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Starre Regelungen aufheben – Lernentwicklungsgespräche dem Bedarf anpassen

Mittwoch, 24.10.2012

Seit 2009 sieht das Schulgesetz verpflichtend zwei zusätzliche Lernentwicklungsgespräche pro Schuljahr vor, die die Lehrerinnen und Lehrer mit jeder Schülerin und jedem Schüler sowie deren Eltern führen müssen. Diese umfassende Veränderung zielt in die richtige Richtung, wurde aber weder im Lehrerarbeitszeitmodell verankert, noch an die schulische Praxis angepasst. Die erhebliche zusätzliche Arbeitszeit, die Lehrerinnen und Lehrer für jährlich über 300.000 weitere Einzelgespräche neben Vor- und Nachbereitung sowie Protokollführung einsetzen müssen, wurde nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb finden die Lernentwicklungsgespräche anders als ursprünglich geplant in der Regel während der Unterrichtszeit statt, so dass der Unterricht zusätzlich an wenigstens zwei Tagen im Jahr ausfällt.

Nach diesem Muster wurden in den vergangenen Jahren sehr oft zusätzliche Aufgaben auf die Schulen übertragen, ohne die Konsequenzen abzuschätzen: Zusätzliche Personalverantwortung, die Erstellung schuleigener Profile und Bildungspläne, die Umsetzung der Oberstufenreform und die Beteiligung an regionalen Schul- und Bildungskonferenzen sind nur einige Beispiele für zusätzliche Aufgaben der Schule. Diese wachsende Belastung tut weder den Lehrerinnen und Lehrern noch der Schule insgesamt gut. Es wird immer schwieriger, sich angesichts der wachsenden Auf-gaben auf die Kernbereiche Unterricht, Bildung und Pädagogik zu konzentrieren.

Im Rahmen einer Aufgabenkritik hat die Schulbehörde deshalb zusammen mit den Schulleitungen, Personalräten und zahlreichen Kollegien der allgemeinbildenden Schulen Aufgaben identifiziert, deren Umfang reduziert werden kann, ohne den

Bildungsauftrag der Schule einzuschränken. Das Ziel ist, vernünftige, zukunftssichere Arbeitsstrukturen an den Schulen mit guter Bildung und Pädagogik zu verbinden. Schule soll nicht alles Mögliche, sondern das Wichtige richtig machen. Zentral er-stellte Prüfungsaufgaben, weniger Bürokratie und vereinfachte Verwaltungsabläufe waren Ergebnisse dieser Aufgabenkritik.

Zahlreiche Beteiligte aus den Schulen haben in diesem Sinne vorgeschlagen, ein Lernentwicklungsgespräch weiterhin verpflichtend, das zweite künftig optional zu stellen. Ausschlaggebend dafür war vor allem, dass bereits vor der Einführung der Lernentwicklungsgespräche Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrerinnen und Lehrer in vielfältiger Weise gemeinsam die Entwicklung in Unterricht und Schule besprochen und reflektiert haben. Dazu wurden zahlreiche Informations- und Rückmeldeformate entwickelt, zum Beispiel Elternabende, Elternsprechtage, Zensurenbesprechungen, Förderpläne, Zeugnisse, Elternbriefe und vielfältige direkte Beratungsgespräche, mit denen Eltern und Schüler in die Gestaltung des Lern- und Entwicklungsprozesses eingebunden werden. Da diese Rückmeldeformate fast immer weiterbestanden, ist die gesetzliche Verpflichtung auf zwei zusätzliche, ausführliche

Lernentwicklungsgespräche eine unnötig formale Regelung, die in diesem Umfang der Situation an den Schulen in vielen Fällen nicht gerecht wird. Denn das Lern- und Leistungsverhalten eines großen Teils der Schülerinnen und Schüler ist klar an den allgemeinen Unterrichtszielen, -inhalten und -anforderungen ausgerichtet. Bei diesen Schülerinnen und Schüler reicht es in der Regel, die notwendigen Informationen in einem verpflichtenden Lernentwicklungsgespräch sowie darüber hinaus auf Elternabenden, Elternsprechtagen, Zensurenbesprechungen oder in Klassenlehrerstunden zu geben. Schülerinnen und Schüler mit Problemen sowie ihre Familien benötigen dagegen meist anlassbezogene Gespräche in deutlich engerer Taktung und oft deutlich mehr als zwei Lernentwicklungsgespräche pro Jahr.

Deshalb sollen die Schulen mit der neuen Regelung zugleich eine größere Flexibilität bei der Gestaltung der Lernentwicklungsgespräche bekommen. Eine Verringerung der Zahl der verpflichtenden Lernentwicklungsgespräche auf künftig ein Lernentwicklungsgespräch pro Schuljahr für alle Schülerinnen und Schüler wird den individuellen Bedürfnissen der Familien ebenso gerecht und schafft in den Schulen Freiräume für dringend benötigte zusätzliche Gespräche in kritischen Fällen.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

17. Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes

vom…

§ 44 des Hamburgischen Schulgesetzes vom 15. April 1997 (HmbGVBI.S.97), zuletzt

geändert am 19. Juni 2012 (HmbGVBI. S.266), wird wie folgt geändert:

1. Absatz 3 Satz 2 erhält folgende Fassung:

„Hierzu ist mindestens einmal im Schuljahr ein Lernentwicklungsgespräch zu

führen.“