Zum Hauptinhalt springen

Transparenz zum PUA Cum-Ex Steuergeldaffäre schaffen: Veröffentlichung der PUA-Protokolle

Mittwoch, 28.02.2024

Am 28.10.2020 hat die Hamburgische Bürgerschaft auf Grundlage der Anträge aus Drs. 22/1762 und Drs. 22/1924 die Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „PUA Cum-Ex Steuergeldaffäre“ (im folgenden „PUA Cum-Ex“) beschlossen. Dieser PUA Cum-Ex leistet seit über zwei Jahren Aufklärungsarbeit zu der Frage, ob es auf den Steuerfall Warburg im Hinblick auf sog. Cum-Ex-Geschäfte eine politische Einflussnahme gegeben hat.

Die bisherige Arbeit des PUA Cum-Ex und eine sachliche Öffentlichkeitsarbeit und Berichterstattung wurden erheblich erschwert, weil fortlaufend und äußerst selektiv vertrauliche Unterlagen aus dem PUA Cum-Ex an die Medien sowie an Buchautoren weitergegeben wurden. Hierzu zählen Protokolle der PUA-Sitzungen, behördliche Vermerke und staatsanwaltschaftliche Unterlagen, die dem PUA Cum-Ex im Rahmen der Aktenvorlage zur Aufklärung vorgelegt worden sind. Diese vertraulichen Unterlagen wurden teilweise im Internet veröffentlicht und als Grundlage der Berichterstattung genutzt, wobei ganze Passagen aus den Protokollen zitiert wurden – inklusive Rechtschreibfehlern. Teilweise wurden auch gezielt nur bestimmte Informationen zur Berichterstattung genutzt und Sätze manipulativ aus dem Kontext gerissen und so die Berichterstattung gelenkt. Nachdem vertrauliche Unterlagen der Staatsanwaltschaft Köln, die dem PUA Cum-Ex zur Verfügung gestellt worden waren, an die Medien weitergeleitet worden sind, hat sich der nordrhein-westfälische Justizminister, Herr Dr. Benjamin Limbach, im August 2021 schriftlich an den Vorsitzenden des PUA Cum-Ex gewandt mit der Ankündigung, zukünftig ggf. von einer Zulieferung von Akten für die Arbeit des PUA abzusehen. Der Ausschussvorsitzende, Herr Dr. Mathias Petersen, hat daraufhin in der Sitzung des PUA Cum-Ex am 19.08.2021 die Mitglieder des PUA noch einmal eindringlich an die Vertraulichkeitseinhaltung erinnert. Die Weitergabe vertraulicher Inhalte hat dennoch nicht aufgehört.

Dieser Umstand ist nicht haltbar und erschwert die Aufklärungsarbeit des PUA Cum-Ex, weil durch gezielte Weitergabe einseitiger Informationen die Darlegung der tatsächlich herausgearbeiteten Fakten erschwert bzw. unmöglich gemacht wird.

Die Vertraulichkeit der PUA-Protokolle hat u. a. die Funktion zu verhindern, dass sich noch zu vernehmende Zeug:innen mit Hilfe der Protokolle auf ihre eigene Vernehmung anhand der bereits getätigten Aussagen vorbereiten und so ggfs. beeinflusst werden. Sie sollen nur ihre eigene Wahrnehmung zum Untersuchungsgegenstand vor dem PUA wiedergeben. Durch das rechtswidrige Weitergeben dieser vertraulichen Unterlagen ist dieser Schutzzweck mittlerweile ausgehöhlt. Zudem ist eine Richtigstellung von Falschbehauptungen

oder verkürzten Darstellungen durch Vorlage der vollständigen Zeug:innenaussagen nicht möglich, weil die Veröffentlichung der PUA-Protokolle gegen das zurzeit geltende Gesetz über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft (HPUAG) verstößt und zudem der Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder und Mitarbeiter:innen des Untersuchungsausschusses zuwiderläuft. Hier ist eine Situation entstanden, die nicht nur die Untersuchungsarbeit des Ausschusses beeinträchtigt, sondern auch geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die politische Integrität des Parlaments und der Exekutive zu erschüttern.

Auf diese besondere Situation des PUA Cum-Ex muss reagiert werden.

Um Transparenz zu schaffen und die sachliche Aufklärungsarbeit zu fördern, sind die Protokolle des PUA Cum-Ex Steuergeldaffäre über die öffentlichen Sitzungen zu veröffentlichen. Ein Zuwarten auf den Schlussbericht des Untersuchungsausschusses, in dem die vollständige Aufarbeitung dargestellt werden kann, ist insbesondere im Hinblick auf die beschlossene Erweiterung des Untersuchungsausschusses auf die Finanzgeschäfte der HSH Nordbank, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, nicht zumutbar (vgl. Drs. 22/10005).

Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass es für eine Veröffentlichung von PUA-Protokollen gute Gründe geben kann, beispielsweise, weil eine Vernehmung in besonderem öffentlichen Interesse steht oder weil Auszüge aus Zeug:innenvernehmungen über soziale Medien verbreitet werden. Hier könne ein Interesse an der authentischen Aussage bestehen.

Die Vorgaben zum Umgang mit Protokollen der Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft sind in §§ 13, 30a HPUAG geregelt. Nach § 13 Absatz 3 werden Protokolle über öffentliche und nichtöffentliche Sitzungen ausschließlich an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sowie die Mitarbeiter:innen der Fraktionen und Gruppen nach § 15 Absatz 1 Satz 1 HPUAG verteilt. Eine Weitergabe der Protokolle ist nach § 30a HPUAG nur mit Zustimmung des Untersuchungsausschusses möglich.

Um eine Veröffentlichung der Protokolle des PUA Cum-Ex zu ermöglichen, muss diese gesetzliche Regelung angepasst werden. In Betracht kommt eine Regelung, nach der der Untersuchungsausschuss bei einem besonderen Interesse die Veröffentlichung der Protokolle über öffentliche Sitzungen beschließen kann. Dabei sind weitere rechtliche Vorgaben zu beachten, insbesondere die Vorgaben des Grundgesetzes, der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft, des Hamburgischen Datenschutzgesetzes sowie der Hamburgischen Datenschutzverordnung.

Inhalte, die im staatlichen Interesse mit dem Geheimhaltungsgrad „vertraulich“ oder höher einzustufen sind, sollen nicht veröffentlich werden. Im Übrigen soll geregelt werden, dass die Veröffentlichung von Protokollinhalten erfolgen kann, wenn das Veröffentlichungsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.

Im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten muss eine sehr sorgfältige Abwägung zwischen dem Veröffentlichungsinteresse und dem Datenschutz des Einzelnen vorgenommen werden. Grundsätzlich kann die Zulässigkeit der Veröffentlichung durch Einholung der Einwilligung der Betroffenen bewirkt werden. Jedoch sollte eine Veröffentlichung auch dann zulässig sein, wenn das Veröffentlichungssinteresse höher wiegt als das Datenschutzinteresse des Betroffenen und beispielsweise durch punktuelle Schwärzung oder Anonymisierung den Schutzinteressen des Einzelnen entsprochen werden kann.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

 

Zweites Gesetz

zur Änderung des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft vom 27. August 1997

 

Das Gesetz über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft vom 27. August 1997 (HmbGVBl. 1997, S. 427), zuletzt geändert am 26. Juni 2020 (HmbGVBl. 2020, S. 379), wird wie folgt geändert:

 

§ 13 wird wie folgt geändert:

1. In § 13 Absatz 3 Satz 1 wird das Wort „ausschließlich“ durch die Wörter „grundsätzlich nur“ ersetzt.

2. Hinter Absatz 3 wird folgender neuer Absatz 4 eingefügt:

„Der Untersuchungsausschuss kann die Öffentlichkeit der Protokolle über öffentliche Sitzungen des Untersuchungsausschusses beschließen, wenn

1. ein besonderes Interesse an der Veröffentlichung besteht und eine Einwilligung der von der Veröffentlichung betroffenen Person vorliegt oder

2. das Veröffentlichungsinteresse das Datenschutzinteresse überwiegt und eine Anonymisierung der Personendaten der von der Veröffentlichung betroffenen Person möglich ist.“

 

 

 

sowie
  • Farid Müller
  • Zohra Mojadeddi
  • Michael Gwosdz
  • Sina Imhof
  • Jennifer Jasberg
  • Eva Botzenhart
  • Dennis Paustian-Döscher
  • Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion