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Heimliche Videoüberwachung des Schanzenviertels (Zweite Nachfrage)

Mittwoch, 01.07.2009

Auf unsere Anfrage Drs. 19/3249 hat der Senat mitgeteilt, die Polizei habe im Rahmen von Ermittlungen zu 62 offenbar politisch motivierten Sachbeschädigungsdelikten im Schanzen- und im Karolinenviertel eine Videoüberwachung des öffentlichen Raums gemäß § 100h Strafprozessordnung eingeleitet. Auf Nachfrage hat der Senat ferner erläutert, es habe in diesem Zusammenhang 16 Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft gegeben, die sämtlich – zuletzt am 18. Juni 2009 – eingestellt wurden, weil Täter nicht ermittelt werden konnten (Drs. 19/3330). Dabei hat die Polizei die Videoaufnahmen nach 100h StPO offenbar auch auf solche Delikte stützt, bei denen die zugehörigen Ermittlungsverfahren bereits eingestellt wurden. Wir fragen den Senat:

 

1. Entwicklung der Deliktszahlen und Grad der Beschädigungen

Laut Senat wurden von Anfang 2009 bis zum 11. Juni 2009 insgesamt 62 Sachbeschädigungsdelikte im Schanzen- und Karolinenviertel registriert; Ende Juni 2009 hat es eine Reihe weiterer Anschläge gegeben.

a) Wie viele Sachbeschädigungen der in Drs. 19/3249 zu Ziffer 1 und 2 genannten Art wurden im ersten Halbjahr 2009 insgesamt im Schanzenviertel (Bezirk Altona) registriert, wie viele im Karolinenviertel (Bezirk Mitte)?

b) Gibt es eine monatsweise Erfassung derartiger Delikte? Wie haben sich die Sachbeschädigungsdelikte im Schanzen– und im Karolinenviertel in den einzelnen Monaten des ersten Halbjahrs 2009 entwickelt? Ist eine Steigerung der Deliktszahlen zu verzeichnen?

c) Welche Schäden sind durch die Sachbeschädigungen – insbesondere bei den jüngsten Delikten – entstanden? Mussten alle beschädigten Fensterscheiben vollständig ersetzt werden? Ließen sich Farbschmierereien nur schwer oder eher mühelos entfernen?

d) Hat sich der Grad der Schwere der Beschädigungen im Laufe der Zeit verändert? Werden mittlerweile erheblichere Beschädigungen festgestellt als etwa zu Beginn des Jahres oder ist das Niveau der verursachten Schäden vergleichbar?

 

2. Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft

Auf unsere Nachfrage wurden in Drs. 19/3330 insgesamt 16 Verfahren zu offenbar politisch motivierten Sachbeschädigungen im Zeitraum zwischen dem 20. Januar und dem 13. April 2009 vor allem in der Schanzenstraße aufgeführt, die alle eingestellt wurden, weil der Täter, so der Senat, „nicht zu ermitteln ist“.

a) Wann sind die in der Anlage zu Drs. 19/3330 aufgelisteten 16 Verfahren bei der Staatsanwaltschaft jeweils registriert worden?

b) Um wie viele Straftaten handelt es sich bei den in der Anlage zu Drs. 19/3330 aufgelisteten und bei der Staatsanwaltschaft registrierten Verfahren insgesamt und wie verteilen sie sich auf die einzelnen Verfahren?

c) Wie viele der 62 bis Mitte Juni 2009 gezählten Delikte sind Gegenstand der 16 eingestellten Verfahren?

d) Gibt es (mittlerweile) weitere bei der Staatsanwaltschaft registrierte Verfahren oder wurden welche wieder aufgenommen? Wann wurden sie erfasst und ggf. eingestellt, um welche Sachverhalte geht es, um wie viele Straftaten handelt es sich jeweils und wann wurden sie verübt?

 

3. Videoaufnahmen im Zuge eingestellter Ermittlungsverfahren?

Der Senat hat uns erläutert, Rechtsgrundlage für die Herstellung von Bildaufnahmen „im Rahmen von Ermittlungsverfahren“ sei allgemein § 100h StPO (Drs. 19/3249 zu Ziffer 6). Die aktuellen Videoüberwachungsmaßnahmen im Schanzenviertel wurden von der Polizei angeordnet (Drs. 19/3330 zu 2d). Die Aufzeichnungen dienten der Erforschung der – bis Mitte Juni 2009 – 62 registrierten Sachbeschädigungsdelikte (Drs. 19/3249 zu 10) und würden auch auf die Vorschrift des § 100h StPO gestützt (aaO. zu 9). Die Ermittlungsverfahren, so der Senat weiter, seien noch nicht abgeschlossen (aaO. zu 1-2).

Abgeschlossen – weil eingestellt – seien hingegen sämtliche 16 Ermittlungsverfahren, welche bei der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang registriert wurden. Alle diese eingestellten Verfahren hatten Straftaten zum Gegenstand, die bei den 62 Delikten mitgezählt wurden (Drs. 19/3330 zu 2b), deren Erforschung wiederum die Videoüberwachungsmaßnahmen dienen (Drs. 19/3249 zu 10).

a) Sind die Angaben so zu verstehen, dass die Polizei die Videoaufnahmen nach § 100h StPO im Schanzenviertel (auch) auf solche Delikte stützt, bei denen die zugehörigen Ermittlungsverfahren bereits eingestellt wurden?

b) Sind die Senatsangaben so zu verstehen, dass die polizeilich angeordneten Videoüberwachungsmaßnahmen (auch) der Aufklärung solcher Taten dienen, von denen die Staatsanwaltschaft glaubt, der Täter sei nicht zu ermitteln?

c) Wie kommt es, dass die Polizei (Videoüberwachungs-) Maßnahmen auf Basis der StPO hinsichtlich Delikten durchführt, zu denen die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat?

d) Welches Verfahren und welche Rechtsgrundlage liegen der Anordnung zugrunde? Wurde die polizeiliche Anordnung für die Videoüberwachung auf § 163 StPO gestützt?

e) Hat es im Zusammenhang mit der Videoüberwachung im Schanzenviertel eine Abstimmung oder zumindest eine Kommunikation zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft gegeben? Wer hat jeweils wen mit welchem Anliegen kontaktiert, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Ergebnissen?

f) Hat die Polizei sich seit Beginn des Jahres mit dem Anliegen an die Staatsanwaltschaft gewandt, diese möge Videoüberwachungsmaßnahmen aufgrund § 100h StPO im Schanzenviertel anordnen? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, weshalb nicht?

 

4. Ermittlung(sverfahr)en bei der Polizei

a) Welche Ermittlungsverfahren hat der Senat gemeint, als er in der Antwort Drs. 19/3249 (Ziffer 1-2) davon sprach, sie seien noch nicht abgeschlossen?

a) Wie viele Ermittlungsverfahren zu offenbar politisch motivierten Sachbeschädigungen in Schanzenviertel und Karolinenviertel hat es seit Jahresbeginn bei der Polizei gegeben? Mit welchem Ergebnis wurden sie wann abgeschlossen bzw. an die Staatsanwaltschaft abgegeben?

b) Wie viele Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit offenbar politisch motivierten Sachbeschädigungen im Schanzen- und im Karolinenviertel laufen derzeit noch bei der Polizei?