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Durchsetzung räumlicher Aufenthaltsbeschränkungen im Zuge der Bekämpfung der Drogenkriminalität (Nachfrage)

Mittwoch, 15.09.2010

Auf meine Anfrage Drs. 19/7135 hat der Senat eingeräumt, dass seit Anfang August 2010 auf die zwangsweise Durchsetzung räumlicher Aufenthaltsbeschränkungen verzichtet wird. Bisher hatten die Behörden Ausländer, die sich ausländerrechtlich gar nicht in Hamburg aufhalten dürfen, in die ihnen zugewiesenen Gebiete zurückgebracht. Stattdessen wird den Betroffenen, bei denen es sich in der Vergangenheit nicht selten um Intensivdealer handelte, laut Senat nun lediglich „die Auflage erteilt, selbständig zurückzukehren“. Zur Begründung führt der Senat aus, erfahrungsgemäß würden die Betroffenen nach einer Verbringung häufig bereits nach kurzer Zeit wieder in Hamburg aufgegriffen werden. Ich frage den Senat:

 

1. Ist die Antwort des Senats Drs. 19/7135 so zu verstehen, dass diejenigen Ausländer, die sich nicht in Hamburg aufhalten dürfen, nicht mehr zwangsweise in die ihnen zugewiesenen Aufenthaltsorte zurückgebracht werden, weil sie ohnehin nach Hamburg zurückkehren?

2. Warum hält der Senat bzw. die zuständige Behörde es für angezeigt, diese Gebietsverstöße zu akzeptieren, indem der unbefugte Aufenthalt in Hamburg gar nicht erst beendet wird?

3. Gibt es weitere Bereiche im Vollzug von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften, in denen die Verwaltung angehalten ist, Regelungen nicht mehr konsequent durchzusetzen, sondern darauf zu vertrauen, dass Gesetzesbrecher ihr rechtswidriges Handeln ohne Zwangsmaßnahmen aufgeben? Um welche Sachverhalte geht es, seit wann und aus welchen Gründen wird weniger konsequent verfahren als in der Vergangenheit?

4. Der Senat hat zur Begründung auf den Verzicht auf Verbringungen nach Gebietsverstößen ausgeführt, „die Erfahrung hatte gezeigt“, dass die Betroffenen „häufig bereits nach kurzer Zeit“ wieder in Hamburg „aufgegriffen“ würden.

4.1. Wie oft ist „häufig“ und auf welche Daten stützt sich die Erkenntnis, dass dies häufig geschieht?

4.2. Wo wurden die Betroffenen in Hamburg „aufgegriffen“? Inwieweit hat die Erfahrung gezeigt, dass die Betroffenen nach einer Verbringung (wieder) durch Drogenhandel in Hamburg auffallen?

5. Der Senat hat mitgeteilt, statt der Verbringungen durch die Ausländerbehörde würde den Betroffenen nunmehr „eine Auflage erteilt, selbständig“ in den ihnen zugewiesenen Bereich zurückzukehren.

5.1. Welche Erfahrungen hat man mit diesem Vorgehen gemacht? Werden die Betroffenen angesichts der ihnen erteilten Auflagen seltener oder später wieder in Hamburg aufgegriffen als es in der Vergangenheit nach einer Verbringung vorkam?

5.2. Wie wird kontrolliert, ob die Ausländer diesen Auflagen nachkommen?

6. Der Senat hat mitgeteilt, es sei im Juli 2010 „im Rahmen einer Prioritätensetzung“ entschieden worden, auf die zwangsweise Durchsetzung räumlicher Beschränkungen zu verzichten.

6.1. Welches Anliegen wird nun aus welchen Gründen zulasten der Beendigung von Gebietsverstößen prioritär verfolgt? Welche Maßnahmen werden seit dem Verzicht auf Verbringungen neu oder in verstärktem Maße ergriffen und in welchem Umfang?

6.2. Welche Aufgaben nehmen die beiden Bediensteten jetzt war, die nach Auskunft des Senats bisher bei der Ausländerbehörde schwerpunktmäßig mit der Verbringung befasst waren?

6.3. Welchen personellen Aufwand betreibt die zuständige Behörde derzeit, um Gebietsverstöße zu beenden und zu unterbinden?

7. Der Senat hat in seiner Antwort darauf hingewiesen, seit dem Jahr 2009 sei ohnehin nur noch in den Fällen der so genannten Wiederholungstäter mit mindestens fünf Gebietsverstößen eine Verbringung durchgeführt worden.

