Situation von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Das Gesetz steht dem eigentlichen Ziel, die Ausbildung von Akademikerinnen und Akademikern zu fördern, entgegen.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses durch geeignete Maßnahmen zu stärken und zu fördern,

2. im Rahmen seiner Möglichkeiten auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass

2.1 die Bestimmungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf den Prüfstand gestellt und insbesondere im Hinblick auf die veränderten Bedingungen aus dem Bologna-Prozess und der Praxis der Drittmittelvergabe betrachtet werden,

2.2 die Zeiten der Beschäftigung als studentische Hilfskraft nicht angerechnet werden,

3. in Zusammenarbeit mit den Hochschulen darauf hinzuwirken,

3.1 dass eine möglichst große Zahl von angehenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – auch jene, die ökonomisch auf eine Anstellung an der Hochschule oder durch Stipendien angewiesen sind – die Möglichkeit zur Förderung bekommt,

3.2 den wissenschaftlichen Nachwuchs frühzeitig an Forschungsprojekte heranzuführen, ohne dass damit spätere ökonomische Nachteile für ihn verbunden werden,

3.3 möglichst angehenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, Qualifikationen und wissenschaftliche Grade auch unabhängig von einer (befristeten) Anstellung an einer Hochschule zu erwerben,

4. der Bürgerschaft bis zum 31.07.2013 zu berichten.