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Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen (Nachfrage)

Mittwoch, 23.06.2010

Anscheinend gibt es – im Nachgang zur Frühjahrskonferenz der Innenminister (IMK) im Mai 2010 in Hamburg – Überlegungen, drei bisherige Guantánamo-Häftlinge in der Bundesrepublik unterzubringen. Dem Vernehmen nach ist beabsichtigt, dass Hamburg einen der Betroffenen aufnimmt.

Im Nachgang zu meiner Anfrage Drs. 19/5898 frage ich den Senat:

 

Der Senat hat auf Anfrage (Drs. 19/5898) im April 2010 darauf verwiesen, „unmittelbarer Ansprechpartner“ für etwaige Überlegungen der U.S.A., die Bundesrepublik um die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen zu bitten, sei „zunächst“ die Bundesregierung.

1. Welche Position vertritt Hamburg – als von solchen Überlegungen und Bitten zunächst mittelbar betroffenes Bundesland – in der Frage, ob Deutschland Häftlinge aus Guantánamo aufnehmen soll?

 

Der Senat hat auf meine Anfrage mitgeteilt, „die zuständigen Hamburger Behörden“ seien „bislang nur in abstrakter Form“ mit der Frage einer Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen befasst gewesen.

2. Was hat man sich in der Praxis darunter vorzustellen, wenn Behörden sich „abstrakt“ mit einer politisch-humanitären Frage befassen? Beschränkt sich dies auf das Verfolgen der Berichterstattung oder schließt die Befassung Erörterungen – ggf. auch behördenübergreifend – ein? Erfolgt eine abstrakte Befassung nur mündlich oder gibt es sie auch in schriftlicher Form?

3. Welche Behörden sind zuständig für die Frage einer Aufnahme von Häftlingen aus Guantánamo und welcher Behörde obliegt die Federführung?

 

Der Senat hat in Drs. 19/5898 ferner ausgeführt, die Bundesregierung sei bislang nicht „mit konkreten Ersuchen“ zur Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen an Hamburg herangetreten.

4. Welche Anliegen hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bislang an Hamburg herangetragen? Hat es Ersuchen unkonkreter Natur von Seiten der Bundesregierung gegeben, nach denen der Bund eine Bereitschaft Hamburgs zur Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen begrüßen würde a) in der Zeit bis zur Frühjahrs-IMK, b) während der Konferenz und c) seitdem?

 

Laut Senat stand der „jeweilige Sachstand einer etwaigen Aufnahme“ von Häftlingen jeweils auf der Tagesordnung der Ministergespräche (Kamingespräche?) der Innenministerkonferenzen im Juni und im Dezember 2009. Für die Tagesordnung der IMK im Mai 2010 in Hamburg lagen, so der Senat, bis zum 13. April 2010 keine entsprechenden Anmeldungen vor. Den Ausführungen der Minister in der Pressekonferenz im Anschluss an die Konferenz war später zu entnehmen, dass eine Beratung stattgefunden hat.

5. Wer hat veranlasst, dass das Thema Gegenstand der Beratungen der IMK wurde und in welchem Rahmen erfolgte die Besprechung?

6. Welche Angaben sind zum Inhalt der Beratungen möglich? Sofern der „Sachstand“ beraten wurde, auf welche Sachverhalte bezieht sich dies? Geht es um Vorgänge in und Kommunikation mit den U.S.A. oder auch um Fragen, die das Bundesgebiet betreffen?

7. Im Zuge der genannten Pressekonferenz hieß es, das Bundesinnenministerium sei um weitere Prüfungen gebeten worden. Worum geht es dabei? Betreffen diese Prüfungen einzelne Personen? Gibt es hierzu Ergebnisse?

 

Laut Senatsauskunft sind die zuständigen Behörden in Hamburg der Auffassung, dass „konkreter Prüf-, Entscheidungs- und Handlungsbedarf erst entsteht“, wenn ein „konkretes Aufnahmeersuchen“ vorliege.

8. Ist die Senatsantwort so zu verstehen, dass Hamburg bzw. die zuständigen Behörden einer Aufnahme von Häftlingen aus Guantánamo jedenfalls nicht prinzipiell ablehnend gegenüber stehen?

9. Wie muss ein Aufnahmeersuchen im Zusammenhang mit Guantánamo-Häftlingen aussehen, um so konkret zu sein, dass hamburgische Behörden prüfen oder gar entscheiden? Ist ein Ersuchen insbesondere erst dann „konkret“ in diesem Sinne, wenn Personen, deren Aufnahme in Frage kommt, identifiziert werden?

10. Ist seit der Senatsantwort vom April 2010 Prüf-, Entscheidungs- oder Handlungsbedarf entstanden? Aus welchem Anlass und inwiefern? Was wird von wem geprüft, was wurde von wem entschieden, welches Tätigwerden wurde von wem veranlasst?

11. Hat Hamburg mittlerweile ein (abstraktes oder konkretes) Aufnahmeersuchen erreicht?

12. Hat Hamburg der Bundesregierung seine grundsätzliche Bereitschaft zur Aufnahme von Häftlingen signalisiert? Wann und wem gegenüber?

13. Wurden auf Senatsseite mittlerweile Maßgaben formuliert, unter welchen Bedingungen Hamburg Häftlinge aus Guantánamo aufzunehmen bereit ist? Welche Kriterien sind dies und wurde die Bundesregierung darüber unterrichtet?

14. Wann, wie, in welchem Zusammenhang und mit welchem Ergebnis ist die Frage der Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland seit der Senatsauskunft Drs. 19/5898 Gegenstand von Kommunikation zwischen der Senatsseite und Vertretern der Bundesregierung und/oder Vertretern anderer Bundesländer? Welche Erörterungen – offizieller oder informeller Natur – gab und gibt es zwischen dem Ersten Bürgermeister, Senatsmitgliedern, Staatsräten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beteiligter Behörden und Vertretern der Bundesregierung oder anderer Landesregierungen?

15. Wird Hamburg nach derzeitigem Stand einen (oder mehrere) Insassen aus Guantánamo aufnehmen?

 

Dr. Andreas Dressel MdHB