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Bau eines Schöpfwerkes am Storchennestsiel und am Este-Sperrwerk zur Abwendung von Binnenhochwassern bei Starkregen im Raum Süderelbe

Mittwoch, 02.02.2022

Angesichts der massiven Starkregenereignisse im Juli 2021, die in mehreren Ortschaften im Westen und Süden Deutschlands zu erheblichen Zerstörungen führten und zahlreiche Menschenleben kosteten, hat die Hamburgische Bürgerschaft mit der Drucksache 22/5350 "Schutz vor Extremwettereignissen" wesentliche Schritte zur Katastrophenvorsorge für Hamburg beschlossen.

Für den von tiefliegenden Marschlandflächen geprägten Raum Süderelbe, der zudem direkt an der Tideelbe liegt und über den die westlich der A7 liegende südliche Hamburger Geest entwässert, stellt sich die Frage, ob der Schutz bei extremen Starkregenereignissen mit einer einhergehenden Sturmflut und Sperrtiden für die Entwässerung ausreichend gegeben ist. Der Juli 2021 hat gezeigt, dass in Zeiten des Klimawandels die Abwehr von Gefahren durch Binnenhochwasser erhebliche Vorbereitungen erfordert.

Im Hamburgischen Gebiet Süderelbe werden bei extremen Starkregen zur Ableitung des Wassers in die Elbe die Alte Süderelbe und die Este genutzt. Für die Alte Süderelbe erfolgt die Entwässerung über das Storchennestsiel in das Köhlfleet und das Neuenfelder Schleusenfleet in das Mühlenberger Loch, bei der Este über das Mündungssperrwerk bei Cranz/Neuenfelde.

Über das 89,7 km² große Einzugsgebiet der Alten Süderelbe werden nicht nur die Marsch und der Moorgürtel südlich der zweiten Deichlinie (parallel zum Moorburger Elbdeich, Hohenwischer Straße, Vierzigstücken, Nincoper Straße bis Marschkamper Deich) entwässert, sondern auch die Geestgebiete der Fischbeker Heide und die Wohngebiete von Neugraben, Fischbek und Hausbruch südlich der Bahnlinie von Hamburg nach Stade. Die Entwässerung erfolgt über ein Geflecht von Gräben und Wettern zur zweiten Deichlinie, die dann über eine Vielzahl von Sielen und Schöpfwerken das Wasser in die Alte Süderelbe leiten.

Die Este hat ein Einzugsgebiet von 361 km² und fließt mit einer Länge von 45 km durch die Landkreise Harburg und Stade und mündet auf Hamburger Gebiet in die Tideelbe. Von der Quelle bis Buxtehude durchfließt die Obere Este die Geest. Von Buxtehude bis zur Mündung in die Elbe bei Cranz durchfließt die Untere Este die Marschlandschaft. In diesem Abschnitt ist die Este geprägt vom Tideeinfluss der Elbe und damit einhergehend von einer durchgehenden engen Eindeichung mit historischer Bebauung auf und teilweise sogar vor dem Deich. Das Hamburger Gebiet westlich des Marschkamper Deiches wird über Gräben und Wettern zur zweiten Deichlinie am Neuenfelder Fährdeich geleitet und über Siele und Schöpfwerke in die Este entwässert. Das Hamburger Gebiet von Cranz westlich der Estemündung entwässert über die Cranzer Wettern in das niedersächsische Siel bei Leeswig in die Este.

In Drucksache 22/6573 wird erläutert, dass die Entwässerung der Alten Süderelbe über das Storchennestsiel bei länger anhaltenden starken Regenfällen und gleichzeitigen Mehrfachsperrtiden einen Engpass im Wasserabfluss darstellen kann. Die Sieltore können sich nicht zum Köhlfleet öffnen. Vor diesem Hintergrund ist ein Schöpfwerk am Storchennestsiel vorgesehen. Der Bau ist aktuell bereits in der Bedarfsplanung der Umweltbehörde im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Neuordnung und Anpassung an die zukünftig zu erwartenden Klimaveränderungen vorgesehen. Das Schöpfwerk Neuenfelde kann nur bis zu einem Elbwasserstand von 3,5 m NHN (Normalhöhennull) entwässern (Wasserstände bis 5 m NHN werden in Hamburg lediglich als deutlich erhöhtes Hochwasser wahrgenommen).

