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Antisemitismus im Wissenschafts- und Kulturbereich bekämpfen

Mittwoch, 31.01.2024

Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland ist seit dem Überfall der Hamas auf Israel stark gestiegen. Im Schnitt gab es 29 Vorfälle pro Tag, berichtet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus. Hierzu gehören nicht nur Fälle extremer Gewalt, Angriffe und gezielte Sachbeschädigung, sondern auch „verletzendes Verhalten“, also zum Beispiel antisemitische Äußerungen.

Auch Hamburgs Kultur und Wissenschaft war in jüngster Vergangenheit von antisemitischen Diskussionen betroffen. Im Zentrum steht hier die Übernahme einer Gastprofessur von Reza Afisina und Iswanto Hartono, Mitglieder des Ruangrupa, an der der Hochschule für bildende Künste. Die Künstlergruppe kuratierte die documenta 2022. Einigen der ausstellenden Künstler*innen wurde die Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS („Boycott, Divestment and Sanctions“) vorgeworfen. Außerdem unterzeichneten die beiden Künstler den „Letter Against Apartheid“, einen Aufruf, der sich an den Boykottforderungen der BDS orientiert.

Versuche, politische Maßnahmen zu ergreifen, um antisemitische Vorfälle in Kultur und Wissenschaft zu verhindern, sind bisher verhallt. Der Beschluss des Deutschen Bundestages im Mai 2019, Vertreter*innen des BDS jede Art von Unterstützung durch Bundesmittel zu verwehren, wurde von deutschen Kulturinstitutionen als massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit kritisiert.

Zur Bekämpfung von Antisemitismus und anderen Formen von Diskriminierung hatte der Berliner Senat am 21.12.2023 eine Klausel eingeführt, die die Vergabe von Fördergeldern an ein Bekenntnis gegen "jedwede Diskriminierung und Ausgrenzung" knüpfte. Expert*innen sowie auch Kulturschaffende kritisierten die Klausel, am 22.01.2024 wurde diese wegen juristischen Bedenken ausgesetzt.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.04.2022 (BVerwG 8 C 9.21) zur sogenannten „Scientology-Erklärung“ muss bei Einschränkungen des Zugangs zu staatlichen Zuwendungen ebenfalls betrachtet werden: Das Einfordern einer Erklärung zu einer Weltanschauung sei ein Eingriff in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Religions- und Weltanschauungsfreiheit und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs 1. GG).

Es bedarf durchdachter, bundesweiter Lösungen, um antisemitische Äußerungen in deutschen Kulturbetrieben und an deutschen Hochschulen zu verhindern. Als internationale und tolerante Stadt sollte sich Hamburg an den durch Kulturstaatsministerin Claudia Roth angekündigten Bund-Länder Gesprächen zum Thema Antisemitismus aktiv beteiligen. Die Hamburgische Bürgerschaft setzt sich deshalb dafür ein, dass in gemeinsamen Gesprächen, auch in der Hansestadt, Lösungen zum Umgang mit antisemitischen Äußerungen gefunden werden.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

1. die angekündigten Gespräche der Bundesregierung über die Frage, wie Antisemitismus in der Kultur begegnet werden kann, aktiv zu begleiten,

2. auch in Hamburg Gespräche mit Hamburger Kulturbetrieben und Hochschulen zu führen und zu beraten, wie Maßnahmen aussehen können, die antisemitischen Äußerungen vorbeugen und Verfahren für den Umgang mit antisemitischen Vorfällen bieten,

3. der Bürgerschaft bis zum 30.06.2024 zu berichten.

 

 

sowie
  • Michael Gwosdz
  • René Gögge
  • Miriam Block
  • Filiz Demirel
  • Mareike Engels
  • Linus Görg
  • Dr. Adrian Hector
  • Britta Herrmann
  • Christa Möller-Metzger
  • Dr. Gudrun Schittek
  • Yusuf Uzundag
  • Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion