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Versuchte Zensur der „Marat-Inszenierung“ durch Kultursenatorin Karin von Welck?

Donnerstag, 30.10.2008

Am 24. Oktober 2008 hatte Regisseur Volker Lösch mit seiner Inszenierung „Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?“ Premiere am Hamburger Schauspielhaus. Unter den Kritiker/innen wurde die Inszenierung offenbar unterschiedlich aufgenommen. In dem Stück nach Peter Weiss wurden Namen der 24 reichsten Hamburger verlesen. Vier Personen sollen einen Tag vor der Premiere mit einer einstweiligen Verfügung dagegen protestiert haben. Die betroffenen Namen sollen deshalb bei der Premiere nicht vorgelesen worden sein, stattdessen das anwaltliche Schreiben zitiert. (Hamburger Medien veröffentlichten am 27. Oktober 2008 jedoch ihre Namen. Die Namen sollen aus der Liste der 300 reichsten Deutschen sein, die das „Manager Magazin Spezial 2008“ regelmäßig veröffentlicht.) Die Hamburger Kultursenatorin soll nach Angaben des Schauspielhauses am 24.10.08 versucht haben, vor der Premierenaufführung das Theaterstück „zensieren“ zu lassen.

 

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Hat die Kultursenatorin am 24.10.08 vor der Premiere der Inszenierung „Marat, was ist aus unserer Revolution geworden“ mit dem Schauspielhaus Kontakt aufgenommen und wenn ja,

a. zu welchem Zeitpunkt,

b. in welcher Form,

c. mit wem,

d. aus welchem Anlass,

e. mit welchem Inhalt,

f. mit welchen Ergebnissen?

 

2. Ist es zutreffend, dass die Kultursenatorin gegenüber dem Schauspielhaus-Intendanten verlangt hat, das Stück "Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?" zu ändern und wenn ja, mit welcher Begründung?

 

3. Ist es zutreffend, dass Regisseur Volker Lösch in der Erklärung der Senatorin mit den Worten: „Ich traue einem Regisseur, der an einem Theater wie dem Deutschen Schauspielhaus inszenieren kann, differenziertere und reifere Möglichkeiten zu, unser Gesellschaftssystem kritisch zu hinterfragen und den Zuschauer zum Nachdenken zu bewegen…“ dazu bewegt werden sollte, das Stück zu verändern?

 

4. Am 29.10.08 ist von der Behörde für Kultur, Sport und Medien eine offizielle Pressemeldung herausgegeben worden mit der Überschrift: „Senatorin Karin v. Welck äußert sich zur Marat-Inszenierung am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg“ (http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/769568/2008-10-28-marat-schauspielhaus.html). Hierin kritisiert die Senatorin die Inszenierung am Schauspielhaus und führt aus. „Aber ich kann als Bürgerin ausdrücken, dass mir die Art und Weise, wie in dieser Inszenierung einzelne Menschen in Misskredit gebracht werden, zuwider ist“.

a. Handelt es sich bei der Presseerklärung um ein Statement der Kultursenatorin oder um eine Stellungnahme der Privatperson Karin v. Welck?

b. Ist es üblich, Stellungnahmen von Privatpersonen als offizielle Pressemitteilungen von Behörden zu deklarieren und wenn ja, inwiefern?

c. Ist es zutreffen, dass diese Stellungnahme der Bürgerin von Welck gegenüber der Öffentlichkeit dem Intendanten des Schauspielhauses per Fax zur Kenntnis gegeben wurde?

 

5. Welches Selbstverständnis zur Freiheit der Kunst hat Senatorin Karin von Welck?

 

6. Gibt es einen Unterschied im Selbstverständnis über die Freiheit der Kunst als Senatorin Karin von Welck und als Bürgerin Karin von Welck?

 

7. In dem Stück liest ein Chor eine Liste der reichsten Hamburger vor. Bereits einen Tag vor der Premiere am Freitagabend sollen vier Personen dagegen protestiert haben.

a. Bei wem/bei welchen Stellen sind vor der Premiere des Stückes Beschwerden eingegangen, von wem und mit welchem Inhalt?

b. Wie wurde darauf reagiert?

c. Welche Namen werden in dem Stück verlesen?

 

8. Die Kultursenatorin ist zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzende des Schauspielhauses. Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht des Schauspielhauses dar?

a. Ist versucht worden, auf die Inszenierung des Stückes "Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?" Einfluss zu nehmen und wenn ja, von wem, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Begründung?

b. Wie wurde von Seiten des Schauspielhauses darauf (jeweils) reagiert?

 

7. Mäzene sind für die Hamburger Theater von großer Bedeutung und für die Kunst in Hamburg ein bedeutender Bestandteil. Welchen Stellenwert hat das Wohlwollen Hamburger Kultur-Mäzenen für die Kultursenatorin Karin von Welck?