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Kostenfreies letztes Kita-Jahr: Still und heimlich aufgeweicht oder sind nur die Tabellen falsch? – und: Warum sollen einige Eltern in der Anschlussbetreuung mehr zahlen, als die zusätzlichen Stunden kosten?

Donnerstag, 26.08.2010

§ 9 des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) sieht vor, dass im letzten Jahr vor Beginn der Schulpflicht die Eltern an den Kosten nicht beteiligt werden, und zwar für eine bis zu fünfstündige Betreuung ohne Mittagessen in einer Kita bzw. für eine Betreuung in der Kindertagespflege im Umfang bis zu 30 Wochenstunden.

 

Im Jahr vor der Einschulung sind also – außer für die sog. Kann-Kinder – 5 Stunden Betreuung in der Kita kostenlos zu stellen.

 

Für darüber hinausgehende Betreuungszeiten (2, 3, 5 oder 7 Stunden) bzw. Anschlussbetreuung nach der gebührenfreien Vorschule müssen dann entsprechend ermäßigte Beiträge gezahlt werden, die sich in den Anlagen 11-14 zur FamEigVO finden.

 

Auf der Homepage der städtischen Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH heißt es – erläuternd –: „Im Jahr vor der regulären Einschulung sind 5 Stunden Betreuung in der Kita kostenlos. Für eine darüber hinausgehende Betreuung in der Kita im Vorschulalter wird der Elternbeitrag um die Beiträge für die fünfstündige Betreuung reduziert.“

 

Zum 24.8.2010 gelten auch hier neue, erhöhte Beitragssätze, weswegen sämtliche Anlagen (Elternbeitrags-Tabellen) neu gefasst worden sind.

 

In der Neufassung der Tabellen 11-14 ist es aber so, dass die fünfstündige Betreuung im Vorschuljahr nur noch teilweise kostenfrei gestellt wird.

 

So beträgt beispielsweise der Elternbeitrag für einen Krippen- oder Elementarplatz im Umfang von 8 Stunden täglich maximal 483 Euro im Monat.

Der Elternbeitrag für die fünfstündige Betreuung, die beitragsfrei zu stellen ist, beträgt maximal 292 Euro.

Demnach kann für die dreistündige sog. „Anschlussbetreuung“ im kostenfreien letzten Jahr für eine achtstündige Betreuung maximal die Differenz aus diesen beiden Beträgen, also 191 Euro, als Elternbeitrag erhoben werden.

 

Tatsächlich werden für diese zusätzlichen drei Stunden aber laut Tabelle bis zu 291 Euro erhoben.

 

Das bedeutet, dass Familien mit Einkommen über 3.000 Euro keine vollständige Beitragsbefreiung im Umfang von fünf Stunden erhalten – obwohl ihnen diese gesetzlich zusteht. Stattdessen sollen sie für diese eigentlich kostenfrei zu stellende fünfstündige Betreuung bis zu 100 Euro zahlen.

 

 

 

Ich frage den Senat:

 

1. Ist es zutreffend, dass Familien, die lediglich eine 5-Stunden-Betreuung ohne zusätzliche Stunden in Anspruch nehmen, diese im letzten Vorschul-Jahr (§§ 9,8 KibeG i.V.m. § 38 SchulG) vollständig kostenfrei bekommen?

 

 

2. Wenn der Elternbeitrag für darüber hinausgehende Betreuungszeiten um die Beiträge für die fünfstündige Betreuung reduziert wird, müssten,

 

2.1. da für eine bis zu 6-stündige Betreuung maximal 407 Euro berechnet werden und davon maximal 292 Euro abzuziehen wären, höchstens 115 Euro für eine entsprechende Anschlussbetreuung berechnet werden können. Tatsächlich sind dies aber bis zu 215 Euro. Weshalb ist hier nicht die gesetzmäßige Reduzierung in der Tabelle vorgenommen worden?

 

2.2. da für eine bis zu 8-stündige Betreuung maximal 483 Euro berechnet werden und davon maximal 292 Euro abzuziehen wären, höchstens 191 Euro für eine entsprechende Anschlussbetreuung berechnet werden können. Tatsächlich sind dies aber bis zu 291 Euro. Weshalb ist hier nicht die gesetzmäßige Reduzierung in der Tabelle vorgenommen worden?

 

2.3. da für eine bis zu 10- /12-stündige Betreuung maximal 496 Euro berechnet werden und davon maximal 292 Euro abzuziehen wären, höchstens 204 Euro für eine entsprechende Anschlussbetreuung berechnet werden können. Tatsächlich sind dies aber bis zu 304 Euro. Weshalb ist hier nicht die gesetzmäßige Reduzierung in der Tabelle vorgenommen worden?

 

 

3. Überraschend ist auch, dass die Stadt auf diese Weise den Eltern mehr Geld abnimmt, als der einzelne Platz tatsächlich kostet.

 

Ein E/K-8-Platz kostet die Stadt (vgl. Drs. 19/5901) an Betreuungskosten insgesamt 655 Euro.

Ein E-5-Platz kostet 487 Euro (beide Werte mit Mittagessen).

Die Differenz beträgt 168 Euro, die demnach an Kosten – einschließlich Mittagessen – für die zusätzlichen drei Stunden anfallen.

 

Hamburgs Eltern sollen aber (vgl. oben) maximal 291 Euro zuzüglich Mittagessen, also 312 Euro für die zusätzlichen Stunden zahlen, obwohl der Stadt nur 168 Euro an zusätzlichen Kosten entstehen.

 

3.1. Wie hoch ist der Elternanteil – bitte für alle vier Leistungsarten angeben – an den Kinderbetreuungskosten für die einzelnen Einkommensstufen in den Tabellen „Betreuungsanteil für die Leistungsarten Anschlussbetreuung Vorschulklassen bis zu XX Stunden sowie für die XXstündige Betreuung im Vorschuljahr“?

 

3.2. Wie vertragen sich diese Werte mit dem Kostendeckungsprinzip, demgemäß (als Obergrenze für die Bemessung einer Gebühr) das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand für die gebührenpflichtige Verwaltungsleistung insgesamt nicht übersteigen darf?

 

3.3. Aus welcher Überlegung heraus ist der Senat zu dem Schluss gelangt, von den Eltern mehr Geld zu verlangen, als der Staat tatsächlich für die Kinderbetreuung aufwendet?