7.1. Trifft es zu, dass die Polizei zuvor bei zwei weiteren Gruppen die Möglichkeit hatte, eine Verbringung durch die Ausländerbehörde zu veranlassen, nämlich bei Intensivdealern und in Fällen, in denen der Betroffene erkennbar nicht bereit ist, in den ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereich zurückzukehren?

7.2. Wann genau war die Entscheidung getroffen worden, nur noch Wiederholungstäter in die ihnen zugewiesenen Regionen zu bringen, und war die Leitung der Innenbehörde hieran beteiligt?

7.3. Aus welchen Gründen war die Entscheidung getroffen worden, der Polizei die Option zu nehmen, die Verbringung solcher Ausländer zu veranlassen, die als Intensivdealer aufgefallen sind?

7.4. Welche Erfahrungen hat man damit gemacht, auf die Verbringung von Intensivdealern zu verzichten, die sich gar nicht in Hamburg aufhalten dürfen? Wurde diese Personengruppe in der Folge seltener in Hamburg aufgegriffen?

7.5. Welcher personelle Aufwand war bis zu dieser Änderung des Vorgehens im Zusammenhang mit Verbringungen betrieben worden? Wie viele Bedienstete der Polizei, des Einwohner-Zentralamts und ggf. privater Sicherheitsunternehmen waren vor dem Jahr 2009 zuletzt mit der Überstellung und Rückführung von Ausländern nach Gebietsverstößen beschäftigt gewesen?

7.6. In welchem Zeitraum wurden die fünf Gebietsverstöße gezählt, die betroffene Ausländer zu Wiederholungstätern machten, bei welchen eine Verbringung angezeigt war? Wurden die Betroffenen auch dann in die ihnen zugewiesenen Gebiete gebracht, wenn der letzte Verstoß bereits geraume Zeit, also zum Beispiel mehrere Monate, zurücklag?

8. Bei wiederholten Verstößen gegen räumliche Aufenthaltsbeschränkungen handelt es sich nach dem Asylverfahrensgesetz und dem Aufenthaltsgesetz um Straftaten, die folglich auch in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) einfließen. Dennoch hat der Senat mitgeteilt, er könne keinerlei statische Angaben zu Verstößen gegen aufenthaltsrechtliche Beschränkungen machen.

8.1. Wie viele Verstöße innerhalb welcher Zeiträume rechtfertigen den strafrechtlichen Vorwurf eines „wiederholten Verstoßes“ gegen räumliche Aufenthaltsbeschränkungen?

8.2. Unter welchen Schlüssel der PKS fallen wiederholte Verstöße gegen räumliche Beschränkungen nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 95 Absatz 1 AufenthG)? Wie hat sich die Zahl der in diesem PKS-Schlüssel erfassten Delikte seit 2004 entwickelt und welchen Anteil machen die Gebietsverstöße erfahrungsgemäß an den hier erfassten Straftatbeständen aus?

8.3. Unter welchen Schlüssel der PKS fallen wiederholte Gebietsverstöße nach dem Asylverfahrensgesetz (§ 85 AsylVfG)? Wie hat sich die Zahl der Delikte in diesem PKS-Schlüssel seit 2004 entwickelt und welchen Anteil machen die Gebietsverstöße erfahrungsgemäß an den in dieser Deliktsgruppe erfassten Straftatbeständen aus?

8.4. Trifft es zu, dass Gebietsverstöße gegen das AsylVfG seit 2008 in den PKS-Schlüssel 725520 Eingang finden? Laut PKS wurden im Jahr 2009 80 Straftaten nach § 85 AsylVfG registriert, im Jahr 2008 waren es 50 dieser Delikte. Welchen Anteil machen die wiederholten Gebietsverstöße erfahrungsgemäß an diesen Delikten aus?

9. Welche Angaben sind dazu möglich, wie sich die Zahl der Intensivdealer in Hamburg in den einzelnen Jahren seit 2004 entwickelt hat?

10. Welche Erkenntnisse gibt es darüber, wie viele dieser Drogenhändler sich unter Verstoß gegen Aufenthaltsbeschränkungen in Hamburg aufhielten?

11. Wie hat sich die Zahl der Personalstunden durch uniformierte Kräfte zur Bekämpfung der Drogenkriminalität in 2009 im Vergleich zum Vorjahr absolut und prozentual entwickelt?