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Brummton im Hamburger Westen (IV): Zahl der Beschwerden steigt! Die Ursachen dieser Lärmbelästigung müssen gefunden werden – Was wird getan?

Mittwoch, 16.09.2009

Die Antworten des Senats auf meine diesbezüglichen Anfragen (vgl. Drucksache 19/3733, 19/3790 und 19/3591) machen deutlich, dass der „Brummton“ keine Einzelerscheinung war, sondern seit dem Jahr 2001 von über 20 Bürgerinnen und Bürgern Beschwerden vorliegen.

Seit den jüngsten Medienberichten melden sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in meinem Büro, welche von ihren diesbezüglichen Beschwerden berichten: Der Ton wird meistens nachts wahrgenommen – und die Spekulationen über den Entstehungsort reichen von dem DESY-Teilchenbeschleuniger über Ausbaggerungsarbeiten an der Elbe und Arbeiten beim Airbus-Werk in Finkenwerder bis hin zum Umspannwerk in Wedel. Nach den mir vorliegenden mündlichen Beschwerden wurde der „Brummton“ möglicherweise bereits 1995 wahrgenommen.

Die Wahrnehmung von Geräuschen mit überwiegenden Anteilen im Frequenzbereich zwischen 10 und 90 Hz (tieffrequente Geräusche) kann durch die im Immissionsschutz verbreitete A-Frequenzbewertung nicht immer ausreichend abgebildet werden. Hinzu kommt, dass tieffrequenter Schall, beim Übergang in Gebäude nur wenig abgeschwächt wird und in geschlossenen Räumen mit gebräuchlichen Abmessungen sogar resonant verstärkt werden kann. In der Fachliteratur ist dieses Phänomen unter dem Begriff Extreme Low Frequency (des Weiteren: ELF) bekannt.

Daher frage ich den Senat:

1.) In der Drucksache 19/3733 berichtet der Senat, dass ihm aktuell nur eine Beschwerde vorliege. In der Drucksache 19/3951 gibt der Senat bekannt, dass im Bezirksamt Altona seit dem Jahre 2001 23 Beschwerden vorgebracht wurden.

1.1. Wie erklärt der Senat diese Differenz?

1.2. Sind die Beschwerden der vergangenen Jahre zur Zufriedenheit der Beschwerdeführer „erledigt“ worden?

1.3. Wenn ja, wie und wodurch? Bitte einzeln aufführen.

1.4. Wenn nein, warum haben sich die Beschwerden dann nicht „erledigt“ – und gelten sie heute noch als „offene Vorgänge / Fälle“? Wenn nein, warum nicht?

2.) In der Drucksache 19/3591 stützt sich der Senat in seinen Ausführungen zu den Betriebsgeräuschen auf dem Gelände des Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) auf Angaben des Betreibers.

2.1.) Liegen dem Senat hierzu eigene Informationen vor dem Hintergrund von Recherchen und Messungen der zuständigen Behörden / eines beauftragten unabhängigen Gutachters vor? Wenn ja, welche?

2.2.) Wenn nein, warum nicht?

2.3.) Wenn nein, auf welcher Basis kann der Betreiber dann davon ausgehen, keine tieffrequenten Geräusche zu produzieren? Hat der Betreiber insbesondere Prüfungen im nahen und fernen Umfeld seiner Anlage durchgeführt?

3.) Der Senat führt in der Drucksache 19/3951 aus, dass die wesentlichen Betriebsgeräusche beim Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) durch Gebläse von Kühltürmen, rieselndem Wasser in Kühltürmen und Transformatoren verursacht werden.

Werden grundsätzlich im Betriebsablauf hoch- oder tieffrequente Töne erzeugt, welche durch die vorhandenen Schutzmechanismen grundsätzlich gedämmt werden sollten?

4.) Sind die bei DESY vorhandenen Schallschutzwände speziell auf die Abschirmung von tieffrequenten Tönen geeignet? Gibt es hierzu spezielle Anforderungen? Wenn ja, welche?

5.) Gibt es im Bezirk Altona Anlagen, die im Sinne der Technischen Anleitung (TA) Lärm zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft genehmigungspflichtig sind?

Wenn ja, bitte aufzählen für alle genehmigungsbedürftigen Anlagen, die den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) unterliegen – mit Ausnahme der von dieser Anwendung ausgenommenen Bereiche (Baustellen, Sportanlagen, nicht genehmigungsbedürfttige Freizeitanlagen, Freiluftgaststätten oder landwirtschaftliche Anlagen).

 

6.) Ist dem Senat oder den zuständigen Behörden bekannt, ob bei den zur Beibehaltung der bisherigen Wassertiefe der Elbe notwendigen Ausbaggerungsarbeiten Geräusche entstehen, welche von den Bürgerinnen und Bürgern als „Brummton“ wahrgenommen werden können?

Wenn ja, welche? Bitte ausführen. Wenn nein, warum nicht?

7.) Finden im Hamburger Westen seit mehreren Jahren Bohrungen statt (beispielsweise zur Erschließung von Erdwärme), welche die Erzeugung dieses „Brummtons“ erklären könnten? Wenn ja, welche?

8.) Haben der Senat und die zuständigen Behörden geprüft, ob vom Radarturm auf Neßsand etwaige Emissionen ausgehen? Wenn ja, wie werden diese dahingehend abgeschirmt, dass die Umwelt nicht beeinträchtigt wird? Wenn nein, warum nicht? Wenn nein, beabsichtigt der Senat / die zuständige Behörde in absehbarer Zeit eine entsprechende Prüfung? – Wenn nein, warum nicht?

9.) In den vergangenen Jahren wurde in Berlin das Phänomen des „Brummtons“ bis zur Aufgabe des Flughafens Tempelhof beobachtet. Wissenschaftliche Vermutungen gehen davon aus, dass dort stationierte militärische Radaranlagen für die Produktion dieses Phänomen verantwortlich sein könnten – auch wenn dies nicht endgültig bewiesen werden konnte.

Existiert auf dem Gelände der Führungsakademie der Bundeswehr eine Radaranlage? Wenn ja:

a) Welche Emissionen werden von ihr ausgesandt?

b) Welche Frequenzen werden hier erreicht?

c) Werden hier auch Frequenzen im ELF-Bereich erreicht?

d) Welche Schutzmaßnahmen werden von der Führungsakademie der Bundeswehr unternommen, um die Anwohnerinnen und Anwohner hiervor zu schützen?

10.) Welche Überspannungsleitungen existieren im Wahlkreis 4, der die Stadtteile Blankenese, Iserbrook, Lurup, Nienstedten, Osdorf, Rissen und Sülldorf umfasst?

11.) Könnten von den besagten Überspannungsleitungen Emissionen ausgehen, welche von den Bürgerinnen und Bürgern als tieffrequenter „Brummton“ wahrgenommen werden könnten?

Wenn ja, in welchem Radius und in welchen Frequenzstärken? Wenn nein, warum nicht?

12.) Wird zu dem Phänomen des „Brummtons“ an der Universität Hamburg, der Technischen Universität Hamburg oder an einer anderen Hamburger Hochschule sowie Fachhochschule zu diesem Thema geforscht?

Wenn ja, an welchem Institut, in welchen Fachrichtungen und mit welchen Forschungsthemen?