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Gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen II.

Montag, 06.07.2009

Mindestens 6 Prozent aller einzuschulenden Kinder in Hamburg sind laut Antwort des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage (Drucksache 19/3051) untergewichtig. Bei den Mädchen sind es in Hamburg-Nord sogar 8 Prozent. Im Bezirk Wandsbek gar gilt nahezu jeder zehnte einzuschulende Junge als untergewichtig. Falsche Ernährung hat zum Teil gravierende gesundheitliche Folgen und kann sich nicht nur auf die späteren Schulkarrieren negativ auswirken. In Hamburg wird zwar eine Schuleingangsuntersuchung durchgeführt, weitere regelmäßige Schularztbesuche bis in die Pubertät gibt es jedoch nicht mehr.

Die Grundlagen für eine ausgewogene, gesunde Ernährung werden zu Hause offensichtlich nicht in ausreichendem Maße gelegt oder können nicht in angemessenem Umfang gelegt werden. Schulen und – um den Hebel so frühzeitig wie möglich anzusetzen – Kindertagesstätten sind hier gefordert, nachhaltige Ernährungserziehung zu gewährleisten. Damit ist Ernährung nach wie vor ein pädagogisches Thema. Deshalb frage ich den Senat:

1. Trifft es zu, dass es bis zur Pubertät keine regelmäßigen Schularztbesuche mehr gibt? Wenn ja, was war der Grund, warum diese abgeschafft wurden? Wenn der Grund eine Kostenfrage war, wie viel Geld konnte die FHH durch die Streichung einsparen?

2. In Drucksache 19/3051 weist der Senat darauf hin, dass Eltern und Jugendliche auf die kostenlose Teilnahme an Jugendgesundheitsuntersuchungen (J1) hingewiesen werden, bei der auch Körpermaße erfasst und das Ernährungsverhalten thematisiert wird.

a) Wie viele Eltern und Jugendliche haben in den letzten fünf Jahren an solchen Untersuchungen teilgenommen? Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.

b) Wie lässt sich qualitativ eine o.g. Thematisierung einordnen? Kommt sie im Bedarfsfall einer Ernährungsberatung gleich und wenn ja, in welchem Umfang?

3. Der Senat hat darauf verwiesen, dass die ‚Fortbildung für sozialpädagogische Fach- und Führungskräfte’ Seminare zur Ernährungspädagogik anbietet. Eine Anfrage ergab jetzt, dass dies erstens zwei Stück in den letzten vier Jahren waren und diese zweitens wegen zu geringer Anmeldezahlen beide ausfielen.

a) Für das vom 15. bis 17. April 2009 angekündigte Seminar „Wie essen Kinder, was sie sollen? – die Ernährungs- und Gesundheitserziehung in der Kita“ lagen immerhin elf Anmeldungen vor. Warum hält der Senat diese Anmeldezahlen für ein Zustandekommen des Seminars für zu gering und wie viele Anmeldungen müssen nach Auffassung des Senats mindestens vorliegen, damit ein solches Seminar zustande kommen kann?

b) Auf die Frage, wie denn für Veranstaltung dieser Art geworben werde, antwortet der Senat, es werde je ein Halbjahreskalender für beide Halbjahre mit einer tabellarischen Aufstellung der Seminartermine herausgegeben. Außerdem würden die Seminare in einem Jahresprogramm und über eine Internetadresse bekannt gegeben. Im Bedarfsfall werde per E-Mail oder per Post noch einmal „nachgeworben“. Ist der Senat der Auffassung, diese Maßnahmen seien ausreichend? Und hält der Senat die direkte Ansprache von Kita-Heimleitungen personell für leistbar?

c) Werden Mitarbeitende von Kindertageseinrichtungen von ihrer Arbeit freigestellt für solche Seminare, wenn sie daran teilnähmen?

d) Die Antwort des Senats in Drucksache 19/3051 ergab, dass Teilnehmende an solchen Seminaren 27 Euro pro Person und Tag zahlen müssen. Für ein 3-Tages-Seminar wie das Geplante vom 15. bis 17. April hätten Interessierte demnach 81 Euro bezahlen müssen. Hält der Senat einen Preis in dieser Höhe für eine besonders gute Werbemaßnahme?

e) Weiter antwortet der Senat, eine Kofinanzierung durch Drittmittel existiere „vor diesem Hintergrund“, dass die Teilnehmenden ja einen Beitrag zahlen nicht. Heißt „vor diesem Hintergrund“, dass der Senat eine solche Kofinzierung zur Steigerung der Attraktivität auch gar nicht für notwendig erachtet? Und falls doch, bemüht sich der Senat denn um Einwerbung von Drittmitteln etwa durch Sponsoring?

4. Ernährungserziehung in Schulen sei salutogenetisch ausgerichtet, heißt es. Das soll offensichtlich bedeuten, die Beteiligten werden mit ihren Kompetenzen dort ‚abgeholt’, wo sie sich bereits befinden. Und dann kann sich jede und jeder ‚einbringen’. Gilt das auch für die Lehrkräfte oder erfahren sie vorher eine Schulung mit verbindlichen ökotrophologischen Inhalten? Und wie können sie sich darüber hinaus informieren?

5. Weiter heißt es in Drucksache 19/3051, Kinder und Jugendliche sollten bei der Entwicklung eines gesunden Lebensstils „unterstützt“ werden. Was heißt das genau und welche Maßnahmen beinhaltet eine solche Unterstützung?

6. Welche Bildungs- und Beratungsangebote zu Fragen gesunder Ernährung werden in Hamburg für Eltern vorgehalten?

7. Der Senat stellt in Drucksache 19/3051 fest, Kinder mit niedrigerem Sozialstatus trügen ein höheres Risiko für Übergewicht und Fettleibigkeit. Im selben Absatz stellt der Senat Übergewicht und Fettleibigkeit mit genetischen Ursachen in Korrelation. Wenn es nach Ansicht des Senats einen Zusammenhang gibt zwischen sozialem Status und Übergewicht und Übergewicht gleichzeitig auch genetisch bedingt sei, kann dann daraus die Auffassung des Senats abgeleitet werden, dass auch der soziale Status eines Menschen genetisch bedingt sei?