Der am 28. Oktober 2004 getroffene Planfeststellungsbeschluss zur „wasserwirtschaftlichen Neuordnung der Alten Süderelbe“ umfasst als eine in Betracht kommende Maßnahme bereits den Bau eines Schöpfwerkes am Aue-Hauptdeich nahe Storchennestsiel. Mit Drucksache 18/5980 vom 20.03.2007 wurde über die Einrichtung des Süderelbefonds der Bau des Schöpfwerkes mit einer Treuhandzahlung an die ReGe Hamburg Projekt-Realisierungsgesellschaft mbH mit einer Summe von 4,9 Millionen Euro berücksichtigt.

Das Äußere Estesperrwerk schließt bei einem Wasserstand von 2,8 m NHN, das innere Estesperrwerk bei 2,3m NHN. Beide Sperrwerke erlauben bei Sperrtiden keine Öffnung der Tore zur Entwässerung in die Tideelbe. Im Falle eines extremen Starkregenereignisses staut sich das gesamte Wasser aus dem Abflussgebiet der Este an den Sperrwerken an der Mündung auf. In Hamburg limitiert die zweiten Deichlinie an der Este mit einer Sollhöhe von 4 m NHN das Stauvolumen.

Bereits in der von der vom KLEE-Verbund (Klimaanpassung Einzugsgebiet Este) im Jahre 2016 herausgegebenen Studie "Perspektiven für die Este von morgen" wird angeführt, dass unter Berücksichtigung des Klimawandels sich bei HQ10-Ereignissen (Hochwasserereignisse, die statistisch einmal in zehn Jahren auftreten) und drei Sperrtiden das Stauvolumen der unteren Este im Bereich von Buxtehude bis zum Sperrwerk um 22 Prozent erhöht. Als einzige wirksame Vorsorgemaßnahme, die Hamburg alleinig realisieren kann, wird der Bau eines Schöpfwerkes an der Estemündung mit einer Pumpleistung von 10,2 m³/s (entspricht 612.000 Liter pro Minute) angeführt. Andere Entlastungsmaßnahmen wie die Schaffung von flutbaren Polderflächen sowie Entsieglungen sind nur im Verbund mit den Nachbarkreisen Stade und Harburg realisierbar.

Als Folge des KLEE-Verbundes wurde für ein zukünftiges gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen zur Begegnung der Hochwassergefahren von allen Este-Anrainer, d. h. der Freien und Hansestadt Hamburg, der Stadt Buxtehude, den Gemeinden Apensen, Jork, Neu Wulmstorf, Appel, Drestedt, Halvesbostel, Hollenstdt, Moisburg, Regesbostel, Wenzendorf, Dohrne, Handeloh, Kakensdorf, Tostedt und Welle, den Landkreisen Harburg und Stade, der Hansestadt Buxtehude, der Stadt Buchholz sowie den Entwässerungsverbänden im Januar 2018 der "Kooperationsvertrag zwischen den Partnern der Hochwasserpartnerschaft Este" beschlossen und unterzeichnet.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

1. die Bedarfsplanung für die Neuordnung der Wasserwirtschaft in Süderelbe für den Bau des Schöpfwerks am Storchennestsiel voranzutreiben, die zukünftigen Anforderungen des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen und der Hamburgischen Bürgerschaft bis zum 31.12.2022 vorzulegen.

2. im Anschluss daran die Vorplanung zu beginnen, eine Kostenberechnung für den Bau des Schöpfwerks Storchennestsiel vorzulegen, welche die Basis für das Einwerben der erforderlichen Haushaltsmittel bildet und der Bürgerschaft bis zum 31.12.2023 zu berichten.

3. die Endfassung des Hochwasserschutzkonzeptes Este, welches 2018 zusammen mit den Partnern der Kooperationsvereinbarung „Hochwasserpartnerschaft Este“ in Auftrag gegeben wurde, in der Bürgerschaft vorzustellen und insbesondere auch die mögliche Notwendigkeit eines neuen Schöpfwerkes an der hamburgischen Estemündung zur Abwehr der Gefahren eines Binnenhochwassers bei gleichzeitigen Sperrtiden zu erörtern. Hierbei sollen aktuelle Erkenntnisse zu den Entwicklungstrends des lokalen Klimas (wie z. B. in dem vom Deutschen Wetterdienst in Zusammenarbeit mit der Umweltbehörde erstellten „Klimareport Hamburg“) Berücksichtigung finden.

 

 

 

sowie
  • Dr. Gudrun Schittek
  • Ulrike Sparr
  • Andrea Nunne
  • Rosa Domm
  • Olaf Duge
  • Gerrit Fuß
  • Sonja Lattwesen
  • Dominik Lorenzen
  • Zohra Mojadeddi
  • Johannes Alexander Müller
  • Lisa Maria Otte
  • Dr. Miriam Putz (GRÜNE) und Fraktion