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Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes

Donnerstag, 20.05.2010

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in den vergangenen Jahren verschiedentlich eine Intensivierung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes und der Nachrichtendienste gefordert. Auf Bundesebene hat es eine Reform der Geheimdienstkontrolle gegeben. Auch auf Landesebene gibt es erste Vorstöße, hier nachzuziehen. Allgemein ist feststellbar, dass es quer durch Regierungs- und Oppositionsfraktionen auf Bundes- und Landesebene ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit einer parlamentarischen Kontrolle gibt. In Hamburg kommt hinzu, dass die sich die Verfassungsschutzkontrolle im PKA und in der G10-Kommission in die Verfassungswirklichkeit eines Teilzeitparlaments einfügen muss.

Dabei ist klarzustellen, dass das Anerkenntnis der Notwendigkeit einer Stärkung der Kontrollgremien kein Misstrauensvotum gegenüber der Arbeit des Verfassungsschutzes sein soll. Im Gegenteil: Die Kolleginnen und Kollegen beim Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz leisten – unter nicht immer einfachen Rahmenbedingungen – einen guten und unverzichtbaren Job für die freiheitlich demokratische Grundordnung. Sie haben unser Vertrauen verdient. Aber auch hier gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das gegenseitige Verständnis kann durch verbesserte Rahmenbedingungen vielleicht sogar noch weiter gefördert werden.

Die Stärkung der Kontrollgremien soll insbesondere nicht auf Kosten des Verfassungsschutzes gehen. Im Gegenteil: Die Wahrnehmung der Geschäftsstellenfunktion zukünftig im Hoheitsbereich der Bürgerschaft führt zu einer Entlastung des Verfassungsschutzes. Die Bürgerschaft wird sich der Herausforderung stellen, die Betreuung dieser Ausschüsse – wie bei jedem anderen Ausschuss auch, hier aber unter besonderen Geheimschutzanforderungen – selbst zu bewerkstelligen. Hierzu sind die notwendigen Umsetzungsschritte bereits eingeleitet worden.

 

Die Bürgerschaft möge das nachfolgende Gesetz beschließen:

 

„Gesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle

auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes

Vom…

 

Artikel 1

Gesetz zur Änderung des HmbVerfSchG

 

Das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz vom 7. März 1995 (HmbGVBl. 1995, S. 45), zuletzt geändert am 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29, 32) wird wie folgt geändert:

 

1. § 25 erhält folgende Fassung (Änderungen fett gedruckt):

㤠25

Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses

(1) Der Ausschuss besteht aus sieben Mitgliedern der Bürgerschaft.

(2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft in geheimer Abstimmung gewählt.

(3) 1 Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuss bekannt geworden sind. 2 Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ausschuss oder aus der Bürgerschaft. Satz 1 und Satz 2 gelten nicht für eigene Bewertungen bestimmter Vorgänge, sofern die Belange des Geheimschutzes beachtet werden.

(3a) Die Mitglieder des Ausschusses haben das Recht, zur Unterstützung ihrer Arbeit jeweils eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter je Fraktion zu benennen. Voraussetzung für diese Tätigkeit ist die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen und die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung. Die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind befugt, anlassbezogen die vom Ausschuss beigezogenen Akten und Dateien einzusehen und die Beratungsgegenstände des Ausschusses mit den Mitgliedern zu erörtern; das Unterstützungsbegehren ist dem Vorsitzenden anzuzeigen und den Mitgliedern des Ausschusses zur Kenntnis zu geben. Die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben keinen Zutritt zu den Sitzungen. Absatz 3 Sätze 1 und 2 gelten entsprechend.

(3b) Dem Ausschuss ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Für die Beschäftigten gelten Absatz 3 Sätze 1 und 2 sowie Absatz 3a Satz 2 entsprechend. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist ihnen Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen.

(4) Der Ausschuss wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. Beschlüsse des Ausschusses bedürfen der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder.

(5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben für die laufende Wahlperiode im Gewahrsam der Bürgerschaftskanzlei, im Übrigen im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur an diesen Orten von den Ausschussmitgliedern eingesehen werden.

(6) 1 Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuss; für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. 2 Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuss ausscheidet.

(7) Der Parlamentarische Kontrollausschuss berichtet der Bürgerschaft jährlich und im Übrigen anlassbezogen über seine Kontrolltätigkeit. Dabei nimmt er auch dazu Stellung, ob der Senat seinen Pflichten gegenüber dem Ausschuss nachgekommen ist. Die Berichte sollen so gefasst sein, dass die im Ausschuss vertretenen Meinungen und die Gründe, die zu Beschlüssen geführt haben, ersichtlich sind. Sie müssen die Empfehlung des Ausschusses und das Abstimmungsverhältnis, mit dem die Empfehlung zustande gekommen ist, wiedergeben. Bei der Erstellung des Berichts sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten.“

 

2. § 26 erhält folgende Fassung (Änderungen fett gedruckt):

㤠26

Aufgaben des Ausschusses

(1) Der Ausschuss übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. 2 Die Rechte der Bürgerschaft bleiben unberührt.

(2) Der Senat hat den Ausschuss umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Der Ausschuss tagt in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds.

(3) Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben hat der Ausschuss auf Antrag mindestens eines seiner Mitglieder das Recht auf

1. Erteilung von Auskünften,

2. Einsicht in Akten, in Dateien gespeicherte Daten, Stellungnahmen und andere Unterlagen,

3. Zugang zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz und

4. Anhörung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen, die verpflichtet sind, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen.

Die Befugnisse des Ausschusses nach Satz 1 Nummer 2 erstrecken sich nur auf Gegenstände, die der alleinigen Verfügungsberechtigung des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen. Die Rechte nach Satz 1 sind Befugnisse gegenüber dem Ausschuss als Ganzes.

(4) Den Ersuchen nach Absatz 3 ist unverzüglich zu entsprechen. Der Senat bescheidet ein solches Ersuchen abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, soweit gesetzliche Vorschriften entgegenstehen oder wenn dieses aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs, des Schutzes von Persönlichkeitsrechten oder des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung erforderlich ist. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuss seine Gründe dar.

(5) Der Senat hat dem Ausschuss insbesondere über

1. Gefahren für die Schutzgüter des § 1,

2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach § 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen,

3. die Maßnahmen nach § 8 Absatz 11,

4. die Weiterspeicherung nach § 9 Absatz 3,

5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einem automatisierten Verfahren, für das eine Verfahrensbeschreibung nach § 9 Absatz 1 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschrieben ist, und seine wesentlichen inhaltlichen Änderungen,

6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach § 15,

7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach § 16,

8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach § 17,

9. Anfragen bei ausländischen öffentlichen Stellen nach § 12 Absatz 5 Satz 3 HmbSÜG mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach § 9 Absatz 2 Satz 2

zu berichten.

(6) Der Ausschuss kann dem behördlichen Datenschutzbeauftragten der zuständigen Behörde und dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheut Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben.“

 

3. § 27 erhält folgende Fassung (Änderungen fett gedruckt):

㤠27

Eingaben

„Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben. Der Ausschuss bescheidet die an ihn gerichteten Eingaben, nachdem er diese dem Senat zur Stellungnahme übermittelt hat. Der Ausschuss hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. § 26 Absätze 3 und 4 finden entsprechende Anwendung. Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt.“

 

Artikel 2

Gesetz zur Änderung des

Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes

 

Das Gesetz zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes vom 17. Januar 1969 (HmbGVBI. Seite 5), zuletzt geändert am 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29, 33), wird wie folgt geändert:

1. § 1 Absatz 5 erhält folgende Fassung (Änderungen fett):

„Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Artikel-10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch das Landesamt für Verfassungsschutz einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Zur Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben hat die Kommission auf Antrag mindestens eines seiner Mitglieder das Recht auf

1. Erteilung von Auskünften,

2. Einsicht in Akten, in Dateien gespeicherte Daten, Stellungnahmen und andere Unterlagen und

3. Zugang zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz

soweit das Begehren im Zusammenhang mit der Maßnahme steht. Sie kann dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. Bei Maßnahmen nach § 7 Absätze 3 bis 7 sowie nach § 8 Absatz 10 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes kann sich der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit abweichend von Satz 2 jederzeit an die Kommission wenden; hierüber unterrichtet er gleichzeitig die zuständige Behörde.“

 

2. § 2 Absatz 2 erhält folgende Fassung (Änderungen fett):

2.1. Es wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt:

„Der Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.“

2.2. Die Absätze 2 bis 4 werden Absätze 3 bis 5.

2.3 In Absatz 5 wird nach dem Wort „jährlich“ der Zusatz „und im Übrigen anlassbezogen“ eingefügt.

 

sowie
  • der Abg. Kai Voet van Vormizeele
  • Karl-Heinz Warnholz
  • Elke Thomas
  • Klaus-Peter Hesse
  • André Trepoll
  • Thomas Felskowsky
  • Harald Krüger
  • Richard Seelmaecker (CDU) und Fraktion der Abg. Antje Möller
  • Farid Müller
  • Claudius Lieven
  • Jens Kerstan
  • Linda Heitmann (GAL) und Fraktion