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Verständigung mit der Volksinitiative wird weiter umgesetzt – Orientierungs- und Verteilungsschlüssel für weitere Standorte der Flüchtlingsunterbringung als wichtige Entscheidungsgrundlage nutzen

Montag, 03.07.2017

Der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) und die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration!“ (HGI) sowie der Dachverband „Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg“ (IFI) haben unter Vermittlung der Regierungsfraktionen von SPD und GRÜNEN im April dieses Jahres einen Orientierungs- und Verteilungsschlüssel zur Flüchtlingsunterbringung erarbeitet. Damit steht nun für die Schaffung neuer und Reduzierung vorhandener Plätze in Flüchtlingsunterkünften der „Orientierungs- und Verteilungsschlüssel zur Flüchtlingsunterbringung“ zur Verfügung. Bürgerschaft und Volksinitiative hatten sich in ihrem Konsens vom Juli 2016 (Drs. 21/5231) darauf geeinigt, einen solchen Schlüssel für mehr Verteilungsgerechtigkeit im Hamburger Stadtgebiet zu entwickeln. Eingeflossen sind dabei die Vorschläge der Bürgerinitiativen in Neugraben und Rissen.

Größtmögliche Stadtteilgerechtigkeit bei der Flüchtlingsunterbringung ist der entscheidende Hebel für eine größtmögliche Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Insofern ist es gut, dass wir mit dem Schlüssel ein zusätzliches Werkzeug für mehr Stadtteilgerechtigkeit haben – und damit auch einen wichtigen Teil der Vereinbarung mit der Volksinitiative umsetzen. Gleichzeitig ist wichtig: Es ist ausdrücklich kein „Umverteilungsschlüssel“, der jetzt Hamburg weit große und teure Umzugsprozeduren bei Folgeunterkünften starten soll. Und es ist ein rechnerischer Schlüssel. Nur wenn er an die konkreten Gegebenheiten angepasst wird, wird er tatsächlich die Türen öffnen für eine bessere Integration der Geflüchteten über das gesamte Stadtgebiet. Dabei ist z.B. zu berücksichtigen, dass Unterkünfte in Stadtteilen mit allgemein höheren Grundstu?ckskosten entsprechend vergleichsweise teurer sein können. Dies muss hingenommen werden, will man nicht die Flüchtlinge lediglich in Stadtteilen mit vergleichsweise günstigen Grundstu?ckspreisen unterbringen. Dies würde dem Ziel der Verteilung der Flüchtlinge über die gesamte Stadt zuwiderlaufen. Getreu dieser Maxime hat der Senat Unterkünfte in Harvestehude, der HafenCity und in Blankenese, teilweise auch gegen Widerstände, auf den Weg gebracht. Nun folgen weitere in Eppendorf, Uhlenhorst und Volksdorf.

Die Integration der Flüchtlinge ist eine Aufgabe der ganzen Stadt und ihrer Stadtteile. Dasselbe gilt für die Unterbringung von Wohnungslosen, die ebenfalls Bestandteil von öffentlich-rechtlicher Unterbringung ist.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Hamburg trotz im Vergleich zu 2015/2016 gesunkener Flüchtlingszahlen weiter einen Bedarf an Plätzen in Folgeunterkünften hat. Zum einen ist weiterhin ein zwar niedrigerer, aber gleichwohl konstanter Zugang vorhanden: Jeden Monat sind zwischen 300 und 400 Personen als neue Zuwanderer und rd. 250 Personen als Folge des Familiennachzugs unterzubringen. Mit Stand Ende Mai 2017 lebten 6.021 Bewohnerinnen und Bewohner in Erstaufnahmeeinrichtungen, wobei Flüchtlinge, die länger als sechs Monate in Hamburg leben, in der Regel einen Anspruch auf die Verlegung von einer Erstaufnahmeeinrichtung in eine Folgeunterkunft haben: Konkret leben 4112 Personen länger als 6 Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung und haben damit als sog. „Überresidente“ Anspruch auf einen Folgeunterkunftsplatz. Neben regulären Abgängen bei einzelnen, befristet nutzbaren Folgeunterkünften besteht ein Platzbedarf auch deshalb, weil in der Einigung zwischen Politik und Volksinitiative 2016 festgehalten wurde, bis 2019 sehr große Unterkünfte Schritt für Schritt auf im Durchschnitt 300 Plätze zu reduzieren. Um das hinzukriegen, bedarf es weiterer kleinerer Einrichtungen gerecht über die Stadt verteilt. Der hierzu von der Stadt zusammen mit der Volksinitiative erarbeitete Verteilungsschlüssel zeigt vor diesem Hintergrund Platzdefizite in einigen Bezirken und Stadtteilen auf. Deshalb sind und bleiben Unterkünfte wie die diskutierten in Volksdorf oder in Eppendorf richtig und notwendig.

Gerade die – auch von merkwürdigen Beiträgen von der CDU begleitete – Debatte um die erste Unterkunft in Eppendorf an der Loogestraße mit gerade mal 104 Plätzen hat die Richtigkeit des Prinzips der Stadtteilgerechtigkeit noch einmal unterstrichen. Die 104 Plätze sind nur ein Teil des „Solls“, das der Stadtteil Eppendorf gemäß Schlüssel zu bringen hätte. Gleichfalls ist die Flächenknappheit in diesem Stadtteil offenkundig. Es ist deshalb zu begrüßen, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger sich auch in Eppendorf einbringen wollen, um einen weiteren Beitrag aus diesem Stadtteil zu prüfen. Hier könnte sich ein Planungsworkshop mit den zuständigen Behörden, Initiativen, Bürgerinnen und Bürgern und Politik anbieten, um nach weiteren geeigneten Kapazitäten Ausschau zu halten.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Die Bürgerschaft

1. verfolgt weiter das Ziel der ausgewogenen Verteilung der Flüchtlinge über die gesamte Stadt und strebt weiterhin an, öffentlich-rechtliche Unterkünfte in der gesamten Stadt und möglichst in allen Stadtteilen zu errichten;

2. begrüßt deshalb den mit den Vertretern der Volksinitiative gemeinsam erarbeiteten Orientierungs- und Verteilungsschlüssel (OVS) für einen gerechten Beitrag aller Stadtteile und Bezirke bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen;

3. ersucht den Senat, den Orientierungs- und Verteilungsschlüssel bei zukünftigen Entscheidungen zur Schaffung neuer Plätze oder Reduzierung vorhandener Plätze als wichtige Entscheidungsgrundlage zu nutzen. Bei der Standortplanung sind aus Gründen der Ausgewogenheit weiterhin zuvörderst die Stadtteile in den Blick zu nehmen, die bisher noch keine, beziehungsweise anteilig noch zu geringe Beiträge zur Unterbringungsverantwortung erbracht haben. Maßstäbe sind weiter die in Drs. 21/5231 genannten Kriterien sowie Flächenverfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechender Standortplanungen. Damit nicht Flüchtlinge nur in Stadtteilen mit vergleichsweise geringen Grundstückspreisen untergebracht werden, ist zudem hinzunehmen, dass Unterkünfte in Stadtteilen mit allgemein höheren Grundstückskosten entsprechend vergleichsweise teurer sein können.

4. ersucht den Senat, diesen Prozess weiter mit entsprechenden Maßnahmen der Bürgerbeteiligung zu begleiten.

 

sowie
  • Dr. Anjes Tjarks
  • Martin Bill
  • Christiane Blömeke
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels (GRÜNE) und Fraktion