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Vorfälle gegen Minderjährige in der Obhut/ Betreuung von Jugendämtern im September 2010 – Nachfragen (V)

Montag, 20.12.2010

Am 22. September 2010 gegen 06.50 Uhr wurde eine 16-jährige Deutsche von einem Zeugen im Stadtpark, Südring, 22303 Hamburg, an einem Baum hängend tot aufgefunden. Hinweise auf ein Fremdverschulden hätten sich nicht ergeben.

Dem Mädchen wurde seit April 2010 Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII gewährt. Zuständig war eine Hamburger Jugendhilfe-Einrichtung.

Wie der Senat auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 19/7854) mitteilte, sei von der zuständigen Jugendhilfe-Einrichtung keine Vermisstenanzeige aufgegeben worden, „da das Mädchen zu dem Zeitpunkt, als die Einrichtung die Nachricht von ihrem Freitod erhielt, dort noch nicht vermisst wurde“.

Wie der Senat auf eine weitere Anfrage (Drs. 19-7939) mitteilte, hätte das Mädchen um spätestens 23.00 Uhr in der Einrichtung sein müssen. Ab 24 Uhr werden normalerweise von Jugendhilfe-Einrichtungen Vermisstenanzeigen aufgegeben.

Eine weitere Anfrage (Drs. 19/8158) ergab nun, dass das Mädchen am 21. September abends um 23 Uhr in der Jugendhilfeeinrichtung gewesen sei. Ein Anlass zur nächtlichen Anwesenheitsüberprüfung hätte nicht bestanden. Noch vor der üblichen „Aufstehkontrolle“ – also dem Wecken - hätte dann die Einrichtung die telefonische Nachricht des Auffindens des Mädchens erreicht. Der Anruf sei um 9.15 Uhr gekommen.

Die sog. „Aufstehkontrolle“ in der Einrichtung – so der Senat – erfolge individuell, entsprechend den jeweiligen Notwendigkeiten der betreuten jungen Menschen.

Das Mädchen hätte sich nachts aus der Einrichtung entfernt, über den Zeitpunkt und genaue Umstände sei nichts bekannt.

 

Wir fragen den Senat:

 

1. Wie viele Einrichtungen welcher Art betreibt der Träger in Hamburg und wie viele Menschen sind dort insgesamt untergebracht?

 

2. Um welche konkrete Einrichtung welchen Trägers handelt es sich?

3. Welcher Art ist die Einrichtung?

4. Wie viele Jugendliche sind in der Einrichtung untergebracht?

5. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Einrichtung, mit jeweils welchen Qualifikationen?

 

6. Das Wecken würde in der Einrichtung nach Aussage des Senats individuell erfolgen, entsprechend den jeweiligen Notwendigkeiten der betreuten jungen Menschen. Die telefonische Mitteilung vom Freitod der 16-Jährigen erreichte die Einrichtung um 9.15 Uhr. Das Mädchen wurde aber zu dem Zeitpunkt, als die Einrichtung die Nachricht von ihrem Freitod erhielt, dort noch nicht vermisst.

 

a. Inwieweit ist ein individuelles Wecken in derartigen Einrichtungen üblich?

b. Um welche Uhrzeit hätte das Mädchen geweckt werden sollen?

c. Warum hätte es erst so spät geweckt werden sollen?

 

7. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit jeweils welchen Qualifikationen waren am Abend des 22. September in der Einrichtung?

8. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit jeweils welchen Qualifikationen waren in der Nacht (von 23 Uhr) vom 22. zum 23. September (morgens) in der Einrichtung?

9. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit jeweils welchen Qualifikationen waren am Morgen des 23. Septembers zum Wecken in der Einrichtung?

10. Wie viele Jugendliche wurden zu welchen Uhrzeiten am Morgen des 23. Septembers geweckt?

 

11. Die Einrichtung hätte die Abläufe überprüft sowie die internen Regelungen zum Schutz der Minderjährigen. Es wäre festgestellt worden, dass alle Regelungen und Vorgaben eingehalten worden sind. Nach ausführlicher fachlicher Beratung und entsprechenden Abwägungsprozessen wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass weitere Schutzmaßnahmen nicht dazu führen können suizidale Absichten tatsächlich zu verhindern.

Weiter hieß es, dass die Überprüfung sämtlicher Abläufe und internen Regelungen der Einrichtung gezeigt habe, dass es keine erkennbaren Lücken gibt, die ursächlich in einem Zusammenhang mit dem Freitod der 16-Jährigen stehen. Die Abläufe und internen Regelungen der Einrichtung wären von der Einrichtung selbst sowie dem Einrichtungsträger überprüft.

Die in der Behörde zuständige Stelle hätte den Vorfall mit der Einrichtung und dem Einrichtungsträger besprochen.

 

a. Welche konkreten Abläufe gibt es in der entsprechenden Einrichtung, die überprüft wurden?

b. Welche konkreten internen Regelungen gibt es in der entsprechenden Einrichtung, die überprüft wurden?

c. Wann hat sich die zuständige Behörde mit der Einrichtung und dem Träger besprochen?

d. Wer hat an dem Treffen teilgenommen?

e. Welche konkreten Punkte sind besprochen worden und mit welchen Ergebnissen?

f. Hat die Behörde Überprüfungen veranlasst und wenn ja, welche bzw. wenn nein, warum nicht?

 

12. Hat es in den vergangenen fünf Jahren Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Einrichtung und/ oder dem Träger gegeben, die die zuständige Behörde veranlasst haben, sich mit dem Träger auseinanderzusetzen und wenn ja,

a. jeweils wann,

b. zu welchen Vorfällen/ Themen,

c. mit jeweils welchen Konsequenzen und Ergebnissen?