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Stärkung der Kinder- und Jugendgesundheit im Öffentlichen Gesundheitsdienst

Mittwoch, 20.04.2022

Die Bundesregierung stellt im Rahmen des „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ (PÖGD) insgesamt vier Milliarden Euro innerhalb von sechs Jahren für Personal, Digitalisierung und Modernisierung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts (ÖGD) zur Verfügung. Hamburg erwartet rund 78 Millionen Euro der Gesamtsumme zur Personalstärkung und Organisationsentwicklung. Die Mittel werden den Ländern in sechs Tranchen über einen Zeitraum von sechs Jahren (2021–2026) im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung übertragen. Die jeweiligen Personalaufwuchskonzepte und -zielsetzungen bilden die Grundlage zur Bemessung der Höhe und Zeitpunkte der einzelnen Tranchen. Bis Ende 2022 sollen 110 neue unbefristete Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst geschaffen werden. 92 Stellen entstehen davon in den bezirklichen Gesundheitsämtern, 10 Stellen in der Sozialbehörde und 8 Stellen im Institut für Hygiene und Umwelt (HU). Im Jahr 2021 wurden in einer ersten Tranche 33 Stellen im Verwaltungsbereich und im Infektionsschutz eingerichtet. In einer zweiten Tranche werden im Laufe des Jahres 2022 weitere 77 Stellen aufgebaut.

Die Bundesländer hatten bereits auf der 91. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Jahr 2018 das „Leitbild für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) – Der ÖGD: Public Health vor Ort“ beschlossen, das die Gesundheitsämter in ihrer koordinierenden Rolle für die Gesundheit der gesamten Bevölkerung in den Blick nimmt – sei es im Infektionsschutz, bei den Impfberatungen, den Schuleingangsuntersuchungen oder dem kommunalen Gesundheitsförderungsmanagement. Die damalige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) hat im Jahr 2019 gemeinsam mit den Bezirken eine Hamburger Strategie zur Stärkung des ÖGD entwickelt, um das Leitbild für Hamburg zu übersetzen. Damit wurde bereits eine gute Grundlage zur Umsetzung des PÖGD gelegt. Ein zentrales Ziel ist dabei, die Bedarfe, welche aus der gestiegenen Geburtenrate der letzten Jahre in Hamburg erwachsen, angemessen abzubilden.

Die gestiegene Geburtenrate wirkt sich unmittelbar beim Schulärztlichen Dienst aus. Die Anzahl der Beschäftigten ist in den letzten Jahren nicht im gleichen Verhältnis gewachsen wie die Jahrgangsstärke der Kinder, die durch die Schuleingangsuntersuchung erreicht werden sollen. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 ist ein Großteil der Untersuchungen zudem ausgefallen, wobei sich erhebliche Unterschiede in den einzelnen Gesundheitsämtern gezeigt haben. Zwischen nur 13 Prozent durchgeführter Untersuchungen in Harburg und immerhin 80 Prozent in Nord gab es eine auffallend große Spann-breite. Es liegt daher die Annahme nahe, dass die Gründe für das Ausmaß der ausgefallenen Untersuchungen nicht alleine in der pandemischen Lage zu suchen sind. Auch die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) können den Ausfall von Schuleingangsuntersuchungen nicht kompensieren. Diese werden nicht von allen Familien wahrgenommen und hinterlassen in manchen Fällen diagnostische Lücken. Im Gesundheitsreport „Gesundheit Hamburger Kinder im Einschulungsalter“ aus 2015 wurde bereits beschrieben, dass jedes zweite Kind mit Verdacht auf eingeschränktes Seh-vermögen und jedes dritte Kind mit Verdacht auf Hörprobleme zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung noch nicht mit entsprechenden Hilfen ausgestattet war. Für gute Lernvoraussetzungen der Kinder ist es demnach von großer Bedeutung, dass Schuleingangsuntersuchungen in vollem Umfang stattfinden. Der dafür notwendige Personalaufwuchs beim Schulärztlichen Dienst soll auch mit den Mitteln aus dem PÖGD umgesetzt werden. Für die Durchführung, die Dokumentation und die Vermittlung weiterführender Diagnostik und Hilfen im Bedarfsfall sollen gemeinsame Standards bei den Schuleingangsuntersuchungen für alle Bezirke entwickelt werden. Besonderes Augenmerk muss dabei auch auf die mehrsprachige Vermittlung der Untersuchungsergebnisse und ggf. der daraus folgenden Empfehlungen gelegt werden. Gleichzeitig ist die Vernetzung mit den Akteuren und Angeboten vor Ort von großer Bedeutung. Gerade in Stadtteilen mit geringerer Versorgungsdichte durch niedergelassene (Kinderarzt-)Praxen muss der öffentliche Gesundheitsdienst vielfältig vernetzt arbeiten und besonders robust aufgestellt sein. Es gilt die besonderen Bedarfe vor Ort zu adressieren und gleichzeitig überbezirklich eine qualitätsgesicherte einheitliche Arbeitsweise zu etablieren.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. mit Mitteln aus dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (PÖGD) einen nachhaltigen Personalaufbau in den bezirklichen Gesundheitsämtern zu gewährleisten, der ab dem Jahr 2022 einen besonderen Schwerpunkt auf den Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit legt,

2. insbesondere den Schulärztlichen Dienst personell zu verstärken, um flächendeckende Schuleingangsuntersuchungen in allen Hamburger Bezirken sicherzustellen,

3. die Kooperation und Vernetzung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes mit Akteuren und Hilfsstrukturen vor Ort insbesondere in den Stadtteilen mit größeren

sozioökonomischen Problemlagen zu verstärken,

4. der Bürgerschaft über den Personalaufbau und die Verwendung der Mittel aus dem PÖGD bis zum 31.12.2022 zu berichten.

 

sowie
  • Dr. Gudrun Schittek
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels
  • Michael Gwosdz
  • Britta Herrmann
  • Linus Görg
  • Christa Möller-Metzger
  • Yusuf Uzundag
  • Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion