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Staatlich geduldeter Mietbetrug in Hamburg? Ein Senator unter immer stärkerem Druck -Wersichs neuestes Ablenkungsmanöver

Donnerstag, 09.09.2010

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) hat am 09.09.2010 den schnellen Bau von Wohnungen und Unterkünften für die Empfänger von Hartz IV und Sozialhilfe angekündigt. Der Stadt fehle billiger Wohnraum und sie stehe vor einem massiven Problem mit sofortigem Handlungsbedarf, erklärte er einem Radiosender gegenüber - entsprechende Gespräche habe es bereits mit der Behörde für Stadtentwicklung gegeben. Es handele sich um ein brennendes Problem, billigen Wohnraum für sozial schwache Menschen zu finden. Diese hätten keine Chance auf dem völlig leergefegten Hamburger Wohnungsmarkt.

 

Damit bestätigte der Sozialsenator u.a. den Mietervereins Hamburg, der von einer Erpressbarkeit der Stadt, der Bezirke und der Arbeitsagentur spricht. Dieser Zustand sei ein Nährboden für Wuchermieten und Mietbetrug, der durch den Bau von Unterkünften für 2.000 bis 3.000 Menschen schnellstens entschärft gehöre. Gleichzeitig kündigte er an, konsequent gegen Mietbetrügereien von Vermietern vorzugehen.

 

Für Hamburgerinnen und Hamburger sind die Aussagen des Sozialsenators nicht glaubhaft. Hat er sich doch in den letzten Jahren nach ihrer Ansicht weder für die Situation von Haushalten mit Transfereinkommen auf dem Hamburger Wohnungsmarkt ernsthaft interessiert, ja sogar die unhaltbaren Zustände in Wohnungen seines CDU-Deputierten und Vermieters Kuhlmann geduldet.

 

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

 

1. Im Oktober 2009 verfügte die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz und Senator Wersich über Informationen hinsichtlich der grundsätzlichen Problematik von Mietbetrügereien und untragbarer Zustände in Mietwohnungen von ALGII-Empfängern.

Hat Senator Wersich in diesem Zusammenhang konkrete Initiativen zur Schaffung neuer Wohnunterkünfte und Sozialwohnungen ergriffen? Wenn ja, wann und welche?

2. Im Mai 2010 hat taem.arbeit.hamburg einen Bericht über die unhaltbaren Zustände in den o.g. Wohnungen u.a. der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zugeleitet. Hat Senator Wersich in diesem Zusammenhang konkrete Initiativen zur Schaffung neuer Wohnunterkünfte und Sozialwohnungen ergriffen? Wenn ja, wann und welche?

3. Im Mai 2010 hat die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz federführend die Große Anfrage 19/5838 „Hamburg im „Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ beantwortet und ist dabei auch auf die Rahmenbedingungen der Wohnungsversorgung eingegangen. Hat Senator Wersich im Zusammenhang mit der Beantwortung der Anfrage oder im Anschluss daran konkrete Initiativen zur Schaffung neuer Wohnunterkünfte und Sozialwohnungen ergriffen? Wenn ja, welche?

4. Hat Senator Wersich überhaupt konkreten Maßnahmen in den letzten zwei Jahren zum Bau bzw. zur Planung neuer Sozialwohnungen oder neuer öffentlicher Wohnunterkünfte ergriffen? Bitte Angabe der Zeitpunkte, der Maßnahmeninhalte und Ergebnisse.

5. Wie viele neue öffentliche Wohnunterkünfte sind in den letzten zwei Jahren von der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz geplant oder errichtet worden? Bitte Nennung der Objekte und Angabe der Platzzahl.

6. Hat die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in den letzten zwei Jahren die mögliche Bebauung von ggf. nicht mehr benötigter Grundstücksflächen öffentlicher Unternehmen, die im Einflussbereich der Sozialbehörde stehen – mit Sozialwohnungen oder Wohnunterkünften prüfen lassen? Wenn ja, welche Grundstücke mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

7. Verfügt die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz über konkrete Pläne zum Bau neuer Sozialwohnungen und Wohnunterkünfte? Wenn ja, welche? Wenn nein, bis wann sollen diese erarbeitet werden?

8. Im Rahmen der vor einigen Jahren Privatisierung von Pflegen und Wohnen hat die Sozialbehörde auf nicht mehr benötigten Grundstücksflächen hingewiesen. Sind auf diesen Flächen neue Sozialwohnungen oder Wohnunterkünfte entstanden? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, warum nicht?

9. Worauf basiert die Aussage von Senator Wersich, dass es in Hamburg des schnellen Baus von „nur“ 2.000 – 3.000 Sozialwohnungen bzw. Wohnunterkünften bedarf?

10. Sind in den letzten 5 Jahren Wohnunterkünfte in Hamburg geschlossen worden?

Wenn ja, welche und mit welcher Platzzahl?

Wie hat sich die Zahl der Plätze in öffentlichen Unterbringungen in den letzten 5 Jahren in Hamburg entwickelt? Bitte Angabe pro Jahr?

11. Welche Informationen liegen Senator Wersich hinsichtlich der Wohnsituation von Haushalten mit Transfereinkommen vor? Wenn ja, mit welchem Inhalt/Ergebnis? Wann sind diese ihm in den letzten zwei Jahren vorgelegt worden? Hat Senator Wersich diese in den letzten zwei Jahren abgefordert? Wenn ja, wann?

 

Kuhlamm-Affaire

 

Nach eigenen Angaben verfügte die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz und Senator Wersich seit Oktober 2009 über Informationen hinsichtlich der Mietbetrügereien des CDU-Deputierten Kuhlmann.

 

12. Ist es richtig, dass es trotz dieser Kenntnis erst 5 Monate später mit der Überprüfung von Mietverträgen begonnen wurde?

Wenn ja, warum ist dann damit begonnen worden?

 

13. Warum hat Senator Wersich bis heute der Öffentlichkeit keine Auskunft darüber gegeben, was er im Fall Kuhlmann in den Monaten Oktober 2009 bis Februar 2010 unternommen hat?

14. Warum hat Senator Wersich nicht unmittelbar im Oktober 2009 eine umfassende Aufklärung der Missstände eingeleitet?

15. Wann wurden welche rechtlichen Schritte gegen den Vermieter Kuhlmann eingeleitet?

16. In wie vielen Fällen wurden seit wann Mietzahlungen an den Vermieter Kuhlmann gekürzt?